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‚Freilaufende Raucher‘ am Rathaus in Datteln zu bestaunen!

Der neue Bereich für die Raucher am Dattelner Rathaus.
Der neue Bereich für die Raucher am Dattelner Rathaus.

Als ich im Jahre 2002 erstmals die kanadische Stadt Toronto besuchte, da fiel mir dort sofort eine Besonderheit auf, welche mich und andere Teilnehmer meiner Reisegruppe sehr stark irritierte: Überall im Stadtgebiet, auf Plätzen und auch in öffentlichen Grünanlagen, standen so komische Glasboxen herum, bushaltestellengroß etwa, welche allerdings expliziert als designierte Raucherbereiche gekennzeichnet waren. Es handelte sich also keineswegs um Wartehäuschen von Haltestellen des Nahverkehrs o.ä., sondern in der Tat um öffentliche ‚Raucherräume‘.

Wir hielten das innerhalb unserer Reisegruppe tatsächlich auch zuerst lediglich für einen üblen Scherz. Es war aber keiner, wie wir in den Tagen unseres Aufenthalts bemerken mussten!

Diese Glaskästen, von ihrer Bauart fast schon an große Aquarien oder Gehege im Zoo erinnernd, waren damals tatsächlich für Raucher als ‚Aufenthaltsräume‘ in der Öffentlichkeit angedacht. Für viele Gruppenmitglieder war so etwas damals noch schier unvorstellbar…

Auch ich habe noch über Jahre im Freundeskreis erstaunt darüber berichtet.

Inzwischen schreiben wir bekanntlich das Jahr 2013 und die Situation der Raucher hat sich auch hier in Europa, in Deutschland, und speziell auch in NRW seither wesentlich verändert.

Und auch die öffentlich platzierten Glaskästen als verbliebene Raucherzonen haben uns offenbar inzwischen in (zunächst noch) abgeschwächter Form in einigen Landesteilen bereits erreicht:

Denn will man z.B. in Datteln ein paar städtische Beamte und/oder Angestellte sehen, welche mit einem weitestgehend verpönten Glimmstängel in der Hand öffentlich posieren, dann braucht man seit der Vorwoche, im Vorbeigehen oder –fahren, nur mal vor das Rathaus der Kanalstadt schauen!

Das Rauchen im Gebäude ist für Mitarbeiter und Besucher bekanntlich längst untersagt, aber auch vor der Tür, unter dem Vordach, soll dort nun nicht mehr geraucht werden, da einige Leute aus den angrenzenden Büros in der Nähe des Eingangs sich durch den Rauch zuletzt stark belästigt fühlten.

Seit der Vorwoche, zeitgleich zum Start des neuen ‚Nichtraucherschutzgesetzes‘  im Lande, gibt es dort also nun den ‚Raucherraum‘ in Form eines alten, gläsernen Bushaltestellenhäuschens auf dem Rathausvorplatz, welches nun dort aufgestellt wurde.

Im Gegensatz zu den Häuschen in Toronto damals, ist das in Datteln zwar nur an 3 Seiten geschlossen, und von daher vielleicht noch nicht ganz so ‚abgrenzend‘ für die Nutzer, aber die Ähnlichkeit ist schon augenfällig und die Wirkung ähnlich abgrenzend.

Ich habe vorhin übrigens extra eine Aufnahme des Häuschens gemacht, als gerade niemand dort stand. Man will ja niemanden hier ungewollt in diesem Zusammenhang öffentlich abbilden.

Aber stellen Sie sich vielleicht einfach mal einen kalten Regentag und 5-6 übellaunige Raucher/innen in diesem Häuschen vor….

Auch als Nichtraucher mag ich mir besser erst gar nicht vorstellen, wie man sich wohl fühlt, wenn man in diesem Glaskasten stehend von Umherstehenden und von Passanten auf ihrem Weg vom und zum Dattelner Rathaus fast schon zooähnlich bestaunt und beobachtet wird.

Verrückte Zeiten sind das!

Oder bin ich vielleicht einfach zu empfindlich?

Man könnte in der Errichtung des Glashauses natürlich auch etwas Positives sehen und betonen, dass die Raucher ja so demnächst nicht mehr im Regen bzw. Schnee ihrem ‚Laster‘ nachgehen müssen. Diese Argumentation erscheint mir, so schlüssig sie zunächst vielleicht auch sein mag, jedoch etwas zu kurz gegriffen zu sein.

Die öffentliche Diskussion in Datteln und Umgebung läuft, soweit ich das bisher mitbekommen habe, übrigens querbeet: Während einige Bürger offen die Geldverschwendung für den Bau der ‚Bushaltestelle‘ als Raucherraum für städtische Bedienstete kritisieren, mokieren sich Andere darüber, dass bei den täglichen Gängen zum ‚Raucherraum‘ auf dem Rathausvorplatz womöglich ziemlich viel wertvolle Arbeitszeit verloren gehen könnte.

