RWE-Kernkraftwerk in Bulgarien kippelig

Foto: halbfertiger Atommeiler Belene in Bulgarien

Der Energiekonzern RWE prüft seine Beteiligung am Kernkraftwerk Belene in Bulgarien. Offensichtlich steht die Beteiligung erneut auf der Kippe.

Wie am Rande der gestrigen Aufsichtsratssitzung des Konzerns bekannt wurde, mehren sich nun auch im Vorstand des Stromriesen kritische Stimmen an dem Vorhaben, nahe der rumänischen Grenze zwei 1000 Megawattblöcke aufzubauen. Die Gegend gilt als Erdbeben gefährdet. Zudem hegen Umweltschützer Zweifel an der Zuverlässigkeit der eingesetzten russischen Atomtechnik. Auch die Finanzierung des bulgarischen Projektes scheint weiter unsicher. Erst vor wenigen Tagen hat der bulgarische Finanzminister Simeon Djankov bekannt gegeben, dass sich die Kosten für das Projekt von rund vier auf sechs Mrd. Euro verteuert hätten. Aus dem RWE-Aufsichtsrat war weiter zu hören, dass mehrere ursprünglich vorgesehene Partner abgesprungen seien. RWE hätte demnach seinen Anteil in Höhe von ursprünglich geplanten 1,5 Mrd. Euro an dem alleine tragen müssen. Erst vor wenigen Monaten hatte RWE gemeinsam mit dem staatlichen bulgarischen Versorger NEK eine Projektgesellschaft gegründet, um den Bau des Atomreaktors zu realisieren. Ein RWE-Sprecher wollte die Vorgänge nicht kommentieren.

Aus dem Aufsichtsrat hieß es, die Partnerschaft mit den bulgarischen Unternehmen werde derzeit überdacht. Die Zusammenarbeit sei komplizierter als zunächst angenommen. Es werde nun nach einem Weg gesucht, möglichst schadensfrei aus dem Projekt aussteigen zu können. Da RWE derzeit gemeinsam mit dem Energieversorger E.on in Großbritannien zwei Kernenergieprojekte sei das bulgarische Projekt auch nicht mehr so wichtig, wie noch vor Jahresfrist. Darüber hinaus mehren sich die Signale, dass auch die Bulgaren von dem Projekt Abstand nehmen könnten. Besonders die Finanzierung macht den Bulgaren zu schaffen. So sagte der Finanzminister Djankov der österreichischen Zeitung „Der Standard“: „Es hat sich herausgestellt, dass Bulgarien die nötigen sechs Milliarden Euro für den Bau des AKWs Belene nicht hat.“ Nachdem sich mehrere ursprünglich neben dem RWE vorgesehene Investoren aus dem Vorhaben verabschiedet haben, wurden zuletzt Verhandlungen mit dem russischen Staat geführt. Dieser sollte einsteigen, um den Bau des Reaktors doch noch zu realisieren. Als Bauunternehmen für Belene ist der russische Staatskonzern Atomstroyexport vorgesehen.

Gleichwohl bereitete Finanzminister Djankov den Ausstieg aus dem Projekt vor: „Es könnte sich auch herausstellen, dass Bulgarien die Energie des AKWs Belene nicht wirklich braucht, sondern durch Energieeffizienz und alternative Energie den Bedarf abdecken kann.“

Ein Ende des Projektes dürfe auch in der übrigen deutschen Energiewirtschaft für Erleichterung sorgen. In einer vor kurzem bekannt gewordenen PR-Studie für den Kernkraftwerksbetreiber E.on Kraftwerke heißt es: „Ein weiteres fragwürdiges Beispiel osteuropäischer Kernkraftwerkstechnik ist der Neubau des KKW Belene.“ Zwar würde eine Mehrheit der Deutschen das Engagement hiesiger Versorger in osteuropäischen Kernkraftwerken unterstützen, um dort die Sicherheitsstandards anzuheben. Allerdings würde der Einsatz osteuropäischer Technik, etwa aus Russland, als zu unsicher abgelehnt.

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Drohen für den Standort?

Setzt die Landesregierung im Konflikt um den Bau des E.on-Kraftwerks in Datteln auf öffentlichen Druck?

