Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Ruhr2010: Aus für das europäische Versprechen…Der Westen

Ruhr2010 II: Große Ambitionen, harte Realität…Kölner Stadtanzeiger

Ruhr2010 III: Ideen für das Ruhrgebiet…Der Westen

Dortmund: Studie über Nazis…Ruhr Nachrichten

Ruhrgebiet: Geo-Special…Pottblog

Bochum: Kohle statt Nokia…Ruhr Nachrichten

Minarettstreit: Linke Frauen gegen Minarette…taz

Minarettstreit II: Minarettverbot kein Desaster…Welt

Grüne: Kein Jamaika in NRW…Der Westen

Linkspartei: Brandenburg im Stasi-Sumpf…Welt

Linkspartei II: Gabirel hält Koaltion in NRW für möglich…WDR

Kriminalität: 100.000 Hate Crimes im Jahr…Spiegel

Advent: Vorsicht vor Patentverletzungen…Frontmotor

Blogs: Blog 2009…Pottblog

Blase: China…Verlorene Generation

Blase II: Dubai…Weissgarnix

Köhler: Superstar 5.0…Zoom

 

TaliBangBoomBang

Auf dem Unruheherd in Afghanistan köchelt ein Menü in zwei Waffengängen: für die einen Kampfeinsatz des Militärs, für die anderen Aufbauhilfe mit viel Lärm. Was denn nun: Bürgerkrieg oder Burger King?

Bild: US Army

Während die Bundesregierung nur Zivis in grün schickt, schlägt sich das richtige Militär der Verbündeten nicht nur mit Problemen der Müllentsorgung herum, sondern nebenbei auch noch mit den Taliban. Da sind Missverständnisse vorprogrammiert. Besonders, seit in der deutschen Außenpolitik Fremdsprachenkenntnisse nicht mehr zwingend erforderlich zu sein scheinen. Hier eine Abschrift des Funkverkehrs zwischen Oberst Klein und der amerikanischen Einsatzleitung:

Oberst Klein: Moin, moin. Oberst Klein here – from the german Bundeswehr.
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte: Major Klein?
Oberst Klein: Nein: Oberst. Oberst Klein.
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  Ok. Are you in trouble?
Oberst Klein: Nein, nein: wir sind nicht in den Tropen, wir sind hier, ähm, also … äh … no troops. We are near, just … vielleicht 500 Klilometer Luftlinie, äh … Airline?
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  I didn’t understand you: is this a request for an airstrike?
Oberst Klein: Bei euch ist gerade Streik? Sorry to hear that. Hört mal: wir haben hier zwei liegengebliebene Tanklastzüge, ähm, wie heißt das wieder: tanks?
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:   (alarmiert) There are tanks? Are they hostile?
Oberst Klein: Ja, ja, richtige Rostteile. Überhaupt: kaputt. Wir wollen die abschleppen, aber da laufen zu viele Afghanen rum. Können Sie die zersteuen? Aaah, can you destroy them?
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  Destroy them? Are there hostile forces around? Are they armed?
Oberst Klein: Ja, die sehen sogar ziemlich arm aus, aber … also: yes, yes, but …
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:   Are there any civilians in this area?
Oberst Klein: Was? Ja, ja: das sind zuviele. Wir kommen nicht durch, weißte … äh … know?
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  No?
Oberst Klein: Hä? No? Ach so: jetzt. Now. Jetzt hab ich’s. Nö, wenn ihr Streik habt – so dringend ist es nicht, geht auch in zwei Tagen.
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  You mean there are two targets?
Oberst Klein: Genau.
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:   We are under order to scout the area before closing in. To avoid civilian losses, you know?
Oberst Klein: Nein, nein: nicht erst im Juno. Das ist wieder  zu lang. Lieber  jetzt! Also eben now.
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  No? Is there fighting going on?
Oberst Klein: (aufgebracht) Wir sind KEINE Feiglinge! Hier ist ja auch nichts, wovor man Angst haben KÖNNTE. Also kommt mal in die Schuhe.
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  Did you say, you are sure?
Oberst Klein: Ja-haaa.
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  Ok, we are about to order an airstrike. Is this correct, Major?
Oberst Klein: OBERST!
Einsatzleiter amerikanische Luftstreitkräfte:  Over and out.

