Wo ist die Strategie beim FC Schalke 04, wo die Selbstkritik bei den Verantwortlichen des Clubs?

Auf Schalke. Foto: Michael Kamps
Auf Schalke. Foto: Michael Kamps

Nach der abermals unbefriedigenden Leistung des FC Schalke 04 gestern in Mainz, da kommt man einfach fast gar nicht darum herum auch hier ein paar Zeilen über die Krise beim S04 zu verlieren. Nicht nur, dass das 0:2 vom Freitag das inzwischen schon sechste Spiel ohne ‚Dreier‘ in Folge für die Königsblauen war, vor allem eben auch die Tatsache, dass die Mannschaft aktuell so seltsam blutleer wirkt, stimmt Fans und Beobachter doch arg nachdenklich.
So geht es aktuell wohl auch gar nicht mehr nur um die Frage, ob man die Saison am Ende überhaupt noch auf einem Platz wird beenden können, der für die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb ausreichen wird. Hier geht es inzwischen offenkundig um die ganze Grundausrichtung des Clubs, welche inzwischen mal grundlegend hinterfragt werden muss. Doch wird das eigentlich gemacht? Man hat als Beobachter nicht wirklich den Eindruck.

 
Zwar hat Schalke-Boss Clemens Tönnies vor einigen Wochen (im ‚Doppelpass‘ auf Sport1) noch ein grundsätzlich positives Fazit der aktuellen Entwicklung in seinem Club gezogen, sah den Verein, jenseits des auch damals schon unbefriedigend verlaufenden Tagesgeschäfts, im Großen und Ganzen allerdings sehr gut aufgestellt, sah mit Horst Heldt als ‚Manager‘ und Roberto Di Matteo als Coach die richtigen Personen am Werk. Doch hier nur von einem kurzen sportlichen Zwischentief zu sprechen erscheint inzwischen als deutlich zu kurz gegriffen. Man fragt sich, ob der Club inzwischen nicht längst einer ganz grundsätzlichen Fehlentwicklung unterliegt?

 
Wenn man sich den Kader der Königsblauen ‚auf dem Papier‘ so ansieht, auch den der gestern beim enttäuschenden 0:2 in Mainz aktiv war, dann sind die vielen Misserfolge logisch einfach so nicht mehr zu erklären. Der Trainer Roberto Di Matteo wirkt auch nicht mehr so, als habe er einen konkreten Plan im Auge, wie er das Spiel seiner Mannschaft wieder erfolgreicher gestalten könne. Die von ihm, der Mannschaft und vom Manager nach den Spielen zu hörenden Erklärungen (frei nach dem Motto ‚Wir müssen auf dem Platz wieder deutlich mehr Einsatz zeigen‘, ‚Wir haben derzeit einfach nicht das nötige Glück im Abschluss‘, ‚Ich kann grundsätzlich verstehen, dass die Fans sauer sind‘ usw.) klingen nicht nur Woche für Woche immer gleich, irgendwie eben auch entsprechend hohl und abgedroschen. Klassische Durchhalteparolen halt. Es fällt auch den Machern des Clubs offenbar inzwischen wirklich schwer hier noch logische Erklärungen und Lösungsansätze zu benennen. Der Sturm ist formal hochkarätig besetzt, der Stammtorwart ist zurück im Kasten, die Auswechselbank ziemlich üppig und prominent besetzt. Und trotzdem läuft es eben irgendwie nicht. Doch woran liegt es? Warum kann der Kader die Erwartungen zu häufig nicht erfüllen?
Konnte vor einigen Wochen immer noch das große Verletzungspech als Ursache für die relativ zahlreichen Misserfolge des Jahres 2015 angeführt werden, hat sich dieses Argument seit einigen Wochen auch weitestgehend erledigt.

 
Fest steht nach den ersten Monaten seiner Amtszeit hier im Revier, den Erfolg hat auch der Wunsch-Trainer Roberto Di Matteo offenkundig nicht nach Gelsenkirchen gebracht. Der Wechsel des als zu ‚uncharismatisch‘ angesehenen Trainers Jens Keller erscheint im Nachhinein fast schon als ein Fehler, bei so wenig Ertrag. Und spätestens bei solchen Überlegungen kommt eben auch ein Horst Heldt als Hauptverantwortlicher für die Entscheidungen in Personalfragen der letzten Jahre mit ins Boot. Dass Clemens Tönnies ausgerechnet seinen Vertrag aber schon seit längerem zur langfristigen Verlängerung vorgesehen hat, das erscheint aktuell ebenso aberwitzig wie die sportlich desaströse Rückrunde des Clubs, die schwächste seit rund 15 Jahren, wie gestern öffentlich bilanziert wurde. Zeit also deutlich mehr auf den Prüfstand zu stellen als die aktuell unbefriedigenden Ergebnisse der Gelsenkirchener.

