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Europa muss entspannen – Für neue Beziehungen zum Iran

Foto: Flickr.com / camden olive

Demokratie ist toll. Auch im Iran. Heute wird in dem Vielvölkerstaat gewählt. Und dies wird sich auf Europa und Deutschland auswirken.

Es deutet viel darauf hin, dass im Iran die Weichen für die Politik im mittleren Osten neu gestellt werden. Im Wahlkampf zwischen den beiden aussichtsreichen Präsidentschaftkandidaten Mahmud Ahmadinejad und Mir Hussein Mussawi wurde das Land polarisiert.

Es schält sich immer deutlicher heraus, dass Ahmadinejad an Popularität verliert. Nicht nur in den Städten, wo das konservative Regime vielen gerade jungen Leuten mit seinen teils absurden Vorschriften auf die Nerven geht, sondern auch auf dem Land. Ahmadinejad hat seine Versprechen nicht gehalten. Es gab weder mehr Arbeit für die Bauern, noch bessere Straßen oder mehr Elektrizität. Vor einigen Tagen gab es einen spannenden Bericht über den eitlen Mann und seinem gebrochenen Verhältnis zur Bevölkerung im WDR. Die Doku von Peter Lom hieß Erdbeeren und Atomkraft. Peter Lom war der einzige Ausländer, der den Präsidenten auf dessen Wahlkampftour begleiten durfte. Die Sendung ist Spitze. Lom beschreibt die hoffnungsvollen Briefe, die von den verzweifelten Menschen an den Präsidenten geschrieben wurden – und die ausbleibenden Antworten.

Der Wind des Wandels ist wieder in der Luft. Es scheint, als wird sich etwas ändern – ändern müssen. Denn so wie es war, geht es nach Ansicht vieler Menschen im Iran nicht weiter.

Damit zeigt sich, dass Iran nicht ein böses Land ist, beherrscht von Wahnsinnigen, ähnlich wie Nord-Korea. Sondern dass dort eine Art Demokratie herrscht, mit Abstimmungen und Meinungsumschwüngen, wie auch bei uns. Natürlich gibt es dort die für uns nicht nachvollziehbaren Religionshüter, die weitreichend ins Leben der Menschen eingreifen. Aber immerhin lassen die Leute es nicht zu, dass der Iran zu einer totalitären Diktatur wird. Ein Wandel im Frieden ist scheinbar möglich.

Dies hat für uns in Europa weitreichende Auswirkungen. Sollte es gelingen, den neuen Iran-Präsidenten davon zu überzeugen, Israel anzuerkennen und auf Atomwaffen zu verzichten, dann steht dem Handel nichts mehr im Wege. Die Beziehungen zu den USA würden sich normalisieren und damit auch die Beziehungen zur EU.

Das allerdings würde gerade uns in Europa voranbringen. Iran ist einer der größten Energielieferanten der Welt. Es geht nicht nur um Öl. Es geht vor allem um die Erdgasreserven des Golfstaates. Denn diese sind mit denen Russlands zu vergleichen. Bei einer Entspannung dürften unsere Konzerne im Iran Gas kaufen. Damit könnte die Abhängigkeit Europas vom russischen Gas gelockert werden. Ein unschätzbarer Vorteil. Sowohl für die Energiepreise als auch die Versorgungssicherheit. Ein Streit zwischen der Ukraine und Russland könnte nicht mehr für kalte Wohnungen in Schwaben sorgen.

Bereits jetzt bemühen sich die Konzerne wie E.on und RWE das Verhältnis zum Iran zu entspannen. Dabei haben sie durchaus gute Argumente. Das Gas des Iran kommt auf den Markt – das ist ein Fakt. Warum sollen wir das nicht kaufen? Sollen wir die Reserven den Chinesen und Russen überlassen?