Nokia: PR-Flop in Bochum

Vor knapp zwei Jahren beschloss Nokia, den Standort Bochum aufzugeben. Heute wurden Details für das Programm "Wachstum für Bochum" vorgestellt, an dem sich das Unternehmen notgedrungen beteiligt hat. Was als PR-Coup zur Imagekorrektur gedacht war wird dem Mobiltelefonhersteller kaum nutzen.

Nokia-Geschäftsführer Bültmann neben NRW Wirtschaftminsterin Christa Thoben

Dr. Michael Bültmann wirkt sympathisch. Der Mann hat sich trotz seines schütteren Haars einen fast jugendlichen Charme bewahrt und tritt bescheiden, ja fast zurückhaltend auf. Als Geschäftsführer von Nokia Deutschland hat man wohl, wenn man in Bochum vor die Presse tritt, kaum eine andere Möglichkeit. Auch wenn man sich finanziell an einem Programm "Wachstum für Bochum" beteiligt hat und NRW-Wirtschaftsminsterin Christa Thoben Nokia lobt: "Selten hat sich ein Unternehmen so für einen ehemaligen Standort engagiert wie Nokia für Bochum." Thoben weiß, dass das nicht stimmt – und Bültmann weiß es auch.

Nokia war einmal wie Ikea. Eine Marke, der die Menschen vertrauten, mit Produkten, die sie gerne und oft nutzten. Die Deutschen liebten Nokia – sie kauften mehr Handys von dem finnischen Hersteller als von Siemens. Die Marke, die von sich gerne behauptete, zur Familie zu gehören, genoss im eigenen Land keinen sonderlichen Heimvorteil. Und dann kam der 15. Januar 2008: Nokia gab überraschend bekannt, den profitablen Standort Bochum zu schließen und bald ein neues Werk in Rumänien zu eröffnen. Die Nachricht platzte mitten in den gefühlt stärksten Aufschwung seit den 80er Jahren. Nokia war der Spielverderber, der hässliche Konzern, der keine Verantwortung kannte, der Gierhals ohne Rücksicht. Nokia war ein erstes Vorbeben der Krise. Kalt und zynisch präsentierte sich die Unternehmensspitze.

Was die eigenen Mitarbeiter dachten, was die Politik und was die Öffentlichkeit, war Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo offensichtlich egal.  Protestierende Arbeitnehmer wurden von dem Unternehmen sogar bedroht.

Nokias Verhalten blieb nicht folgenlos: Es gab Boykottaufrufe, Proteste, das Image des Unternehmens sackte in den Keller und Christa Thoben drohte Nokia, auf die Rückzahlung von 41 Millionen Euro Subventionen zu bestehen. Nokia war jetzt in den Augen der Öffentlichkeit so etwas wie ein asozialer Krimineller. Und bei so jemand kauft man ungern ein, vor allem, wenn man es nicht muss. Nokia verlor Marktanteile – in Deutschland stärker als anderswo.

In Hintergrundgesprächen mit dem Land und der Stadt Bochum beschwerte sich das Unternehmen später darüber, wie rüde mit ihm in der Öffentlichkeit damals umgegangen worden sei. Die Angesprochenen quittierten den Vorwurf mit einem Schulterzucken.

Der Druck der Öffentlichkeit zeigte Wirkung: Nokia beschloss, seine Kommunikation zu ändern. Kallasvuo entschuldigte sich auf der Bilanzpressekonferenz Ende Januar 2007 für sein Auftreten und versprach innovative Lösungen für die Region, um die Folgen der Standortschließung abzumildern. Und jetzt, knapp zwei Jahre später, sitzt Bültmann neben der Ministerin, dem Chef der IHK Tillmann Neinhaus und Bochums OB Ottilie Scholz im holzvertäfelten, kleinen Sitzungssaal des Bochumer Rathauses. Jeder im Raum weiß, dass von den knapp über 30 Millionen, mit denen sich das Unternehmen an "Wachstum für Bochum" beteiligt, 20 aus nicht berechtig bezogenen Subventionen bestehen, mit denen sich Nokia beim Land freikaufte. Etwas über zehn Millionen, das Geld stammt aus dem Verkauf des ehemaligen Nokia-Geländes in Bochum-Riemke, sollen nun den Imageschaden des Unternehmens in Grenzen halten.

