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Dortmund: Rat hat Ende des Straßenstrichs beschlossen

Foto: Iris Wolf

Mit den Stimmen von CDU und SPD hat der Rat der Stadt Dortmund heute Nachmittag das Aus des Straßenstrichs in der Nordstadt beschlossen. SPD will Nordstadt mit umfangreichem Konzept modernisieren.

Mit der Entscheidung hoffen SPD und CDU der wachsenden Kriminalität in der Nordstadt zu begegnen. Die Polizei geht davon aus, dass zahlreicher Täter aus dem Umfeld der bulgarischen Prostituierten stammen, von denen viele auf dem Nordstadt-Strich arbeiten. Kritiker wie der Sozialdienst Katholischer Frauen befürchten allerdings, dass sich die Prostitution jetzt in die Nordstadt verlagert und die Prostituierten häufiger Opfer von Gewalttaten werden.

Die SPD Dortmunder SPD hatte im Vorfeld der heutigen Ratssitzung auch ein Umfangreiches Konzept zur Revitalisierung der Nordstadt beschlossen (weiter unten). Allerdings sind viele der Maßnahmen von der Stadt Dortmund nicht zu finanzieren. Ein Ausbau der U-Bahn, der Bau einer Umgehungsstraße oder umfangreiche Investitionen in den Wohnungsbestandklingen zwar gut – sind allerdings weder kurz- noch mittelfristig zu realisieren.

Das „Konzept“ gleicht eher einem etwas wirren Wunschzettel – symbolische Scheinpolitik:

Das SPD-Nordstadtkonzept:

1. Jüngster Stadtteil Dortmunds, Chance für die Zukunft

Auch Kinder, die in der Nordstadt leben, sind eine Zukunftschance für die ganze Stadt. Sie brauchen Bildung, Betreuung und Förderung.

1.1 Sie benötigen ein flächendeckendes flexibles Ganztagsbetreuungs-Angebot in Kitas und Schulen.

1.2 einen kostenfreien Kindergartenbesuch für alle Kinder ab 3 Jahren.

1.3 den deutschsprachigen Islam-Unterricht an Schulen mit staatlich ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern.

1.4 Unternehmenspatenschaften mit weiterführenden Schulen für eine bessere Vermittlungsquote in Ausbildung; Übergangsmanagement von der Schule in den Beruf als dauerhafte Aufgabe an der Anne-Frank Gesamtschule, der Gertrud-Bäumer-Realschule und den Hauptschulen.

1.5 die Einrichtung einer Jugendfreizeitstätte am Borsigplatz und die Beteiligung aller Jugendfreizeitstätten am Projekt „Jugendforum“.

1.6 Alle Schulen der Nordstadt bilden ein spezifisches Profil als Angebot für die Schüler und Eltern aus. An jeder Schule wohnt ein Hausmeister, um die Pflege der Gebäude und des Geländes auch außerhalb des Unterrichts sicherzustellen.

1.7 Prävention zur Verhinderung von Kinderunfällen, Schulwegsicherung,
Gesundheitsprävention durch die Förderung gesunden Essens und Kochens für Kinder.

1.8 die Einführung einer Kindergartenpflicht für Kinder, die festgestellten Förderungsbedarf in der deutschen Sprache haben, einschließlich finanzieller Sanktionen, wenn diesem Angebot nicht nachgekommen wird.

2. Attraktivität der Nordstadt nutzen – Wohnkarrieren ermöglichen

2.1 Die Eigentumsquote in der Nordstadt muss steigen – junge Familien müssen die Möglichkeit erhalten, Wohnungen als Eigentum zu erwerben und nach ihren Bedürfnissen umzugestalten. Deshalb treten wir für eine sozialverträgliche Privatisierung von Mietwohnungen ein.

2.2 Gestaltungssatzungen und /oder Milieusatzungen sollen den attraktiven Baubestand der Nordstadt sichern und dazu beitragen, dass erhaltenswerter Baubestand, Fassaden, aber auch Hofgebäude etc. nicht durch Modernisierung zerstört werden.