Auf dem gestrigen  Treffen des Beirats der Chemiste-Initiative, einem Zusammenschluß aus Wirtschaft und Politik mit dem Ziel, den Chemiestandort Ruhrgebiet zu fördern, im Feierabendhaus in Marl soll Jens Baganz (CDU), Staatssekretär im NRW-Wirtschaftsministerium, die anwesenden Unternehmen aufgefordert haben, mit Werksstillegungen zu drohen, um so Einfluss auf die öffentliche Meinung zum Thema E.on-Kraftwerk und Akzeptanz von Industrieprojekten zu auszuüben. Ein Teilnehmer des Treffens zu den Ruhrbaronen: "Baganz ging nicht auf die Begründung des Gerichts ein, warum der Bebauungsplan nicht gültig sei, sondern praktizierte heftigste Juristenschelte. Dann forderte er die anwesenden Unternehmen auf, mit Werksstilllegungen zu drohen."

 Für Joachim Neuser, den Pressesprecher des Wirtschaftsministeriums, ist diese Darstellung allerdings "Qautsch": "Herr Baganz hat auf der Beiratssitzung erklärt, dass die Sitaution um das Kraftwerk in Datteln  kein gutes Signal ist und die Unternehmen aufgefordert, stärker herauszustellen, warum sie sich für den Standort NRW entschieden haben." Es sei, sagte Neuser weiter, absolut abgwegig zu glauben, Baganz habe Unternehmen aufgefordert, mit Stilllegungen zu drohen.

 

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RVR will nicht mitbestimmen

Der Regionalverband Ruhr ist ab dem kommenden Monat nach Jahrzehnten wieder für die  Regionalplanung  im Ruhrgebiet verantwortlich.  Die neue Ära beginnt mit einem  kuschen vor den Planern in den Städten.

Die Landesregierung arbeitet an einer Reform des Landesplanungsgesetzes. In dem steht drin, dass der Regionale Flächennutzungsplan, den sechs Ruhrgebietsstädte gemeinsam beschlossen haben, auch gegen den Willen des RVR geändert werden kann. Er muss nur informiert werden. In einem gemeinsamen Beschlussentwurf von SPD und Grünen wollen die beidenKoalitionspartner, dass sich das Ruhrparlament dieser Haltung des Landesregierung anschließt. Die CDU will mehr Mitsprache für den Verband durchsetzen.

Das ist  nichts anderes als eine Schwächung des RVR, der ja bald die Regionalplanung für das Ruhrgebiet bekommt. Das gefällt im RVR eigentlich keinem, nur der SPD. Die setzt wie immer auf die Städte und nicht auf verbindliche Regelungen – und konnte die Grünen dazu bringen, auf ihren Kurs einzuschwenken. Erst wenn der RVR damit beginnt, einen eigenen Regionalplan für das Ruhrgebiet aufzustellen,  sollen  alle Änderungen nur noch  gemeinsam mit dem RVR zu machen sein. Das kann allerdings Jahre dauern. Die Grünen gehen mit der Forderung, diesen sogenannten Erarbeitungsbeschluss bis Mitte 2012 zu fassen in die Koalitionsverhandlungen. Die SPD würde ihn wohl gerne noch weiter nach hinten schieben.

Für Martin Tönnies, den Grünen Frakionsvorsitzenden im RVR ist die ganze Sache unproblematisch: "Das ist alles nur ein theoretisches Problem. Mitte 2012 beginnen wir mit den Planungen und dass die sechs Städte sich bis dahin auf Änderungen einigen halte ich für ausgeschlossen. "

Update: Grüne mögen Ruhrstadt-Pläne – SPD irgendwie nicht

Ex-WAZ-Chef Uwe Knüpfer stellte in der Bild einen 10-Punkte-Plan zur Zukunft des Ruhrgebiets vor. Die Grünen im Ruhrparlament können sich mit der Ruhrstadt-Idee anfreunden. 

Knüpfer erarbeitete den Zehn-Punkte-Plan mit dem das Ruhrgebiet zur Stadt heranwachsen soll gemeinsam mit dem Verein Pro Ruhrgebiet. Mit Knüpfers Forderungen nach einem massiven Ausbau des Nahverkehrs, der Direktwahl des Ruhrparlaments und eines Ersten Bürgermeisters für das Revier und auch Skurilem wie die Umbenennung des Düsseldorfer Flughafens in "Ruhrstadt-West" können die Grünen im RVR etwas anfangen. Die Grünen in einer Erklärung: "Solche Symbole helfen, eine Idee in die Diskussion zu bringen", erklärt die grüne RVR-Fraktionssprecherin Sabine von der Beck. "Wie ein Blick ins Wahlprogramm der Ruhrgebietsgrünen  zeigt, ist der Plan nicht ganz neu: Drei zentrale Kernpunkte, die Verbesserung des Nahverkehrs über die Stadtgrenzen hinweg, die direkte Finanzierung regional bedeutsamer Projekte ohne Umweg über die Kommunen und die Direktwahl des Ruhrgebietsparlaments inklusive eines Oberbürgermeisters sind bereits seit Jahren elementare Bestandteile des grünen Programms für das Ruhrgebiet."