Dass die verächtliche, optische Ausgrenzung der Raucher in einem von außen frei einsehbaren Glascontainer aber ja auch noch mit dazu kommt, dass scheint bisher, erstaunlicher Weise,  dagegen eher noch ein Randthema zu sein. Auch als Nichtraucher scheint mir genau das allerdings das unangenehmster an der Geschichte zu sein…

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torsten
torsten
10 Jahre zuvor

Toronto schon 2002? Da wäre eine Studie von Stefan Laurin zum massenhaften Kneipensterben in Toronto längst überfällig. 😉

mds
mds
10 Jahre zuvor

Diese Anti-Anti-Kampagne hat schon was niedliches…

Arnold Voss
10 Jahre zuvor

… aber nur für die, die nicht im Glaushaus sitzen (müssen).

kai
kai
10 Jahre zuvor

Ist schon verdammt mieß, das die Bank vor dem Häuschen ist. Wir Raucher dürfen also nichtmals mehr sitzen.
Keine Ahnung, wie hoch das Ordnugsgeld für eine weggeworfene Fluppe in Datteln ist, aber die haben wohl auch schon nachhaltig gedacht. Oder wo sollen die Kippen hin?
Wie ich schon erwähnte Herr Voss: Vorm Glashaus.

Nansy
Nansy
10 Jahre zuvor

Zitat: „Auch als Nichtraucher mag ich mir besser erst gar nicht vorstellen, wie man sich wohl fühlt, wenn man in diesem Glaskasten stehend von Umherstehenden und von Passanten auf ihrem Weg vom und zum Dattelner Rathaus fast schon zooähnlich bestaunt und beobachtet wird.“

Aber genau diese Art der Zurschaustellung und Ausgrenzung ist ja beabsichtigt -schon auf der dritten „Weltkonferenz Rauchen und Gesundheit“ 1975 wurde diese Art der Ausgrenzung von der Tabak-Kontrolle als taktische Maßnahme vorgeschlagen:

– Ein soziales Umfeld sollte geschaffen werden, in dem Rauchen nicht akzeptiert wird (Create a social environment in which smoking is unacceptable),

– Rauchen sollte in der Öffentlichkeit immer mehr erschwert werden (..we can and should make it more and more difficult for the individual to smoke cigarettes in public),

Die weltweite Umsetzung des Zieles einer „tabakfreien Welt“ (von der Tabak-Kontrolle auch als “The Tobacco Endgame” bezeichnet – der eine oder andere wird sich womöglich an frühere “Endlösungen” erinnert fühlen) läuft zwangsläufig auf solche Ausgrenzungen hinaus – wobei einige Leute durchaus nichts gegen solche Herabsetzungen und Ausgrenzungen haben, solange es nur die „Richtigen trifft“.

Es läßt sich auch unschwer erkennen, dass solche Einschränkungen im Freien nun gar nichts mehr mit Nichtraucherschutz und sogn. Passivrauch zu tun haben, sondern dass hier inzwischen „Geruchsbelästigung“ als Begründung für solche Maßnahmen herhalten muss – alles im Namen des Tobacco Endgame.

Ähnliche Einschränkungen im öffentlichen Raum finden momentan auch beim Thema Alkohol statt. Die Begründungen weichen leicht voneinander ab, die geistige Grundhaltung ist die gleiche!

Abgetrennte Bereiche für Fast-Food-Esser sind noch nicht gefordert worden, allerdings spräche die Logik für solche Maßnahmen, damit besonders Kinder nicht durch den Anblick von ungesundem Essen verführt werden können…

Arnold Voss
10 Jahre zuvor

Ich setzte mich gestern zu einer älteren Dame auf einer Bank. Ich hatte mir ein Fischbrötchen mitgebracht und fragte sie, bevor ich es auspackte und reinbiss, ob ihr der Geruch etwas ausmachen würde. Sie sagte: natürlich nicht.

Als ich aufgegessen hatte zückte sie eine Zigarettenschachtel und fragte mich, bevor sie sich eine zündete, ob mir der Geruch etwas ausmachen würde. Ich sagte: natürlich nicht.

Was hätten wir sonst sagen sollen.

Martin Böttger
Martin Böttger
10 Jahre zuvor

@ Arnold
Nette Dame. Zigarette z u m Fischbrötchen wär schon blöd gewesen, oder?
Vor unserem Bonner Rathaus wird bisher nicht in Glashäusern geraucht, sondern unter Vordächern an den Eingängen. Bisher hatte ich allerdings nicht den Eindruck, dass schon mal jemand die dortigen Aschenbecher geleert oder gar gereinigt hätte. In dem Bistro in Bonn-Beuel, in dem ich derzeit oft draussen mittagesse, türmen sich die Aschenbecher immer auf einem unbenutzten Tisch, weil die niemand beim Essen vor der Nase haben mag. Sie sind also eher schlecht für den Umsatz.

gratis13
10 Jahre zuvor

Warum die Raucher so „geächtet“ werden, ist mir ein Rätsel. Warum hat man die bisherige Lösung mit den ausgewiesenen Raucherecken und Raucherlokalen nicht gelassen?
Es waren doch alle zufrieden. Wenn ich Rauch nicht vertragen kann, gehe ich eben in ein anderes rauchfreies Lokal.
Militante Nichtraucher hat es immer gegeben. Diese werden natürlich kein Laster haben-)

Was ist mit den Autoabgasen, die ich jeden Tag einatmen muss?

Nansy
Nansy
10 Jahre zuvor

@Gratis13 #8:
Die Gründe für die „Ächtung“ und Ausgrenzung von Rauchern habe ich ja bereits weiter oben genannt (#5). Das kommt ja nicht aus „heiterem Himmel“, sondern ist Teil einer Strategie…

Elsie
Elsie
10 Jahre zuvor

Naja, bald raucht Datteln4 am meisten! 😉

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