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Bündnis Dortmund Nazifrei: „Bratwurst statt Blockaden“

Plakat von Dortmund Nazifrei
Plakat von Dortmund Nazifrei

Wieso können Neonazis in Dortmund weitgehend ungestört aufmarschieren? Welchen Grund gibt es für das Versagen der Zivilgesellschaft? Eine Person aus dem Umfeld der Bündnisses Dortmund Nazifrei hat sich an uns gewandt und mögliche Gründe genannt. Anlass war die Enttäuschung über den ausbleibenden  Widerstand des Bündnisses Dortmund Nazifrei, in dem sich  Gruppen aus dem Umfeld der SPD, der Gewerkschaften und der Grünen zusammengefunden haben, gegen den Aufmarsch der Nazis am 1. Mai in Körne. Dortmund Nazifrei hat Infornationen über die Route nicht an andere weitergegegeben, Dortmunds  ehemaliger Juso-Chef Alexander Wuttke und Thomas Oppermann, Mitarbeiter des  Jugendrings, haben Kritiker dieser Praxis im Internet verhöhnt. Als Bündnis Dortmund Nazifrei im Westfalenpark bei Bier und Bratwurst feierte, zogen die Nazis ein paar Kilomter entfernt mit Sprüchen wie „Jude verrecke“ und „Ausländer ausrotten“ durch Körne. 

Ruhrbarone: Wie ist das Bündnis Dortmund Nazifrei entstanden?

G: Zum einen waren viele damit unzufrieden, dass der Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus sich klar gegen jede Form von zivilem Ungehorsam ausgesprochen hat. Mit Dortmund stellt sich quer (DSSQ) wollten viele von uns aber auch nicht zusammen arbeiten, weil wir deren radikalen Systemkritik nicht teilen. Wir sind Demokraten und gegen Nazis. Zwischen dem Arbeitskreis und DSSQ sahen wir eine Lücke: Bürgerlich, demokratisch, aber trotzdem aktiv gegen Nazis. Ich halte das noch immer für eine sehr überzeugende Mischung.

Ruhrbarone: Dortmund Nazifrei war 2011 sehr erfolgreich. Die friedliche Blockade der Schützenstraße, die von der Polizei als Demonstration anerkannt wurde, führte dazu, dass die Nazis ihre Route ändern mussten.

G: Das war ein guter Tag, aber mit dem begannen auch die Probleme innerhalb des Bündnisses deutlicher zu werden. An der Blockade haben viele verschiedene Gruppen teilgenommen: Die allevitische Jugend, die Falken, Mitglieder der Grünen, Mitglieder der Linkspartei, Anhängerdes Alerta Bündnisses und auch Bürger, die vorbeikamen und gesagt haben: Ich will was gegen den Naziaufmarsch tun, ich setz mich mit dazu.

Ruhrbarone: Das klingt nach einer harmonischen Veranstaltung.

G: Das war es auch, nur danach war es mit der Harmonie vorbei: Alle Gruppen haben versucht, die Blockade als ihren Erfolg darzustellen und  peinlich genau darauf geachtet, das nur das eigenen Fähnlein auf den Fotos, die man herumreichte, zu sehen war. Das sorgte schon für Unfrieden. Und eine Gruppe fehlte: Die SPD.

Ruhrbarone: Die protestierte an diesem Tag weiter nördlich.

G: Und war an diesem Erfolg nicht beteiligt.  Und das nahm die SPD, vor allem aber wohl Oberbürgermeister Ullrich Sierau, persönlich. Seitdem muss alles über die Stadt laufen. Auf den Treffen des Bündnisses bestimmen SPD-nahe Personen, was gemacht wird und was nicht. Eine offene Diskussion ist nicht möglich. Gut ist was, von der Stadt kommt, alles andere zählt nicht. Sierau ist der oberste Antifaschist der Stadt – wer was machen will, hat sich seinen Vorstellungen unterzuordnen.

Ruhrbarone: Ein Mann alleine kann wohl kaum ganze Gruppen steuern.

G: Das tut er auch nicht – aber es sind in diesen Bündnissen einige SPD-Mötgegern-Funktionäre unterwegs. Sie haben nicht viel zu sagen, wollen aber noch was werden und setzen Sieraus Politik um. In den anderen Gruppen gibt es dann noch genug, die wirtschaftlich von der Stadt abhängig sind oder sich etwas erhoffen. Es geht vor allem darum, zu verhindern, dass andere Aufmerksamkeit bekommen. Die Stadt hilft bei der Finanzierung, Personal bekommt Geld, auch wenn es nichts macht. Das ist alles sehr bequem,  aber am Ende kommt dann so etwas heraus wir am Mittwoch: Peinliche Plakate und die Nazis marschieren ungestört  durch die Stadt. „Wir lassen und doch unseren Tag im Westfalenpark nicht versauen“ hieß es. Bratwurst statt Blockaden.

