Werbung

Bochum: Piraten wollen Konzerthaus-Bürgerentscheid

Seit Jahren tobt in Bochum der Streit um den Neubau eines Konzerthauses. Die Piraten schlagen nun vor, die Bürger über die Frage entscheiden zu lassen.

Kann sich eine marode Stadt wie Bochum ein  Konzerthaus leisten? Sollten nicht vorher die Schulen renoviert werden, Schulden abgebaut und die Ausgaben für die Freie Szene gesichert sein, bevor  man sich in ein solches finanzielles Wagnis stürzt? Fragen, über die in Bochum seit Jahren gestritten wird – zumal im vom Bevölkerungsrückgang geprägten Ruhrgebiet kein Mangel an Konzerthäusern besteht. Die in Dortmund und Essen sind innerhalb von 20 Minuten zu erreichen und nicht ausgelastet.

Die Piraten in Bochum haben nun die Idee, die Bochumer selbst über die Frage des Neubau eines Konzerthauses entscheiden zu lassen:

Es erscheint offensichtlich vielen Bürgern nicht gerechtfertigt, dass z.B. bei den Bochumer Schulen 6,6 Mio. EUR pro Jahr gespart werden sollen, während für eine kleine Elite, die das neues Musikzentrum und die Jahrhunderthalle besuchen, 3-5 Mio. pro Jahr ausgegeben werden sollen.

Für die Piraten Bochum ist es daher unbedingte Voraussetzung, für die Entscheidung der Stadt Bochum, ob diese ein Musikzentrum errichten und betreiben soll, dass zuvor die Bürger in einem Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob das Projekt realisiert werden soll oder andere Vorhaben Priorität haben.

Deshalb haben sich die Bochumer Piraten entschlossen Bündnispartner zu suchen, um mit diesen ein Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen, dass den Rat zwingt einen Bürgerentscheid zum Musikzentrum stattfinden zu lassen.

Ich biete mal eine Wette an: Das Konzerthaus hätte bei einem Bürgerentscheid keine Chance.

 

 

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
33 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Robin Patzwaldt
Robin Patzwaldt
12 Jahre zuvor

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das Konzerthaus bei einer Abstimmung der Bevölkerung mehrheitlich als dringend erforderlich eingeschätzt wird. Für den durchschnittlichen Bürger sind andere Dinge, die in zeiten knapper Kasse bereits vermisst werden, da bestimmt deutlich wichtiger. Denn wieviel Prozent der Bochumer Bevölkerung würden das Konzerthaus am Ende auch regelmässig nutzen? Wohl nicht annähernd 50%…

Erdgeruch
Erdgeruch
12 Jahre zuvor

Ich wäre mit solchen Wetten vorsichtig. Aber ich bin mir bei folgendem Szenario sicher: Die Quote wird nicht erfüllt und die Mehrheit der abgegebenen Stimmen dafür.

Eva
Eva
12 Jahre zuvor

Der Aufruf der Piraten enthält indirekt eine Idee für eine Kompromisslösung, über die im Zusammenhang mit dem Konzerthaus noch nicht nachgedacht wurde: „während für eine kleine Elite, die das neue Musikzentrum und die Jahrhunderthalle besuchen, 3-5 Mio. pro Jahr ausgegeben werden sollen.“
Warum richtet man den Bochumern Symphonikern nicht eine feste Spielstätte in der Jahrhunderthalle ein? Probleme mit der Akustik, die möglicherweise noch bestehen, könnten sicherlich mit einem Bruchteil des Geldes, das der Neubau des Konzerthauses verschlingen wird, gelöst werden. Die BoSys hätten eine Spielstätte in zentraler Lage in Bochum (mit besseren Parkmöglichkeiten als in der Viktoriastraße). Die Jahrhunderthalle wäre besser ausgelastet. Wenn nur eine anstelle von zwei Kultureinrichtungen betrieben wird, fallen weniger Kosten für den laufenden Betrieb an. Und last but not least: Die Jahrhunderthalle ist ein sehr schönes Gebäude, viel stimmungsvoller als der schmucklose Kasten, der an der Viktoriastraße geplant ist. Dieser Neubau mit seiner 08/15-Optik, der so oder so ähnlich auch in jeder anderen deutschen Stadt irgendwo herumsteht, wird nie auch nur annähernd die besondere Atmosphäre erreichen, die die Jahrhunderthalle hat. Also: Kein Neubau, BoSys in die Jahrhunderthalle, und auf dem Grundstück an der Viktoriastraße ein netter kleiner Park zum Flanieren.

