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CSU-Parteitag: Corona, Hass, Mitgliedergewinnung im Ruhrgebiet

#CSUVPT20: Markus Blume, Markus Söder und Dorothee Bär; Screenshot
#CSUVPT20: Markus Blume, Markus Söder und Dorothee Bär; Screenshot

Gestern fand der zweite virtuelle Parteitag der CSU (#CSUVPT20) online statt. Dorothee Bär und CSU-Generalsekretär Markus Blume moderierten das Online-Event souverän.

Während das erste Event dieser Art im Mai 2020 – stellenweise – leicht holprig wirkte, Online ist eben ein anderes Format als ein Parteitag in einer Stadthalle, war gestern deutlich zu merken:

Man hat den ersten virtuellen Parteitag analysiert, sich richtig viele Gedanken gemacht und das Format deutlich aufgepeppt. Chapeau, CSU!

Einen Ruhrgebietsbezug gab es – überraschenderweise für einen CSU-Parteitag – in einem Werbespot, in dem für die Mitgliedschaft in der CSU geworben wird: Duisburg wurde hier von Edmund Stoiber – in einem Atemzug – mit Stuttgart erwähnt. Die CDU Duisburg und die CDU Castrop-Rauxel dürften etwas zum Schmunzeln haben.

Keine Überraschung: Das Thema Corona war der klare Schwerpunkt in der Ansprache des CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder. Den Hass und die vergiftete Atmosphäre sprach Markus Söder hier ebenfalls an. Was er dazu vorlas: Es war verstörend.

#CSUVPT20 – Virtueller Parteitag der CSU 2020

Nach dem kleinen Parteitag im Mai, hat die CSU auch den gestrigen großen Parteitag – mit über 700 stimmberechtigten Delegierten – in den virtuellen Raum verlegt. Auf Facebook fielen während der Übertragung des Livevideos viele üble Kommentare, großenteils mit Beleidigungen, störend auf.

Klare Absage an Autokraten; Screenshot Facebook
Klare Absage an Autokraten; Screenshot Facebook

Viele User nutzten die Kommentarfunktion um auf diese Trollattacken zu reagieren: Claude Berg, sprach in verschiedenen Kommentaren das Thema Fake-News und deren Gefährlichkeit an: „Ich habe 3 meiner Familienangehörigen in den USA dank Trump verloren. … Ich lebe hier in Bayern und weiß Söder daher zu danken. Allein, dass er diese gefährlichen Verschwörungstheorien angesprochen  hat, die den Geist so vieler vergiften.“

Die explizite Warnung des CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsident vor einer „Corona-PEgIdA“ wirkte, auch aus diesen Grunde, mehr als realistisch. Im Zusammenhang mit diesem Thema, erwähnte Markus Söder auch den gestrigen 40. Jahrestag des Attentates auf das  Oktoberfest in München.

Hass und Fake-News (Auch Kommunalpolitiker sind hier betroffen, z.B. bei der CDU in Duisburg!)  waren ein trauriges Thema in der Grundsatzrede des bayerischen Ministerpräsidenten. „Der Teufel hat von Dir Besitz ergriffen“, „Ich werde Sie erschießen, in Scheibchen schneiden und Tigern zum Fraß vorwerfen“ und „Du stinkende Judensau gehörst vergast.“ – nur einige von zahlreichen Nachrichten, die Markus Söder vorliest. Das er eine weitere Hass-Botschaft nach dem Wort „Voll“ mit „Punkt, Punkt, Punkt“ zensierte, machte diesen Teil der Rede – für mich – noch verstörender.

Das Problemfeld Fake-News während der Coronakrise schlug sich auch im verabschiedeten Antrag 2 A 13 des Parteitages nieder: In diesem geht es um die Stärkung von Medienkompetenz und um den Umgang mit Fake-News.

Markus Söder bezog klar Stellung zu den, von Rechtsextremisten instrumentalisierten, Hygienedemos : „Wir werden für Bayern anordnen, dass die Reichskriegsflagge verboten wird. Mit einer solchen Flagge zeigt man die Ablehnung unserer Demokratie.“

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Dr. Markus Söder; Screenshot
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Dr. Markus Söder; Screenshot

Ansonsten: In der – wie bereits beim letzten CSU-Parteitag – staatsmännischen Rede, wurde wenig ausgeteilt: Die Zusammenarbeit mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis90/Grüne) wurde explizit gelobt. Das Einlenken von Bündnis90/Grüne beim Thema „klimaschonende KFZ mit modernen Verbrennungsmotoren“ wurde ebenfalls durch Markus Söder positiv erwähnt. Klar zu erkennen: Ein Zugehen auf Bündnis90/Die Grünen.

Auf die verleumderische Kampagne, die seit Beginn der Coronakrise in den sozialen Netzen gegen ihn läuft (Das AfD-MdB Johannes Huber war dabei z.B. sehr aktiv!), ging Markus Söder mit keinem Wort ein.