2.3 Mit den Banken vor Ort verabreden wir Instrumente, die hochwertige Modernisierung und Sanierung finanziell möglich machen. In ausgewählten Quartieren sollen über Sanierungssatzungen besondere, für Investoren gültigen Abschreibungsmöglichkeiten geschaffen werden, die hochwertige Modernisierungen attraktiv machen.

2.4 Wohneigentümer brauchen Unterstützung bei der Sanierung und Modernisierung ihrer Wohnungen und Häuser – wir benötigen einen Hypothekensicherungsfonds zur Sicherstellung von Finanzierungen.

2.5 Projekte des Mehrgenerationen-Wohnens und des barrierefreien Wohnens sollen in der Nordstadt in besonderer Form gefördert werden, auch durch Umstrukturierungen im Bestand.

2.6 In größeren Wohneinheiten sollen Concierge-Konzepte eingeführt und ausprobiert werden, um dem Sicherheits- und Servicebedürfnis der Bewohner Rechnung zu tragen.

2.7 Maßnahmen nach der Energie-Einspar-Verordnung 2009 (EnEV) werden in der Nordstadt vorrangig gefördert.

2.8 Neue Nutzungsmöglichkeiten für leerstehende Großimmobilien im Wohnbereich suchen (z.B. Leo-Haus, Albertus-Magnus-Kirche, Neuapostolische Kirche Braunschweiger Straße, Kielstraße 26)

3. Gewerbeentwicklung und Mobilität

3.1 Aufstellung eines Gewerbeplans mit Festlegungen, welche gewerblichen Nutzungen an welchen Stellen möglich und erwünscht sind. Dazu bedarf es eines Laden- und Gewerbeflächen-Managements. So sollen ständige Abwertungen durch Aneinanderreihung von Billiganbietern, Call-Shops und Spielstuben/Spielhallen und Wettbüros verhindert werden.

3.2 Weitere Durchführung von Maßnahmen der Lokalen Ökonomie und ihre Verstetigung durch die Wirtschaftsförderung, Entwicklung der Münsterstraße zum Einkaufsstandort mit internationalem Flair und Alleinstellungsmerkmal.

3.3 Quartiere fördern und profilieren z. B. durch die Verbesserung des gewerblichen Besatzes und die Nutzung von Hinterhöfen für Gewerbe und Kleinproduktion.

3.4 Netzwerkbildung aller Gewerbetreibenden der Nordstadt fördern durch die Zusammenarbeit der Wirtschaftsförderung, der IHK, der Kreishandwerkerschaft und Migranten-Selbstorganisationen mit wirtschaftlichem Hintergrund.

3.5 Reduzierung der LKW-Durchgangsverkehre und des LKW-Parkens in Wohngebieten und Bau der kompletten Nordspange.

3.6 Anwohnerparkzonen in besonders belasteten Bereichen einrichten, damit wird das „wilde Parken“ wirksam bekämpft. Das Parken von LKW, Bussen, Wohnwagen, Wohnmobilen, Kleintransportern und Schrottsammelautos in Wohngebieten wird untersagt und konsequent ordnungsrechtlich verfolgt.

3.7 Ausbau der Stadtbahn U 44 bis DO-Kirchderne (auf dem Thyssen-Krupp Gelände).

3.8 Schnellbuslinie durch die Nordstadt zur Universität.

3.9 Fahrradkonzept für die Nordstadt mit durchgehender Verbindung vom Borsigplatz bis zum Hafen und Einführung der Metro-Räder im Bereich der Bornstraße und des Nordmarkts.

4. Lebensbedingungen in der Nordstadt aufwerten

Der Hafen muss für die Menschen in Dortmund erschlossen und nutzbar gemacht werden.

4.1 Weiterentwicklung des Fredenbaumparks einschließlich einer Fußgängerbrücke über den Dortmund-Ems-Kanal zur Verbindung mit den dortigen Grünbereichen, Qualifizierung und Ausweitung der bestehenden gastronomischen Angebote im Fredenbaumpark.

4.2 Bau eines nördlichen Zugangs zum Hoeschpark an der künftigen Nordspange zur besseren Zugänglichkeit und Nutzung. Erstellung eines Betreiberkonzepts für den Hoeschpark.