Dirk Schmidt
12 Jahre zuvor

Ich habe so meine Zweifel, dass allein schon das Bürgerbegehren für einen Bürgerentscheid entsprechend konstruiert werden kann. Da gilt es Fristen zu wahren und gegen einen Antrag des Rates zu sein. Darauf kann eventuelle noch verzichetet werden. Außerdem dürfen da Rechtsgeschäfte noch nicht entgegenstehen. Das wird dann haarig und könnte wie Stuttgart21 enden: Wo gegen stimmen die Bürger dann ab? Gegen die Linksdrehung der Bahnsteige?

Sind die Piraten gegen den Bau des Musikzentrums Marienkirche?
Sind die Piraten gegen den Anbau eines Konzertsaals an die Marienkirche?
Sind die Piraten gegen den Erwerb der Jahrhunderthalle?
Sind die Piraten „nur“ gegen die Architektenentwürfe für Musikzentrum/Marienkirche?

Ein Tipp: Das Büro für Bürgerbeteiigung berät sicher gerne, wogegen man noch erfolgreich sein kann. Ich bin gespannt.

Allerding hilft ein Bürgerbegehren sicher, um den noch notwendigen Spendenfluss zu verhindern.

Volker Steude
12 Jahre zuvor

@Dirk Schmidt: Ein solches Begehren muss in der Tat sehr überlegt angegangen werden.

Das Bürgerbegehren kann einen Ratsbeschluss kassieren oder initiierend sein. Es kann auch den Rat zwingen einen sog. Ratsbürgerbescheid über ein Vorhaben statt finden zu lassen. Letzteres ist unser Ziel.

Das Bürgerbegehren wird rechtlich begleitet von mehr-demokratie e.V., die Institution bei Bürgerbegehren.

Zur Verdeutlichung der PIRATEN-Position, hier unsere Veröffentlichung hierzu:

Grundsätzlich unterstützen die PIRATEN Bochum jede Form von Kultur in Bochum. Auch das Musikhaus ist prinzipiell eine gute Idee, aber der Unterhalt des Musikzentrums wird die Stadt ca. 3-5 Mio. EUR pro Jahr kosten, da sie sich als Gegenleistung zur Erlangung der Fördermittel verpflichtet, die Betriebs- und Unterhaltungskosten der Jahrhunderthalle zu übernehmen.

Der städtische Haushalt wird seit 2009 nicht genehmigt. Die Stadt ist de fakto insolvent. Das Defizit beträgt allein 2011 etwa 215 Mio. Der Schuldenstand liegt aktuell bei 1,39 Mrd. EUR, hinzu kommt ein Sanierungsstau allein bei den Schulen von über 200 Mio. Geplant ist erst frühestens im Jahre 2022 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

Die Stadt kann sich ein Musikzentrum nicht leisten. Die damit verbundenen zusätzlichen jährlichen Kosten können weder durch das Musikzentrum noch die Jahrhunderthalle selber erwirtschaftet werden, geschweige denn aus den Einnahmen der Stadt finanziert werden. Stattdessen müssten dafür neue Schulden aufgenommen werden.

Durch beispielhaften Bürgersinn und Engagement wurde die beeindruckende Summe von 11,3 Mio. EUR für das Zentrum gesammelt wurden. Die Aufwertung der Viktoriastrasse durch eine markante Architektur in Verbindung mit der Marienkirche an der Viktoriastraße ist ebenso zu begrüßen wie eine Verbesserung der Proben- und Aufführungsbedingungen für die Symphoniker.

Die Bochumer Piraten haben allerdings massive Zweifel, ob es der Wille einer Mehrheit der Bochumer Bürger ist, dass das Musikzentrum gebaut und die daraus folgenden jährlichen Kosten unter den aktuellen finanziellen Bedingungen von der Stadt übernommen werden sollen.

Bei der Bürgerkonferenz im Bürgerforum und auch in der Tagespresse hat sich immer wieder eine beeindruckende Zahl von Bochumern ganz explizit gegen dieses Prestigeprojekt ausgesprochen.

Es erscheint offensichtlich vielen Bürgern nicht gerechtfertigt, dass z.B. bei den Bochumer Schulen 6,6 Mio. EUR pro Jahr gespart werden sollen, während für eine kleine Elite, die das neues Musikzentrum und die Jahrhunderthalle besuchen, 3-5 Mio. pro Jahr ausgegeben werden sollen.

Für die PIRATEN Bochum ist es daher unbedingte Voraussetzung, für die Entscheidung der Stadt Bochum, ob diese ein Musikzentrum errichten und betreiben soll, dass zuvor die Bürger in einem Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob das Projekt realisiert werden soll oder andere Vorhaben Priorität haben.

