Ja, ich weiß, vieles spricht gegen die Piraten: Tauss, das lange Zögern im Fall Thiesen aber die Piraten lernen schnell. Und sie werden sich so entwickeln wie es ihre Wähler wollen. Sie werden nicht nach Rechts abdriften und in den kommenden Jahren auch ein umfangreicheres Programm entwickeln. All das hoffe ich und ich würde mir wünschen, wenn die Piraten die Chnace bekommen sich zu entwickeln. Dafür müssen sie immer wieder kritisiert werden – aber nicht mit dem Ziel sie zu versenken sondern besser zu machen. Auch mir ist klar, dass es im Moment wichtigere Themen als Datenschutz und Urheberrechte gibt und ich habe auch nicht die Befürchtung das wir kurz vor einem Polizeistaat stehen. Ich habe die späten 70er als Jugendlicher erlebt: Damals war es weitaus schlimmer als heute.
Aber ich gehe davon aus, dass wir auch ab Montag von einer großen Koalition regiert werden und von daher können Stimmen für die Piraten keinen Schaden anrichten – im Gegenteil. Die Digitalisierung ist stellt uns nicht nur ein paar neue Techniken zur Verfügung – sie stellt einen so grundlegenden Wandel da wie die Industrialisierung im 18. Und 19., Jahrhundert. Und wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung. Der schnellste Weg dies den klassischen Parteien klar zu machen sind Wahlerfolge für die Piraten. Und wenn sie es nicht begreifen müssen die Piraten in die Parlamente.
Es brauchte die Grünen um die Umweltpolitik auf die Agenda zu bringen und ich glaube es braucht die Piraten um einen Diskurs über die Auswirkungen der Digitalisierung voran zu treiben. Sind die Piraten die Partei mit den richtigen Antworten auf die digitale Herausforderung? Nein, sie sind noch zu nerdig, haben zwar technisches aber kaum ökonomisches oder ökologisches Wissen. Aber das kann kommen. Unter den vielen neue Mitgliedern welche die Piraten in den vergangenen Monaten gewonnen haben, werden sicher ein paar Spinner sein – aber auch immer mehr Leute mit dem Potential die Fragen der Digitalität mit anderen relevanten Fragen zu verbinden. Ich hoffe dass sie sich durchsetzen. Die Fragen wie die Digitalisierung unser Leben verändern wird, welche Risiken sie für die persönliche Freiheit bedeutet, aber vor allem welche ökonomischen Chancen in ihr stecken, wie sie ökologisch genutzt werden kann müssen in der Mitte des Gesellschaft diskutiert werden.
Es schadet nichts, wenn auch auf politischer Ebene ein paar Leute mitdiskutieren die wissen was ein Browser ist. Ich weiß dass viele denken: Die Piraten sagen nichts zur Wirtschaftskrise und haben kein vernünftiges Programm. Wie soll man in einer solchen Zeit eine solche Partei wählen? Ganz einfach: Weil sich auch die anderen um die Beantwortung der wirklich wichtigen Fragen gedrückt haben – oder hat jemand ernsthafte Vorschläge gehört wie wir von den Krisenschulden wieder runterkommen? Glaubt irgendjemand an Steuersenkungen? Wo gekürzt werden und gespart werden soll habe ich nicht gehört. Die Piraten hatten immerhin den Mumm zu sagen, dass sie keine Ahnung haben. Sie sollten jetzt aber schauen, diese Ahnung schnell zu erwerben.
Stefan Laurin
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Ich wünsche den Piraten so wenig Stimmen, wie möglich. Denn ich bin für die Freiheit. Auf den ersten Blick ein Widerspruch. Aber Freiheit wird nicht durch Hedonismus, Wahl- und Zügellosigkeit oder durch sich selbst heraus definiert, sondern durch feste Werte, eine Grundhaltung und den Willen, Gegner der Freiheit zu erkennen und zu bannen.
Beschäftigen wir uns hier mit vier wichtigen Feldern, in denen es um Freiheit geht und die von der Piratenpartei weder ausreichend definiert noch besetzt werden. In der Wirtschaft ist Freiheit zunächst die Chance, sich frei von Behinderungen zu entwickeln. Sie steht für den freien Zugang zum Markt und begrenzt die Macht der Monopole, Oligopole und Filzokratien. Die Freiheit schließt den Schutz des Eigentums ein, denn nur wenn das Eigentum des armen Mannes vor dem Zugriff des reichen Nachbarn gesichert ist, gibt es gleiche Chancen. Die Freiheit bedeutet also hier: Schutz durch den Staat für den Einzelnen vor der Übermacht anderer. Freiheit heißt Regulierung. Freiheit heißt Ordnung. Freiheit bedeutet damit aber auch, das geistige Eigentum von Musiker, Programmieren und Konzernen vor dem unberechtigten Zugriff anderer zu schützen.
Die Piraten wollen das nicht.
In der Politik bedeutet Freiheit nicht nur die Meinung anderer zu ertragen, sie umfasst auch das Recht auf Streit und Auseinandersetzung und Abgrenzung. Die Piraten haben in den Fällen Tauss und Thiessen bewiesen, dass sie das nicht begriffen haben. Sie haben sich lieber mit einem Kinderpornokäufer umgeben und einem Protofaschisten, als klar und deutlich Grenzen zu ziehen. Wenn eine Organisation aber nicht in der Lage ist, sich selber zu schützen durch gemeinsame Wertvorstellungen, sondern nur durch ein diffuses Gefühl, dann ist sie nicht mehr als ein Jagdrevier für verkappte KBWler, Stalinisten und Trotzkitzen. Diese Machthungrigen Wölfe sind immer in der Lage die dummen Schafe zu fressen. Sie nutzen die Deckung des Freiheitsbegriffes, um sich nach oben zu kämpfen. Würden die Piraten Macht bekommen, würden aus ihren Reihen wie bei den Bolschewiki Diktatoren erwachsen.
Im Internet ist die Freiheit, die die Piraten meinen, noch am ehesten zu greifen. Hier sind die Piraten in der Lage Punkte zu machen, weil sie sich für Datenschutz des Einzelnen vor der Zugriffswut des Staates einsetzen. Das ist gut. Doch dieses Feigenblatt verdeckt nur, dass die Piraten den Kampf um Datenfreiheit missbrauchen, um die Freiheit im Wirtschaftsleben oder die politischen Freiheiten anzugreifen. Ich plädiere stattdessen dafür, dass sich die Menschen, die sich für die Datenfreiheit einsetzen, dies in den etablierten Parteien tun.
Zuletzt ist Freiheit auch der nur durch Talent begrenzte Zugang zu Bildung. Der Staat und seine Ordnung müssen in der Lage sein, Bildung für alle zu finanzieren. Also muss der Staat die Machtmittel haben Geld umzuverteilen. Er muss Zugriff auf Einkommen kriegen und diesen Zugriff durchsetzen. Die Piraten sagen hier gar nichts zu den Folgen ihrer Scheißegal-Haltung.
Die Piraten sind nur ein Protestsignal. Sie sind ein Yeah im Wahlkampf – mehr nicht. Ihnen Macht zu geben durch Stimmen bedeutet, die wirtschaftlichen und politischen Freiheiten unseres Staates langfristig der Beliebigkeit der Piraten auszusetzen.
David Schraven
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