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„NRW ist der Verlierer der Energiewende“

Christoph M. Schmidt
Christoph M. Schmidt

Christoph M. Schmidt ist Präsident des Wirtschaftsforschungsinstitutes RWI in Essen und Vorsitzender des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung  – der Wirtschaftsweisen. Die Energiewende und den demogtrafischen Wandel hält er für die größten Herausforderungen, vor denen das Ruhrgebiet steht.

Von Seiten der Politik werden häufig die Chancen betont, die das Ruhrgebiet durch die Energiewende  bekommt. Teilen Sie diese optimistische Sicht der Dinge?

Ganz im Gegenteil, im Vordergrund stehen bislang nicht die Chancen, sondern die Risiken. Denn als Energiebundesland Nr. 1 ist NRW der große Verlierer der Art und Weise, in der die Energiewende bislang umgesetzt worden ist – nämlich auf Basis eines Subventionsmechanismus, der alle marktwirtschaftlichen Grundsätze missachtet. Das zeigt sich nicht zuletzt an der Tatsache, dass die Bürger von NRW bei diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz mit knapp 3 Milliarden Euro netto im Jahr 2013 erneut die Hauptfinanziers der Förderung der erneuerbaren Energien waren, während die Bürger anderer Bundesländer netto durchweg von dieser groß angelegten regionalen Umverteilung profitieren. Die Bürger von Bayern sind dank der dort großen Verbreitung der Photovoltaikanlagen dabei die Hauptprofiteure. Und innerhalb der Bundesländer profitieren dabei tendenziell die Grund- und Hausbesitzer, die Mieter zahlen die Zeche.

Das Ruhrgebiet ist als Sitz großer Energieversorger sowie energieintensiver Industriebetriebe von den Folgen dieser falsch umgesetzten Energiewende besonders betroffen. Die Gewinne der großen Energieversorger, aber auch mancher Stadtwerke, sind infolge der Energiewende massiv eingebrochen und die energieintensive Industrie könnte in ihrer Existenz bedroht sein, wenn die für sie geltenden Ausnahmeregelungen nur ein wenig zu ihren Ungunsten verändert werden. Es stehen also Arbeitsplätze, Einkommen und Steuereinnahmen auf dem Spiel.

RWE, ThyssenKrupp – viele Unternehmen im Ruhrgebiet leiden unter Energiepolitik. Was bedeutet das für den Arbeitsmarkt des Ruhrgebiets?

Die wirtschaftlichen Probleme der Energie- und Industriekonzerne sind für das Ruhrgebiet in der Tat nicht gut. Wie viele Arbeitsplätze in der Produktion oder auch in den Konzernzentralen im Ruhrgebiet durch die Auswirkungen der Energiepolitik verloren gehen könnten, ist allerdings schwer vorherzusagen. Hier gibt es ja keine Atomkraftwerke, deren Stilllegung eindeutig auf die seit dem erneuten Beschluss zum Atomausstieg beschleunigte Energiewende zurückzuführen wäre. Fakt ist, dass Beschäftigungsrückgänge in energieintensiven Industriebranchen und in der Energieversorgung im Revier nichts Neues sind. Am Wirtschaftswachstum gemessen konnte das Ruhrgebiet im Laufe des vergangenen Jahrzehnts gegenüber den anderen Regionen in NRW zwar einiges an Boden gutmachen. Die Arbeitslosigkeit ging aber dennoch kaum zurück – viele Arbeitslose profitieren also nicht von einem wirtschaftlichen Aufschwung in der Region.

In der Energiebranche gibt es beispielsweise nur wenige Arbeitsplätze für Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss, die unter den Langzeitarbeitslosen des Ruhrgebiets die weit überwiegende Mehrheit ausmachen. Die Beschäftigungschancen dieser Arbeitslosen können sich durch den möglichen Abbau von Stellen für qualifizierte Arbeitnehmer in den Energie- und Industriekonzernen noch weiter verschlechtern. Wer gut qualifiziert ist, hat hingegen relativ gute Chancen, wieder einen Arbeitsplatz zu finden.

