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Katholische Kirche: 87% mehr Kirchenaustritte im Kreis Recklinghausen

St. Ludgerus Billerbeck. Quelle: Wikipedia, Foto: Stahlkocher, Lizenz: CC BY-SA 3.0
St. Ludgerus in Billerbeck. Quelle: Wikipedia, Foto: Stahlkocher, Lizenz:CC BY-SA 3.0

Auch wenn engagierte Gläubige und die katholische Kirche selber seit Jahren dagegen ankämpfen, der Abwärtstrend der Organisation konnte, zumindest hierzulande, bisher nicht einmal im Ansatz gestoppt werden. Ganz im Gegenteil!

Das Bistum Münster veröffentlichte nun aktuelle Zahlen dazu, welche verdeutlichen wie ernst es vielerorts um den Zustand der Kirche steht. Alleine im Kreis Recklinghausen nahm die Zahl der Kirchenaustritte im Jahre 2013 (1294 Ausritte), im Vergleich zum Vorjahr, um satte 87% zu, sank die Zahl der Gottesdienstbesucher bei den dortigen Katholiken noch einmal deutlich ab. Damit überschritt die Zahl der Austritte dort sogar das ‚Missbrauchsskandaljahr‘ 2010.

Aktuell besuchen nicht einmal mehr 9% der verbliebenen Mitglieder den Sonntagsgottesdienst. Zahlen die zeigen wie grundlegend die diversen Probleme der Katholischen Kirche in der Welt des 21. Jahrhunderts wohl noch immer sind.

Insgesamt ist die Zahl der Kirchenaustritte im gesamten Bistum Münster im Jahr 2013 stark gestiegen: 10.112 Katholiken erklärten im Laufe des abgelaufenen Jahres im Bistum ihren Austritt, das waren 4.450 (78 Prozent) mehr als noch im Jahr 2012.

Und auch wenn man immer wieder von einer Welle der Rückkehrer liest und hört, dem gegenüber standen dort tatsächlich nur 418 Personen, die die Kirche früher einmal verlassen hatten, und nun aus unterschiedlichen Gründen zurückgehrten. Hinzu kamen noch überschaubare 273 Eintritte aus anderen christlichen Konfessionen.

Wie die Bischöfliche Pressestelle aktuell nun weiter mitteilt, sind 2013 im Bistum 13.905 Menschen durch die Taufe neu in die Kirche aufgenommen worden, 410 weniger als im Vorjahr.

Selbst Bischof Dr. Felix Genn zeigte sich angesichts dieser neuen Zahlen schockiert: „Die hohe Zahl der Kirchenaustritte ist ein alarmierendes Signal und schmerzt mich zutiefst. Wir haben als katholische Kirche in Deutschland ganz offensichtlich ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. ..“

Vom Bistum Münster soll nun eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben werden, welche die offenkundige Unzufriedenheit der Gläubigen näher und detaillierter untersuchen und analysieren soll.

Eines dürfte aber jetzt schon klar sein: Die Unzufriedenheit vieler Kirchenmitglieder dürfte sich nicht nur auf die Geschehnisse rund um die Affäre rund um den Bischof von Limburg und die vieldiskutierten Missbrauchsvorwürfe beschränken. Die Kirche hat offenbar noch immer ein grundlegendes Problem ihre Rolle im 21. Jahrhundert zu finden, vielen Zeitgenossen ihre noch immer vorhandene Notwendigkeit für den Einzelnen klar zu machen.

Die Aufgabe den Abwärtstrend in der Region dauerhaft zu stoppen dürfte eine extrem schwierige sein bzw. werden, falls dies denn überhaupt möglich ist. Denn viele Leute im Land dürften inzwischen der Meinung sein, dass die Organisation einer Kirche für ihr persönliches Leben nicht mehr von großer Bedeutung ist und daraus die entsprechenden Konsequenzen ziehen, wie einem ja auch die für das Bistum Münster frisch veröffentlichten Zahlen noch einmal verdeutlichen.

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keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

Dass die Gemeinden kleiner werden, wird im Stadtbild überdeutlich. Kirchen verschwinden, erhalten andere Funktionen.

Dennoch scheint sich das Kirchen-Management wenig um die Kunden zu kümmern. Für einige sind Pracht-Bauten wichtiger.

Früher konnte die Pracht vielleicht beeindrucken, heute fragt man sich, warum man diesen Protz bezahlen soll, während es an vielen Ecken fehlt.

Aktuell kann ich mich auch nicht daran erinnern, dass bspw. die deutsche Führung oder der Papst eindeutig Stellung zu vielen gesellschaftlichen Problemen beziehen.

Die Botschaft des Neuen Testaments ist für mich auch heute noch aktuell. Dass sie viele 100 Jahre alt ist, ist beeindruckend. Das Marketing ist aber unterirdisch.

Insgesamt wird die Welt unverbindlicher. Auch viele Sportvereine haben zu kämpfen. Wer will sich heute noch regelmäßig engagieren, während überall unverbindliche Angebote vorhanden sind.

Die Kirche kann nur basisnah aus den Gemeinden attraktiv werden. Hierfür ist es erforderlich, die Attraktivität der Angebote zu steigern. Das viele Geld für tolle Protzbauten hätte besser in die Gemeinden gelenkt werden sollen. Einige Kirchen – z.B. in Do-Nord – gehen ja neue Wege, und sie mischen sich auch ein.

P.S.
Ich überlege zurzeit, wie die Kirchenverantwortlichen meiner Umgebung heißen.

Sebastian
Sebastian
9 Jahre zuvor

Ich bin auch aus der Kirche ausgetreten. Trotzdem bleibe ich Christ. Sehe da irgendwie keine Probleme.

HerrMarek
HerrMarek
9 Jahre zuvor

Ich verstehe nicht ganz die Sorgen der Kirchen.

10.112 Katholiken erklärten im Laufe des abgelaufenen Jahres im Bistum ihren Austritt

dagegen gab es doch,
Wie die Bischöfliche Pressestelle aktuell nun weiter mitteilt, sind 2013 im Bistum 13.905 Menschen durch die Taufe neu in die Kirche aufgenommen worden

Das sind doch knappe 4.000 Mitglieder mehr, oder übersehe ich da neben den Todesfällen, noch etwas?

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Durch die Taufe aufgenommen ist gut. Hat die Getauften Jemand gefragt, ob sie überhaupt aufgenommen werden wollen? Ach ich vergaß, die können ja noch gar nicht antworten, weil sie noch nicht sprechen können. Korrekt muss es also nicht aufgenommen heißen sondern gekapert. Mit Unterstützung der Eltern natürlich. Klasse System der Kundengewinnung, bzw. Mitgliedersteigerung. Gut das die Telekom nicht so arbeitet. 🙂

Natalie Simons
Natalie Simons
9 Jahre zuvor

Wenn in Recklinghausen von 218891 Katholiken 1294 austreten, dann entspricht das 0,59%. Im Bundesgebiet sind es 0,78%

Das Bistum Münster hatte zu Beginn des Jahres 2013 1.940.112 Mitglieder und Ende 2013 waren es 10112 weniger. Das entspricht 0,52%

Vielleicht habe ich mich verrechnet. Aber die Angabe „87% mehr“ halte ich in diesem Fall für irreführend.

Natalie Simons
Natalie Simons
9 Jahre zuvor

@Robin Patzwaldt: Es geht nicht darum, dass die Prozente falsch ausgerechnet sind, sondern darum, dass die Zahl irreführend ist.

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