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Christoph Kuckelkorn: Ein Bestatter und Karnevalist erzählt vom Leben

Vertragsunterzeichnung zur Karbervalssession 2017/18 und Empfang im Historischen Rathauses von Köln : Prinz Michael II. (Mitte) mit Bauer Christoph (r.) und Jungfrau Emma (l.) unterzeichnen den Sessionsvertrag. Dahinter stehend: Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Christoph Kuckelkorn
Vertragsunterzeichnung zur Karbervalssession 2017/18 und Empfang im Historischen Rathauses von Köln : Prinz Michael II. (Mitte) mit Bauer Christoph (r.) und Jungfrau Emma (l.) unterzeichnen den Sessionsvertrag. Dahinter stehend: Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Christoph Kuckelkorn; Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Der Besuch von Buchhandlungen ist für mich, seit jeher, ein großes Problem:

Den zielgerichteten Kauf eines bestimmten Buches kann ich meistens vergessen.

Beim Stöbern in einer Buchhandlung, ich war zu früh dran beim kleinen Klassentreffen auf dem Weihnachtsmarkt in Duisburg, fiel mir ein Buch ins Auge:

Der Tod ist Dein letzter grosser Termin.

Ein Bestatter erzählt vom Leben

Der Klappentext machte mich sogleich neugierig: Extrem viel Aktivität und Engagement beim Kölner Karneval und ein Job als Bestatter: Das beißt sich ja irgendwie.

Trauer und Freude, Ausgelassenheit und Verzweiflung, Leben und tod. Scheinbar mühelos springt Christoph Kuckelkorn zwischen diesen Welten hin und her – als Bestattungsmeister und als Präsident des Festkomitees Kölner Karneval. morgens die Vorbereitung einer Beerdigung, mittags eine Sitzung bei Festkomitee, nachmittags ein Trauergespräch mit Hinterbliebenen, abends eine Prunksitzung.

Nun ja: Ich kann seit ewigen Zeiten mit Karneval nichts mehr anfangen. Menschenmassen die „Helau“ schreien und in Kostümen rumrennen, sind mir ein echter Graus.

Karneval ist für mich Horror: Ein Mit-Ruhrbaron rettet mich!

Mit der schwäbisch-allemansichen Fasnet komme ich noch weniger klar: Wenn man in der schwäbischen Provinz so einen Umzug der Zünfte am Straßenrand verfolgt, muss man damit rechnen, dass man von einem Hästräger (Hat nichts, wie ich damals zum Entsetzen eines Schwaben vermutet habe, mit einem Hasenkostüm zu tun: Erklärung Häs!) mit irgendwelchen Wedeln abgeklopft wird: Dann bleibt meistens irgendeine Sauerei, entweder Federn oder Pflanzenzeug, auf den Klamotten zurück: Ich habe es gehasst.

Die, von vielen meiner Artgenossen geliebte, fünfte Jahreszeit ist für mich wie ein Konzert von Michel Wendler oder, vermutlich, eine Selbsterfahrung beim Waterboarding: Albtraum! Der totale Horror!

Zum Glück, ich hatte keinen großen Bock zum Klassentreffen mit einer Büchertüte zu erscheinen, konnte mich der Ruhrbaron-Kollege Robin Patzwaldt auf Facebook in eine Diskussion über ein anderes Buch, das in der Buchhandlung auslag, verwickeln.

Robin Patzwaldts grenzenlose Begeisterung für The Grat Nowitzki bewahrte mich davor, in der Buchhandlung zuzuschlagen:

Der Tod ist Dein letzter grosser Termin: Ein Bestatter erzählt vom Leben blieb, von mir ungekauft, in der Buchhandlung liegen.