Zusätzlich hat der Energiehandel mit dem Iran weitere stabilisierende Folgen für den Mittleren Osten. Wer Geld hat, sein Land zu entwickeln, will weniger intensiv einen Krieg mit den Nachbarn führen, um alles zu ruinieren. Selbst auf Afghanistan bezogen würde sich die Entspannung lohnen. Nur mit Hilfe des Iran lässt sich die Situation dort verbessern.

Wir könnten also einen Stück Frieden kaufen und Wohlstand bringen. Vielleicht sogar die weitere Demokratisierung des Iran voranbringen. Und im Gegenzug würden wir Energie erhalten. Wenn die Entspannung gelingt. Das hört sich doch nach einem guten Deal an, oder?

Selbst wenn Ahmadinejad die Wahlen gewinnen sollte, bleiben die Gründe für eine Entspannung weiter richtig. Deswegen hoffe ich, dass es dem Westen gelingt, den Iran nach den dortigen Wahlen aus der Schmollecke zu locken. Barack Obama hat in seiner Kairo-Rede die Signale gegeben, alte Feindschaften zu überwinden und Beziehungen neu aufzubauen. Diese Chance müssen wir nutzen.

Zumindest die Energiekonzerne scheinen auch überzeugt zu sein, dass dies gelingt. Nicht umsonst führt die Gaspipeline Nabucco bis an die Grenzen des Iran.

Noch dürfen die beteiligten Konzerne wie RWE keine offiziellen Gespräche über eine Verbindung mit dem Mullahstaat führen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits gedroht, in diesem Fall ihre Unterstützung für das Projekt zu entziehen.

Aber es ist klar, dass es in den kommenden Monaten Versuche geben wird, diese Blockade zu überwinden. Ich drücke die Daumen.

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Franz Kollege
14 Jahre zuvor

Es scheint, die Wahllokale sollen länger geöffnet sein, wegen großen Andrangs. Die Leute wollen Wandel, vor allem die hohe Inflation wird Ahmadenijad angekreidet.

Der Westen braucht Iran vor allem, um die Lage in Afghanistan und damit auch Pakistan zu stabilisieren. Bessere Beziehungen zu Tehran würden Europa und den USA auch mehr Spielraum gegenüber Saudi-Arabien geben.

Die Saudis hätten dann allerdings weniger Anreiz, die Ölpreise zu dämpfen, um Rücksicht auf den Aufschwung in den USA zu nehmen und gleichzeitig dem Iran mit niedrigen Preisen zu schaden.

Ein besseres Verhältnis zum Iran würde vieles durcheinander bringen!

Philipp
Philipp
14 Jahre zuvor

„Sollte es gelingen, den neuen Iran-Präsidenten davon zu überzeugen, Israel anzuerkennen und auf Atomwaffen zu verzichten, dann steht dem Handel nichts mehr im Wege.“

Der Iran, so viel steht fest, wird unter keinen Umständen auf sein Atomprogramm verzichten. Nicht nur Ahmadinejad, auch Mussawi ist felsenfest davon überzeugt, dass dem Iran die Nutzung der Kernenergie zusteht. Übrigens gilt es auch in der iranischen Bevölkerung als Konsens, dass der Iran seine Energieversorgung um die Nutzung der Kernenergie ergänzen soll.

Der Unterschied zwischen Ahmadinejad und Mussawi ist jedoch, dass Mussawi bereit wäre, das Programm von internationalen Beobachtern kontrollieren zu lassen, so dass keine Gefahr mehr bestünde, dass der Iran unter dem Vorwand der zivilen Nutzung Atomwaffen herstellen würde.

Man kann nur hoffen, dass Ahmadinejad die Wahlen verlieren wird. Denn wer wie Ahmadinejad sagt, Israel müsse von der Landkarte gelöscht werden, der darf nicht das Know-how und das Material haben, um Atomwaffen herzustellen.

Es ist nun an der Jugend des Iran (fast 90 Prozent des Landes unter 30 Jahre alt), den jetzigen Präsidenten, der die Menschenrechte mit Füßen tritt, Juden, Bahais, Schwule etc. unterdrückt und unzählige politische Gegner in Foltergefängnissen (mund)tot macht abzuwählen.