4.3 Schaffung von Bewohnergärten und Ausbau der Patenschaften für „Pantoffelgrün“ und Baumscheiben.
4.4 Patensysstem für alle Spielplätze. Die Paten sind Ansprechpartner für Kinder.
4.5 Leerstehende Immobilien übergangsweise kulturell nutzen.

4.6 Freie Kulturszene in der Nordstadt unterstützen und stärken und Projekte wie „Musik, Kultur, Picknick“ verstetigen und dauerhaft etablieren.

5. Gesundes Leben in der Nordstadt

Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsförderung sind gerade in der Nordstadt notwendige und bedeutsame Handlungsfelder, um Kinder und Erwachsene vor Schäden zu bewahren, die sie ihr Leben lang beeinträchtigen. Deshalb sind folgende Maßnahmen notwendig:

5.1 Ausbau der ärztlichen Versorgung, insbesondere der Facharzt-Versorgung und Gründung eines „Klinotel“ am Klinikum Nord, gekoppelt mit einem Netz von Reha-Einrichtungen.

5.2 Fortführung und Finanzierung des Runden Tisches „Prävention von Kinderunfällen und Schulwegsicherung.

5.3 Prävention durch Förderung gesunden Essens und Kochens für Kinder und mit Kindern und Eltern.

5.4 Keine Duldung einer ortsfesten Drogen-Szene und Zerschlagung der Dealer-Strukturen, sondern auch die Verfolgung und Ahndung von „ Klein- Dealern. Kontrollierte Abgabe von Drogen in Apotheken unterbricht die Spirale von Konsum, Dealen und Beschaffungskriminalität.

5.5 Niederschwellige Hilfeangebote für Süchtige wie z.B. die „Zuverdienst-Werkstatt“ ausweiten und Ausstiegsangebote mit Vorschlägen zur niederschwelligen Reintegration in den Arbeitsmarkt verbinden – Saufräume bieten keine Lösungsansätze.

5.6 Alkohol-Verbote im Umkreis um Kindertageseinrichtungen, Spielplätzen, Schulen und Jugendfreizeitstätten aussprechen und durchsetzen.

6. Sicherheit und Ordnung in der Nordstadt

Rechtsfreie Räume in Teilen der Dortmunder Nordstadt müssen konsequent bekämpft werden. „Es besteht kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit; es besteht zu wenig Verfolgungsdruck“.

6.1 Der Straßenstrich an der Ravensberger/Julius-/Mindener Straße wird geschlossen. Die Kontrolle der umliegenden gefährdeten Bereiche in der Dortmunder Nordstadt und anderen Stadtteilen muss durch ausreichendes Personal bei Polizei Ordnungskräften sichergestellt werden.

6.2 Kriminelle Clans sind für uns keine Gesprächspartner. Mit Drogendealern, Schleppern, Zuhältern und professionellen Kriminellen werden keine Dialoge geführt.

6.3 Die Ansammlung von Menschen auf Bürgersteigen, die ein Passieren durch Fußgänger unmöglich machen, wird unter Wahrung der rechtsstaatlichen Mittel konsequent aufgelöst.

6.4 Das Übernachten in Autos ist nicht zulässig. In der Zukunft werden Personen, die in Autos übernachten, kostenpflichtig verwarnt.

6.5 Die Ausübung des Gewerbes wird unverzüglich durch die Gewerbeaufsicht anhand der Gewerbeanmeldung überprüft und ggf. entsprechende, Strafbewehrte Maßnahmen ergriffen.
6.7 Alle LKW und Pkw, die für den Export angemeldet sind, werden überprüft und bei Überschreiten des Ausfuhrdatums werden stillgelegt und beschlagnahmt.

6.8 Die Sicherheit in Wohngebäuden ist zu gewährleisten durch die Einhaltung der einschlägigen Bauvorschriften, insbesondere Brandschutz und Vorschriften des Beherbergungsgewerbes. Eine weitere Überbelegung in Wohngebäuden wird nicht länger geduldet.

6.9 Es werden künftig wieder automatisch Meldebestätigungen durch das Einwohnermeldeamt ausgestellt, die dem Vermieter vorgelegt werden können.