Eine Buchhandlung in Duisburg! #duisburgistecht: Echte Liebe zum BVB; Foto: Peter Ansmann
Eine Buchhandlung in Duisburg! #duisburgistecht: Echte Liebe zum BVB; Foto: Peter Ansmann

Wie auch immer. Jetzt musste ich mir das Buch jetzt doch noch unbedingt kaufen:

Auf Facebook machte, in der  letzten Woche, ein Auszug der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) die Runde.  Zum möglichen Ausfall der fünften Jahreszeit 2021 bemerkte Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees, im Kölner Stadt-Anzeiger: „Wenn München das Oktoberfest absagt, heißt das nicht, dass Köln wackelt oder die Session in Gefahr ist.“

Die staubtrockene Anmerkung des Redakteurs im darauffolgenden Satz, „Kuckelkorn ist von Beruf Bestattungsunternehmer“, ließ diesen Artikel in den sozialem Medien viral gehen.

"Legendäre letzte Sätze, Folge 1" - FAZ 22.4.2020; Screenshot Facebook
„Legendäre letzte Sätze, Folge 1“ – FAZ 22.4.2020; Screenshot Facebook

Dieser, vom mehrmaligen Olympiasieger und Schwimm-Weltmeister Michael Gross geteilte, Artikel führte mich jetzt doch noch in meine Stammbuchhandlung: Der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval – er scheint genau mein Art des Humors zu haben.

Ich musste dieses Buch lesen! Und habe es getan! Ich kann dieses Buch, auch für nicht Karnevalisten, nur empfehlen.

Der Tod ist Dein letzter grosser Termin: Ein Bestatter erzählt vom Leben

Ich kann nicht behaupten, dass mich das Buch ab der ersten Seite wirklich gefesselt hat. Überhaupt nicht.

Zumal mir die Geschichte über die Kindheit eines Jungen, dessen Eltern ein Bestattungsunternehmen führen, bekannt vorkam. Vor 19 Jahren hatte ich, beruflich bedingt, mit einem ehemaligen Söldner zu tun, der in jungen Jahren im elterlichen Betrieb eine Ausbildung zum Bestatter absolviert hatte. Später, gleich zu Beginn des Jugoslawienkrieges, hatte er irgendwie eine religiöse Eingebung, stellte seine Waffe in den Schrank und fand wieder auf den Weg seines eigentlichen Berufs zurück: Irgendwo in Kroatien.

Irgendwie scheinen solche Kindheiten wohl ähnlich zu verlaufen. Er hat, sehr oft, über das Bestattungsgeschäft gesprochen. Seit dieser Zeit, sehe ich diesen Beruf mit anderen Augen als vorher.

Ich komme mal zurück zum Buch:

Die ersten drei Minuten fand ich etwas lahm. Aber, oder genauer, megafettes aber: Mit dem zweiten Kapitel des Buchs, „Alltag eines Bestatters“, nimmt die Erzählweise rasant an Fahrt auf. Der trockene Humor von Christoph Kuckelkorn und seine Schreibweise: Ab Seite 19 konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen!

Es gibt sicherlich unproduktivere Tätigkeiten, um einen Montagnachmittag in Duisburg zu verbringen. Das gilt besonders für die Zeit, in der das Versammlungsverbot und Schutzmaskenzwang wegen COVID-19  außenhäusliche und sportliche Aktivitäten sehr begrenzen oder komplett verhindern.

Ich rechne fast damit, dass dieses Buch irgendwann verfilmt und als Doku auf Netflix  zu sehen seien wird.

Bestattungstradition in Köln

Das Bestattungshaus Christoph Kuckelkorn blickt auf eine lange Tradition zurück. Christoph Kuckelkorn, auch Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, leitet das Bestattungsunternehmen, gemäß der Familientradition,  in der fünften Generation.

Das Familienunternehmen besteht seit der Zeit des deutsch-dänischen Krieges im Jahre 1864: War also schon da, bevor Bismarck das zweite deutsche Reich proklamierte.

Die Geschichte des Beerdigungsinstitutes ist bis zur Gründerzeit dokumentiert. Im Büro von Christoph Kuckelkorn hängt ein gerahmter Spruch, entstanden zum Firmenjubiläum im Jahre 1964: Seit 100 Jahren auch im Jenseits vorn, in einem Sarg von Kuckelkorn – man sieht: Auch das Marketing läuft rund beim alteingesessenen Bestattungsunternehmen in Köln.

