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Schwarz-Rot im Ruhrgebiet – Vorbild für NRW?

Gebäude des NRW-Landtags in Düsseldorf
Landtag NRW Bild: Sebastian Weiermann

Nach der ersten direkten Wahl des Ruhrparlaments haben SPD und CDU Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Entsteht im Ruhrgebiet ein Modell für die Zeit nach der nächsten Landtagswahl?

Kaum irgendwo in Nordrhein-Westfalen waren die Grünen ohne Unterbrechungen so lange an der Macht beteiligt als im Ruhrgebiet: Seit Jahrzehnten arbeiteten SPD und Grüne im Ruhrparlament zusammen. Als Rot-Grün nach der Wahl 2014 keine Mehrheit im Parlament hatten, weil ihre Listen nicht ausreichten, um alle Plätze in dem durch eine Macke im Wahlrecht auf 138 Plätze aufgeblähten Ruhrparlament zu besetzen, bestand die SPD darauf, die Grünen in die Koalition mit der CDU zu holen, obwohl schwarz-rot auch ohne grün eine satte Mehrheit hatte. Aus und vorbei. Überraschend teilten SPD und CDU am 30. September in einer gemeinsamen Presseerklärung mit, dass sie Koalitionsverhandlungen aufnehmen würden.  Die Grünen fanden sich in der Opposition wieder, obwohl es auch für rot-grün oder schwarz-grün gereicht hätte. Die SPD, ließ sich der Vorsitzender der SPD im Ruhrgebiet, Gelsenkirchens scheidender Oberbürgermeister Frank Baranowski zitieren, habe „von den Wählerinnen und Wählern den Auftrag bekommen, die Metropole Ruhr weiter gemeinsam mit den Kommunen zu gestalten.“ Man wolle Innovation und Forschung stärken und so zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. „Die Gespräche mit der CDU haben uns davon überzeugt, dass dies mit ihr auch bei den neuen Mehrheitsverhältnissen im Kommunalrat gelingen wird.“

Oliver Wittke, Bundestagsabgeordneter und Bezirksvorsitzender der CDU Ruhr sagte, damals: „Planungsfragen von der Verabschiedung des Regionalplans bis zur Ausweisung neuer Flächen werden in den nächsten Jahren das bestimmende Thema zur Stärkung der Metropole Ruhr sein. Dafür benötigen wir ein enges Zusammenspiel von Städten, Landkreisen und dem Verband. SPD und CDU stellen alle Oberbürgermeister und Landräte des RVR und können dieses Zusammenspiel am besten zum Wohle des Ruhrgebiets umsetzen.“

Über Jahrzehnte hatten Politiker von SPD, CDU, Grünen und FDP dafür gekämpft, dass das Ruhrgebiet wieder die Hoheit über seine eigene Regionalplanung erhält, die ihm in den 60er Jahren genommen worden war. 2009 war es endlich soweit. Das „Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes“ übertrug dem RVR wieder die Regionalplanung. Der nutzte die jedoch die neuen Möglichkeiten, um sich bis auf die Knochen zu blamieren: Ende vergangenen Jahres musste der Regionalplan verschoben werden.  Verantwortlich dafür war Martin Tönnes (Grüne). Der hatte Aufgabe nicht im Griff. Der Debatte um das Scheitern des Regionalplans entzog er durch Krankmeldung. Es half ihm nichts. Im Dezember wurde er abgewählt, obwohl  die damalige Fraktionsvorsitzender der Grünen, Sabine von der Beck, ihm noch mit einer tränenreichen Rede beisprang.

Das Scheitern des Regionalplans zerstörte das Vertrauen zwischen CDU und SPD auf der einen und den Grünen auf der anderen Seite. Als im Juni Stefan Kuczera (Grüne) zum neuen Planungsdezernenten gewählt wurde, erhielt er nicht die Verantwortung für die Regionalplanung. Für die ist nun RVR-Chefin Carola Geiß-Netthöfel (SPD) zuständig.

Eine Blamage wie im vergangenen Jahr wollen CDU und SPD verhindern. Zu wichtig ist die Regionalplanung für den Bau neuer Wohnungen und der Ausweisung von Gewerbegebieten für die im Ruhrgebiet dringend benötigten Unternehmen, als dass man sie noch einmal einem Grünen überlassen wollte. Das Dezernat des Grünen Kuczera, es wurde von CDU und SPD kastriert.

Für die Zukunft ist man bei der Union, was die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten betrifft optimistisch. „Wir haben unsere Programme nebeneinandergelegt und kamen zu dem Schluss, dass die Übereinstimmung zwischen uns am größten ist“ sagt Roland Mitschke, der Fraktionsvorsitzende der CDU im Ruhrparlament der Welt am Sonntag. Natürlich würden Umweltthemen, der Kampf gegen den Klimawandel und der Erhalt und Ausbau der Grünflächen im Ruhrgebiet weiterhin wichtige Themen bleiben, „aber wir müssen wieder verstärkt unser Augenmerk auf die Schaffung von Arbeitsplätzen legen.“

Noch laufen die Gespräche zwischen CDU und SPD. Die neu gewählten Fraktionen werden sich erst Anfang November konstituieren, die erste Verbandsversammlung in neuer Zusammensetzung findet im Dezember statt.

Aber die Zusammenarbeit von CDU und SPD im Revier könnte Nachahmer finden. Die amtierende Koalition von CDU und FDP hat im Land nach den Umfragen schon lange keine Mehrheit mehr. Die Neuauflage einer rot-grünen Koalition in Düsseldorf liegt in noch weiterer Ferne. Schwarzgrün, das würde passen. CDU und Grüne arbeiten in vielen Städten seit Jahren zusammen. Eine Koalition wäre auch im Land keine Sensation. Doch nach Informationen dieser Zeitung loten hochrangige Vertreter von SPD und CDU zurzeit eine Alternative aus: Rot-Schwarz in Nordrhein-Westfalen. Vor allem Sozialdemokraten in den Ministerien machen Druck auf ihre Partei, eine Koalition mit der CDU nicht von vorneherein auszuschließen.

Thomas Kutschaty ist der Fraktionsvorsitzende der SPD im Düsseldorfer Landtag und hat gute Aussichten, auch der nächste Parteivorsitzende der Sozialdemokraten in NRW zu werden. Auf Anfrage  machte er noch einmal deutlich, kein Anhänger großer Koalitionen zu sein. Über mögliche Koalitionen im Ruhrparlament, sagte Kutschaty, entscheide die SPD im Ruhrparlament. Für das Land habe dies keine Auswirkungen, weil es sich hier um unterschiedliche politische Ebenen handele. Aber kategorisch ausschließen wollte Kutschaty eine solche Koalition dann doch nicht: „Über Koalitionen nach der Landtagswahl entscheidet die NRWSPD im Sommer 2022. Wir treten vorher eigenständig und selbstbewusst zu den Wahlen im Bund und im Land an. Je stärker die SPD wird, desto mehr kann sie durchsetzen und desto unwichtiger ist es, wer unser Partner wird.“

Der Artikel erschien in ähnlicher Form bereits in der Welt am Sonntag

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Theo
Theo
3 Jahre zuvor
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