Die Reaktionen der letzten Tage zeigen, dass bei vielen Bürgern, Verbänden und Gruppen, das gleiche Bedürfnis besteht, hier die Bürger entscheiden zu lassen. Mit diesen gemeinsam wollen wir das Bürgerbegehren zum Musikzentrum starten.

Dirk Schmidt
12 Jahre zuvor

@Volker Steuder

Dann bin ich mal gespannt, ob Sie Partner finden und ggf. welche. Das ist ja politisch stets sehr aussagekräftigt und ggf. kompromittierend, wer da mitmacht. Ansonsten: Reicht die Organisationsstärke und -dicht der Piraten der Bochumer offline Welt bereits aus?

Bringjak
Bringjak
12 Jahre zuvor

@Dirk Schmidt,
bange machen gilt nicht,
da hat aber jemand ganz schön Angst vor Volkes Stimme,

der text des möglichen Bürgerbegehrens ist doch oben genannt,
es geht nicht um einzelen Details beim Bau, sondern um ein Projekt
für das im Moment kein Geld da ist,
weil es wichtigeres gibt, Schulen u.ä.

Arnold Voss
12 Jahre zuvor

Nichts gegen projektorientierte Bürgerentscheide, aber damit lösen die Initiatoren in diesem Falle nicht das sachliche Dilemma, was dahinter steht: Bildung gegen Kultur auszuspielen.

Was sollen denn da die Kriterien sein? Ob Bildung wichtiger ist als Kultur? Und nach welchen Kriterien sollte das wieder entschieden werden? Nach zeitlichen? Erst mal die Schulen, und wenn die in Ordnung sind, dann gehts ans Musikzentrum? Und wenn es dann keine Landesförderung mehr gibt? Ist dann das Konzerthaus so wichtig, dass man eben noch mehr Geld als jetzt aus dem Stadtsäckel zaubern muss? Oder ist dann doch wieder Bildung dran, weil in der Zwischenzeit dringend mehr in den Porblemstadtteilen getan werden muss?

Oder soll es nach sozialen Kategorien gehe? Nach dem Motto, klassische Musik ist nur für wenige, Schule aber für alle? Oder umgekehrt?(Klassische) Musik ist potentiell für alle Bürger da, Schulen aber immer nur für Schüler?

Ich könnte die Liste jetzt beliebig lang und noch wesentlich komplexer fortsetzen. Es bleibt ein Ausspielen von Bildung gegen Kultur. Darüber wird dann eine intensive Debatte geführt werden, während andere Bereich zum Nebenschauplatz werden, die viel dringender in die Mitte der Spardisskussion gehören und bei denen viel mehr zu holen ist.

Es geht dabei vor allem um eine Diskussion über Ausrüstungs- und Austattungsstandards städtischer Infrastruktureinrichtungen jenseits der Schulen und um städtische Subventionen außerhalb von Kultur und Bildung. Es geht dabei auch um städtische Dienstleistungsangebote, Events usw. die schlicht nicht notwendig sind, bzw. die privat angeboten werden könnten.

Es gibt da auf jeden Fall noch erheblich Reserven die zuerste auf den Tisch müssen, ehe die Bürger vor die idiotische Alternative „Bildung oder Kultur“ gestellt werden.

Gregor Sommer
Gregor Sommer
12 Jahre zuvor

Auch ich hätte gerne mehr Kultur und dieses Musikhaus in unserer Stadt, aber es gibt leider so viel wichtigere Projekte. Das Musikhaus können wir uns offensichtlich nicht leisten. Vielleicht sollte man mal eine Liste von Projekten erstellen, die man stattdessen durchführen könnte. Dann wird wohl deutlicher warum das Musikhaus nicht geht.

Wo offensichtlich gegen die große Mehrheit der Bochumer Bürger weitreichende und teure Entscheidungen, wie dieses Musikhaus, getroffen werden müssen wir uns doch wehren. Ich empfinde das Bürgerbegehren für den Bürgerentscheid als NOTWEHR!

Volker Steude
12 Jahre zuvor

Bildung wird nicht gegen Kultur ausgespielt.

Es sind nur sehr begrenzte Mittel im jährlichen Haushalt vorhanden, für neue Ausgabenverpflichtungen bei 215 Mio Neuverschuldung/ Jahr eigentlich gar keine mehr.

Also muss das Wichtige zuerst realisiert werden. Was für die Menschen in Bochum Priorität hat, darüber sollen jetzt die Bürger entscheiden.

Diese Entscheidung wäre nicht nötig, wenn der Haushalt nicht ruiniert worden wäre. Jetzt ist es aber so, wie es ist und es können nur noch Dinge mit absoluter Priorität verwirklicht werden.

