Werbung

Das erfolgreichste Video aller Zeiten? Das tut uns leid…

Ich freue mich immer, wenn das Internet neue Phänomene hervorzaubert, von denen man sonst womöglich nicht erfahren hätte – wie zuletzt den Südkoreaner “Psy” mit seinem “Gangnam Style”. Psy ist seiner Heimat bereits seit einigen Jahren mit K-Pop erfolgreich, er hat dort sechs Alben veröffentlicht. Das Erfolgsrezept seines derzeitigen Hits “Gangnam Style”: ein lustig-alberner Tanzstil, einfach-effektive elektronische Discomusik, und ein koreanischer Text, der sich mit dem luxuriös-mondänem Lebensstil des Stadtviertels Gangnam in Seoul befasst. Von unserem Gastautor Daniel Schwerd.

Der Musikclip des Künstlers wurde in diesem Jahr bereits mehr als fünfhundert Millionen Mal angesehen, weltweit, er ist für alle diese Nutzer kostenlos bei Youtube verfügbar. Über zwei Millionen Besuchern hat der Clip so gut gefallen, dass sie es mit dem kleinen Daumen-hoch-Symbol positiv bewertet haben. Damit ist dieses Video das erfolgreichste Youtube-Video aller Zeiten geworden, es hat dafür einen eigenen Eintrag im Guinnessbuch der Weltrekorde bekommen.

Psy ist mittlerweile weltweit erfolgreich – in vielen Ländern der Welt ist sein Song in den Charts, zum Beispiel in Deutschland und Großbritannien bis auf Platz 1, in den USA bis auf Platz 2. Auch in den iTunes-Charts hat es der Song Mitte September bis auf Platz 1 geschafft – trotz der Tatsache, dass er kostenlos bei Youtube verfügbar ist. Es ist davon auszugehen, dass das Lied damit auch kommerziell ausgesprochen erfolgreich sein dürfte.

Rhetorische Frage: Ist dieser Song nun trotz oder wegen der vielgescholtenen “Kostenloskultur” des Internets so erfolgreich? Hätte Psy ebenfalls einen weltweiten Erfolg mit seinem Stück gehabt, wenn sein Video nicht gratis im Internet verfügbar gewesen wäre? Oder ist nicht eben genau dieser Erfolg ein Indiz dafür, dass durch das kostenlose Anbieten von Inhalten im Internet die Künstlerszene gerade nicht verarmt, sondern das sich damit ganz neue Chancen und Möglichkeiten ergeben – auch kommerzieller Art? Denn oft sind es gerade die Nutzer, die den Song kostenlos im Internet sahen, die ihn sich anschließend auch kaufen.

Besonders gefällt mir, wie sehr dieser Clip Menschen auf der ganzen Welt angeregt hat, eigene Versionen, Remixe und Parodien des Videos herzustellen und im Internet zu zeigen. Da gibt es “Klingon Style” – eine klingonische Version im Startek-Stil, “Opa Gandalf Style”, eine Herr-der-Ringe-Parodie, und selbst einen “Mitt Romney Style” gibt es – jedes dieser Videos wurde bereits millionenfach angesehen. Ein Füllhorn an schrägen Ideen, Kreativität und Kunst. Alles – streng genommen – ein Urheberrechtsverstoß, gestohlenes geistiges Eigentum, geklaute Musik – zumindest im Rechtsverständnis der Content-Industrie und der Verwerter. Weltweit werden solche Remixe und Mash-Ups verfolgt und aus dem Netz geklagt, obgleich sie so oft über einen ganz eigenen künstlerischen Wert verfügen.

Und in Deutschland? Das Video auf dem offiziellen Youtube-Kanal des Künstlers ist in Deutschland nicht verfügbar, da die GEMA Youtube die in Deutschland erforderliche Rechte nicht eingeräumt hat – obwohl das der ganz offizielle Kanal des Künstlers ist. Das tut mir leid. Auch und gerade für die Künstler.

Daniel Schwerd ist Landtagsabgeordneter der Piraten in NRW. Der Text ist ein Crosspost. Lizenz: CC-NC-BY-SA 2.0

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
4 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
ungeruehrt
11 Jahre zuvor

„Alles – streng genommen – ein Urheberrechtsverstoß, gestohlenes geistiges Eigentum, geklaute Musik – zumindest im Rechtsverständnis der Content-Industrie und der Verwerter. Weltweit werden solche Remixe und Mash-Ups verfolgt und aus dem Netz geklagt, obgleich sie so oft über einen ganz eigenen künstlerischen Wert verfügen.“ Nein, auch streng genommen ist das kein Urheberrechtsverstoß. „Psy has produced a video that is born to spawn and has further facilitated this by waiving his copyright.“
Quelle: https://www.guardian.co.uk/commentisfree/2012/sep/24/gangnam-style-south-korean-pop

marvis
11 Jahre zuvor

Ist es für einen Künstler, der Mitglied der GEMA ist, eigentlich mit vertretbarem Aufwand möglich, sein Video bei YouTube zu zeigen? Wenn ja, was müsste er dafür tun?

Ideal wäre da doch sowas wie ein simpler Auswahldialog bei Youtube:
„Ich möchte, dass mein Video bei YouTube zu sehen ist. Ich verzichte damit freiwillig auf alle GEMA-Einnahmen“ oder „Ich möchte nicht, dass mein Video bei YouTube zu sehen ist bis sich die GEMA mit YouTube über eine Vergütung geeinigt hat.“

Nach allem, was ich bisher so mitbekommen habe, ist das nicht möglich. Warum eigentlich nicht?

CyberPunk
CyberPunk
11 Jahre zuvor

Das geht meines Wissens nicht, da ein Vertrag mit der GEMA alle Werke eines Künstlers umfasst und es lassen sich nicht einzelne aus der GEMA herausnehmen.

Soweit ich weiß kann man aber die digitale Verwertung(?) komplett aus der GEMA ausklammern, ob dann YouTube erlaubt ist weiß ich allerdings nicht, müsste aber eigentlich schon.

Michael
Michael
11 Jahre zuvor

„Das tut mir leid. Auch und gerade für die Künstler.“

Mir nicht.

Die Gema und der Künstler werden schon sehen was sie davon haben. Musik ist ein Kultur-Gut. Das Problem ist aber, dass Kultur nur aus Gewohnheiten besteht. Gewohnheiten können sich aber ändern.

Letztlich sägt die Gema nur an dem Ast auf dem sie sitzt (Gebüren-Katalog, Sperrung der Videos). Die Folge wird sein, dass sich der Musik-Geschmack einer ganzen Generation – das heißt ihre Gewohnheit, ihre Kultur sich ändert.

Die Frage ist letztlich in wieweit wird ein Musiker heutzutage durch Discotheken und Youtube bekannt gemacht. Das heißt, in wieweit sind Discos und Youtube dafür verantwortlich, dass er überhaupt gehört wird.

Google sitzt da aber letztlich vor demselben Problem. Die Nutzer zu ärgern ist keine Lösung. Die wandern sonst nämlich in Richtung Gema-freie cc-musik ab. Beispielsweise nach Jamendo.com oder ähnliches.

Werbung