Bültmann versucht sein Bestes: "Wir haben gemeinsam mit der TU Dortmund ein erfolgreiches Ferienprojekt mit Kindern aus bildungsfernen Schichten organisiert." Auf Nachfrage erklärt Bültmann, es sei ein einmaliges Projekt gewesen. So funktioniert PR, wenn sie nicht funktioniert. Aber auch neue Jobs seien doch auch entstanden, räumt er ein. Ja, alleine fast 200 seiner ehemaligen Nokia-Ingenieure entwickeln heute im Süden Bochums Blackberrys. Ob das Unternehmen angesichts seiner Probleme im Smartphonebereich diese Ingenieure heute nicht dringend benötigt? Nein, erklärt Bültmann, sie hätten genug Entwicklungskapazitäten und überhaupt, es seien ja nur einige ehemalige Mitarbeiter zu "einer anderen Firma gegangen". Naja, das stimmt so ganz nicht – es war fast eine komplette Entwicklungsabteilung, die nun für die Nokia-Konkurrenz arbeitet – und das auch noch erfolgreich.

Aber es ist für Nokia egal, was heute in Bochum vorgestellt wurde – ein  Paket von über 100 Millionen, vor allem öffentlichen, Investitionen für Startups und Forschungprojekte. Nokia hätte sich seine zehn Millionen sparen können – sie nutzen dem Unternehmen nichts mehr. Heute ist es Bültmann selbst, dessen Job nicht mehr sicher ist. Nokia verliert an Bedeutung, nicht mehr wegen Bochum, sondern wegen seiner Produkte: RIM und Apple nehmen Nokia seit Jahren immer größere Marktanteile im markenstarken Segment der Smartphones ab. Nokia schreibt rote Zahlen. In der aktuellen Wirtschaftswoche erklärte Nokia-Vorstandsmitglied Anssi Vanjoki, dass Nokia sich neu erfinden müsse und man vielleicht eines Tages gar keine Handys mehr selbst bauen werde.

Die Zukunft, so machte er deutlich, läge für das Unternehmen ohnehin darin, Anbieter von Internet-Lösungen zu werden. Auch wenn Vanjoki seine Aussagen sofort relativierte – der Weg des Unternehmens scheint klar. Und Vanjoki hat ihn in den vergangen Jahren wohl mehr bestimmt als der jetzige Vorstandsvorsitzende Olli-Pekka Kallasvuo, dem ehemalige Nokia-Mitarbeiter bescheinigen, vom Telefongeschäft nie allzu viel verstanden zu haben. Vanjoki war wohl entscheidend mitverantwortlich für das Aus des Standortes Bochum und für die Schließung weiterer Nokia-Entwicklungscenter. Heute hat Nokia wahrscheinlich kaum noch die Ingenieurskapazitäten, um Apple und RIM mit neuen Produkten zu schlagen.

Nokia Handys sind heute Billighandys, Teenager in der U-Bahn benutzen sie noch, in den Schwellenländern sind sie beliebt. Aber das war es dann auch schon. Spitzenprodukte? Innovationen? Geräte mit einem Wow-Effekt? Fehlanzeige. Nokia Handys begeistern die Menschen genau so wenig wie es die finnische Küche tut. Und die tollen Internetstrategie von Vanjoki? Sie hat den Namen Ovi und ist kaum mehr als ein Sammelsurium von Online-Diensten: Fotos, Videos, Musik, Navigation – alles was Nokia kann, können andere besser – und oft auch noch preiswerter. Sieht so aus, als ob wir bald wieder Gummistiefel mit dem Nokia-Logo sehen. Fast kann einem Bültmann leid tun.