Update:
Etwas skeptischer äusserte sich gestern Gelsenkirchens OB Frank Baranowski, zugleich Sprecher der Ruhr SPD zu den Thesen von Pro Ruhrgebiet:
"Das Engagement von pro ruhrgebiet für die gemeinsame Sache begrüße ich ausdrücklich. In vielen Punkten haben wir ein hohes Maß an Übereinstimmung in unseren Vorstellungen und Forderungen. Auch wenn die  SPD die Forderung nach einer einzigen einheitlichen Stadt nicht unterstützt – die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und eine Berücksichtigung im kommunalen Finanzausgleich sind richtig und dringend geboten. Allerdings müssen wir die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg zu mehr Gemeinsamkeit  im Ruhrgebiet mitnehmen und nicht verwirren. Neue Ortsschilder erregen mehr Ablehnung als sie identitätsstiftend wirken können. So oder so: Die Zukunft unserer Städte liegt in der Gemeinsamkeit. Aber diese Gemeinsamkeit klappt nur durch die freiwillige und partnerschaftliche Kooperation der Städte."

Wohin die Freiwilligkeit führt können wir allerdings jeden Tag erneut sehen: Ein paar oberflächliche Kooperationen, ein schwacher RVR-Chef und die Zersplitterung der Region sind die Folgen dieser Freiwilligkeit, die immer betont wird, um verbindliche Regelungen zu abzuwenden. 
 

„Ich bin gegen eine große Koalition“

Der Recklinghäuser Bundestagsabgeordnete Phillipp Mißfelder setzt auch kurz vor der Wahl auf Schwarz-Gelb. Raum für schnelle Steuersenkungen sieht er nicht.

Sie sind der Spitzenkandidat der Mittelstandvereinigung NRW. Das erscheint ungewöhnlich, weil sie bislang eher als Generationspoltiker wahrgenommen wurden.
 Ich bin kein Unternehmer, arbeite zwar nebenbei für einen Verlag in NRW, aber das ist mein persönlicher Bezug. Ich bin sicher kein Handwerksmeister wie viele andere Mitglieder der Mittelstandsvereinigung, aber ich stehe hinter den Positionen der Mittelstandsvereinigung. Seitdem ich im Bundesvorstand der CDU bin, und das sind jetzt auch schon zehn Jahre,  gehöre ich zu denen, die immer mehr Reformen gefordert haben und sich für eine wirtschaftsliberale Ausrichtung der Union eingesetzt haben. Das passt gut zusammen und wir von der jungen Union haben uns auch entschlossen, uns für eine reformorientierte Wirtschaftspolitik einzusetzen.

 In den Jahren der großen Koalition hat sich die CDU immer stärker sozialdemokratisiert. Was sagen sie denjenigen, die die Ansicht vertreten, dass Freiberufler und Mittelständler eigentlich nur noch FDP wählen könnten?
Das höre ich natürlich auch häufig, aber ich kann nur darauf verweisen, dass wir als Union mit Karl Theodor zu Guttenberg…

Der ja in der CSU ist…

….ja, die aber zur Union gehört, jemanden haben, der sehr populär ist und für eine reformorientierte Wirtschaftspolitik steht.

Aber ohne die FDP wird es keine Änderung in der Wirtschaftspolitik geben. Wenn es wieder zu einer großen Koalition kommt, wird die Union doch die Wähler, die auf Reformen hoffen, wieder enttäuschen.
Um es ganz klar zu sagen: Ich bin gegen eine große Koalition. Es kann bei der Bundestagswahl nur eine Option für uns geben und das ist eine Koalition von CDU und FDP. Die Reformnotwendigkeit ist in Deutschland so groß geworden, dass es dazu keine Alternative gibt. Ich kann nur jeden davor warnen, mit dem Gedanken zu spielen, andere Konstellationen wären besser. Es ist so, wie Sie sagen: Die schwarz-gelbe Koalition ist die einzige, mit der wir auch eine wirtschaftsliberale Programmatik durchsetzen können.

 Wie hoch sehen sie denn die Chancen für eine schwarz-gelbe Mehrheit? Vor vier Jahren gab es auch gute Umfragen und am Wahlabend reichte es dann doch nicht mehr.
Schwarz-Gelb ist zum greifen nah, aber es stimmt: Immer mehr Menschen entscheiden sich erst in den letzten Tagen vor der Wahl. Deshalb gilt es bis zu letzten Sekunde zu kämpfen. Wer glaubt, die Wahl wäre schon gewonnen, irrt. Wir müssen bis zur Wahl darum werben, die Union zu wählen.