Philipp
Philipp
14 Jahre zuvor

Nach Angaben der Wahlkommission liegt Ahmadinedschad uneinholbar in Führung. Mussawi erklärt sich selbst zum Sieger der Wahl. Zweifel, ob die Wahlen tatsächlich frei waren.

https://www.faz.net/s/RubB30ABD11B91F41C0BF2722C308D40318/Doc~E49F526015E48456DA9FB0F7FBBD70E1E~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Das ist wirklich ein schwarzer Tag für den Iran. Mit diesem Präsidenten werden weitere Jahre der internationalen Isolation folgen. Ganz zu schweigen davon, wie Israel/USA auf die in einiger Zeit anstehende Verwirklichung des iranischen Atomprogramms reagieren wird.

Franz Kollege
14 Jahre zuvor

Wenn Iran keine Atom-Energie haben darf, warum dann Ägypten und Saudi-Arabien? Weil die auf unserer Seite sind.

Ist das nicht das Denken aus den 50ern, als die CIA den uns genehmen Shah eingesetzt hat, und die anschließende Revolution gegen ihn haben die Mullahs genutzt. Daran laborieren wir bis heute noch herum.

Die Sanktionen halten doch nur die Hardliner an die Macht. Wenn man den Iran in die Weltwirtschaft integriert, werden die Einnahmen aus den dann möglichen Gasexporten vermutlich zunächst im Machtzentrum landen. Aber davon abgesehen würde das die Lage verbessern.

Ich meine: jetzt erst recht sollten wir die Beziehungen zum Iran verbessern. Europa sollte hier seinen eigenen Weg gehen.

Philipp
Philipp
14 Jahre zuvor

@ David

Selbstverständlich finde auch ich es absolut richtig, dass der Iran ein Recht auf diese Technologie hat.

Aber bitte nur unter der Bedingung, dass das Atomprogramm unter internationale Aufsicht gestellt wird, da ich die Befürchtung habe, dass das Programm ein Vorwand Ahmadinejads ist, um nukleare Waffen herstellen zu können und – wie angekündigt – Israel von der Landkarte zu tilgen sowie in der Region noch mächtiger zu werden.

Und gegen genau diese internationale Kontrollen, zumindest meines Wissens nach, sperrte sich die gegenwärtige Regierung immer.

Dass die Wahlen frei abliefen, kann ich einfach nicht glauben. Ja, es wäre Wahnsinn und undemokratisch und despotisch die Wahlen zu manipulieren.

Nur: Dieser Mann ist wahnsinnig!!! Man hat dem emotionalen Krüppel Hitler ausgelacht und nichts von dem geglaubt, was er gesagt und angekündigt hat. Diesen Fehler sollte man nicht noch mal machen.

Ahmadinejad geriert sich als Freund der Armen und Benachteiligten, gibt sich großzügig, großherzig, spricht von Allahs Güte und Barmherzigkeit – gleichzeitig lässt er skrupellos Frauen, die ihre Männer betrogen haben sollen ganz entsetzlich Aufhängen. Männer, die komosexuell sind ebenso, auch wenn es die laut Ahmadinejad im Iran gar nicht (mehr)gibt.

https://www.youtube.com/watch?v=zdjfCC6zzmw

Es ist wirklich furchtbar.

Wer wie Ahmadinejad politische Gegner umbringen lässt (Vgl. Friendensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, die bei ihren Recherchen ihren Namen auf einer Todesliste des Regimes fand), der schreckt auch nicht davor zurück, die Wahlen zum eigenen Vorteil zu manipulieren.

Ich glaube auch, dass der rege Handel mit Staaten wie Iran etwas bewirken könnte. Isolation nützt – wie das Beispiel Nordkorea zeigt – der Regierung, ihre Herrschaft zu festigen. Dem Volk geht es durch Sanktionen und Isolation noch schlechter.

Andererseits: Treibt man mit ihnen Handel, unterstützt man dieses Regime. Ich weiß wirklich nicht, was besser wäre.