Da die Schüler erst die Bildung brauchen, damit sie danach die Kultur genießen können, ist für mich die Priorität klar.

Dirk Schmidt
12 Jahre zuvor

@Bringjak

Na, da bin ich gespannt. Ihr nehmt „den Text“ auf die leichte Schulter.

Sebastian Dicke
12 Jahre zuvor

Ein Musikhaus wäre wünschenswert. Allerdings sprechen zur Zeit zwei wichtige Punkte dagegen:
1, Es gibt schon drei Musikhäuser: Wie soll es genug Besucher anlocken?
2, Die Stadt ist pleite: Wie und vor allem warum soll sie in dieser Situation eine solch große Investition tätigen (spätesten 2023 laufen sämtliche Förderungen für die Jahrhunderthalle aus, die dann im Winter auf Kosten der Stadt geheizt und repariert werden muss.

Arnold Voß
Arnold Voß
12 Jahre zuvor

@ Sebastian Dicke u.a.

Wenn drei Musikhäuser in der Nähe genug wären, dann wäre das Musikzentrum in Bochum auch nicht wünschenswert, oder?

Das Problem dahinter ist aber ein anderes. Wenn die Bevölkerung dauerhaft sinkt, dann kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, das wir weniger Schulen, Krankenhäuser u.ä. brauchen. Das gilt aber nicht für Kulturstädten wie z.B. ein Konzerthaus bzw. ein Musikzentrum. Seine Nutzung hängt davon ab, wieviele Menschen sich z.B. für klassische Musik interessieren.

Diese Menge ist nämlich relativ unabhängig von der Gesamtzahl der Bevölkerung, wenn denn z.B. das Interesse an dieser Musik systematisch geweckt und gepflegt wird. Während also die Anzahl der Schulen kleiner werden könnte, könnte bei wirklich umfassender und guter Bildung an weniger Bildungseinrichtungen erheblich mehr Menschen sich z.B. für klassische Musik, oder aber auch fürs Theater u.ä. interessieren.

D.h. es hängt von der Qualität und der Umfasstheit der Bildung unmittelbar selbst ab, welche und vor allem wieviele Kultureinrichtungen wir brauchen. Dabei kann getrost von der Regel ausgegangen werden: Mehr Bildung führt, wenn denn keine Gruppe der Bevölkerung dabei außen vorgelassen wird, zu einem höheren Bedarf an Kultureinrichtungen.

Wer die Bildungssituation im Ruhrgebiet kennt, weiß, wieviel Nachholbedarf hier auf diesem Gebiet herrscht. Sprich, dass wir selbst mit einer geringeren Bevölkerung hier nicht nur die bestehenden Kultureinrichtungen besser füllen, sonder dass wir sogar noch ein paar mehr gebrauchen könnten.

Mit einem Satz: Das Problem ist also nicht, dass ein weiteres Musikhaus im Ruhrgebiet, wie das jetzt in Bochum geplante, grundsätzlich nicht gefüllt werden könnte, sondern einzig und allein, wie hoch es auf der Prioritätenliste gesetzt wird. Wenn aber Bildung hoch oben auf der Prioritätenliste steht, dann kann, wenn man dem von mir aufgezeigten Zusammenhang für richtig hält, eine Kultureinrichtung wie z.B. das Musikzentrum, nicht auf einem der letzten Plätze landen.

C. Karpus
C. Karpus
12 Jahre zuvor

Das Problem ist ja ziemlich Komplex.

Ich finde es zum Beispiel skandalös, dass die vom Rat der Stadt Bochum in den Aufsichtsrat der Stadtwerke Bochum gesandten Politiker für Zuwendungen in Höhe bis zu 1,5 Mio. Euro über 5 Jahre für den VfL Bochum gestimmt haben. Insgesamt also bis zu 7,5 Millionen Euro für den Profifussball, die sonst für Schulen, das Konzerthaus, saubere Spielplätze, Fahrradwege oder für Sekretärinnen, Hausmeister und Reinigungskräfte in Schulen zur Verfügung gestanden hätten.

Ich würde hier gerne den Profisport gegen die Schulen oder die Kultur ausspielen und den Profisport verlieren lassen. Das Problem ist nur, wie würde ein Bürgerentscheid zu diesen Fragen ausgehen?

Ich will es mir gar nicht vorstellen.

Wenn man eine „entweder Schulen oder VfL-Zuwendungen“-Frage zur Abstimmung stellen würde, hätten die Schulen vielleicht noch eine Chance.