Aber müssen Sie nicht erst einmal innerhalb der Union um ihre Positionen werben? Wenn man sich Rüttgers und Laumann in NRW anschaut oder Seehofer in Bayern, dann haben diese Christdemokraten mit der Politik, die einst auf dem Leipziger Parteitag beschlossen wurde, nicht mehr viel zu tun. Haben Sie nicht große Schwierigkeiten, ihre eigenen Positionen in der Union durchzusetzen?
Wir haben in der CDU klare Beschlüsse, für die sich auch die Junge Union eingesetzt hat und die gelten. Eins ist doch klar: Wenn man politische Mehrheiten hat, die nicht von der SPD abhängen, werden die Gestaltungsspielräume doch wesentlich größer. Ich bin optimistisch, dass wir in einer Koalition mit der FDP mehr von unserem Programm durchsetzen können als es in den vergangenen vier Jahren der Fall war.

Was wären denn Ihrer Ansicht nach die dringendsten Aufgaben, die nach der Wahl von einer schwarz-gelben Regierung angepackt werden müssten?
Ich glaube, das wichtigste ist, dass wir trotz der Krise die öffentlichen Haushalte konsolidieren. Der Handlungsspielraum von Politik wird sich immer weiter einschränken, wenn uns das nicht gelingt – und vor allem die zukünftigen Generationen werden darunter leiden. Das heißt für mich, es darf keine weiteren Konjunkturprogramme geben, der Staat wird wieder sparsamer werden müssen und er muss sich von dem Gedanken verabschieden, mit dem Geld der Steuerzahler Unternehmen zu retten.

 War das Krisenmanagement der großen Koalition erfolgreich?
Es gab viele Kompromisse, ein paar Sachen waren erfolgreich, andere nicht. Das Konjunkturpaket II hat erst im Sommer begonnen zu wirken – ob sich diese Ausgabe gelohnt hat, wird man im Nachhinein besser beurteilen können. Das gleiche gilt für die Umweltprämie: Wir werden uns sehr genau anschauen müssen, ob mit dem Geld wirklich Arbeitsplätze in Deutschland gesichert wurden und wenn, wie viele. Mein Problem mit all diesen Maßnahmen ist, dass am wenigsten der Mittelstand von ihnen profitiert, und der ist das Rückgrat unsere Wirtschaft – bei den Arbeitsplätzen, bei den Ausbildungsplätzen und bei den Investitionen.

Und der Mittelstand brauch keine Konjunkturpakete?
Nein, der Mittelstand braucht vernünftige und verlässliche Rahmenbedingungen, um erfolgreich arbeiten zu können. Er braucht weniger Bürokratie, eine realistische Umweltgesetzgebung und vernünftige Steuerpolitik in den Berechen Unternehmenssteuern und Erbschaftssteuer. Das sind die Themen, die den Mittelstand interessieren und damit werden wir uns beschäftigen müssen.

 Sehen Sie Raum für Steuersenkungen?
Da muss Politik konsistent bleiben. Im Wahlkampf neigen ja viele dazu, Versprechungen zu machen. Die FDP verspricht Steuersenkungen und ausgeglichene Haushalte. Das ist nicht realistisch. Wir sagen, dass wir erst die Haushalte in Ordnung bringen müssen und dann die Steuern senken können. Beides gleichzeitig machen zu wollen, halte ich für fahrlässig.

 Steuersenkungen sollen zu mehr Wachstum führen und somit über den Umweg einer wachsenden Wirtschaft die Haushalte entlasten.
Jede Steuersenkung muss gegenfinanziert sein und darf nicht über Schulden finanziert werden. Das ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Klar ist aber auch, dass der Staat nicht so weiter machen darf wie in den letzten Jahren, als wir trotz Rekordeinnahmen immer noch neue Schulden gemacht haben. Wir werden auch sparen müssen und das über alle Ressorts – mit einer Ausnahme: im Bildungsbereich. Das Geld, das wir dort ausgeben, sind Investitionen in unsere Zukunft.

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Staatsanwaltschaft prüft neue Ermittlungen gegen Essens OB Reiniger

OB Reiniger (CDU und 2. vr) läßt sich bei Rot-Weiß Essen feiern. Jetzt neue Finanzlöcher im "Volkseigenen Kickerclub" Foto: Stadt Essen

Es sah so aus, als komme der noch amtierende Oberbürgermeister von Essen, Wolfgang Reiniger von der CDU mit einem blauen Auge aus der Rot-Weiß-Essen Affäre davon.

