Werbung

Der Unfug vom Outplacement Berater

In der FTD erschien gestern ein Artikel in dem die Vorteile von Outplacement Beratern präsentiert werden. Die Rauswurf-Berater sollen Arbeitnehmern im Falle der Kündigung helfen und dem Arbeitgeber die Kündigung erleichtern. Zu Wort kam Heike Cohausz von Rundstedt HR Partners. Ausgerechnet von Rundstedt…

Es ist gut sechs Jahre her. Ich arbeitete damals für eine Agentur im Ruhrgebiet und mein wichtigster Kunde war ein kleines Tochterunternehmen eines großen Konzerns: Knapp 300 Mitarbeiter. Ein Industriebetrieb. Ich machte damals die Betriebszeitung für das Unternehmen, in der Redaktion saßen Arbeitnehmer, ein Betriebsrat und Vertreter der Personalabteilung. Der Job war OK: Selbst Probleme der Mitarbeiter konnten thematisiert werden, ich habe Leute anonym interviewt, nie wurde ich gefragt wird mir was gesagt hat. Und dann musste Personal abgebaut werden. Der Betriebsrat stimmte zu, das eine Outplacement Beratung engagiert wird um den Mitarbeitern zu helfen – und man ließ sich die Sache was kosten: Man holte von Rundstedt.

Die hatten nun verschiedenen Aufgaben übernommen: Sie betreuten die Mitarbeiter direkt nachdem ihnen von der Personalabteilung die Kündigung mitgeteilt wurde (Die meisten haben das überhaupt nicht verstanden. Es war, wie gesagt das Tochterunternehmen, eines wirklich großen Konzerns – dass sie ihren Job verlieren würden ohne daran Schuld zu sein war für sie einfach nur schrecklich)
Aber OK – die Berater von von Rundstedt machten ihren Job und versuchten eine Perspektive für die Leute herauszuarbeiten: Was denn die Hobbys wären, ob man daraus nicht einen neuen Beruf entwickeln könnte. Die meisten, Industriearbeiter über 40, haben die Frage noch nicht einmal verstanden. Hobbys waren die Familie, Fußball und vielleicht der Garten – Gärtner werden wollten sie deshalb noch lange nicht.

Und natürlich half von Rundstedt auch, nachdem das Ding mit den neuen Perspektiven in ganz neuen Berufen nichts wurde, bei der Stellensuche. Ab und an bekamen die noch immer unter Schock stehenden Gekündigten Zettel mit Ausdrucken von der Arbeitsamtsseite drauf in die Hand gedrückt.  Noch ein paar Stunden Gespräch, ein kleines Bewerbungstraining – das war es dann.

Später, als alles vorbei war, habe ich mich über das Thema Outplacementberatung noch einmal mit dem Betriebsrat und einer Frau aus der Personalabteilung unterhalten. Pragmatische Leute, die wussten dass die Jobs nicht zu halten waren und einfach nur wollten, dass man den Betroffenen den Weg erleichtert und ihnen bei der Jobsuche hilft.
Sie waren sich beide einig das jeder Cent für von Rundstedt rausgeworfenes Geld war, das man besser den Mitarbeitern auf die Abfindung gepackt hätte.

FTD: "Outplacement wird für immer mehr Arbeitnehmer zur strategischen Karrierebegleitung", sagt Cohausz. OK, in dem Artikel geht es um Akademiker und nicht um angelernte aus der Produktion. Das aber ein gestandener Ingenieur über 50 eine Gespräch  mit einem von Rundstedt Berater anders bewertet als die Männer und Frauen aus dem Betrieb, den ich damals kennen gelernt habe, wage ich zu bezweifeln. Hätten die Berater von von Rundstedt eine Ahnung davon wie man Karriere macht – sie hätten nicht so einen Job.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
5 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
x
x
14 Jahre zuvor

Outplacement – mal wieder Euphemismus per Anglizismus, im Consultingsprech immer wieder gern genommen. „Rausschmeißhelfer“ klingt zugegeben nicht ganz so hübsch.
Grüße von der Neuruhrbaronin Barbara