Bei „entweder VfL-Zuwendungen oder Konzerthaus“ hätte ich da meine Zweifel.

Wir reden hier immer nur darüber, wo man sparen kann, sollten aber auch darüber diskutieren, dass die Gemeinden in den letzten Jahren strukturell unterfinanziert worden sind. Ein Paar Euros aus Berlin oder Brüssel, verbilligte Kredite nicht nur für Griechenland sondern auch für die Ruhrgebietskommunen müssen diskutiert werden, Umschuldungen etc. pp.

Wenn sich das Ruhrgebiet kaputt spart, gehen gerade die Leute die es sich leisten können, die man aber für die Zukunft des Reviers dringend benötigt.

Ich würde derzeit keiner jungen Familie mit Kindern raten, von München, Berlin, Hamburg oder Dresden nach Bochum oder Gelsenkirchen zu ziehen.

Wie sehen das die Mitdiskutanten?

Volker Steude
12 Jahre zuvor

Die demografische Entwicklung in Bochum geht leider in eine andere Richtung.

Einwohner mit Kindern, aus bildungsnahen Schichten, die Steuern zahlen, ziehen in das Umland, denn die können es sich leisten im Grünen zu wohnen und zu pendeln. Einwohner, mit bildungsfernerem Hintergrund bleiben in Bochum, können aber finanziell häufig wenig zum Gemeinwesen beitragen.

Daher ist gerade die Bildung unserer Kinder so unglaublich wichtig für diese Stadt.
Davon hängt die Entwicklung dieser Stadt entscheidend ab. Für Kinder ohne Schulabschluss wird es in Zukunft keine Arbeitsplätze mehr geben. Unser Ziel muss es daher sein, die Schullandschaft so zu gestalten, dass gewährleistet ist, dass fast alle Kinder einen guten Schulabschluss erhalten.

Verfügt Bochum über durchgängig erstklassige Schulen, dann werden auch Familien mit Kindern wieder her kommen. Das wird ein Konzerthaus nicht bewirken können, zu dem kann man auch pendeln.

Wenn eine erstklassige städtische Bildungslandschaft Wirkung zeigt, werden neue Unternehmen nach Bochum kommen um die Schüler und Studenten dieser Stadt als Arbeitskräfte nachzufragen.

Die Stadt wird zu neuem Leben erwachen und wird sich dann auch ein Musikzentrum leisten können.

C. Karpus
C. Karpus
12 Jahre zuvor

@ Volker Steude

Die Grundlage für die Bildung werden aber in den Kindergärten und Grundschulen gelegt. Wenn dort die Kinder nicht ordentlich gefördert werden und dort keine Chancengleichheit hergestellt wird, wenn das System keinen Vollservice bietet und nur der erfolgreich ist, der über Unterstützung aus dem Elternhaus verfügt oder überdurchschnittlich intelligent ist, kommen wir aus der Misere nicht heraus.

Es stimmt, dass in nach dem Pillenknick vor ca. 30 Jahren weniger Schüler in die Grundschulen gekommen sind, wodurch die Klassenstärken Ende der 80er Jahre im Vergleich zu den 70er Jahren auf ein sinnvolles Maß reduziert werden konnten (ca. 21 Kinder Pro Klasse). In den letzten 25 Jahren sind die Klassengrößen aber wieder um 2 Kinder pro Klasse gestiegen und die Schulverwaltung versucht durch die Bildung größerer Schulen immer weiter an die Sollklassenstärken von 24 Kindern heranzukommen. Das „Problem“ der Schulverwaltung ist nämlich, dass einzügige Schulen oft kleinere Klassen haben, größere Schulen dagegen nach dem Sektpyramidenprinzip besser bis zum Anschlag mit Schülern gefüllt werden können. Das spart Lehrer, führt aber zu schlechterer Bildung, einem höheren Krankenstand bei den Lehrern und weniger Chancengleichheit.

In vielen Gebieten des Ruhrgebiets sind Klassen mit mehr als 20 Kindern schon zu groß und nicht geeignet die Kinder angemessen in ihren Talenten zu fördern. Aber anstatt die Grundschulen zu stärken, wird dort gespart, um die Kapazitäten in die weiterführenden Schulen zu stecken, die trotz höherer Schülerzahlen bei weiten nicht den Anstieg bei den Klassenstärken zu verzeichnen hatten, wie die Grundschulen.

Das liegt daran, dass das Bildungsniveau weiter gestiegen ist und immer mehr Kinder auf weiterführende Schulen gehen und damit eigentlich mehr Geld in die Bildung gesteckt werden müsste, das aber lieber für andere Dinge verwendet werden soll (Profifussball, Kreisverkehre, Imagekampagnen (Bochum macht doof!) etc. pp.