6.10 Die Ordnungspartnerschaften müssen personell in den Stand versetzt werden, ihre Aufgaben zu erledigen,

6.11 Die Kriminalitätsstatistik soll künftig auf der Basis der statistischen Unterbezirke in Dortmund ausgewiesen (tatort- und wohnortbezogen) werden.

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Werner Jurga
12 Jahre zuvor

Ein hübsches sozialdemokratisches Papier. Aber wieso wurde am Ende der Punkt
„6. Sicherheit und Ordnung in der Nordstadt“ – offenbar abgekupfert von einer rechtspopulistischen Vereinigung“ – drangepappt? Jemand, der politisch nicht so bewandert ist und / der Stefan Laurins Humor nicht kennt, könnte dieser Sache auf den Leim gehen. Das hat die SPD Dortmund nicht verdient.

Torti
Torti
12 Jahre zuvor

Ein wirklicher guter Tag für die Nordstadt. Bei den Nordstadteltern wird heute gejubelt. Gut, das der Spuk bald vorbei ist. Schauen wir mal wie die SPD-„Wünsch Dir was Liste“ umgesetzt wird. Aber jetzt ist erstmal Freude angesagt.

Bert
Bert
12 Jahre zuvor

„„Es besteht kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit;“

Das stimmt allerdings, und das nicht nur in Dortmund.

Thorsten
Thorsten
12 Jahre zuvor

Was spricht denn gegen das Übernachten in Autos? Ok – ist unbequem, aber wenn man nen Kombi hat… und besser als besoffen fahren ist es doch allemal.

Jan
Jan
12 Jahre zuvor

Ja, das Papier ist wirklich echt 😉 inklusive der Numerierungspanne in Punkt 6.
Und der Knackpunkt ist das Stichwort „Handlungsdefizit“. Die meisten Punkte des gesamten Konzeptes sollten nämlich eigentlich in einer handlungsfähigen Kommune selbstverständlich sein.
Eine Pleite-Kommune (also meist der Normalfall) ist offenbar nicht mehr in der Lage, das beschlossene Ortsrecht durchzusetzen! Und gerade bei den teureren Stadtplanungsprojekten stellt sich die Frage: Wie soll das finanziert werden?
1. auf Pump
2. aus Fördertöpfen
3. durch den Abbruch anderer Projekte in anderen Teil der Stadt

Das darf aber nicht zu einem Investitionsungleichgewicht führen. Im Moment scheint es so, als würde die SPD die Prioritäten in der Finanzierbarkeit ihres Wahlprogramms komplett zu 100% auf die Nordstadt umstellen!

ch_we
ch_we
12 Jahre zuvor

Oh, Symbolpolitik auf dem Rücken von Schwächeren und ein sauberer Hinterhof für die Nordstadteltern – schon irgendwie klassisch sozialdemokratisch, oder?

Jan
Jan
12 Jahre zuvor

@7
Wer ist schwächer und welcher Punkt findet auf dessen Rücken statt?

Punkt 6.2 – mangelndes Mitspracherecht für Zuhälter?

Michael Kolb
Admin
12 Jahre zuvor

So, wird der liebevoll „Hornbachschleife“ genannte Strich also dichtgemacht… Ja nu… ganz abgesehen davon, daß es für mich zig Gründe gibt, den Strich in der aktuellen Form zu schließen oder stärker zu kontrollieren und zu reglementieren, damit allein wird die Stadt der Probleme jedenfalls nicht Herr werden.

Die Nordstadteltern jubeln also, daß der Spuk vorbei ist… tscha, wenn sie da mal nicht Geister gerufen haben, die sie in ihrer zukünftigen Ausprägung nicht mehr so schnell loswerden… In den einschlägigen Foren beömmelt man sich schon darüber, daß bekannte Damen in der Braunschweiger Straße kobern würden…

Torti
Torti
12 Jahre zuvor

@Michael Kolb
Schauen wir mal, das wir das Problem auch lösen. Gemach.Als wir anfingen Druck auf die Politik auszuüben den Strich zu schliessen, sagten alle: Passiert nie, das die den Strich verbieten.
Nun,als nächstes werden wir jetzt Teil der Ordnungspartnerschaft. Wir werden konsequent immer wieder die Polizei rufen wenn wir Verstösse gegen den Sperrbezirk entdecken. Ausserdem wird es ja ein Kontaktverbot für Freier geben.
Da das dann ja eine Ordnungswirdigkeit ist und Fotohandys weit verbreitet sind werden wir auch da der Polizei helfen. Und das Beweissfoto gleich mitliefern. Wir erobern Strasse für Strasse unseren Stadteil zurück. Versprochen.