Datteln: E.on baut wieder mehr

Wenn das Kohlekraftwerk ungesetzlich ist, wird eben das Gesetz geändert: Wie die Landesregierung mit aller Macht das Dattelner Megaprojekt durchsetzen will – gegen den Willen von Bürgern und gegen bestehende Regeln.

Ein neues Gesetz soll die größte Industrieruine Deutschlands retten: Die Düsseldorfer Koalition will das Landesentwicklungsprogramm ändern, um das umstrittene Kohlekraftwerk in Datteln doch noch ans Netz gehen zu lassen. Bislang legte das Programm klimapolitische Ziele wie die Förderung von erneuerbaren Energien fest. Diese Ziele sollen nun nachträglich ersatzlos gestrichen werden, weil sie den Dattelner Milliardenbau im September juristisch zu Fall gebracht haben. Das Münsteraner Verfassungsgericht urteilte damals, das Wirtschaftsministerium habe einen Regionalplan genehmigt, der nicht den eigenen Vorgaben des Landesentwicklungsprogramm entspreche.

Mit einem geänderten Gesetz hofft die Landesregierung nun, das Dattelner Kraftwerk und ähnliche Projekte im weiteren Gerichtsprozess doch noch durchzudrücken. „Wir müssen den planungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Rechtsprechung nachträglich anpassen“, gibt Joachim Neuser, Sprecher des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums freimütig zu. „Mit diesem Gesetz wird der Bau wieder wahrscheinlicher.“

Das CDU-geführte Ministerium wurde im September wie auch der Kraftwerks-Betreiber Eon von dem spektakulären Münsteraner Urteil kalt erwischt: Die Richter erklärten den Bebauungsplan der Stadt Datteln für den mit 1055 Megawatt größten europäischen Monoblock- Meiler für nichtig. Seitdem stehen die Bauarbeiten an den kilometerweit sichtbaren Türmen teilweise still.

Naturschützer halten das geplante neue Gesetz für skandalös: „Das Land opfert seine Umweltstandards zugunsten von Eon“, sagt Rainer Baake, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Die Landesregierung habe die klimapolitischen Herausforderungen nicht erkannt. „Das Dattelner Kraftwerk widerspricht internationalen Klimazielen und auch dem im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP auf Bundesebene festgeschriebenen Klimaschutz“, so Baake.

Dies tun auch die weiteren Kraftwerke. Laut Berechnungen des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) würden alleine die elf in NRW in Bau befindlichen oder geplanten Kohlekraftwerke den jährlichen Kohlendioxid-Ausstoß um 45 Millionen Tonnen erhöhen. Und der Mitte November vorgelegte Landesumweltbericht hat schon jetzt festgestellt, dass die CO2-Emissionen von 2005 bis 2007 von etwa 280 auf knapp 290 Millionen Tonnen pro Jahr angestiegen sind. „Die Kraftwerkspolitik ist absolut verantwortungslos“, so Dirk Jansen vom Bund.

Das Wirtschaftsministerium hatte die Umweltverbände schon einige Male an einen runden Tisch eingeladen. Doch die Differenzen scheinen unüberwindlich. „Es gibt da einen großen Dissens“, so der Sprecher Neuser. Für das Land aber sei es wichtig, ausländische Investoren anzulocken. „Eine Kraftwerksruine in der Landschaft können wir uns nicht leisten“, so Neuser. Die schwarz-gelbe Landesregierung hofft nun auf ein nachträgliches OK aus Karlsruhe: Die Stadt Datteln versucht, das Gerichtsurteil vor dem Bundesverwaltungsgericht zu kippen. Sie hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision der OVG-Entscheidung eingelegt.

Dabei entsteht im dörflichen Datteln am Rande des Münsterlandes tatsächlich nur eines von vielen Projekten: Elf von bundesweit 26 geplanten Kraftwerken entstehen zurzeit an Rhein und Ruhr. Weitere sollen zum Beispiel in Berlin, Mannheim und Boxberg gebaut werden.

