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Wählerinitiativen: Peinliche Engagementsimulatoren

Ob Bochumer Wählerinitiative, Bochumer für Norbert Lammert oder Rüttgers „Wähler für den Wechsel“ – die Wählerinitiativen sorgen für Schlagzeilen. Zum Glück für schlechte.

Irgendwann einmal gab es vielleicht ein wirkliches Engagement für einen Kandidaten. Damals, 72, als tausende mit „Willi wählen“ Buttons durch die Städte liefen. Sicher, auch das war eine Kampagne, aber sie traf den Zeitgeist und wurde von vielen Menschen ehrlich weitergetragen. Und 80 gelang das noch einmal: Ohne „Stoppt Strauß“ Anstecker konnte man sich auf dem Schulhof kaum sehen lassen.

Das war es dann aber auch schon. Alles was wir seitdem erlebt haben, sind nichts anderes als peinliche Engagementsimualtoren, die so tun, als ob Kandidaten nicht nur von ihren Parteien aufgestellt wurden, sondern von der Begeisterung der Bevölkerung getragen werden. Und in ihrer Peinlichkeit tun  sich die „Wählerinitiativen“ von CDU und SPD nichts.

Die Initiativen sind nicht mehr als plumpe Parteien-PR, haben zum Teil noch nicht einmal eigene Konten, werden vor allem von Parteigängern getragen, von den Parteien mehr oder weniger stark gesteuert und sorgen für kleinere Spendenskandale. Sie sind für SPD und CDU  zu Belastungen geworden. An ihre Unabhängigkeit hat eh nie jemand geglaubt. Zeit mit diesem Unsinn Schluss zu machen.

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Jens
13 Jahre zuvor

Ich sehe es anders, dass es nach 1972 sowas nicht mehr gab. Ich kann mich noch sehr gut an 2002 erinnern, wo die „Stoppt Stoiber“-Pins, die die Jusos und die SPD damals verteilt haben, sehr gut ankamen und viele Leute trugen, die sich dagegen wehren würden, wenn man sie als SPD-Sympathisant bezeichnen würde.

Ansonsten verstehe ich die Aufregung um diese Initiativen nicht so ganz – mir ist klar, dass wenn eine Initiative sich für Person X (der in Partei Y drin ist) einsetzt, das nicht nur insgeheim sondern auch quasi öffentlich Werbung für X und Y ist. Insofern unterscheide ich mich schon ein wenig von Ludger Bierbaum, der jetzt kürzlich erklärte, er hätte nicht gewusst, dass 2005 die Initiative „Wähler für den Wechsel“ was mit der CDU zu tun gehabt hätte… haha. 😉

Das einzige was meiner Meinung nach bei solchen Initiativen wichtig wäre, wäre die korrekte Verbuchuchung von Spenden, denn der geheimen politischen Landschaftspflege sollten sie nicht dienen.

Ulrich
Ulrich
13 Jahre zuvor

Sicher sind diese Wählerinitiativen peinlich, aber es gibt noch weitaus peinlichere Wahlwerbung.

Heute flatterten mir mal wieder die von der Post gebündelten, in Plastikfolie eingeschweißten Werbebroschüren ins Haus. Für mich eh schon ein stetiges Ärgernis weil man sie nicht einfach in die Blaue Tonne entsorgen kann ohne vorher die Verpackung zu entfernen und im Gelben Sack zu deponieren.

Eher zufällig schaute ich vor der routinemäßigen Entsorgungsaktion auf das Deckblatt des oben liegenden als Fernsehprogramm getarnten Werbeblättchens, und schon lächelte mich unser Ministerpräsident nebst Gattin an. „Jürgen Rüttgers und seine Frau Angelika – Der Ministerpräsident im Interview auf Seite 3“. Welch ein Zufall dass morgen in NRW Landtagswahlen sind.

Auf Seite 3 dann das Interview. Von „Schicksalswahl“ ist die Rede, „Chaoten und Radikalen“, „kommunistischen Ideologien“, „Enteignung, Einheitsschulen, Legalisierung von Drogen“. Alles in allem droht anscheinend ab Montag der Untergang des Abendlandes. Lediglich die „spätrömische Dekadenz“ fehlte bei der Aufzählung der apokalyptischen Schrecken.

Rechts neben dem Interviewtext prangt eine CDU-Anzeige „Rüttgers wählen statt Rot-Rot-Grün“. Darunter dann das Impressum: „Deutsche Post AG, Bonn“. Rüttgers stammt ja bekanntlich aus der Gegend von Köln. Wie heißt es dort so schön „Man kennt sich, man hilft sich“. Einfach nur sympathisch, diese Rheinländer. Allerdings könnte ich mir vorstellen dass der ganze Aufwand für die Katz ist, vermutlich bin ich der einzige der den Text auf dem Deckblatt vor der Entsorgung zufällig gelesen hat.

Jens
13 Jahre zuvor

@Ulrich:
Doch, ich habe es auch gesehen und sogar drüber geschrieben: Einkaufaktuell: Jürgen Rüttgers (CDU)

trackback

[…] Wählerinitiativen: Peinliche Engagement-Simulatoren? … ruhrbarone […]

Ulrich
Ulrich
13 Jahre zuvor

@Jens

Danke für den Hinweis, ich schaue zwar gelegentlich bei Dir rein, aber den Text kannte ich noch nicht. Das mit der „Anzeige“ hatte ich glatt übersehen. Ich frage mich, wie viel kosten die CDU wohl die Wahlkampfanstrengungen der letzten Woche. Anscheinend steht Rüttgers mittlerweile die nackte Panik ins Gesicht geschrieben.

Ich bin gespannt wie es morgen ausgehen wird. So weit wie diesmal lagen die Prognosen der Meinungsforscher wohl noch nie auseinander.

Walter Sauerland
Walter Sauerland
13 Jahre zuvor

Nu lass mal stecken Stefan. Das sind doch Welten zwischen Brakelmanns Rentnerclub und und Rüttgers Club 😉
Aber stimmt schon : die Willi- Begeisterung war Ausdruck eines breiten Veränderungs – und Reformwillens bis tief in eher konservative Milieus hinein.
Insofern ein gesellschaftliches Projekt dieser Art fehlt, landen Wähleriniativen als
Wasserträger jeweiliger Beharrungskräfte. Richtig peinlich.
Es waren die Bürgeriniativen, die den demokratischen Impetus der Wähleriniativen erbten. Die artikulierten eher partikulare Interessen : keine Autobahn neben meiner Klitsche und so . Und weil die vorgeschobenen Motive : das Lebensrecht des Breitmaulfrosches oder des lilafarbenen Gänseblümchens als Kern eines gesellschaftlichen Projektes auch nicht taugten, landeten die BIs mittlerweile
auch in der verdienten Peinlichkeit.
Einzige Ausnahme : die Anti-AKW Bewegung. Die hat gesiegt und rappelt sich jetzt zum letzten Gefecht auf . Die Mengen , die sich da versammelten : das war
nicht mehr Protest sondern Nachdruck auf längst Erreichtes.
Hingegen : es gibt schon ein gesellschaftliches Projekt für das es zu kämpfen zwingend ist. Schuldenabbau der öffentlichen Hand.
Wir wollen unsern Kindern und Enkelkindern keinen Atommüll hinterlassen? Ja!
Aber auch nicht Schulden, die sie nicht verursacht haben.
Wie wärs mit der Initiative : Väter und Mütter für Schuldenabbau?

Ach so : klasse link zu Viebahn auf der Achse 😉

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