Jens König
14 Jahre zuvor

Es gibt genau zwei Gründe, ein Consultingunternehmen zu beauftragen:
Entweder will man für Entscheidungen die man trifft nicht die Verantwortung zugeschoben bekommen oder
man hat Geld zu verteilen, muss aber auch was davon in Öffentlichkeitsarbeit stecken a la „Wir tun etwas für die Betroffenen, helfen ihnen, blabla“
In beiden Fällen also eine Reinwaschung, deren Methode Pilatus damals echt geholfen hätte ihm einen schlechtem Ruf zu ersparen („Jesus? Zu dieser Entscheidung kam die römische Anwaltskanzlei Circusvicus et amici in ihrem Gutachten, das war alles rechtmässig. Ich konnte leider nicht anders….“

Es gibt noch einen dritten Grund, aber der ist seltener: Man muss wen gut versorgen, der einem sonst einen Strich durch die Rechnung machen könnte oder zumindest unangenehm wird.

Burkard Schulte-Vogelheim
Burkard Schulte-Vogelheim
14 Jahre zuvor

„Hätten die Berater von von Rundstedt eine Ahnung davon wie man Karriere macht ? sie hätten nicht so einen Job.“

So ist es und noch schlimmer. Gänzlich frei von Kenntnissen betr. des Arbeitslebens wird dieser Job zum Berufsteinstieg und wird dann der miese Charakter des Unternehmens durchschaut, so wird der Wechsel in einen halbwegs anständigen Arbeitsplatz schwerfallen. Eine positive Referenz stellt die Zeit im „Consulting-Gewerbe“ nämlich nicht dar.

Lang
Lang
5 Jahre zuvor

Ich kann den Vorredners nur beipflichten. Das ganze Outplacement mit von Rundstedt war rausgeschmissenes Geld. Nach 3 Monaten habe ich das abgebrochen, da ich das restliche Geld von meiner Tantieme zum Kauf eines kleinen Autos benötigte. Die Aussage meiner 'Beraterin', ob ich nicht mal daran gedacht hätte meinen Bart weg zu machen, hat das Fass zum überlaufen gebracht. Im Prinzip haben die gar nichts gemacht. Wenn ich zu Gesprächen gekommen bin, hat man schnell vom Schwarzen Brett Stellenausschreibungen genommen und mir vorgelegt – Manager in Frankreich, obwohl ich kein Französisch spreche… Nun denn, jedenfalls haben die über 400,- € / h an mir verdient.

Roman
Roman
3 Jahre zuvor

Bin ein Einzelner den die Firma loswerden will, aber dank gewisser Umstände noch ein paar Jahre geschützt.

Musste juristisch mich wieder rienklagen und werde immer noch überbezahlt mit sinnlosen Tätigkeiten abgespeist.

Meiner anwaltlichen Vertretung machte ein HR Mensch eine Outplacement Beratung zum Vorschlag, was ich ablehnte.

Ich bin konkreten Vorschlägen gegenüber offen. Diese müssten aber konkret sein.
An Geschwafel und Vorwürfen bin ich nicht mehr interessiert.

Die Idee, wonach es riecht ist, einen Mitarbeiter in einen Auflösungsvertrag mürbe zu reden.
Eine Minimalabfindung wurde mir angeboten, ich habe aber noch jahrelangebn Kündigungsschutz, also rechnete ich die Zeit und eine gesetzliche Abfindung aus, das war der Fima zu viel.
Gespräch zu Ende.

Ein Tipp für Leute auf der Abschussliste, in Gewerkschaft eintreten(besser früh), man hat dann eine Rechtschutzversicherung, keine Flirts, keine Witze die in irgendeiner Weise gewagt sind(ein Bekannter bekam eine Abmahnung, als einziger in seiner Belegschaft für ein geduldetes Verhalten), keine Treffen ausserhalb der Arbeit mit mehreren Kollegen und dem Chef, mental auf Provokationen vorbereiten), jeden Bleistifft abrechnen.

Werbung