Und Energiekonzern Eon will am Dattelner Bau festhalten. „Wir sind zuversichtlich, das Kraftwerk ohne große Verzögerungen realisieren zu können“, so Vorstandschef Wulf Bernotat vor wenigen Wochen. "Wir spüren eine sehr große Unterstützung vor allem von der Politik in Nordrhein-Westfalen".

Die Bürgerinnen und Bürger hingegen sprechen sich mehrheitlich gegen die neuen Industrieanlagen in der Nachbarschaft aus. In Datteln war es ein älteres Ehepaar, das die letztendlich erfolgreiche Klage angestrengt hatte. Sie wohnen nur dreihundert Meter entfernt von den 180 Meter hohen Kühltürmen. In nahezu allen Städten mit Kraftwerksplänen haben sich inzwischen Bürgerinitiativen gegen die Bauten gebildet.

Entschieden wird über die meisten nun vor Gericht. Auch über das Dattelner Werk steht ein jahrelanger erbitterter juristischer Streit bevor. Der Essener Energieriese Eon will sein Megaprojekt nicht aufgeben und auch die Landesregierung hält an ihren energiepolitischen Zielen fest: „Für die neuen Anlagen sollen alte Möhren abgeschaltet werden“, wird Wirtschaftsministerin Christa Thoben nicht müde zu betonen. Bislang allerdings fehlt jede Zusage der Betreiber, ihre Anlagen tatsächlich vom Netz zu nehmen. Auch Thoben kann kein konkretes Objekt nennen, dass zukünftig kein schädliches Kohlendioxid mehr in die Luft pumpen wird. Dabei hatten die Münsteraner Verwaltungsrichter unter anderem kritisiert, dass das geplante E.ON-Kraftwerk selbst mit 0,73 Prozent des bundesweit zur Verfügung stehenden CO2-Kontingents einen „erheblichen Ausstoß von Treibhausgasen verursachen wird“ ohne auch nur ansatzweise sicherzustellen, dass das Vorhaben insgesamt zu einer CO2-Reduzierung beiträgt.

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition befürchtet offenbar weitere erfolgreiche Klagen von Kraftwerksgegnern. Auch deswegen soll das Landesplanungsgesetz nun „vorausschauend“ geändert werden.

Die Bezirksregierung hat E.on heute schon den Weiterbau in großen Teilen genehmigt.

Werbung

Bei E.on Ruhrgas hängt der Segen schief

Es gibt manchmal kleine Hinweise, die sich zu echten Geschichten auswachsen. Im aktuellen Fall ist mir aufgefallen, dass die Pressekonferenz von E.on Ruhrgas zu den Zahlen des Betriebes zunächst verlegt und dann ganz abgesagt wurde. So richtige Gründe gab es nicht. Ich hab überlegt warum. Dann habe ich gesehen, das Unternehmen macht schlechte Zahlen. Und Bernotat griff Gazprom an, wegen der langfristigen Lieferverträge. Da ist also was im Busch.

Und tatsächlich, der Konflikt zwischen E.on Ruhrgas und dem russischen Staatskonzern Gazprom um eine Aufweichung der langfristigen Lieferverträge spitzt sich weiter zu. Während E.on darauf drängt, kein Gas abnehmen zu müssen, das wegen der aktuellen Wirtschaftskrise und einer Überversorgung der Märkte in Europa nur schwer weiterverkauft werden kann, will Gazprom den Deutschen nach meinen Informationen grundsätzlich keine neuen Verträge zugestehen. „Gazprom besteht darauf, dass die Verträge erfüllt werden“, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person.

Die langfristigen Lieferabkommen mit Gazprom bereiten E.on Ruhgas derzeit große Sorgen. Auf den europäischen Handelsmärkten sorgt ein Überangebot für fallende Tarife. An den Spotmärkten hat sich der Gaspreis sogar von den Ölpreisen abgekoppelt. Die Tarife für Schweröl ziehen wieder an, während die Gaspreise niedrig bleiben.