Franz Kollege
14 Jahre zuvor

Philipp, ich kann dem Vergleich mit Hitler nicht folgen. Wenn der Iran mit Atomwaffen Israel angreift, kaeme das seiner Selbstzerstoerung und Besetzung gleich. Das geht nicht ohne ein totalitaeres System im Inneren.

Der Iran ist aber ein vielfaeltiges Land mit verschiedenen Machtzentren. Mit seiner kurdischen und vor allem der azerischen Minderheit koennte es sich so einen Krieg gar nicht leisten.

Die schlechte Menschenrechtslage und fehlende Frauenrechte hat ja nicht Ahmadenijad eingefuehrt. Also sollten wir nicht so emotional auf seine Rhetorik reagieren, sondern ueberlegen, was uns bessere Beziehungen bringen koennen, und wie wir da hinkommen.

Arnold Voß
Arnold Voß
14 Jahre zuvor

Ahmadinejad wird sich in den nächsten Wochen und Monaten als der herausstellen, der er immer schon war. Ein religiös motivierter, gnadenloser und äußerst gewalttätiger Diktator.Die Iraner, die das am Anfang nicht geglaubt haben,wollten ihn jetzt abwählen.Das Problem ist nur, dass Diktatoren sich zwar wählen, aber nicht wieder abwählen lassen.

Franz Kollege
14 Jahre zuvor

Arnold, mal sehen, was in vier Jahren passiert.

Und: es gibt viele andere Diktatoren in der Welt, mit denen wir ausgezeichnete Geschäfte machen. Das Argument mit den guten und bösen Diktatoren (oder Schurken) haben sich die USA einfallen lassen.

Ich find‘ das mittlerweile ziemlich öde.

Arnold Voß
Arnold Voß
14 Jahre zuvor

Kollege Franz, ich habe noch nie zwischen guten und bösen Diktaturen unterschieden.Diktaturen egal welcher Coleur sind auch nicht öde, Kollege, sondern bedeuten für die Menschen vor Ort Drangsal, Leid und häufig auch Tod. So zynisch wie sie kann nur einer schreiben, der seinen Hintern im „demokratischen Trockenen“ geparkt und vergessen hat, wie es zu dieser Demokratie in seiner Heimat gekommen ist.

Arnold Voß
Arnold Voß
14 Jahre zuvor

Davidowitsch,Franz Kollege hat mir vorgeworfen, dass ich mich der amerikanischen/westlichen Unterscheidungen zwischen guten und bösen (Schurken) Diktaturen bediene (was ich eben nicht tue!) und fand das öde. Offensichtlich kennt er mich genauso wenig wie ich ihn und gibt trotzdem ein solches Urteil ab. Aber sowas passiert nun mal im Eifer des „Gefechts“ und ich finde es gut, dass du mich über seine Person und seine journalistischen Tätigkeiten aufgeklärt hast.

Was ich aber nach deinen Erläuterungen erst recht nicht verstehe ist, wie jemand, der vor Ort recherchiert, jemanden wie Ahmadinejad so verharmlosen kann. Wie er so ganz kennerisch locker „mal sehen“ möchte, was in 4 Jahren passiert. Als wären 4 weitere Jahre für Menschen, die unter dem Mullaregime leiden, ein Klacks.

Mag sein, das gerade investigative Journalisten besonders distanziert mit dem Gegenstand ihrer Recherchen umgehen müssen. Aber da klingt doch eine – ich bleibe dabei – gehörige Portion Zynismus mit.

Im übrigen ging es bei diesem Posting ausdrücklich um den Iran und nicht um die vielen mir ebenfalls bekannten anderen autoritären Regime und Diktaturen dieser Welt.In diesem Zusammenhang das iranische Regime zu relativieren, nur weil es auch andere, vielleicht sogar noch schlimmere gibt,ist eben nicht journalistische Neutralität sondern politische Meinungsmache die sich hinter eben dieser Neutralität versteckt.

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