Immer wieder hat das Ruhrgebiet sich auf einzelne Branchen fokussiert, wenn es um seine wirtschaftliche Zukunft ging: Logistik, Kreativwirtschaft, Energie. Macht ein solches Vorgehen Sinn? 

Am ehesten wird eine Region wirtschaftliche Höchstleistungen erreichen, wenn sie die Voraussetzungen dafür schafft, dass es leistungsbereite und kompetente Akteure in die Region zieht und diese ihre Kreativität und ihren Einsatzwillen dort frei entfalten können. Leistungsfähige und finanziell gut ausgestattete Einrichtungen in den Bereichen Bildung, Forschung und Wissenstransfer sind dazu mit die beste Voraussetzung. Aber auch eine kompetente und wirtschaftsfreundliche Verwaltung kann diesen Erfolg beflügeln. Die direkte Förderung (vermeintlicher) regionalwirtschaftlicher Stärken und Wachstumsbranchen durch die öffentliche Hand ist hingegen ein schwieriger und oft nur wenig Erfolg versprechender Weg. Im Vorfeld sollte man sich in jedem Fall unvoreingenommen Kenntnisse über die tatsächlichen wirtschaftlichen Stärken und Schwächen der Region verschaffen. Erst dann sollte überlegt werden, durch welches Bündel an Maßnahmen man auf der regionalen Ebene Stärken fördern und Schwächen abbauen kann.

Die Unterstützung regionaler Wirtschaftsschwerpunkte ist zudem ein längerfristiges Vorhaben und hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn entsprechende Anstrengungen Teil einer umfassenden Regionalpolitik sind, zu der beispielsweise auch die Bildungs- und Raumentwicklungspolitik gehören. In jedem Fall ist eine Strategie, die auf bereits vorhandene Stärken aufsetzt, zielführender als eine, die auf vermeintliche „Wachstumsbranchen“ setzt, die am grünen Tisch identifiziert werden. Im Ruhrgebiet kommt bei der Förderung regionaler Wirtschaftsstärken erschwerend hinzu, dass die mit Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung beauftragten Personen meistens nur für ein Teilgebiet der Region zuständig sind. Die Aufteilung eines dicht besiedelten Ballungsraums in zahlreiche administrative Einheiten ohne erkennbares Zentrum, wie es im Ruhrgebiet der Fall ist, gibt es in dieser Form nirgendwo sonst in Deutschland.

In welchen Bereichen sehen sie Chancen für das Ruhrgebiet, wirtschaftlich zu wachsen?

Die Branchen mit den meisten Beschäftigten sind im Ruhrgebiet wie im restlichen NRW das Gesundheitswesen und der Einzelhandel. Während der Einzelhandel in den vergangenen Jahren nur leichte Beschäftigungsgewinne verzeichnete, gehörte das Gesundheitswesen zu den Branchen mit dem stärksten Beschäftigungszuwachs. Da davon auszugehen ist, dass von einer alternden Bevölkerung eher noch mehr Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen werden und weil das Ruhrgebiet bereits stärker als andere Regionen „gealtert“ ist, wird das Gesundheitswesen hier sicher weiterhin zu den Branchen mit Wachstumschancen gehören. Der Bildungssektor ist ebenfalls ein großer und wachsender Wirtschaftsbereich, dessen weiterer Ausbau naheliegt. Das stärkste Beschäftigungswachstum verzeichneten sowohl im Ruhrgebiet als auch im restlichen NRW die unternehmensbezogenen Dienstleistungen, wie z.B. Beratungstätigkeiten. Diese werden zwar voraussichtlich weiter ausgebaut, allerdings umfassen sie mit gut einem Prozent der Gesamtbeschäftigung nur ein relativ kleines Segment des Arbeitsmarkts.