 
Ob es dazu jedoch (bereits) ausreichend Bereitschaft zur Selbstkritik bei den Verantwortlichen des Clubs gibt?
Die Aussagen der letzten Tage und Wochen lassen einen Beobachter daran stark zweifeln…

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
8 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
leoluca
leoluca
8 Jahre zuvor

Kein Widerspruch, die Durchhalteparolen der Verantwortlichen sind einfach nur hohl. Schalke hat sich zum wiederholten Male gegen einen ordentlichen Mittelklasseclub selbst geschlagen – und keiner weiß genau, warum eigentlich.

Allerdings glänzte die königsblaue Kurve diesmal durch besondere Einfalls- und Hilflosigkeit und skandierte „Scheiß Millionäre“ und „Wir wollen euch kämpfen sehen“. Warum sich die ultragesteuerten Edelschalker, die „ihre Jungs“ sonst egal wie sie spielen feiern bis der Arzt kommt, ausgerechnet bei diesem Spiel dafür entschieden, ihrer Mannschaft demonstrativ den Rücken zuzukehren, verstehe wer will. Bemüht hat sich diese junge Mannschaft doch, das war nicht zu übersehen, aber der Teamspirit ist zu schwach, das Zusammenspiel nur Stückwerk, die klare Mannschaftsstruktur fehlt ebenso wie der Kopf im Mittelfeld, der das Spiel in die Hand nimmt und lenkt. Das geht seit einigen Wochen so und wird vorerst offenbar durch die zurückkehrenden Rekonvaleszenten nicht besser. Wie auch?

Horst Heldt sagt: „Ich bin davon überzeugt, dass wir uns für die Europa League qualifizieren. Sollte das nicht der Fall sein, wird Roberto Di Matteo auch in Zukunft natürlich unser Trainer bleiben. Wir haben mit ihm bei Schalke ein Projekt gestartet, wir wollen hier langfristig etwas aufbauen.“

Da frage ich mich: Welches Projekt, welches sportliche Konzept, welche strategische Ausrichtung, welche spielerische Idee?

Horst Heldt hat, befürchte ich, keinen Plan und so auch keine Möglichkeit, ihn dem Aufsichtsrat und dem gesamten Club zu zeigen, um so wenigstens die Beschädigung des Trainers zu verhindern, der diese gegenwärtige Misere nun wirklich nicht zu verantworten hat, der aber jetzt schon wieder von einigen Gruppen des blauweißen Erregungskartells in Frage gestellt wird.

Robert Müser
Robert Müser
8 Jahre zuvor

Psst, aber nicht groß weitersagen:

Selbstverständlich hat die Vereinsführung die Strategie für die Zukunft, nämlich ….

Wir wollen niemals, aber wirklich niemals, irgendeinen Titel irgendwo erreichen, denn nur so können wir unsere selbstgewählte Rolle als ewiger Liga-Underdog mit krassem Fehlverhältnis zwischen gefühltem Anspruch und trauriger Wirklichkeit ausleben.

😉

Fabsen
Fabsen
8 Jahre zuvor

Diese Underdog Rolle (#2) wird dann noch fleißigst vermarktet.

„Kennst du den Mythos vom Schalker Markt?“ – Der Pütt wirft nich genuch Kohln ab, lass ma wo anders Gold scheffeln.

WALTER Stach
WALTER Stach
8 Jahre zuvor

Eine mich überzeugende Begründung fur die momentane Krise von S0 4 habe ich so wenig gehört/gelesen wie für die Krise „meines“ BVB in der erstenHälfte der Spielzeit 2o14/2o15.
Es wird hier wie dort spekuliert.

Möglicherweise hat die Krise von S04 zum Ende der Spielzeit für den Verein gravierendere Folgen als die Krise „meines“ BVB in der ersten Hälfte der Spielzeit für diesen.