Für E.on Ruhrgas ist das verheerend, denn die langfristigen Lieferverträge sind meist an Ölpreise gebunden. Das bedeutet: Trotz niedriger Gaspreise müssen wegen der anziehenden Ölpreise höhere Summen an Gazprom überwiesen werden.

Sinken wie nun die Börsenkurse unter die Importpreise aus Russland, kaufen unabhängige Versorger ihr Gas zum Weitervertrieb an Stadtwerke und Industriekunden nicht mehr bei E.on Ruhrgas, sondern über die Spotmärkte. Um im Wettbewerb mithalten zu können, ist E.on Ruhrgas gezwungen, entweder überschüssiges russisches Gas mit Kursen unter Einkaufspreisen über die Börsen zu verkaufen oder aber Kunden zu verlieren.

Ein Teufelskreis. Je billigen das Gas über die Börsen gehandelt wird, umso mehr Russen-Gas muss E.on über die Spotmärkte verkaufen, weil es ansonsten unverkäuflich ist. Der Kurs an den Börsen wird weiter gedrückt.

Es gibt nur eine Alternative: Wenn E.on Ruhrgas weniger Gas aus Russland abnimmt, kann der Teufelskreis durchbrochen werden. Doch aufgrund einer vertraglich garantierten Mindestabnahmemenge muss E.on selbst in diesem Fall das Gas aus Russland weiter bezahlen, ohne auch nur ein Molekül zu importieren. Mittlerweile ist die Rede von einer Menge von über zwei Mrd. Kubikmeter Gas, die so bezahlt, aber nicht eingeführt wurden. Die Mindereinnahmen liegen den Angaben zufolge im Milliarden-Euro-Bereich.

Wie aus dem E.on-Aufsichtsrat zu hören ist, wird damit gerechnet, dass der Gewinn vor Zinsen und Steuern bei E.on Ruhrgas in diesem Jahr vor allem aufgrund der nicht auskömmlichen Gasverträge um über 30 Prozent einbricht. „Wir sehen keine Besserung. Die Lage ist ernst“, sagte mir ein Aufsichtsrat. Aus dem einstigen Wunderkind Ruhrgas wurde ein Sorgenbringer. Das Unternehmen selbst wollte sich nicht zu den Vorgängen äußern.

Vor wenigen Tagen sagte E.on-Chef Wulf Bernotat jedoch, er rechne mit Gesprächen bis weit ins kommende Jahr, bevor eine Einigung mit Gazprom erreicht werden könne. Er setze darauf, dass nicht benötigte Mengen gar nicht oder mit starker zeitlicher Verzögerung abgenommen werden müssten.

Demgegenüber heißt es bei Gazprom, die Mindestabnahmemengen stünden nicht zur Verhandlung. Ein Grossteil des russischen Staatshaushaltes ist auf die garantierten Gaseinnahmen angewiesen. Ein Gazprom-Insider verwies darauf, dass E.on Ruhrgas auf Strafzahlungen bestanden habe, als der Gasfluss durch die Ukraine im Frühjahr gestoppt worden sei. „Da hieß es auch, Verträge müssen eingehalten werden.“ Man sei allenfalls bereit, über den so genannten Basispreis zu sprechen. Dieser Preis definiert den Ausgangspunkt für die Anpassung nach dem Ölpreis. Sollte der Basispreis gesenkt werden, könnten die Tarife leicht gesenkt werden. An den grundsätzlichen Problemen für E.on Ruhrgas würde sich allerdings nichts ändern.

Nur damit wir uns verstehen. Die Lieferverträge alleine müssen nicht der einzige Grund für die schlechten Zahlen sein. Wer weiß, vielleicht gibt es noch andere Gründe.