Da spart man lieber bei den Grundschulen, weil das ja auch den schönen Nebeneffekt hat, das nicht noch mehr Kinder auf die weiterführenden Schulen strömen, was dann auch wieder kurzfristig mehr kosten würde.

Weil Jugendliche ohne Schulabschluss sichern doch die Arbeitsplätze in der Arbeitslosenverwaltung und im Sozialamt, die kann man gut als Eineurojobber einsetzen und auch mal schwarz als Putzhilfen anstellen. Wo kämen wir denn da hin, wenn alle das Abitur machen würden?

Steude Volker
Steude Volker
12 Jahre zuvor

@ C. Karpus: Sicher ist für die Städte auch die Konnexität ein Problem (wenn die Stadt von Bund und Land Aufgaben aufgedrückt bekommt, aber nicht das Geld, um diese zu ausreichend gegenzufinanzieren).

Wenn man aber vom Land unterfinanziert wird, warum will man dann von dem die Jahrhunderthalle übernehmen? Hier zahlt das Land 2-3 Mio./Jahr, die Bochum nicht aufwenden muss. Solange Bochum die JHH nicht übernimmt, muss sie auch nicht dafür zahlen. Gerade wegen der Konnexitätsverletzungen verbietet es sich, dem Land diese Last freiwillig abzunehmen.

Am Ende sind es aber nicht Konnexitätsverletzungen, die Bochum das Genick gebrochen haben, sondern die Unfähigkeit oder der mangelnde Wille vorausschauend zu planen und zu handeln.

Da baut man sich luxeriöse U-Bahn-Stationen, weil das Land die fast komplett bezahlt und jetzt stellt man doch fest, dass die Betriebskosten der unterirdischen Bahnhöfe die von Straßenbahnhaltestellen weit übersteigen und die BOGESTRA das Geld für Unterhalt und Instandsetzung eigentlich nicht hat… . Und jetzt bei der MZ-Diskussion, wieder die gleiche Laier… zahlt bis auf 2,4 Mio. doch alles das Land, die Stiftung und die EU… .

Ich kann einem Bettler einen Maserati schenken, es wird ihm nichts bringen, denn er kann sich den Sprit nicht leisten, außer wenn er massiv beim Essen spart. Um zu überleben ist er aber gezwungen Prioritäten zu setzen. Das gilt für Bochum gleichermaßen.

trackback

[…] hierfür ist nicht der Artikel der Ruhrbarone, sondern die Kommentare […]

C. Karpus
C. Karpus
12 Jahre zuvor

@ Volker Steude

Sie sprechen mir aus der Seele. Aber die Leute in Bochum finden das alles nicht so schlimm und haben – trotz der Cross-Boarder-Pleite – Frau Scholz bei den letzten Wahlen wieder mit großer Mehrheit gewählt.

delaHaye
delaHaye
12 Jahre zuvor

Als regelmäßiger Besucher des Schauspielhauses steht man mittlerweile in dieser Stadt unter General-Vedacht. Geht man dann auch noch häufiger zu den Bochumer Symphonikern gehört man zu der kleinen und unerträglichen „Kultur-Elite“ in Bochum, Sozial-Schmarotzern der schlimmsten Art. „Kultur-Bürger“ .. ja, diesen Ausdruck habe ich als Schimpfwort in den letzten Jahren häufiger in Bochum hören müssen !
Ich habe für das Musikzentrum Geld gesammelt und selber gespendet, trotz eines geringen Einkommens vergleichbar mit einer Verkäuferin im Einzelhandel.

Ich halte das Projekt „Musikzentrum“ für absolut sinnvoll, die Stadt bekommt es fast geschenkt, die Folgekosten sind überschaubar. Ich frage mich, wie 1919 das Schauspielhaus und die Bochumer Symphoniker gegründet werden konnten …

trackback

[…] Bochum: Aua: Die Piraten, das Musikzentrum, ein Bürgerbegehren und die Tücken der Gemeindeordnung – Schmidt’s Katze – CDU-Ratsherr Dirk Schmidt aus Bochum kommentiert das Vorhaben der Bochumer Piraten zum geplanten Musikzentrum (früher: Konzerthaus) ein Bürgerbegehren durchzuführen – siehe auch: Ruhrbarone. […]

Volker Steude
12 Jahre zuvor

Leider hat Herr Schmidt den §26 GO NRW in seinem Blog etwas missinterpretiert. Im Bürgerbegehren mit anschließendem Bürgerentscheid entscheiden die Bürger an Stelle des Rates. Da ist ein Veto weder Vorgesehen noch möglich.

