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Welchen Weg will Werder Bremen gehen?

Thomas Hakfe vor dem Stadion von Werder Bremen Foto: Privat

Der finanziell schwache Bundesliga Verein Werder Bremen dürfte einer der größten Verlierer der Pandemie werden. Weder konnte sich die Mannschaft richtig auf den Abstiegskampf vorbereiten, noch wird es dem Verein gegönnt sein bei Abbruch in der 1. Liga zu verbleiben, wenn es nach der DFL ginge. Und auch die Fans, die meist treu zu Trainer und Verein gestanden sind, fangen an sich große Sorgen zu machen, werden wütend oder schmeißen sogar die Flinte ins Korn.

Dazu trägt nicht nur die verheerend schlechte Spielpraxis bei, sondern auch die Kommunikation der beiden Verantwortlichen Kohfeldt und Baumann, die inmitten eines Scherbenhaufen stehen und behaupten es wäre doch gar nichts passiert und es würde schon alles gut werden. Dass sie damit alle Autorität verlieren, wenn ihre irritierenden Durchhalteparolen nicht funktionieren, scheint ihnen gar nicht klar zu sein.

Natürlich geht auch das übliche Gerede unter Fans wieder los: Trainer entlassen, die ganze Führung muss weg, der Vorstand ist ein Klüngel, der Mannschaft mal richtig in den Arsch treten, alles nur Söldner undsoweiter undsofort. Das diese Diskussionen zu nichts führen, dürften die intelligenteren unter den Empörten vermutlich selber wissen. Viel bedrückender und letztlich entscheidend ist die Frage, wie es bei Werder in Zukunft weiter gehen wird, denn der Abstieg in die 2. Liga ist so gut wie gewiß. Werder Bremen hat im Grunde nur noch zwei Optionen, nachdem die Zeit der Championsleague nicht genutzt wurde, um den Verein international und meisterschaftsambitioniert aufzustellen.

Option 1 wäre weiter machen wie bisher. Mit immer neuen und günstigen Trainern, in der Hoffnung irgendwann einen Glücksgriff zu machen, um eventuell an alte Zeiten anschließen zu können und erneut zu versuchen vorne mit dabei zu sein und es diesmal nicht zu versemmeln. Ein Weg der zum einen ungewiss ist und zum anderen zu Frustration und Streit im Verein und unter den Fans führen kann – bis der Laden auseinanderfliegt.

Option 2 wäre es die Bundesliga wie der ebenfalls finanzschwache FC Freiburg zu händeln. Das heißt keine Trainerentlassungen wegen Abstiegs, keine Stareinkäufe und eine gut aufgestellte Jugendabteilung, die in der Lage ist Talente zu finden und zu fördern, damit sie in der Lage sind in der Bundesliga zu spielen und eines Tages sogar teuer verkauft werden können. Der Trainer bzw. das Trainerteam wäre übrigens dann für den ganzen Fußballbereich im Verein zuständig und nicht nur für die Profiabteilung. Und auch ein richtiges Leistungszentrum müsste hochgezogen werden, dessen Bau Werder wegen der Coronakrise auf Eis gelegt hat.

Mein Eindruck ist, dass der SV Werder Bremen sich aber gar nicht im klaren ist, wo die Reise hingehen soll. Eine Entscheidung ist jetzt aber dringender denn je. Und wenn es eine Entscheidung bereits gibt, dann sollte dies dringendst kommuniziert werden, denn die Werderfans hätten es nicht verdient, im Unklaren gelassen zu werden und wenden sich bereits enttäuscht ab.

Es wird Zeit, dass sich Werder öffentlich bekennt, welchen Weg der Club gehen will. Das wäre für alle – Verein und Fans – ein Gewinn und würde den wankenden Traditionsverein in die Spur bringen und ihm wieder eine Identität geben, die irgendwie verloren gegangen ist. Alle hätten ein transparentes und realistisches Ziel, dass man überprüfbar Stück für Stück mitgehen und unterstützen kann. Und auch die vereinstreuen, progressiven und sympathischen Kohfeld, Baumann und Bode wären am Ende gerettet.

Thomas Hafke ist Diplom Sozialwissenschaftler und seit über 32 Jahren in der Jugendarbeit tätig. 30 Jahre davon war er im Fan-Projekt Bremen aktiv, wo er mit Jugendlichen Werderfans (Kutten, Hooligans und Ultras) arbeitete. Wobei er zwischenzeitlich in Oldenburg mit Fußballfans und in Delmenhorst mit Skinheads arbeitete. Hinzu kam die Begleitung der Fans der Deutschen Nationalmannschaft ins Ausland. Heute ist er in der Jugendwohngruppenarbeit tätig, wo er mit Risikojugendlichen betraut ist.

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