3 FÜR 7 – Dezember 2009 (c.Z.) in Deutschland (Extremwesten)

Undankbares Thema: Also, irgendwie ist mensch ja dankbar für all die coole Theorie, die ständig verschenkt wird. Und manche tanzen ja sogar zu Architektur. Erstaunlich jedenfalls bleibt, wie sich manche Theoriekünstler zu Pubertäts- und Adoleszenz-Zeiten festbeißen in den Köpfen und fürderhin nie besonders hinterfragt werden. Etwas Warmes braucht der Mensch halt, und so ist das (Irgendwie-)Verstehen bzw. (-)Nachvollziehen von den Gedanken recht cooler Theorie-Typen mittlerweile ein recht herkömmliches (Hobby-)Berufsjugendlichen-Merkmal geworden. Was das mit Ken Loach zu tun hat? Die Themen: Diederichsen, Frömberg, Europäischer Filmpreis.

Claus Leggewie darf mal wieder zeigen ob er was draufhat oder immer nur abnickt: Diedrich Diederichsen, einer der großen Survivor der 80er (hihi), ist zu Gast bei "Dialoge über Zeit- und Streitfragen" des KWI mit Sitz in Essen. "Die Zukunft der Popmusik" wird hier "zwischen Straße, Galerie und Hobbykeller" verortet, und zwar, so heißt es, zu einer Zeit, wo "Pop-Musik am Ende ihrer Epoche" sei. Okay, also Apokalyptik-Grusel inklusive Heilsbotschaft, alle Produktionsmittel sind beim Konsumenten, danke dafür, D.D., juchhu! Am zweiten Tag folgerichtig "Die Autonomisierung des Angewandten", später im Monat dann noch "Verknüpfung, Markt, Medien" sowie "Starschnitte und Soundfetische", so dass wir ein ganz gutes Bild haben: Starprinzip nicht weg, Aneignungsmechanismen funktionieren, eBay-Pop statt Kommunismus, aber immerhin. Danke dafür, … etc. (Ich möchte noch erzählen, wie ich bei einem Interview Schorsch Kamerun mal fragte, wen er eigentlich in "Muss Ja" meint. Ich sollte raten und tippte auf Diederichsen. Kopfschütteln, Ablehnung bei Kamerun/Gaier. Gremliza sei gemeint. Ich nickte stumm und fragte mich, warum wohl eigentlich der herhalten musste. Hat bestimmt mit alten Männerbünden zu tun, dachte ich dann. Nuja, so isses, nicht wahr? *gähn*)

Äh, ja. Und wer bei dem Titel "Spucke" des Buches von Wolfgang Frömberg nicht an das ehemals kölsche Magazin denkt, für das oben groß und breit vorgestellter Herr tätig war,… dem und der schreibe ich dies hiermit. Nach all den Tourtagebüchern und Deutschploitation-Interviews der letzten Zeit mal ein etwas anderer Ansatz, versteckt autobiographisch (Medien-)Pop über (Medien-)Pop zu fabrizieren: Es geht um die Lebenswelt "Popjournalist", fein. Und zwar anscheinend um jene, die – wie ich letztens schrieb – 24/7 und 9 to 5 in diesen Welten leben (aber irgendwie als "Pop-Linke" firmieren dürfen). Denn Adorno war ja zu bürgerlich, also alle lieber vollexperimentell leben und den Staat zur Fürsorge zwingen, etc., yo! Spannend natürlich die Frage wie sich so ein Frömberg positioniert zwischen all den möglichen Blickwinkeln auf das Alternativ-Biz in D. (Ich les gerade andere Bücher.)

Szenenwechsel zum Großen Kino as we know it (hoho): Europäischer Filmpreis. Und zwar, wie es so schön auf Englisch heißt, in "Ruhr Metropolis" (Foto: Fritz Lang). Manchmal dürfen wir uns vielleicht ja noch fragen, ob das so schön ist, so konnotiert zu werden. Positiv betrachtet: Na klar, jeden Tag wollen wir hier die Arbeiterinnen und Arbeiter befreien. Aber doch nicht mehr von den Kohleöfen, bitteschön! Ts. Jedenfalls geht es in diesem Monat erst einmal um die Europäische Filmwoche der European Film Academy, am 12.12. wird der Filmpreis in der Jahrhunderthalle vergeben, und einen Tag zuvor ist Filmgala zu Ehren von Ken Loach. Dessen Film "Looking for Eric" handelt von einem Mann mittleren Alters, der sich in großen Lebensnöten an eine Erscheinung seines Jugendidols Eric Cantona wendet. Was das mit Diederichsen und Frömberg zu tun hat? Haha!