@Dirk Schmidt: Sie sollten den Artikel dahingehend dringend überarbeiten. Er ist in wesentlichen Punkten rechtlich falsch. Das macht dann keinen kompetenten Eindruck.

Grundsätzlich hätte der Rat aufgrund der Notlage der Stadt, schon bevor er das MZ-Projekt auf den Weg gebracht hat, einen Bürgerentscheid durchführen lassen sollen.

Wenn jetzt bei einem Bürgerentscheid heraus kommt, die Mehrheit der Bürger wollen das Projekt aktuell nicht, dann zeigt das nur wie weit weg die Politik in Bochum von dem Willen der Bürger ist. Die Folgen haben dann diejenigen zu vertreten, die das Projekt angeschoben haben ohne zuvor die Bürger zu befragen.

Arend Weitzel
12 Jahre zuvor

Es ist überhaupt nicht nötig, in dieser Angelegenheit einen Volksentscheid herbeizuführen. Die jahrelange, beharrliche Bemühung so vieler Bochumer Bürger, die es überhaupt erst ermöglicht hat, daß ein solch großartiges Projekt in dieser kulturell nicht gerade übersättigten Stadt realisierbar wurde, ist bereits ein gelebter Bürgerentscheid und Demokratie in Reinform! Und ich kann das Gerede nicht mehr hören, daß es ja nur so wenige Bürger der „Elite“ sein würden, für die dieses Haus gebaut werden soll. Wer das sagt, hat leider immernoch nicht begriffen, welcher flächendeckende kulturelle Bildungsauftrag hinter dem Bau des Musikzentrums steht. Genauso unerträglich ist das immer wieder vorgebrachte Argument, „es gäbe ja schon genug Konzerthäuser“ in der Region. Ein billiges, populistisches Argument! Hat nicht jede Stadt ihren eigenen Bahnhof, ihre eigenen Kinos, ihr eigenes Fußballstadion, ihre eigene Musikschule, usw. usw.?? Warum wird denn immer so getan, als wäre nun ausgerechnet dieses eine geplante Konzerthaus DAS Symbol der städtischen Verarmung, der Glorifizierung irgendwelcher Eliten und der sozialen Ungerechtigkeit? So viele kreative und idealistische Menschen haben jahrelang unermüdlich an Lösungswegen gearbeitet, daß dieses Projekt TROTZ lehrer Kassen und TROTZ populistischer Anfeindungen auf die Beine gestellt werden konnte. Und nun muß die Piratenpartei ausgerechnet an diesem Bauprojekt ein Exempel ihrer erträumten Einflußnahme statuieren? Wie schäbig! Als ob auch nur ein Kindergarten, eine Straße, eine Schule besser aussähe, wenn das Musikzentrum nicht gebaut würde. Es ist naiv, dies zu glauben. Wo sind denn die Menschen, die sich mit vergleichbarer Eigeninitiative für Ihre Herzensprojekte (seien es nun Wege, Kitas oder was auch immer) einsetzen? Es ist einfach, darauf zu warten, daß „der Staat“ es schon für mich richten werde. Tut der Staat es nicht wie gewünscht, ist ebenso leicht und schnell darüber geschimpft. Aber selber aktiv und gegen zeitgeistige Widerstände ein Projekt wie das Musikzentrum aufzubauen ist schwer und verdient Respekt, Würdigung und Anerkennung! Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Wo kein wahrer Wille ist (Lippenbekenntnisse – „Grundsätzlich unterstützen die PIRATEN Bochum jede Form von Kultur in Bochum“ – sind hier eher Hohn als alles andere!) wird der mühsam gebahnte Weg im Handstreich zugeschüttet.

Volker Steude
12 Jahre zuvor

Die Ursache dafür, dass das Musikzentrum auf der Kippe steht, ist die akute Haushaltsnotlage. Wäre nicht der Haushalt von den regierenden Parteien ruiniert worden, könnten viele Bürger guten Gewissens für das Projekt stimmen.

Diejenigen, die für die desaströse Haushaltslage verantwortlich sind, haben den Abbau bei der Kultur verschuldet, nicht diejenigen, die fordern, dass die Bürger darüber entscheiden wofür die Stadt, das letzte Geld ausgibt.

@Weitzel: Der berechtigte Ärger richtet sich gegen die Falschen.

Wenn die Stadtkasse leer ist, kann von dem fehlenden Geld nicht TROTZDEM ein Musikzentrum unterhalten werden. Für die Unterhaltskosten muss sich die Stadt neu verschulden. Die Bürger entscheiden also heute über Kosten, die unsere Kinder dann mit Zins- und Zinseszins bezahlen müssen. Da kann man verstehen, dass damit Bürger Bauchschmerzen haben.

