Der Fall Friedrich: Ministerium erhält Einblick in Ermittlungsakten

Foto: Umweltministerium / Uhlenberg steht links

Im Strafverfahren gegen einen ehemaligen Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium mehren sich die Hinweise auf eine politische Intrige, die von der Spitze des Umweltministeriums losgetreten wurde, um einen unliebsamen Mitarbeiter loszuwerden. Das Ministerium hatte dies bislang immer verneint. Gleichzeitig liegen Belege vor, nach denen über das LKA Material zum PFT-Skandal aus dem privaten Bereich des Ex-Mitarbeiters Harald Friedrich an das Ministerium weitergereicht wurde.

Die Suche nach den Ursprüngen des Strafverfahrens führen tief hinein in einen Aktenberg, der mittlerweile weit über 8000 Seiten umfasst. Hier findet sich zum Beispiel eine Aussage der Hauptbelastungszeugin Dorothea Delpino vor dem LKA. Wie jetzt bekannt wurde sagte sie den Ermittlern, sie habe sich bereits am 31. Mai und 1. Juni 2006 mit dem Umweltstaatssekretär Alexander Schink (CDU) zusammengesetzt, um ein „Kündigungsverfahren“ gegen ihren damaligen Abteilungsleiter Harald Friedrich zu besprechen. Zu ihrer Motivation für das Treffen mit Schink führte Delpino aus: „Ich wollte mit meiner Initiative und meiner Aussage sicherstellen, dass das Kündigungsverfahren gegen den Herrn Dr. Friedrich erfolgreich abgeschlossen werden konnte und er aus dem MUNLV entlassen würde.“ Das gelang ihr. Am 18 Juni 2006 wurde Friedrich in der Tiefgarage des Umweltministeriums vom Pförtner die fristlose Kündigung und ein Hausverbot ausgehändigt.

Beim Blick in die Akten lässt sich rekonstruieren, was sich so zwischen dem Delpino-Treffen mit Staatssekretär Schink Ende Mai und der Entlassung des Abteilungsleiters knapp drei Wochen später tat. Delpino schrieb immer häufiger persönliche Vermerke direkt an den höchsten Mitarbeiter von Minister Eckhard Uhlenberg (CDU). In den formlosen Papieren, die mir zum Teil vorliegen, beschwerte sich Delpino zum Beispiel über Mitarbeiter oder Vorgesetzte und erklärte nebenbei, dass sie überlege, in die CDU einzutreten. Oder dass sie ihren Rechtsanwalt das Mandat entzogen habe, der versucht hat, ihre versagte Beförderung im Ministerium durchzusetzen.

Auf jeden Fall trug Delpino in ihren hausinternen Spionageprotokollen angeblich verwerfliches über Friedrich zusammen. Ihre Berichte an Schink sind Dokumente einer Intrige.

Dem Staatssekretär kamen diese Berichte offenbar recht. Industrievertreter hatten ihn bedrängt, Friedrich das Vertrauen zu entziehen. Dann wurde auch noch der PFT-Skandal öffentlich. Millionen Menschen an der Ruhr mussten mit Chemikalien durchsetztes Wasser trinken. Friedrich setzte sich hier für ein hartes Vorgehen des Ministeriums ein.

Kurz nach dem Rauswurf von Friedrich berichteten mehrere Blätter über die fristlose Kündigung – unter anderem habe ich geschrieben. Doch erst nachdem ich am 9. Juli 2006 in der Welt am Sonntag über den PFT-Skandal an der Ruhr und einen möglichen Zusammenhang mit der Personalie Friedrich berichtete, kam offensichtlich die Zeit zum Handeln.

Drei Tage nach meinem Bericht in der Welt am Sonntag über den PFT-Skandal ging ein Fax aus dem Büro der deutschen Presseagentur dpa bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf ein. Inhalt des Schreibens: drei Zeitungsberichte über die Entlassung Friedrichs wegen angeblicher Korruptionsvorwürfe, einer war interessanterweise von mir. Handschriftlich vermerkte ein Staatsanwalt auf den Papieren, dass bislang kein Verdacht zu erkennen sei, nach dem Ermittlungen aufgenommen werden müssten. Es bleibe abzuwarten, ob das Ministerium Anzeige erstatte.

Schon einen Tag später wurde dem Wunsch des Staatsanwaltes entsprochen. Das Ministerium erstatte Anzeige wegen Korruption und überreichte Ermittlungsbeamten umfangreiche Papiere, die den Verdacht erhärten sollten. Zwei weitere Anzeigen wegen diverser Delikte folgten. Staatssekretär Schink bestritt bislang die Anzeige wegen Korruption und bestätigte später nur, er habe Gerüchte aus seinem Haus an die Ermittler weitergereicht.

Unterdessen ist von den Vorwürfen wenig geblieben. Nach Auskunft des Leitenden Oberstaatsanwalt Helmut Schoß von der federführenden Behörde in Wuppertal wurden in der Causa Friedrich reihenweise Verfahren eingestellt. Nur noch gegen fünf der ursprünglich 13 Verdächtigen werde ermittelt. Zudem heißt es, alle ursprünglichen Vorwürfe wegen Korruption seien fallengelassen worden, es gehe nun nur noch um einige wenige Randaspekte.

Gleichzeitig wird es nun für die Staatsanwaltschaft Wuppertal selbst ungemütlich. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die mir vorliegen, hat die Behörde Dokumente aus den Ermittlungen gegen Friedrich an das Umweltministerium weitergereicht. Hierbei ging es unter anderem um Material zum PFT-Skandal aus dem persönlichen Umfeld des Beschuldigten. Weiter erhielt das Ministerium Einblick in private Computerfestplatten von Friedrich, auf denen intime Daten gespeichert waren.

Zudem hat der ermittelnde Staatsanwalt Ralf Meyer die Ermittlungsakten nahezu vollständig an den Rechtsanwalt der Belastungszeugin Delpino ausgehändigt. Jener Zeugin, die für Staatssekretär Schink die Spitzelberichte angefertigt hat.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft war die Aktenweitergabe gerechtfertigt. Schließlich sei Delpino dem Vorwurf einer möglichen Falschaussage ausgesetzt.

In den Akten findet sich nich ein weiteres brisantes Detail. So hat die Staatsanwaltschaft offenbar mit den Akten auch die PIN und TAN-Listen von Friedrichs Konten an mehrere Rechtsanwälte und damit auch mittelbar an deren Mandaten weitergeleitet. Zudem wurden Geschäftsinterna von zumindest einem betroffenen Institut über die Akten weitergereicht. Dabei ging es um Privatentnahmen, Kontostände und so weiter. Das bedeutet: Im Prinzip hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal wirklich vertrauliche Unterlagen wie beliebige Verfahrenspapiere behandelt.

Für die Betroffenen ist das schmerzhaft. Denn die beschuldigten Unternehmen sind im Markt Konkurrenten und keine Freunde.

Unklar ist, ob auch Delpinos Anwalt die PIN- und TAN-Listen und die Geschäftsinterna bekommen hat. Bislang war nur von einer CD mit allen Aktenseiten die Rede, die an den Rechtsanwalt der Belastungszeugin ausgehändigt wurde.

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