Ruhrbarone: Die Nazis konnten einen großen Erfolg feiern.

G: Ja, leider. Und das darf sich nicht wiederholen. Wir müssen die Nazis friedlich blockieren. Das geht legal, Blockaden können eine Demonstration sein, wenn sie, wie an der Schützenstraße, lange vor der Ankunft der Nazis bestehen und eigene Inhalte haben, die über „Nazis raus“ hinausgehen. Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft dazu kommen, die Eifersüchteleien zu überwinden und alle miteinander gleichberechtigt diskutieren und planen. Es gibt nicht nur den einen, obersten Nazigegner im Rathaus, der weiß wo es langgeht. Wir sind viele und können nur erfolgreich sein, wenn zusammenarbeiten.

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Nit zu fasse
Nit zu fasse
10 Jahre zuvor

Da sollten sich die die Dortmunder ALLE mal ein Beispiel nehmen! Anstatt wie jetzt hinterher zu streiten warum die Nazis wieder mal marschieren konnten… Weil ihr nicht einig seid!

https://www.fr-online.de/frankfurt/1–mai-in-frankfurt—-neonazis-guter-tag-fuer-zivilen-ungehorsam,1472798,22655866.html

Bettina
Bettina
10 Jahre zuvor

Ich bin da hin und her gerissen. Meines Erachtens erhalten Nazis viel zu viel Aufmerksamkeit. Wenn irgendwo 150 Nazis demonstrieren sind die Medien voll davon, es wird mindestens die zehnfache Menge an Polizei aufgeboten und die Anzahl der Gegendemonstranten ist auch meistens um ein Vielfaches höher. Aufmerksamkeit ist es doch, was die Nazis wollen! Wenn Dortmund im Westfalenpark feiert und die Nazis im Abseits, ohne Publikum, durch leere Strassen zieht, ist das nicht die bessere Strategie?
Niemand will, dass diese Fraktion an Stärke gewinnt. Daher muss man sie sicherlich beobachten. Aber die Aufmerksamkeit, die sie durch ihre Demos haben wollen, werden sie von mir nicht bekommen. Sollen ihre Parolen ungehört verhallen.

Thorsten Stumm
10 Jahre zuvor

In Dortmund leisten sich Brunnenvergifter auf allen Seiten sehr gestrige Diskussionen. Es reicht eben nicht einen Naziaufmarsch zu verhindern, nein, dass muss auch nur mit den richtigen Antifas gelingen. Und so beginnt immer das Fingerzeigen auf „die“. Wer immer das auch gerade ist, da sind DIE schwarzen Chaoten, DIE Stadt die ja von nix ne Ahnung hat, DIE Polizei bei der Kameraden Kameraden schützen, DIE Richter sowieso alles verkappte Nazis……Brunnenvergifter überall.

Das sich normale BürgerInnen, die sich „nur“ an diesen Tag gegen einen Naziaufmarsch in ihrer Stadt in den Weg stellen wollen da zuhause bleiben ist kein Wunder.

Hinterher sind sie dann auch noch Versager….bis sich diese Haltung nicht ändert werden wir noch einige erfolgreiche Aufmärsche erleben.

Rigoberto
Rigoberto
10 Jahre zuvor

@Bettina: es wäre schön, wenn Ignorieren helfen würde. Ignorieren hat in Dortmund (und auch anderswo) der Naziszene erst den Raum gegeben, sich dermaßen festzusetzen.
Das Erheischen von Aufmerksamkeit ist dabei nur ein Faktor. Die Nazis konnten dieses Jahr in Dortmund 4 Kilometer marschieren, ohne dass es Widerstand gab. Es gab immerhin Protest am Rande, aber ein Willen, den Aufmarsch zu verhindern schlug ihnen nicht entgegen (abgesehen von dem taktischen Demonstrationsverbot der Polizei). Das führt nun dazu, daß die Nazis ihren Großaufmarsch in Dortmund am nächsten 1.Mai ausbauen werden. In wenigen anderen Städten würden sie so günstige Voraussetzungen finden, wie in Dortmund. Also: nach dem somit gescheiterten Verbot des NWDO, haben die gleichen Leute nun als „Die Rechte“ ihren Großaufmarsch behalten.