Als Ruhrgebietler hoffe ich, daß solche Krisen von S0 4 und BVB zukünftig nicht regelmäßig den Saisonverlauf beider Mannschaften bestimmen werden ,andernfalls hätten sich beide Mannschaften „bestenfalls“ um eine Position im Mittelfeld zu bemühen bzw. „mit viel Glück“ um einen Platz für die Euro-Lig.

Immerhin sorgen beide Mannschaften jetzt für eine spezielle Spannung im Revier. Wer steht in der Schlußtabelle vor wem und wer qualifiziert sich für die Euro-Lig.? Vor 3 Wochen war das für mich überhaupt keine Frage.
Ich hoffe, daß das zukünftig nicht Jahr für Jahr die entscheidende Frage für die Fans von S04 und BVB sein wird.

AntiCo
AntiCo
8 Jahre zuvor

Patzwaldt, bleib bei deinen Leisten. ; )

leoluca
leoluca
8 Jahre zuvor

#2 und 3

Die Behauptung, Schalke würde sich als Liga-Underdog vermarkten, ist Blödsinn.

Gerade weil das Saisonziel, unter die ersten Vier an der Ligaspitze zu kommen, verfehlt wurde, steigt doch erst die Unruhe so richtig an.

Die Wirklichkeit auf Schalke ist auch nicht „traurig“, wie hier mit Häme bemerkt worden ist.

Sie ist paradox. Auf der einen Seite ist die Nachwuchsarbeit so gut wie seit einigen Jahrzehnten nicht und sowohl im Revier- wie im Ligamaßstab ausgezeichnet. Allein in den beiden letzten Spielen standen zwischen sechs und acht Spieler aus der Schalker Talentschmiede im Profikader. Gleichzeitig sind wichtige Positionen im Team mit international gestandenen Profis besetzt.

Andererseits gelingt es bisher offenbar nicht, aus dieser interessanten Mischung auch guten Fußball zu entwickeln. Viel zu lange wurde an einem völlig überforderten Trainernovizen festgehalten, der eine Mannschaft ohne Struktur und Spielidee hinterließ. Gleichzeitig hat man viel zu oft mittelmäßige oder stark verletzungsanfällige Profis für dickes Geld eingekauft, das nun für ganz gezielte Einkäufe auf den zu schwach besetzten Positionen (Doppelsechs, rechter Außenverteidiger) fehlt.

Schalke steht vor einem Schnitt, der die Fehler des Managements in den Fokus nimmt. Das wird ohne breite Selbstkritik und ohne ein Konzept nicht gehen, wie der Ausgangstext von Robin Patzwald richtig feststellt.

Ein Beispiel dafür, wie kritisch Schalker selbst ihre Mannschaft, aber wo sie eben auch Perspektiven für die Zukunft sehen, zeigt dieses Beispiel einer Spielanalyse der Niederlage in Mainz:

http://www.halbfeldflanke.de/2015/04/schalke-hat-ein-angriffsdrittelproblem-mainz-05-schalke-04-20/#more-1218

Mirco Veers
Mirco Veers
8 Jahre zuvor

Schalke hat knapp 200 Millionen Euro Schulden, deshalb wird langfristige und seriöse Kaderplanung/Kontinuität dem kurzfristigem Erfolg geopfert.
Selbsterkenntnis ist ja da erste Schritt zur Besserung. Allerdings kommt da von Tönnies und Heldt erschreckend wenig.
Der eine (Tönnies) schlägt vor, jedes Mitglied soll doch mal eben 1.000€ zwecks Schuldentilgung spenden. Der andere (Heldt) wird mit den Worten zitiert „Der Verein muss davon wegkommen, zu kurz zu denken.“ (WAZ, 27.04.2015) ohne zu merken, dass er seit Juli 2010 in genau diesem Verein Team-Manager ist bzw Sportvorstand ist.
Beim BVB ging es damals auch erst wieder aufwärts, als Niebaum und „Moneten“-Meier weg waren.

Thorsten Stumm
8 Jahre zuvor

Also mich verwundert nur eines….Jens Keller verantwortete als Trainer die beste Rückrunde für Schalke, wurde für jede Kleinigkeit kritisiert und gefeuert….Di Matteo verantwortet ein Desaster….und schwebt über den Dingen…so lange Leistung in Schalke mit Arschtritten der Fans beantwortet wird, kann das nix werden….

Werbung