Will
12 Jahre zuvor

Stichwort Handlungsdefizit und Finanzierung – planerisch und politisch muss es möglich sein die Eigentümer v.a. die großflächigen Eingentümer mit ins Boot zu holen und versuchen mit diesen zusammen einige Punkte aus dem Handlungsplan umzusetzen. Denn sie sind im Endeffekt die Profiteure der zu erwarten steigenden Bodenpreise.
Sicherlich sind dazu Anreize durch öffentliche Gelder notwenig und Punkte wie ÖPNV oder Sicherheit sollte man nicht unbedingt in die Hände und Verantwortung von Privaten legen.
Ich sehe Handlungspotential durch Eigentümer z.B. in der Verbesserung der Bausubstanz oder auch der Aufwertung des öffentlichen Raums durch Verschönerungen (Kunst, Sitzgelegenheiten, Fassaden, Plätze, Parks) oder auch die Ermöglichung von Freiräumen in leerstehenden Immobilien. Diese müssen ja auch nicht immer auf Teufel komm raus mit Kultur gefüllt werden. Warum nicht mal prophane Dinge wie eine Werkstatt?

ch_we
ch_we
12 Jahre zuvor

@Jan:

Die Schwächeren sind diejenigen Prostituierten, die von Zuhältern abhängig sind. Oder glauben Sie, dass sich diese Abhängigkeit jetzt einfach so in Luft auflösen wird? Ich bin da skeptisch, ein recht überschaubarer Raum wie der Straßenstrich ist für die Polizei leichter zu kontrollieren als die vielen verschiedenen Orte, an die sich die Prostitution jetzt verlagern wird.

Und dass ‚Eltern‘, die dafür weder ausgebildet noch demokratisch legitimiert sind, die Aufgaben der Polizei übernehmen wollen (s. Kommentar #10), würde ich auch nicht gerade als Fortschritt bezeichnen.

Aber ich wohne nicht mehr in der Nordstadt, vielleicht fehlt mir deshalb deshalb auch das nötige Level an Empörung, das einen dazu veranlasst, Schriftstücke wie dieses oder den ‚offenen Brief‘ zu verfassen, ohne dabei die Rechtschreib- und Grammatikprüfung einzuschalten. Ich hatte jedoch immer den Eindruck, dass besonders die Luftqualität und Verkehrsbelastung in der Nordstadt ein Problem waren. Und dazu findet sich in dem Papier (bis auf den Ausbau der U44) dann doch sehr wenig. Ob der Verkehr auf den Ausfallstraßen dadurch verringert wird, wird sich zeigen.

Torti
Torti
12 Jahre zuvor

@ch_we
Also die wahren Unterstützer von Zuhältern sind doch Menschen wie Sie. Die sich in fatalistischer Teilnahmslosigkeit üben und denen, die sich empören noch absprechen, dass es überhaupt ein Grund zur Empörung, sprich ein Problem, gibt.

Skeptische Ignoranz ist eine weiche Hängematte für Weltenerklärer. Dann muss man nichts bewegen oder sich selbst.

ch_we
ch_we
12 Jahre zuvor

Sehr geehrter Torti,

es gibt viele Probleme in der Nordstadt, die auch Menschen betreffen, die nicht in der näheren Umgebung der nördlichen Bornstraße wohnen und/oder keine Kinder haben. Aber die Prostituierten sind diejenigen, die Probleme mit ihrem Zuhälter kriegen, wenn die Kohle nicht stimmt. Und dass Sie und die „Nordstadteltern“ genau dieses Problem nicht haben, werden Sie wohl kaum bestreiten können, oder?