Die Argumentation von „Nazifrei“, zu finden auf deren Facebookseite, daß es sich um eine diskutierte und bewußte Entscheidung gehandelt habe, den Aufmarsch bis auf die Plaktaktion zu ignorieren, klingt arg nachgeschoben und mit den Informationen dieses Artikels ja scheinbar alleinig auf der Chefebene festgelegt. Man kann nur hoffen, daß andere Fraktionen in Dortmund nazifrei sich ihre Handlungsfähigkeit zurückerobern: der Blockadeversuch von 2011 ging ja in die richtige Richtung.

Und (das geht auch Richtung Antifa): was sollen die ganzen Eitelkeiten? Wenn Nazis auf die Straße gehen, müßen einfach alle ihren Teil dazu beitragen, daß die Nazis Probleme bekommen. Über den Rest kann man sich an anderer Stelle streiten. Am Vorabend im Kreuzviertel lief das ja auch schon ganz passabel. Der anscheinend von oben dekretierte Totalausfall der Zivilgesellschaft vom 1. Mai darf sich so nicht wiederholen.

Moritz
Moritz
10 Jahre zuvor

Dass die SPD an der Blockade 2011 nicht beteiligt war, ist eine schon fast unverschämte Lüge. Es saßen mehrere Jusos von Anfang bis Ende in der Blockade, auch einige aus dem UB-Vorstand. Aber egal, scheiß auf Fakten solange man endlich mal wieder auf die böse, böse SPD schimpfen kann 🙂

Hans-Dampf
Hans-Dampf
10 Jahre zuvor

Was denn? „Dortmund nazifrei“ protestiert mit Bier und Würstchen? Und das obwohl, dass Bündnis von SPD, Grünen und DGB getragen wird? Wer hätte das ahnen können…

Ich hoffe mal das G. noch nicht allzu lange Politik in Dortmund macht, sonst hätte er wissen können, das die Spezialdemokraten nur dann was gegen die Nazis machen, wenn sie dazu getragen werden, bzw. durch die Omnipräsenz von Alerta und DSSQ dazu gezwungen werden.

ich bins
ich bins
10 Jahre zuvor

wir, 2 frauen, haben es geschafft uns früh genug zum fr.-uhde platz zu bewegen, den aufmarsch von beginn zu sehen und bereits bei dem ersten braunschiss gesülz mit trillerpfeifen lärm zu machen. 2 weitere frauen waren ebenfalls vor ort. polizei hat uns ein stück weit toleriert, aber zu zweit wird´s dann irgendwann schwierig. eine polizistin jagte uns dann fort, mit den worten: ihr stört die versammling!!! das erleben wir auch ähnlich bei jeder september demo. echt traurig!!!

Martin Schmitz
Martin Schmitz
10 Jahre zuvor

Zunächst mal: Die Nazis werden nicht allein davon aus Dortmund verschwinden, weil zu jeder ihrer Kundgebungen und Demonstrationen Menschen mit Trillerpfeifen kommen und versuchen, sich auf ihre Demostrecke zu setzen. Der Kampf gegen Rechts muss vielmehr bei Bildung und Aufklärung ansetzen und jeden Bürger dieser Stadt ermutigen, sich gegen Rechtsextremismus einzusetzen. Damit ist nicht unbedingt Demonstrieren oder Blockieren gemeint, sondern das eigene Verhalten im Alltag.

Zum 1. Mai 2013: Ich wiederhole nochmal. Wäre es nicht eher ein Gewinn für die Nazis gewesen, wenn sie es geschafft hätten, dass Gewerkschaften und Parteien sich an diesem Tag nicht mit Arbeitsnehmerrechten, sondern mit den Nazis selbst beschäftigt hätten?

Zu Dortmund Nazifrei: Das Bündnis war vor allem dafür gedacht, auch Personen jenseits von gewaltbereiten, linken Gruppierungen eine Möglichkeit zu geben, kreativ gegen Nazis zu demonstrieren. Das hat im ersten Jahr sehr erfolgreich geklappt. Und die SPD war auch dort, hatte aber im Gegensatz zu anderen Gruppierungen ihre Fahnen zu Hause gelassen, weil es um die Sache ging und nicht um die Selbstdarstellung. Ich möchte zudem an die Aktionen von Dortmund Nazifrei außerhalb des Sperrgebiets erinnern, wo diejenigen protestierten, die nicht die Möglichkeit hatten, am Vorabend in der Nordstadt zu übernachten. Sind diese Leute deswegen schlechtere Antifaschisten? Wenn dem so ist, dann wird wohl mein Protest gegen Nazis in der Zukunft nicht mehr benötigt.