Die Bestattung von berühmten Persönlichkeiten der Domstadt, wie z.B.  Willy Millowitsch, Hans-Jürgen Wischnewski, Dirk Bach, Guido Westerwelle und Kardinal Meisner, wurden durch das Bestattungsinstitut Christoph Kuckelkorn durchgeführt.

Christoph Kuckelkorn: Der Tod ist Dein letzter grosser Termin; Foto: Fischer
Christoph Kuckelkorn: Der Tod ist Dein letzter grosser Termin; Foto: Fischer

Bekannt ist: Sterben müssen wir alle. Die einen später, die anderen früher.

Das Thema Tod und die Beschäftigung damit ist nicht unbedingt ein Tabu, steht aber, das ist zumindest bei mir so, meistens nicht im eigenen Fokus. Falls man gerade direkt oder indirekt betroffen ist, durch Todesfälle im Freundes- oder Familienkreis, mag das anders sein.

Oder aber, das ist zumindest meine Vermutung,  wenn, z.B. durch eine schwere Krankheit, dieses Thema unerfreulicherweise für einen selbst „aktuell“ wird.

Christoph Kuckelkorn leistet mit seinem Buch einiges!

Der Autor spricht ein – ziemlich unerfreuliches – Thema auf eine leichte bis humorvolle Weise an, die aber keineswegs albern, aufgesetzt oder übertrieben lustig wirkt.

Würde ich in Köln wohnen und das Thema „eigener Tod“ wäre bei mir aktuell irgendwie angesagt – oder falls ich 40 Jahre mehr auf dem Buckel hätte:

Das Bestattungshaus Christoph Kuckelkorn hätte mich jetzt, wegen des Buches, als begeisterten Kunden gewonnen. Ich würde schnurstracks in die Räumlichkeiten auf der  Zeughausstraße 28-38 laufen und, mit Hern Kuckelkorn, meine Beerdigung im Vorfeld akribisch planen.

Ein Satz, den vermutlich die wenigsten Bestatter sehr oft zu hören bekommen.

Viel Schlagermusik von Nana Mouskouri, Dschingis Khan und Vicky Leandros. Festlegung von bestimmten Rednern. Das Arrangement eines Laienschauspielers, der als Sensenmann verkleidet, bei der Beerdigung am Rande meines Grabes steht und finster in die Trauergemeine schaut: Auch diese eher ungewöhnlichen Wünsche dürften bei einer professionellen Besprechung in Köln kein Problem sein.

Jetzt, nach der Lektüre seines Buches, würde ich mich bei diesem Bestatter in Köln in guten Händen wissen.

Den Karneval in Köln und seine Tätigkeit als Karnevalist, thematisiert der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval selbstverständlich auch: Aber das Grundthema des Buches ist durchaus ernst. Und extrem interessant.

Interessante Einblicke in den Alltag eines Bestatters

„Die Bandscheibe ist die Achillesferse des Bestatters“ – solche und ähnliche Einblicke in den Arbeitsalltag bietet das Buch. Unfreiwillig komische Anekdoten lassen einen zwanghaft weiterlesen: Zum Beispiel die, über einen Sargträger. Dem, während des Herabsenkens des Sarges, die dritten Zähne ins offene Grab fielen.

Auch besondere Herausforderungen im Bestatterhandwerk werden im Buch thematisiert. Im ersten Teil der Pate-Trilogie sucht Vito Corleone (Marlon Brando) nach dem, extrem brutalen, Tod seines Sohns Sonny (James Caan) den Bestatter Bonasera auf – der dem Paten einen Gefallen schuldet. Auftrag: Die Mutter soll ihren Sohn nicht in dem Zustand sehen, den hunderte von Kugeln aus Maschinenpistolen nun mal anrichten.

Die Frage, wie man Verstorbene in einen Zustand versetzen kann, der einen persönlichen Abschied für die Angehörigen möglich macht, steht bei Christoph Kuckelkorn ebenfalls oft an: Würde zurückgeben, die man im Moment des Todes verloren hat, ist ein klares Ziel.

