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„Irgendwann werden die Bauern wütend“

Traktor Rennen Foto: Carsten Petersen Lizenz: CC BY 2.0

Ruhrbarone: Herr Mansfeld, Sie regen sich über das schlechte Bild der Landwirte in der Öffentlichkeit auf. Was war der Anlass?

Hasso Mansfeld: Ich habe jetzt mehrfach Versuche gesehen, die Landwirtschaft pauschal mit der AfD in Verbindung zu bringen. Erst wird die Landwirtschaft als Brunnenvergifter an den Pranger gestellt, jetzt sollen sie auch noch der Feind der Demokratie sein. Pfui ist das!

Ruhrbarone:  Woher kommt Ihrer Ansicht nach diese Verachtung für die Landwirtschaft? Immerhin sorgt sie ja mit dafür, dass Hunger hierzulande ein Fremdwort ist.

Mansfeld: Die Landwirtschaft gerät von vielen Seiten unter Druck. Sie ist seit langer Zeit Angriffspunkt von NGOs die mit riesigen Etats agieren und ihre Vorstellung von natürlicher Bewirtschaftung durchsetzen wollen. Im Parlament attackieren die Grünen die Landwirte und radikale Veganer wollen die Viehwirtschaft ganz abschaffen. Vielen ist der Bezug zur Nahrungsmittelproduktion im eigenen Land verloren gegangen.

Ruhrbarone: Woran liegt das? Es hat ja schon etwas Suizidales: Da ist der Hunger erst seit gut 150 Jahren in Europa besiegt und jetzt beginnt der Sturmlauf gegen die eigene Ernährungssicherheit.

Mansfeld: Ein Phänomen hoch entwickelter Gesellschaften ist das „Tocqueville-Paradox“ das besagt, dass sich mit dem Abbau sozialer Ungerechtigkeiten gleichzeitig die Sensibilität gegenüber verbleibenden Ungleichheiten erhöht. Auf die Landwirtschaft übertragen: Je besser die  Standards werden, desto eher gibt es Bestrebungen, die Standards noch restriktiver zu machen. Zudem gibt es mächtige interessierte Gruppierungen, die ein Interesse haben, die Situation dramatisch darzustellen.

Ruhrbarone: Sie haben Agrarwissenschaft studiert, sind also Landwirt. Wie wirken solche Debatten auf die Bauern und gehören sie zu den Gründen, warum gestern so viele auf die Straße gingen?

Mansfeld: Wenn sie tagaus tagein hören, dass sie das Wasser und die Böden vergiften, die Bienen umbringen und ihre Kinder schon in der Schule als gemobbt werden, dann kommt der Punkt, an dem man organisiert auf die Straße geht, weil man sich das nicht mehr gefallen lassen will. Zudem haben  die Landwirte das Gefühl, dass ihnen die Ausübung ihres Berufes immer weiter erschwert wird. Wer ständig nur frustriert wird, der  irgendwann man wütend.

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Karsten
Karsten
4 Jahre zuvor

Oha, dass man mittlerweile noch Mitleid mit der nahezu unkontrollierten Agrarlobby haben sollte, ist zu bitter, um darüber zu lachen. Ein Blick in die Neuere Geschichte offenbart zudem eine durchaus vorhandene Nähe von Landwirten zu erzkonservativen "politischen" Kräften…

Nina
Nina
4 Jahre zuvor

@Karsten: Oha! Ich habe sogar gehört, dass es unter den erzkonservativen politischen Kräften Männer gibt! Viel mehr Männer als Frauen! Unter ihnen sogar Pädagogen, Akademiker, Wurstbudenbetreiber und Manager!
Im Ernst: Man sollte die Leute einfach ihre Arbeit machen lassen.

Bennet Jäger
Bennet Jäger
4 Jahre zuvor

Ich würde sagen, dass die Bauern zu lange zu geduldig und zu brav waren. Sie sollten ihre Interessen viel lauter und mit mehr Elan vertreten wie die Schreihälse von Fridays for future.

thomas weigle
thomas weigle
4 Jahre zuvor

Gut für die Demokratie waren die organisierten Landwirte in ihrer Mehrzahl noch nie. Immer haben sie sich von erzreaktionären Funktionären vertreten lassen. Funktionäre, die nie die Interessen der Masse der einzelnen Klein- und Mittelbauern vertreten haben, sondern zunächst die der nicht so zahlreichen demokratiefeindlichen Rittergutbesitzer v.a. in Ostelbien und in der BRD die von Großgrundbesitzern meist ohne Adelsprädikat. Das Höfesterben, auch Bauernlegen genannt, begann bereits mit der Inthronisierung der Adenauerregierung. Das hat die organisierten Bauern aber nie davon abgehalten, sich ständig Bauernverbandspräsidenten zu wählen, die das Höfe sterben durch ihre CDU/FDP-nahe Politik massiv unterstützt und beschleunigt haben.

Bis zur rotgrünen Regierung unter Schröder stellten nur CDU/CSU und FDP die zuständigen Fachminister. Ich kann das Gejammere der Bauern nicht mehr hören. Sie sind größtenteils selbst schuld an ihrem Elend, weil sie in ihrer übergroßen Mehrheit immer nur Bauernschlächtern nachgelaufen sind. Bis heute!!
Es ist bezeichnend für die Gesinnung dieser Bauern, dass sie erst auf die Straße gehen, wo von ihnen nachhaltiges Arbeiten und Vermeidung von bspw. Grundwasserschädigungen u.ä. verlangt werden.

Bochumer
Bochumer
4 Jahre zuvor

Alle sind so gemein zu den Bauern. Es stellt sich allerdings die Frage, warum ausgerechnet die EU-Kommission Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser bestrafen will. https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2019-07/nitrat-grundwasser-eu-kommission-deutschland

Besonders lustig ist auch, dass die Bauern gegen das Mercosur-Abkommen demonstrieren und zeitgleich die NGOs beschimpfen, die ja genau gegen die irrsinnigen Verträge sind.

Der Kapitalismus wird die relativ kleinen Bauern vom Markt fegen. Das passiert auch ohne Öko.

Das wären mal spannende Aspekte für ein Gespräch.

ke
ke
4 Jahre zuvor

Die Kritik an die aktuelle Form der Landwirtschaft ist in vielen Bereichen gerechtfertigt.

Wenn ich Landwirtschaft denke, ist der Subventionsbegriff sofort im Kopf. Produzieren bis der Planet explodiert und sich gleichzeitig beschweren, dass das Überangebot zu niedrigen Preisen führt.

Dann wird angebaut, was subventioniert wird. Ob Futterpflanze, Energiepflanze, Solarzelle oder Windrad ist dabei egal.

Es ist natürlich auch so, dass ein romantisches Gefühl für ideale Lebensbedingungen von Tieren oft wenig mit dem natürlichen Verhalten zu tun hat. Landwirte müssen für Transparenz sorgen.

Mikefromffm
Mikefromffm
4 Jahre zuvor

Wenn Bauern mit Wahlplakten der Angst-für-Deutschland auf Demos fahren, dürfen sie sich nicht wundmehr tun, wenn man si mit dieser in Verbindung bringt.

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