Im Gegensatz zu den anderen Regionen in NRW gehörte im Ruhrgebiet in den vergangenen Jahren zudem der Maschinenbau zu den Wachstumsbranchen. Man kann davon ausgehen, dass im Revier auch in Zukunft die Industrie insgesamt oder vielmehr einzelne Branchen des verarbeitenden Gewerbes zu den wirtschaftlichen Schwerpunkten gehören werden. Vorausgesetzt, dass sie sich weiterhin laufend auf geänderte Rahmenbedingungen, insbesondere den technischen Fortschritt, einstellen, können bestimmte Industriebranchen auch in Zukunft wirtschaftlich wachsen. Hier steht die Industrie allerdings vor der Herausforderung durch die beschleunigte Energiewende, von der die in großen Teilen energieintensive industrielle Produktion besonders betroffen ist. Vor diesem Hintergrund müssen die Unternehmen frühzeitig reagieren und beispielsweise ihre Energieeffizienz verbessern. Die im Ruhrgebiet ansässige Energiebranche kann und sollte sich in diesem Zusammenhang zu einem besonders innovativen Wirtschaftszweig verwandeln.

Was muss geschehen, dass Wirtschaftswachstum erreicht wird?

Insgesamt ist die Wertschöpfung im Ruhrgebiet in den vergangenen Jahren stärker gewachsen als beispielsweise in den Großstädten der Rheinschiene, wenngleich die Wirtschaftskraft pro Kopf oder pro Erwerbstätigem im Ruhrgebiet geringer ist als in der Dienstleistungsmetropole Düsseldorf. Wichtig für das Revier ist, den demografischen Wandel erfolgreich zu bewältigen, den Anschluss nicht zu verpassen und neue Technologien und Kommunikationswege (z.B. für die Produktvermarktung oder auch die Organisation der Produktionsprozesse) gewinnbringend zu nutzen. So wird etwa die Industrieproduktion der Zukunft an ihre Materialzulieferer ganz neue logistische Ansprüche stellen, um das Konzept der „bedarfssynchronen Lieferkette“ weiter zu perfektionieren. Angesichts bereits vorhandener forschungsorientierter Wirtschaftsverbünde bestehen gute Chancen, dass Logistik-Neuerungen in der Region sowohl entwickelt als auch umgesetzt werden. Soweit möglich, wird es sich anbieten, diese Innovationsanstrengungen weiter zu unterstützen. Die Ansprüche an Bildung, Aus- und Fortbildung werden in diesem Zusammenhang noch weiter ansteigen. Zudem sollte die Qualifikation von Gründern ausgebaut werden, da das Ruhrgebiet bei Gründungen und technologischen Innovationen hinter vergleichbaren Regionen zurückliegt.

 

Erfahrungen bei der Umsetzung der Energiewende, etwa beim Aufbau „intelligenter“ Stromnetze, werden in der Region unter anderem im Projekt „Innovation City Ruhr“ in Bottrop gesammelt. Das Ruhrgebiet ist somit keinesfalls nur ein besonders rückständiges „Opfer“ der Energiewende, sondern gehört gleichzeitig zu den Regionen, in denen schon besondere Anstrengungen zu deren Bewältigung zu erkennen sind. Eine Aufgabe von Wirtschaftsförderern wird es sein, vor allem die Fortschritte bekannt zu machen, die bei innovativen Vorhaben erzielt werden, in denen neue Technologien zum Einsatz kommen. Eine derart fundierte „Öffentlichkeitsarbeit“ steigert die Aussichten darauf, dass die erzielten Fortschritte bei der Verbesserung von Wirtschaftskraft und Lebensqualität außerhalb der Region ernsthaft wahrgenommen und akzeptiert werden. Damit dürfte man kommende Standortentscheidungen eher beeinflussen als mit Verweisen auf Kultur und Kreativität, bei denen andere Großstädte (noch) im Vorteil sind.

 

 

Sind Sie optimistisch, was die Zukunft der Region betrifft?

 

Das Revier stand und steht vor schwierigen Herausforderungen, wie zum Beispiel dem montanindustriellen Niedergang und dem fortschreitenden wirtschaftlichen Wandel. Angesichts der Fortschritte, die im Ruhrgebiet bereits über mehrere Jahrzehnte hinweg, aber gerade auch in den vergangenen Jahren gemacht worden sind, bin ich jedoch verhalten optimistisch. So wurden beim industriellen Umbau derartige Produktivitätsfortschritte erreicht, dass das Ruhrgebiet in seinem Wirtschaftswachstum insgesamt wieder annähernd mit wirtschaftsstärkeren Regionen Schritt halten kann. Starke Abwanderungsbewegungen aus den Großstädten wandelten sich im vergangenen Jahrzehnt zu einer ausgeglichenen Bilanz aus Zu- und Fortzügen. Jetzt geht es darum, das Ruhrgebiet zukunftssicher zu machen. Hierzu kann die geplante Stärkung des Regionalverbands Ruhr als „Dachverband“ der Metropole Ruhr aus meiner Sicht einen nennenswerten Beitrag leisten.