Die Staatsanwaltschaft Essen hatte Ermittlungen gegen den Politiker in der heißen Phase des Wahlkampfes eingestellt. Nun allerdings die überraschende Kehrtwende. Gegen Reiniger werden neue Ermittlungen geprüft, wie die Ruhrbarone erfahren haben. Und zwar in Sachen Untreue zu Lasten der Gemeinde.

Die Staatsanwaltschaft schaut sich den Sachverhalt erneut an, weil es zu einer Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens kam. In diesem Zusammenhang hat die Staatsanwaltschaft die Verträge zwischen Strunz.  dem Viertligisten RWE und der Stadt-Tochter EVE angefordert.

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Eine versteckte Intrige gegen SPD-Ypsilanti bleibt versteckt

Nun lege ich meine Lesebrille ab, stelle die Kaffeetasse an die Seite und berichte hier über ein Buch, ein politisches Buch, das Buch „Die Vier“ von Volker Zastrow, Politikchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ich habe das Buch gekauft, gelesen und weggelegt. Es geht um die vier abtrünnigen SPD-Abgeordneten, die sich im November 2008 weigerten, Andrea Ypsilanti mit den Linken zur hessischen Ministerpräsidentin zu wählen. Eine der großen politischen Affären der letzten zwanzig Jahre. Jetzt sind ein paar Tage vergangen, das Erfahrene ist verdaut. Und ich rate den Leuten ab, das Buch zu erwerben. Warum? Weil es in meinen Augen zu wenig taugt.

Das Buch „Die Vier“ ist schön geschrieben. Mit einem geübten, lakonischen Augenzwinkern. Wissend, nah dran, belesen und kenntnisreich.

Aber auf den ersten knapp 200 Seiten liest man vor allem Hass auf die Linkspartei. Und zwar allein aus der Perspektive der rechten SPD in Hessen. Das ermüdet auf Dauer. Auch wenn es mal interessant ist, zu erfahren, wie die SPD in Hessen so aufgebaut ist. Zastrow schreibt im Nachwort, er habe zunächst ein Heldenepos auf die vier Abtrünnigen schreiben wollen. Nun, das hat er gemacht. 200 EWIG QUÄLEND LAHME SEITEN LANG. Da wird beschrieben, wie die drei Frauen rauchen, wie sie einkaufen gehen, wie sie in die Sauna gehen und wie ihnen aber und aber und abermals Leute gratulieren, dass sie nicht die Linken wählen.

Gut, irgendwann hab auch ich das begriffen. Und nicht mehr lesen wollen. Ich wette, es gab auch etliche, die das doof fanden. Wahrscheinlich werden viele das Buch einfach weglegen.

Doch dann, irgendwann, so gefühlt auf Seite 250, merkt Zastrow, dass da eigentlich eine andere Geschichte zu entdecken ist. Die Geschichte einer Intrige. Wie nämlich der rechte SPD-Vordenker Walter seine Kontrahentin Ypsilanti eventuell mit Hilfe von Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch ausschaltet. Und genau hier, wo es spannend wird, geht Zastrow nicht richtig in die Tiefe. Er kommt weit, keine Frage. Vielleicht weiter, als er jemals dachte oder irgendwer anders jemals gekommen wäre. Zum Beispiel beschreibt er sehr gut, wie Silke Tesch und Dagmar Metzger missbraucht werden, in ihrem naiven Glauben gegen Links. Und genau das ist das spannende. Hier wäre es wichtig, mehr zur Rolle von Koch zu erfahren, mehr zur Rolle von Walter zu erfahren. Mehr aus den staubigen Kulissen zu hören. Weiter zu gehen. Weiter, tiefer. Doch da kommt wenig.

Man merkt, dass die Ypsilanti-SPD nicht mit Zastrow geredet hat. Man merkt, dass ihm wesentliche Quellen fehlen – aus dem Umfeld von Koch etwa. Oder aus dem Kreis von Walter.

Zastrow hätte sein Buch umschreiben müssen. Er hätte die Heldengeschichte weglassen oder zumindest stark kürzen können. Aber er tat es nicht.

Vielleicht hat ihm die Zeit gefehlt, vielleicht die Lust. Vielleicht mochte er seine eigenen Worte so stark, dass er sie nicht löschen konnte.

Er tat es einfach nicht. Er hat den spannenden Teil hinter einer Wand Langeweile versteckt. Schade.