Auch Thema: Das wichtige Improvisationstalent, das in diesem Beruf wichtig ist. Es kommt schonmal ein Trauerfall, nicht wirklich unerwartet, dazwischen: Was die Tagesplanung über den Haufen wirft. „Kampferfahrung“ als Karnevalist ist dabei wohl hilfreich:

Wenn eine Million Menschen zusammenkommen, passiert immer etwas ungewöhnliches. Das muss man aushalten können, auch wenn man nicht immer gut dabei schläft, auch nicht nicht.

Und, logisch: Wir leben schließlich in Deutschland! Der deutsche Vorschriftendschungel, in dem Bestatter sich zurechtfinden müssen, wird erklärt.

Andere Kulturen, andere Sitten

Einblicke in die Trauerriten anderer Kulturen und Religionen bietet das Buch nebenbei. So schreiben das Judentum und der Islam eine rituelle Waschung vor. Auch hierzu bietet der Autor jede Menge Information.

Natürlich geht es auch um Gebete, aber primär geht es um das Waschen. Das Judentum schreibt sogar vor, dass im Laufe der Waschung exakt dreißig Liter Wasser zu verwenden sind. Für uns sind dreißig Liter einfach drei Eimer voll. In Israel aber ist Wasser im Sommer eine wertvolle Resource und drei volle Eimer vom kostbaren Nass extrem viel und somit wiederum eine Ehrerweisung für den Verstorbenen. Mich beeindruckt das jedes Mal aufs Neue,

Für einen Bestatter, der seinen Beruf liebt und ihn gerne ausübt, ist es eine großartige Chance, diese verschiedenen Religionen und die damit verbundenen Kulturen und Bräuche kennenzulernen und umzusetzen.

Christoph Kuckelkorn;
Christoph Kuckelkorn, Bestatter in Köln, Karnevalist und Autor; Foto: Elke Wetzig / CC BY-SA

Was mir an diesem Buch besonders gefallen hat? Ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll: Dem Autoren, Melanie Köhne (Co-Autorin) und Lektorat gebührt der größte Respekt für die Auswahl der Zwischenüberschriften.

Die Zwischenüberschriften: Außergewöhnlich gut!

Klar: Das Buch ist interessant, für alle Menschen die irgendwann sterben. Das ist, Chapeau, natürlich die größtmögliche Zielgruppe

Auf meiner Skala von eins bis fünf hätte das Buch, ohne die Zwischenüberschriften, vier Sterne erreicht. Dank dieser jedoch: Volle Punktzahl. Der Text des Bucher ist super geschrieben. Es lässt sich leicht lesen. Ein ernstes Thema wird unterhaltsam behandelt, ohne dass dabei der Ernst des Themas verloren geht.

Bei den Zwischenüberschriften, die in jeden Kapitel zu finden sind, werden besonders interessante Aspekte spannend hervorgehoben oder sie fallen humorvoll aus. In jedem Falle: Sie laden zum weiterlesen ein!

Ich hatte schon mal angeregt, eventuell längerfristige Bestattungstermine zu machen, aber da hält sich der Tod einfach nicht dran.

Heimat ist für mich, wo man begraben werden möchte.

Todsicher: Das Buch ist lesenswert für alle die irgendwann sterben!

Interessante Einblicke in einen ungewöhnlichen Beruf, den vermutlich nicht jeder ausüben möchte oder könnte.

Ich beobachte immer wieder, dass uns die Beziehung Zum Tod abhanden gekommen ist, deshalb reagieren wir unsicher und irritiert, wenn er uns im Alltag begegnet.

lautet eine Zwischenüberschrift auf Seite 63 des Buches.

Soweit es diese betrifft: Christoph Kuckelkorn verändert, durch sein Buch, den Umgang mit diesem Thema.

Website des Fischer-Verlags: Weiteren Informationen zum Buch und eine Leseprobe!

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Heribert Schmitz
Heribert Schmitz
3 Jahre zuvor

Wirklich ein tolles Buch. Danke für die Hinführung zum Tod und den natürlichen Umgang mit ihm. Ich hoffe das durch die momentane Situation gute Rituale nich aufgegeben werden.

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