Moritz Demmer
Moritz Demmer
10 Jahre zuvor

Herr Laurin, können oder wollen sie Herrn Schmitz nicht
verstehen? 1.) Haben Sie den Eindruck, dass andere (rechtmässige)
Demonstrationsformen mehr Eindruck auf wirklich überzeugte Nazis
haben? 2.) Der Großteil der Nazis z.B. in Dortmund sind Zugezogene
aus ganz Deutschland – wieso sollte man also von der Menge der hier
ansässigen aktiven Nazis einen Rückschluss auf die Qualität der
Dortmunder Schulen ziehen? Gleiches gilt dann natürlich für Städte
mit weniger Nazi-Problemen… merken Sie selbst, ne?

Moritz Demmer
Moritz Demmer
10 Jahre zuvor

@Stefan: Vielleicht wollten Sie seiner Argumentation folgen, haben es aber leider nicht getan… Bildungspolitik ist übrigens Ländersache, entsprechende Änderungen haben somit auch zB auf später nach Dortmund ziehende, werdende Nazis Einfluss.

Murphy42
Murphy42
10 Jahre zuvor

Oh yeah Stefan, zeigs denen, die immer noch nicht begriffen haben, was Antifaschismus ist !
Ich find es echt nicht mehr lustig wie du und andere antifaschistische Arbeit darauf beschränken, zu blockieren und Nazis zu behindern. Diese beschränkte Sichtweise ist ziemlich genau das, was eben nicht funktioniert. Dein Posting unter #12 ist ein Beweis für deine beschränkte und eingeschränkte Sichtweise. Nazis von außerhalb ist es ziemlich egal was in dortmunder Schulen los ist, sie wäre aber nicht hier, wenn die dortmunder Nazis keine Aufmärsche abhalten würden. Also müssen deren Strutkuren, deren Nachwuchs deren gesamte Arbeit behindert werden. Dies geschieht an Schulen, dies geschieht aber auch in dem man eben nicht berechenbar ist für sie. Eben selbst entscheidet wie und wann man ihnen entgegen tritt. Das ist eine etwas feinere Strategie und erfordert auch ein bisschen mehr geistig Beweglichkeit. Wie wäre es damit? Bisher habe ich von dir außer das Blockaden das Allheilmitel sind nicht einen sinnvollen Satz gelesen. Versuch es doch mal. Bemühe die grauen Zellen die du hast und lasse uns teilhaben an deiner ausgefeilten Strategie den Nazis in Dortmund das Wasser abzugraben. Bist du sie hast, ess ich noch ne Wurst.

Pauline
Pauline
10 Jahre zuvor

Hallo Herr Laurin, Sie bestimmen also, was Protest ist und was nicht? Vielleicht sollten Sie kurz dem Duden mitteilen, dass Sie nun die Bedeutungen neu definiert haben.
Ich möchte Ihnen dennoch raten, noch einmal folgendes Gedankenspiel mitzumachen: Neonazis sind nicht gerade das, was man als Freunde der Gewerkschaften bezeichnet. Nun möchten besagte Neonazis an einem für die Gewerkschaften enorm wichtigen Tag marschieren. Was ist da wohl sinnvoller? Sich ausschließlich auf die Neonazis konzentrieren und sich so den Gewerkschaften abwenden oder gemeinsam mit den Gewerkschaften unter dem Motto „Schöner leben ohne Nazis“ zu demonstrieren? Kleiner Tipp: Die Neonazis haben vermutlich nicht unüberlegt den 1. Mai ausgewählt und ganz eventuell auch gehofft, dass sie demokratischen Parteien eine neue Tagesordnung für den 1. Mai diktieren können.
Mich würde auch interessieren, mit wie vielen betroffenen Bürger*innen, die entlang besagter Route leben, Sie gesprochen haben. Die von Ihnen als „lächerlich“ bezeichneten Plakate haben in Bürger*innengespräche unsererseits nämlich positive Rückmeldungen erhalten.
Des Weiteren möchte ich Sie um Folgendes bitten: Wenn Sie sich schon keine Zeit für das Überprüfen von „Fakten“ nehmen, dann doch bitte für ein sprachlich richtiges Schreiben. Der Artikel ist nun wirklich nicht sehr lang, die Fehlerzahl leider aber schon zweistellig.

Interessiert
Interessiert
10 Jahre zuvor

Lieber Herr Laurin, ich bin immer wieder überrascht, wie
unseriös Sie mit Protagonisten in Dortmund umgehen und in einer
schon diffamierenden Art Herr Borstel als „Sieraus
Lieblingsnaziexperte(n)“ und „Sieraus Haus-Naziexerten“ bezeichnen.
Was möchten Sie – Ernst zu nehmende Berichterstattung oder
polemisierenden Journalismus? Sofern SIE ernst genommen werden
möchten, nehmen Sie doch bitte DIE ernst, mit denen Sie sich
auseinander setzen und über die Sie berichten. vielen
Dank!

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