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Datenleck bei der Stadt Mülheim: Führerscheine im Internet

Bewohnerparken Altstadt Mülheim

Anwohner der Mülheimer Altstadt können einen Bewohnerparkausweis beantragen – auch online. Brisant: Statt die dabei übermittelten privaten Unterlagen zu schützen, lagen sie bislang frei zugänglich auf dem Server der Stadt.

Obwohl die Gegend auf dem Mülheimer Kirchhügel nicht wirklich zum Stadtzentrum gehört, geht ohne Parkticket in der Altstadt seit nunmehr einem Jahr nichts mehr. 466 Anwohner haben sich bislang einen Parkausweis ausstellen lassen, die meisten auf herkömmlichen Wegen. Jene allerdings, die dafür den Online-Service der Stadt genutzt haben, mussten unter Umständen eine Reihe sensibler Dokumente hochladen. Sind sie nämlich Nutzer, aber nicht Halter des Fahrzeugs, haben sie Führerschein, Fahrzeugschein und eine Bescheinigung des Halters vorzulegen. 

Einer von vielen Führerscheinen, die noch bis zum Montag auf muelheim-ruhr.de abrufbar waren - die Schwärzungen stammen von ruhrbarone. Der oder die Besitzerin wird ihn vermutlich trotzdem wiedererkennen.
Einer von vielen Führerscheinen, die noch bis zum Montag auf muelheim-ruhr.de abrufbar waren – die Schwärzungen stammen von ruhrbarone. Der oder die Besitzerin wird ihn vermutlich trotzdem wiedererkennen.

Normalerweise sollten diese Daten – ob fotografiert oder eingescannt – automatisch verschlüsselt an die Stadt übermittelt werden und für den normalen Internetnutzer unsichtbar bleiben. Schließlich gibt es nicht gerade wenige Möglichkeiten, mit einem fremden Führerschein Missbrauch zu treiben. Und natürlich müssen neugierige Nachbarn auch nicht unbedingt wissen, dass das Auto des Nachbarn ein Firmenwagen ist, und von welchem Arbeitgeber der Parkausweis beantragt wurde. Aber genau das war in Mülheim bis zu einem Hinweis durch ruhrbarone ohne weiteres möglich, weil die Stadt die Daten unverschleiert und ohne Login-Verpflichtung im Internet veröffentlichte.

Auch ohne Hackerkenntnisse waren die Unterlagen bis zum Montag dieser Woche leicht zu finden. Und das funktionierte so: Der Antragsteller lädt seine Daten hoch und bekommt im Anschluss eine Bestätigung per E-Mail, darin eine Übersicht – inklusive Links zu den hochgeladenen Daten. Die sehen ungefähr so aus: www.muelheim-ruhr.de/webform/fuehrerschein.pdf. Der letzte Teil des Links ist der Name, den der Antragsteller seiner Datei gegeben hat. Als neugieriger Internetnutzer – oder, schlimmer, als Krimineller – muss man also diesen Teil nur durch Begriffe ersetzen, die von Anwohnern vermutlich verwendet wurden: „Fahrzeugschein“, „Parken“, „Bescheinigung“ und ähnliches. Bei Mehrfachbelegungen schlicht „Fuehrerschein_1“, „Fuehrerschein_2“ und immer so weiter. Mit fortgeschrittenen Computerkenntnisse wäre es sogar noch einfacher, sämtliche Anwohnerunterlagen auf einmal herunterzuladen. Bei der Recherche des Themas konnten durch ruhrbarone eine ganze Reihe entsprechender Dokumente gesichtet werden. Einerseits stammen sie von Bewohnern der Altstadt, andererseits von den eigentlichen Besitzern der dort geparkten Autos. Darunter sind auch Firmen und Vereine.

Mit dem Problem konfrontiert entfernte die Stadt Mülheim die öffentlich zugänglichen Dateien. Laut Pressesprecher Volker Wiebels handelte es sich um ein „Einstellungsproblem im Online-Antrag“. Das Datenleck sei aber, dass habe eine eingehende Prüfung gezeigt, ein Einzelfall – andere Online-Services der Stadt sollen demnach nicht betroffen sein. Ob die Stadt mit der fahrlässigen Veröffentlichung der Dateien gegen das Telemediengesetz (TMG) verstoßen hat, mochte Wiebels verständlicherweise nicht beantworten. Ausgeschlossen ist es freilich nicht, denn die Führerscheine durften keinesfalls durch die Stadt weitergegeben werden. Betroffene Bürger können die Speicherung ihrer Daten widerrufen.

Noch in diesem Jahr will der Stadtrat die neue Parkregelung überprüfen. Gut möglich, dass es dabei nicht nur um Kosten und Nutzen gehen wird – sondern auch um die Sicherheit der Anwohnerdaten.

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