Eine klare Absage an Steuererhöhungen um die Coronakrise zu meistern:

„Wir brauchen eine Steuerreform. Nicht Steuern rauf, sondern Steuern runter. Wir müssen Anreize setzen zum investieren. Der Soli muss weg für alle!“

An der bisherigen Strategie gegen gegen die Pandemie zweifelte Markus Söder nicht:

„Für mich als Christ ist es ethisch nicht vertretbar, für das Freizeitverhalten vieler das Lebe einiger, wenn auch weniger, zu Opfern.“

Und weiter: „Zu dieser Entscheidung bin ich nicht bereit… …Eindämmung ist entscheidend. Wir brauchen keinen grundlegenden Strategiewechsel.“

Oberstes Ziel: Einen erneute flächendeckenden Lockdown zu verhindern. Auf den schwedischen Sonderweg in der Coronakrise ging Markus Söder ebenfalls ein: Dieser würde, laut Experten, zu 70000 Neuinfektionen pro Tag – mit der dazugehörigen Todesrate –  führen

Auch den funktionierenden Rechtsstaat thematisierte der CSU-Vorsitzende: Gerichte haben die bisherigen Maßnahmen, zum allergrößten (97%) Teil, abgesegnet. Dass die Exekutive hier auch schonmal gegen die Maßnahmen (z.B. beim Demonstrationsverbot in Berlin) entschieden hat: Ein weiterer Beweis dafür, dass wir immer noch sowas wie eine freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland haben.

Was Markus Söder in Bezug auf die Anti-Corona-Maßnahmen ebenfalls ansprach: Die eventuelle Einrichtung eines runden Tisches mit Virologen, Vertretern der Wirtschaft und der Kirche, Philosophen, Ethikern, Soziologen und anderen Teilen der Gesellschaft.

„Nur mit Bußgeldern kann man das nicht steuern. Es braucht eine Koalition der Vernünftigen.“

Beim „Ausblick auf den Winter“ greift Markus Söder zur passenden „Winter is coming“-Tasse: „Es wird ein schwieriger Winter für uns.“

Dabei betonte er die Wichtigkeit der Schutzmaske und der Grippeschutzimpfung.

Das Rennen um den CDU-Parteivorsitz

Ein Ausblick auf die Bundespolitik am Ende der 50minütigen Rede:

Am Parteitag der CDU im Dezember wird hoffentlich gewählt. Es sind drei Bewerber. Drei großartige Bewerber. Ich sage übrigens ausdrücklich dazu: Ich bin gebeten worden eine Buchvorstellung für Armin Laschet zu machen, wenn die anderen beiden ein Buch machen, komme ich auch gerne dazu. Das ist keine Entscheidung für oder gegen jemand anders. Alle drei sind großartige Bewerber um den Parteivorsitz.

Auf die Kanzlerkandidatur geht Markus Söder – der bisher immer betonte, dass sein Platz in Bayern ist, nicht ein. Ich bleibe mal bei meiner persönlichen Einschätzung und Minderheitenmeinung zum letzten CSU-Parteitag: „Der nächste Kanzlerkandidat der CDU/CSU wird wahrscheinlich ein Franke sein und Markus Söder heißen.“

Soweit zur Rede des bayerischen Ministerpräsidenten.

Alle Anträge des CSU-Parteitages hier zu besprechen: Es würde den Rahmen sprengen. Das Thema „digitale Bildung“ / Digitalisierung fand sich in vielen Anträgen wieder.

Zusammenarbeit mit DITIB auf dem Prüfstand

82,2% der Delegierten haben dafür gestimmt, die Zusammenarbeit mit DITIB zu beenden. Eine gute Meldung von diesem CSU-Parteitag.

Virtueller Parteitag: Es passte diesmal zu 100%

Das Thema „digitale Bildung“ und „Digitalisierung“ war Thema mehrerer Anträge. Und das passte zu diesem Format. Der erste virtuelle Parteitag der CSU, im Mai, wirkte teilweise noch etwas improvisiert: Auch wenn es funktionierte. Diesmal passte einfach alles.

Die Moderation durch den CSU-Generalsekretär Markus Blume und Dorothee Bär (Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung) war flott und teilweise humorvoll. Es machte – auch als Nicht-CSU-Mitglied – Freude zuzusehen.

Souveräne Moderation: Markus Blume und Dorothee Bär; Screenshot
Souveräne Moderation: Markus Blume und Dorothee Bär; Screenshot

Kleinere Schwierigkeiten: Es gab eine Redezeitbegrenzung von zwei Minuten bei den Beiträgen der Delegierten (Die sich am heimischen Notebook oder PC und nicht gemeinsam – wie früher – in einer Festhalle aufhielten.) – in einem Fall war der Ton mitten im Satz weg.