Arend Weitzel
Arend Weitzel
12 Jahre zuvor

In der Tat gab und gibt es immer wieder Aufgaben und Projekte, die von mehr als einer Generation finanziell zu schultern sind. Die Einsicht in die Bedeutung und Notwendigkeit der jeweiligen Projekte macht das erforderlich. Gerade wenn es wie hier um Investitionen in kulturelle Bildung nicht zuletzt unserer Kinder geht, sollte einen die Eintscheidung FÜR ein solches Projekt nicht schmerzen oder gar reuen. Zumal der Löwenanteil der Finanzierung aus privaten Mitteln stammt! Das sollte niemals vergessen werden.

trackback

[…] Piraten in Bochum sind im Moment im Aufwind: Sie haben mit ihrem Vorschlag, über das geplanten Konzerthaus die Bürger abstimmen zu lassen die Diskussion um den Bau der […]

Ulrich Fuchs
12 Jahre zuvor

Was die Piraten wie der Rest der Konzerthausgegner völlig außer acht lässt, ist, dass zu einer Stadt eben mehr gehört als Bildung, Schulen und Krankenhäuser. Als das absolut notwendige. Bochum fehlt nämlich insbesondere dieses Städtische. Die Konsequenz ist, dass hier zwar junge Menschen in viel zu vielen Schulen und mit viel zu viel Büchereien gut ausgebildet werden, dann aber nach Köln oder Berlin oder eben nur nach Essen abhauen, weil in Bochum schlicht nichts los ist. Bochum ist tiefste Provinz, da kämpft grade mal die Schauspielszene eine bisschen dagegen an, aber das ist es dann auch. An der Konzerthausdebatte zeigt sich deutlich, dass die Mehrzahl der Bochumer Bürger sich in dieser Piefigkeit auch sehr wohl fühlt. Das Problem ist nur: Zahlungskräftige Menschen eben nicht.

Das Resultat wird sein, dass in den nächsten dreißig Jahren Bochum zum Schlafvorort von Essen und Dortmund verkommen wird. Ohne wesentliche eigene Einnahmen. Und da muss man gegensteuern. Man braucht nicht in jedem Popelvorort eine Bücherei und ein Bürgerbüro. Man braucht ein Zentrum, das wächst und blüht und in dem was los ist. Das Menschen anzieht, einfach weil es das Zentrum ist. Nicht nur mit Geschäften. Sondern mit Plätzen. Und Gebäuden. Zentralen Gebäuden.

Sonst hat man am Ende hier zwar viele Häuser. Aber keine Stadt.

Marc
Marc
12 Jahre zuvor

An dieser Stelle ein Lob an alle Beteiligten. Die Diskussion bleibt total sachlich und auf gutem Niveau. Das ist bei Blog-Kommentaren nicht immer selbstverständlich.

Zum Thema:

Die Frage kann nicht sein „Schulen oder Konzerthaus“ , d.h. „Bildung oder Kultur“. Diese Zuspitzung kann man so nicht machen, sondern man muss differenzieren. Wie ist die jeweilige Investition in Bildung oder Kultur im konkreten Fall zu bewerten? Es sagt ja niemand, dass mit der Entscheidung hier eine Grundsatzentscheidung gefällt wird, ob uns in Bochum Bildung oder Kultur wichtiger sind.

C. Karpus
12 Jahre zuvor

Is ja niedlich!

Nachdem der eine Bürgerforum-„Moderator“ der Stadt Bochum, Herr Kropp,

https://www.ruhrbarone.de/konzerthaus-bochum-warnung-vor-dem-buergerentscheid/comment-page-1/#comment-128009

bei der Paralleldiskussion im Rennen war, kämpft hier Herr Fuchs für die Stadt:

https://www.bochumer-buergerforum.de/C125708500379A31/CurrentBaseLink/W28QWCJQ034BOLDDE

weil Herrn Townsend die Argumente ausgegangen sind?

C. Karpus
12 Jahre zuvor

Sorry, habe mich verlesen, Herr Fuchs war gar nicht Moderator, er hat einen vernünftigen Vorschlag zur Einsparung von Geldern beim VfL gemacht.

xyz
xyz
11 Jahre zuvor

ich komme aus bochum. habe mich auch gegen die philarmonie entschieden da an meiner schule einiges gibt wo eine renovierung in erwägung gezogen werden sollte. viele meiner freunde und ich sind absolut auf der seite der piraten.

Werbung