Das Interview erschien bereits  im Jahrbuch Ruhr 2015 

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Jens Schmidt
Jens Schmidt
9 Jahre zuvor

Man muss auch sagen, dass die Energieriesen hier zu einem guten Teil selbst schuld sind, dass sie unter der Energiewende zu leiden haben. RWE hat zu lange nur auf Kohle- und Atomkraft gesetzt und ist von dem der Fukushima-Katastrophe folgenden Kurswechsel der Bundesregierung kalt erwischt worden. Aber hätte RWE nicht bereits aus Tschernobyl lernen und seine Kernkraftsparte in langfristiger Planung abbauen können? Aber NEIN, unbeirrt hielt man Atomkraft ebenso wie Fossilien immer noch für den Inbegriff des Fortschritts!

Außerdem verschweigt, wer nun über die Subventionierung erneuerbarer Energien jammert, dass auch Kohle- und Atomkraft lange Zeit von Subventionen gut gelebt haben. Die Zeiten ändern sich eben; dass nun eine gewisse Umverteilung zu den umweltfreundlichen Energiegewinnungsformen stattfindet, ist wegen der durch die Umweltgefährdung entstehenden sozialen Kosten nur gerecht. Am wenigsten kann ich aber verstehen, wie hier über die Benachteilung der energieintensiven Industrien geklagt wird. Diese sind doch aus der Energieumlage herausgenommen, werden gegenüber dem „kleinen Mann“, dessen Strompreise disproportional ansteigen, sogar bevorzugt!

Wie schrieb Bert Brecht so schön?
„Der Alte sagt: Ich stehe, wo ich steh‘.
Der Neue sagt: Bist du nicht gut, dann geh‘.“
Und die Bonzen von gestern wollen einfach das marktwirtschaftliche Grundprinzip nicht wahrhaben, dass sie nicht automatisch die Bonzen von morgen sein werden – leider sind ihnen die Lebenswirklichkeit und ihre eigene Selbstvergessenheit dazwischengekommen.

Jens Schmidt
Jens Schmidt
9 Jahre zuvor

@Stefan Laurin:
Erst wollte Frau Kraft ja die Energiewende ausbremsen, weil sie genau diese Entwicklung verhindern wollte… Für den Standort Ruhrgebiet halte ich es für ebenso gefährlich, wenn die offizielle Politik sich dem technischen Fortschritt entgegenstellt, nur weil man ihn hier verschlafen hat. Im Zusammenspiel mit der Bettelei um mehr Geld wird hier nach außen das Bild einer Region repräsentiert, die den Anschluss an die Zukunft verschlafen hat und nun von den anderen, die zeitgemäßer agiert haben, ganz selbstverständlich erwartet, dafür geradezustehen. Das ist ebenso kontraproduktiv wie Horst Seehofers peinlichem Eiertanz um die Stromtrassen im schönen Bayern! Wo ist das Selbstbewusstsein geblieben, das einst die IBA Emscherpark und die Kulturhauptstadt Essen hervorbrachte?

Jens Schmidt
Jens Schmidt
9 Jahre zuvor

Naja, auch Marketingkampagnen sind wichtig, um das Image zu stärken! Immerhin sind wir jetzt nicht mehr der Kohlenpott, in dem „die Sonne verstaubt“ … das ist ein Anfang! Städte, die um Unternehmer werben, müssen sich gleichzeitig für qualifizierte Fachkräfte schön machen, die überzeugt werden wollen, hier zu bleiben.