Dorothee Bär hätte sich weiter links positionieren können, um den Blick auf den hinteren Bildschirm – auf dem die Anträge eingeblendet wurden – freizugeben. Das war’s. Ich bin guter Dinge: Beim #CSUVPT30 wird dies der Fall sein. Das war’s, aus meiner Sicht, mit den Problemchen in diesem Format.

Ansonsten lief alles glatt und ich bin gespannt, wie sich dieses digitale Format nach der Coronazeit nutzen lässt. Spannend finde ich diese Entwicklungen, in der Außenwirkung der Politik, allemal.

Halt, etwas fehlt noch!

Ärger mit der CDU in Duisburg und Castrop-Rauxel könnte sich anbahnen!

Schmunzeln musste ich beim Werbeblock, damit die Delegierten mal austreten konnten, während des CSU-Parteitages:

„Der coolste Onliner den wir in der Partei haben“ (O-Ton Dorothee Bär) erklärt, wie schnell die Mitgliedschaft in der CSU zu beantragen ist. Der „coolste Onliner“ ist in diesem Fall:

Dr. Edmund Stoiber, der Ehrenvorsitzende der CSU.

Worauf ich gespannt bin: Auf die Reaktion der CDU Duisburg und der CDU Castrop-Rauxel zum Fischen von Mitgliedern der CSU in ihren Gewässern.

Eine Ausweitung der Tätigkeiten der beiden genannten CDU-Verbände auf das bayerische Staatsgebiet: Das bedeutet Ungemach! Sie würde aber definitiv die Bundespolitik für einige Zeit sehr interessant machen.

Der CSU-Parteitag aus der Sicht eines CDU-Kommunalpolitikers

Wir haben bei Peter Ibe (CDU), Ratsherr in Duisburg nachgefragt, wie er das Event bewertet. Was uns natürlich ebenfalls interessiert war die Frage, ob sich jetzt ein Zerwürfnis, wegen der Mitgliederwerbung der CSU in Duisburg, anbahnt. Aber: Die Mitgliederwerbung mit der Zielgruppe Duisburg nimmt der stellvertretende Vorsitzende der CDU Duisburg gelassen.

Bleibt äußerst cool gelassen, trotz der Ausdehnungsversuche der CSU nach Duisburg: Peter Ibe, Ratsherr und stellvertretender Vorsitzender der CDU in Duisburg; Foto: Peter Ansmann
Bleibt äußerst cool gelassen, trotz der Ausdehnungsversuche der CSU nach Duisburg: Peter Ibe, Ratsherr und stellvertretender Vorsitzender der CDU in Duisburg; Foto: Peter Ansmann

Ruhrbarone: Wie bewerten Sie den zweiten virtuellen Parteitag der CSU

Peter Ibe: Ich finde den virtuellen Parteitag der CSU, soweit ich ihn in Abschnitten geschaut habe, gelungen. Er ersetzt jedoch keinen „richtigen“ Parteitag, den dieser Lebt von den Kontakten und Gesprächen der Delegierten zwischen den einzelnen Tagesordnungspunkten.

Ruhrbarone: Die CSU hat Menschen in Duisburg angesprochen, Mitglied in der CSU zu werden. Wie reagiert die CDU Duisburg auf das Wildern in ihren Bezirk?

Peter Ibe: Da bin ich ganz gelassen. Die CSU ist eine regionale und auf Bayern ausgerichtete Partei. Es gibt bei uns auch CDU-Mitglieder, die nach Bayern gezogen sind und in der CDU bleiben. Die wissen warum.

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ccarlton
ccarlton
3 Jahre zuvor

Zur 2.Welle bzw. einem erneuten Lockdown ist alles notwendige bereits gesagt. Ist das mit den drohenden Achtzigtausend Neuinfektionen in Schweden ein Tippfehler oder hat er das wirklich gesagt? Wobei selbst Achttausend angesichts der aktuellen Zahlen wenig wahrscheinlich sind, um es höflich auszudrücken.

Und wer ist dieser Claude Berg? Der Radfahrer aus Luxembourg, der Bayern Fan ist? Nie von dem gehört.

ccarlton
ccarlton
3 Jahre zuvor

Der Gedanke, daß der Bundeskanzler werden könnte, löst in mir das Bedürfnis aus mich zu betrinken. Was er von sich gegeben hat, kann man mit sehr viel Nachsicht als Strohmannargument bezeichnen. Tatsache ist, daß die höchste Zahl an Neuinfektionen bei unter 7.000 lag und jetzt wo ein Teil der Bevölkerung Covid-19 schon hinter sich hat und b.a.w immun ist, sollen es zehn mal so viel werden? Und, daß niemand ernsthaft plant den schwedischen Weg zu gehen.

Völlig verantwortungslose Panikmache ist das und dann noch von jemandem, der unmittelbar vorher Fake News und Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit Corona beklagte.

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