Es ist aber müßig jetzt noch darüber zu streiten, denn Sie haben ihren Kampf gegen den Straßenstrich doch gewonnen. Ob Ihr Sieg auch den gewünschten Effekt haben wird, steht auf einem anderen Blatt und ich denke, dass weder Sie noch ich die weitere Entwicklung in diesem Moment absehen können.

trackback

[…] ist der Stoff, aus dem meine Nervenzusammenbrüche sind. Temperatur und Druck in meinem Reaktor stiegen […]

Jan
Jan
12 Jahre zuvor

@13
Also bisher hat die Duldung des Straßenstrichs nicht gerade geholfen, die Zuhälterei einzudämmen – daher sehe ich auch die von Ihnen benannte Verschlechterung der Situation für die Prostituierten hinsichtlich ihrer Abhängigkeit von Zuhältern nicht.

Kirsten
Kirsten
12 Jahre zuvor

Ich erkläre das gerne noch mal.

Die Frauen auf der Ravensberger Straße brauchen keinen „Zuhälter“. Es gab keine Gefahren, vor denen diese sie hätten schützen müssen. Den Herren blieb nur, die Frauen emotional von sich abhängig zu machen um an ihr Geld zu kommen. Gewalttätigkeiten, Erpressungen oder Ähnliches wurde von fast allen Frauen unverzüglich angezeigt. Das Vertrauensverhältnis zu den Beamten vom KK12, insbesondere möchte ich hier Heiner Minzel nennen, war hervorragend.
Ich erinnere mich an einen lauen Sommerabend 2006, als auf der Straße plötzlich lautes Gelächter ausbrach. Ein Mitglied der Bandidos hatte Frauen erklären wollen, dass sie ab sofort Standgeld an ihm und seine Kollegen zu zahlen hätten. Die Frauen hielten sich die Bäuche vor Lachen.
Abgesehen davon ist der Begriff „Zuhälter“ schwer zu definieren. Ich zitiere gerne einen Beamten von der Nordwache: „Ich gehe auch den ganzen Tag einem harten und gefährlichen Job nach, während meine Frau zuhause ist und von meinem Geld lebt. Ist meine Frau jetzt mein Zuhälter?“
Was ich damit sagen will, ist, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt, auch nicht bei „Zuhältern“. Auch wenn manch ein Mann, ja auch ganze Familien von dem Einkommen einer Frau leben, sind diese nicht automatisch bösartige, kriminelle Ausbeuter.

Im Sperrgebiet, gejagt statt geschützt von den Ordnungsbehörden und eifrigen Nordstadteltern, in Industriebrachen oder auf dunklen Waldwegen, ohne den Schutz der Gruppe oder gar einer Sicherheitsanlage, werden die Frauen sich unsicher fühlen. Nicht zu Unrecht, wenn ich zum Beispiel an die 2003 ermordete Diana denke. Besonders bei den unerfahrenen und verängstigten Frauen werden dann Schutzgelderpresser ein leichtes Spiel haben. „Arbeite für mich, gib mir die Hälfte (oder mehr) deines Verdienstes, und du stehst unter meinem Schutz. Niemand wird es wagen, dir etwas an zu tun, weil man wissen wird, dass man sich mit mir /meiner Gruppe nicht anlegt.“ Spätestens nach der ersten Vergewaltigung werden die Frauen das eine sehr einleuchtende Idee finden. Das ist einer der Gründe, warum die Schließung des Straßenstrichs dazu führt, dass Nordstadteltern UND organisierte Schutzgelderpresser aus dem gleichen Grund was zu feiern haben. Prost!

Seit gestern sind übrigens Betreiber von Flat-Rate und FKK-Clubs auf der Ravensberger Straße unterwegs und werben gezielt Frauen an. Diese waren zunächst positiv überrascht, dass man ihnen so prompt ein neues Jobangebot machte. Als sie aber verstanden, dass sie dort grundsätzlich ungeschützt arbeiten müssten, waren sie entsetzt: Originalzitat: „Wieso darf ich nicht mehr hier mit Gummi arbeiten, aber im Club ohne Gummi ist erlaubt?“
Nochmal: Prost Nordstadteltern!