"Dialoge über Zeit- und Streitfragen" zunächst einmal am Dienstag und Mittwoch.
"Spucke" am Freitag.
"Europäische Filmwoche" ab Sonntag eine Woche lang hier und da, die Gala ist – wie oben schon geschrieben – am 11.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet.

TU-Dortmund: Hörsaal 3 geräumt…Ruhr Nachrichten

TU-Dortmund: Video der Räumung…do 1

Frage: Wann dürfen Deutsche töten?…xtranews

RUB: Flashmob am Nachmittag…Bo Alternativ

Ruhr2010: Stahl warnt vor Kultur-Kahlschlag…Der Westen

Ruhrgebiet:…wird Schrumpfgebiet…Bild

Feier: Müntefering heiratet auf Zollverein…Dattelner Morgenpost

Duisburg: JU streitet mit der CDU…Der Westen

Geschichte: Duisburgs unerzählte Nazi-Geschichte…Der Westen

Minarettstreit: Broder: Einer muss den Anfang machen…Welt

Minarettstreit II: Kampf der Symbole…FAZ

Minarettstreit III: Die Muslime sind zu  empfindlich…Tagesspiegel

 

 

Wo bleiben eigentlich die Iran-Demos?

Vor einem Jahr demonstrierten tausende wegen des Gaza-Krieges gegen Israel. Gegen das Regime des Irans das Demonstranten erschießen lässt und Gefangene foltert rührt sich kaum Protest. Dafür gibt es natürlich gute Gründe.

Im Moment sterben junge Muslime – wie viele weiß niemand genau. Viele von ihnen verschwinden auch ganz einfach und tauchen nie wieder auf. Vor einem Jahr war der Tod von Muslimen für tausende ein Grund auf die Straße zu gehen. Ob Berlin oder Gladbeck – in zahlreichen Städten liefen Demonstranten hinter Hamas-Fahnen her, hörte sich Allah ist groß Rufe an und verteilten Flugblätter. Das dabei immer mal wieder die Vernichtung aller Juden oder der Aufbau einer islamischen Diktatur gefordert wurde störte kaum jemanden, denn die Demonstrationen hatten den richtigen Feind: Amerikaner und Juden, so ganz allgemeine der Westen – wenn es gegen die guten, alten Traditionsgegner geht, lässt man schon mal alle Fünfe gerade sein.
Gegen das Regime von Ahmadinedschad auf die Straße zu gehen ist weit weniger attraktiv. Zum einen ist der Mann ja nun weder Jude noch Amerikaner. Den Westen mag er auch nicht. Im Gegenteil: Die Wirtschaftskrise sieht er als Beleg für den nahen Untergang von Demokratie und Marktwirtschaft, er ist ein guter Kumpel von Hugo Chavez und rasselt gerne einmal mit dem Säbel wenn es um Israel geht. Irgendwie kein richtig schlechter Typ. Gegen den demonstrieren? Den Boykott iranischer Produkte fordern? Unsinn. Israelisches Gemüse ist Blutgemüse – Iranische Datteln hingegen verströmen den süßen Duft des Antiimperialismus.

Und dann die Demonstranten: Für solche Gestalten geht natürlich niemand in der Kälte vor die Tür. Es sind Langeweiler. Sie fordern Meinungsfreiheit und korrekte Wahlen. Sie sprengen sich nicht in Flugzeugen, Bussen oder Bistros in die Luft und wollen auch keine hirnrissige Theorie verwirklichen, die sich irgendwer im Hinterzimmer ausgedacht hat. Die Menschen die im Iran auf die Straße gehen wollen einfach nur mehr Freiheit, weniger Angst und ihr Leben selbst bestimmen. So Leute unterstützt man nicht. Da wartet man lieber noch ein wenig: Wenn in ein paar Tagen oder Wochen die USA Terrorcamps im Jemen angreifen stimmt der Gegner endlich wieder.

Werbung