Die IBA hätte nachhaltiger gewirkt, wenn man nicht so schnell den von Christoph Zöpel und Karl Ganser eingeschlagenen Pfad einer menschenfreundlichen Stadtplanung wieder verlassen hätte. Hätte man so qualitativ hochwertig weitergebaut, was hätte man heutzutage für eine Strahlkraft! Durch den Abriss von Bruckhausen und die Überplanung der Zinkhüttensiedlung durch ein Factory Outlet in Duisburg (von der Love Parade ganz zu schweigen) hat man das zarte Pflänzchen kaputtgetrampelt, was zehn, zwanzig Jahre vorher gesetzt hatte – zugunsten einer kurzsichtigen, rein investorengesteuerten, zynischen und am Ende nicht erfolgreichen Abbruchpolitik, die uns leider ebenso schnell wieder das Image des Schmuddelkindes zurückgebracht hat.

Die Kulturhauptstadt fand ich ebenfalls sehr wichtig. Die Menschen, die das Ruhrgebiet anziehen möchte, wollen stolz auf ihre Stadt sein – also rückt man das Museum Folkwang und die Zeche Zollverein in den Fokus. In die Zukunft muss man eben erst mal investieren…

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

Die Analyse passt.
Dass unsere Marktwirtschaft eigentlich sehr viel Planwirtschaft hat, wird auch immer deutlicher. Die Dummen sind der kleine Mann mit seiner kleinen Frau, die wenig verdienen, ob im harten Wettbwerb, aber sehr viele Rechnungen mit sehr stark festgelegten Preisen zahlen dürfen (Medizin, Juristen, Energie, …). So sieht Umverteilung aus. Die einkommensstarken Wähler, die profitieren, bekommen dann noch ein Weltverbesserer-Image.

Schade ist, dass auch die Städte im Revier immer noch sehr viel Geld in die grünen Energien investieren. Das Geld kann sinnvoller investiert werden.

Wir habe Logistik mit viel Leiharbeit und Konkurrenzdruck. Für die Lebensqualität wurde in den letzten Jahren einiges getan. So schlimm ist es nicht mehr. (z.B. Dortmund). Es fehlt aber ein positives Lebensgefühl und Einkommen in vielen Bereichen.

Es wird spannend zu sehen, wie sich das Ruhrgebiet weiter entwickelt. Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis hätte wohl eine Sanierung der Bahnlinien für den Personenverkehr. Wie viele Menschen fahren durch das Revier oder kommen via Bahn zum Vorstellungsgespräch und müssen bspw. den Bahnhof Dortmund sehen. Da will man dann nicht hin.

Dietmar Beckmann
9 Jahre zuvor

„Die IBA und Ruhr2010 haben zwar vielen viel Spaß gemacht, waren aber teuer und haben wirtschaftlich nix gebracht. Im Ruhrgebiet fehlen über 150.000 Jobs – daran haben die Partys nichts geändert. “

Das halte ich definitiv für falsch, denn abgesehen von den Primärinvestitionen, die Arbeitsplätze im Bau- und Ausbaugewerbe geschaffen haben und daneben, über den Multiplikatoreffekt, viele weitere, hat sich nachhaltig eine Tourismuswirtschaft etablieren können. Auf den umgenutzten Flächen sind neue gewerbliche und industrielle Arbeitsplätze angesiedelt worden. Und nicht vergessen: ein wichtiger Teil des baukulturellen Erbes, meistens aus dem 19.Jahrhundert, konnte erhalten werden. Der Arbeiterwohnungsbau im Ruhrgebiet wäre ohne die IBA wohl ganz den Privatisierungswellen und „Investoren“ vom Schlage Kuhn, Conle, Annington und Immeo zum Opfer gefallen.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
9 Jahre zuvor

„…profitieren dabei tendenziell die Grund- und Hausbesitzer, die Mieter zahlen die Zeche“. Vielleicht erläutert Herr Schmidt das mal näher, denn ich als Haus&Grund’ler sehe da nichts, wovon ich echt profitieren könnte – es sei denn, ich investiere jetzt in völlig unrentable, unausgegorene, teilweise umweltschädliche und für Mieter nutzlose „Energiespartechnik“. Dass ich als nomaler Mensch ebenso mit steigenden Energiekosten zu kämpfen habe wie meine Mieter, ist Herrn Schmidt evt. entgangen??