Kirsten
Kirsten
12 Jahre zuvor

@Stefan: Du hast natürlich Recht. Ich schrieb von 2006, da waren noch keine Bulgarinnen auf der Straße. Die „neuen Frauen“ waren zunächst keineswegs davon zu überzeugen, dass hier in Deutschland die Polizei zu ihrem Schutz da ist und sie wussten nicht, dass man als Prostituierte überhaupt irgendwelche Rechte hat. Es hat lange gedauert, bis die zuständigen Beamtinnen und Beamten überhaupt Zugang zu den ersten Frauen dieser Gruppe gefunden hatten. Erschwerend kommt die starke Fluktuation unter den Frauen dazu. Aber der Prozess war in vollem Gange und erste Erfolge begannen sich abzuzeichnen.
Aber dieser Faden wird jetzt abgerissen. Wir werden uns bemühen, ihn immer wieder anzuknüpfen, aber das wird massiv erschwert durch die geforderte Sperrgebietserweiterung.

Rudi Gems
Rudi Gems
12 Jahre zuvor

Dortmund macht mit Sicherheit Schule. Einige Ministerinnen im Bundeskabinett, riechen mit Sicherheit schon Lunte. Ein Sperrgebiet, nach dem anderen, wird jetzt fallen. Was dabei rauskommt, ist nicht sicher. Es ist aber zu befürchten, das die ganze Sache, wieder in die Kriminalität abgleitet, wie wir das schonmal hatten, mit allen unschönen Erscheinungen, die Kriminalität, so mit sich bringt.

Ich stamme noch aus einer Generation, die mal die Hoffnung hatte, das Menschen sich emanzipieren, insbesondere von Religionen, und erkennen, das Sex auch eine wunderschöne Seite haben kann. Der Traum scheint ausgeträumt. Sex, ist heute offensichtlich wieder der größte Aufreger, den es überhaupt gibt. Für die Mehrzahl der Menschen, ist es offensichtlich unvorstellbar geworden, das Sex auch eine schöne Sache sein kann. Nichts kann diese Mehrheit, offensichtlich mehr aufregen, als die Gewissheit, das es andere Menschen gibt, denen Sex Spaß macht, und die an bestimmten Orten, Sex machen.

Die Zuhälter, sind nur vorgeschoben. Den klassischen Zuhälter, der seine „Pferdchen“ abrichtet und dann auf den „Strich“ schickt, gibt es nur noch vereinzelt, bei einigen dummen Frauen, oder dumm gehaltenen Frauen, die z.B. kein Deutsch können. Intelligente Huren, bekommen wirklich das Schütteln vor Lachen, wenn sie heutige Ansichten über Zuhälter zu hören oder zu lesen bekommen.

Wenn ich mir ansehe, wie meine Eltern und Großeltern, die in totalitären Zeiten groß geworden sind, trotzdem ein Deutschland aufgebaut haben, was man mit Stolz einen „demokratischen Rechtsstaat“ nennen konnte, und heute sehe, wie eine Jugend, die in einem demokratischen Rechtsstaat groß geworden ist, wieder unseren Rechtsstaat, in einen Staat umwandelt, der zu Brechreizen führen kann, dann kann einem schon das kalte Grauen hochsteigen.

Eine Generation, die nur noch an sich selber denken kann, die nur noch ihre Interessen durchsetzen kann, und die nur noch die BILD verstehen kann, wird eine Generation sein, die einen totalitären Staat erzeugen wird. Huren sind eine Minderheit. Und ein Rechtsstaat, muss sich immer daran messen lassen, wie er mit den Rechten von Minderheiten umgeht. Die Rechte der Minderheit Huren, werden im Dortmunder Norden, mit den Füßen getreten.

Grüße, Rudi Gems

ein anderer Jan
ein anderer Jan
12 Jahre zuvor

@ Rudi Gems
Ich glaube, die Realität ist dann doch etwas anderes als der alte Hippie-Traum von der freien Liebe mit einer unbedeutenden kleinen Bargeldkomponente!

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