Wo Schmidt recht hat: Es ist nachgewiesenermaßen sinnlos, neue Technologien vom Land zu bespaßen, um Effekte zu erzeugen. Bestes Beispiel ist eine hochgeförderte ITK-Branche, die allerdings keinen fixen Standort braucht, sondern sich dort Arbeit sucht, wo es angenehm oder aufregend zu leben ist.
Logistik wäre aufgrund der hier hochkonzentrierten Verkehrsinfrastruktur und der relativen Nähe zu Häfen ein Positivbeispiel, aber dort muss nicht mehr gefördert werden, denn die Investitionen kommen aus der Wirtschaft selbst. RotGrün hat da wiederum bei möglichen Zusammenschlüssen einiger Binnenhäfen zu großen, konkurrenzfähigen Einheiten versagt.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
9 Jahre zuvor

@#7 Dietmar Beckmann: Alle Häuser in meiner Dortmunder Straße, insgesamt 30 Mehrgeschösser, wurden als Haniel-Zechenhäuser 1899 erbaut. Weder IBA noch Heuschrecken haben dieser Siedlung geholfen oder zu einem „Opfer“ gemacht, alle Häuser sind mittlerweile mehrfach saniert und ohne Leerstand in vielen privaten Händen. *Ohne* diese Privatisierung wären die Häuser längst verfallen. Also bitte keine Pauschalisierungen zur „Rettung“ der SPD-Legendenbildung.

Und PS: Auf den Brachen sind zwar Arbeitsplätze entstanden, aber ein Großteil davon nur für den Standortwechsel von bereits im Ruhrgebiet ansässigen Firmen.

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[…] "NRW ist der Verlierer der Energiewende" (Ruhrbarone) – […]

Hans Meier
Hans Meier
9 Jahre zuvor

Mein Eindruck ist, der Präsident des RWI versucht in diplomatischer Manier die Situation schönzureden.
Zwei Kernpunkte die er anspricht sind, der demografische Wandel, also die geringen Geburtenraten der Ursprungsbevölkerung und damit ein zunehmender Anteil Alter, die durch die Sozialversicherungen und Sozialhaushalte versorgt werden.
Wer die Sozialversicherungsbeiträge, bzw. Sozialhaushalte finanzieren wird, wenn die Zahl der Berufstätigen weiter abnimmt, die noch in einer „wertschöpfenden Produktion“ stehen und in der „umverteilenden Dienstleistung“ Beschäftigung finden müssen, ist dabei ein sehr wichtiger Aspekt.
Eigentlich sollte die Landespolitik darum der Wirtschaft, die als Arbeitgeber und als Beitragszahler der Sozialversicherungshaushalte die finanzielle Last der Versorgung und sozialen Sicherheit tragen, viel mehr Aufmerksamkeit und politische Unterstützung anbieten.
Leider wird diese logische Konsequenz, sowohl von Grün und Rot in der NRW-Regierung, parteipolitischen „Klamaukthemen“ geopfert, um sich als „Industrie-Gegner“ feiern zu lassen, statt die sinnvolle Perspektive gemeinsamer Interessen mit vernünftiger Politik zu realisieren.

Das zweite Thema, die „Energiewende“ nicht in der realistischen Nüchternheit darzustellen zeigt, welche vernichtende Macht damit einhergeht, die Wahrheit mutig auszusprechen oder rumzuschwurbeln.

Fakt ist, für Strom, der bei Sonnenschein, also nur bestenfalls an einigen Stunden sonniger Tage, werden höchste Preise politisch vergütet.
Damit wird garantiert keine Wertschöpfung erzielt, sondern es werden Kartellkosten durch politischen Lobbyismus verursacht.
Da der steigende Strompreis durch diese Privilegien, einer „politisch-ideologisch veredelten höherwertig vergüteten Elektrizität“ nur zu einer Umverteilung von steigenden Kosten führt, entsteht nirgendwo ein marktwirtschaftlicher Zugewinn.
Die Energiewende verdreht alle Prinzipien der logischen Vernunft und darum gibt es außer denen, die in dieser Branche als Dienstleister Provisionen einstreichen nur Verlierer.
Das zeigt sich bei allen Betroffenen so klar, wie ein Sabotage-Anschlag, der aus ideologischen Motiven die Zerstörung vernünftiger Strukturen verursacht.

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