Happy Horror Halloween

Fragt sich diese Dame, wie sie auf Kindergartenkinder wirkt?
Quelle: Flickr, Foto: Shawn Perez
CC BY 2.0

Letztens in einer Halloween-Sondersendung eines Metal-Podcasts: Mehrere Musiker aus der Szene erzählen von ihren Lieblingshorrorfilmen und auch, wie sie zu ihrer Horror-Leidenschaft gekommen sind. Der erste berichtete, dass er im Alter von vier Jahren von seinen Eltern mit ins Autokino genommen wurde, wo die Eltern „Der Exorzist“ schauten und ihm befahlen, nicht hinzusehen. Der zweite sagte, dass bereits seine Mutter Horrorfan gewesen sei und mit ihm zusammen „Nightmare on Elm’s Street“ geschaut habe, als er gerade einmal drei Jahre alt war. Seitdem liebe er Horrorfilme. Bei dieser Gelegenheit fiel mir die Dokumentation „Heavy Metal auf dem Lande“ ein, wo ein ca. Einjähriger zu sehen ist, der mit einer ausgesprochen gruseligen „Eddie“-Actionfigur spielt. Und da fragt man sich doch: Kann das gut sein, für die Kinderseelen?

Für die Jüngeren hier kurz die Information, dass es bis vor Kurzem bei uns kein Halloween gab. Aber weil die Leute in den Filmen das immer feiern und um davon abzulenken, dass seit Ende August schon Spekulatius in den Regalen liegen, haben TV und Einzelhandel den neuen Feiertag eingeführt. Jetzt jährt sich also die Heiligsprechung des Horrors und auch den Kleinsten wird klargemacht, dass Zombies und Massenmörder etwas Tolles sind. Parallel dazu verbessert sich die Technik derart, dass nicht nur die Filme realistischer aussehen als jeder eigene Albtraum, sondern auch schon die Kostüme der Kinder selbst. Für die nackte Angst reicht also unter Umständen schon ein Blick in den Spiegel.

Zombie und Kinderhirn

Was macht das nun mit den jungen Gehirnen? Ist das schädlich? Ist das förderlich? Ist das egal? Die Wissenschaft zeigt jedenfalls, dass der Konsum von medialer Gewalt nicht ohne Auswirkungen bleibt. Bereits im Jahr 2009 hat die Amerikanische Gesellschaft für Pädiatrie den damaligen Forschungsstand zusammengefasst und festgestellt, dass Kinder bis zur Volljährigkeit im Schnitt 200.000 Gewaltakte gesehen haben. In Amerika haben bereits ein Drittel der 2- bis 3-Jährigen einen eigenen Fernseher im Schlafzimmer. Bei einer deutschen Studie der Medienwissenschaftlerin Maya Götz wurde auf die Frage, was ihnen im Fernsehen Angst macht, bei den acht- bis neunjährigen am Häufigsten die Serie „The Walking Dead“ genannt. FSK 18.

Der wiederholte Konsum von medialer Gewalt führt erwiesenermaßen zu einer erhöhten Akzeptanz von Gewalt als angemessenes Problemlösungsmittel. Es gibt messbare Einflüsse auf aggressives Verhalten, Mobbing, Angst, Depression, Schlafstörungen und Albträume. Die Kinderärzte betonen, dass dieser Effekt in über 2000 Studien nachgewiesen wurde und etwa so eindeutig ist wie der Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs.

Das bedeutet nicht, dass Kriegsspiele Kinder zu Amokläufern machen oder jeder, der einen Horrorfilm sieht, danach krank ist. Aber es gibt eindeutige und messbare Einflüsse auf das Verhalten und das Wohlbefinden.

Unter 8 Jahren können Kinder nur bedingt zwischen Realität und Fantasie unterscheiden. Aber auch bei Heranwachsenden hat der wiederholte Konsum von medialer Gewalt messbare Einflüsse auf die Verarbeitung im Gehirn. Die Antwort bestimmter Hirnareale, die gewalttätiges Verhalten unterdrücken, wird abgeschwächt, es kommt, umgangssprachlich gesagt, zu einer Abstumpfung.

Kontext zählt

Eine erhebliche Rolle spielt der Kontext, in der die Gewalt beobachtet wird. Das gilt für die äußeren wie die inneren Bedinungen. Es scheint nennenswerte Unterschiede zu geben, zwischen solchen Konsumenten, die sich die ganze Zeit bewusst sind, dass sie es mit einer Simulation zu tun haben und diese gewissermaßen analysieren – und solchen, die so reagieren, als wäre es Realität (selbst wenn sie rational wissen, dass es nicht so ist). Bei Kindern spielt hier die individuelle Reife eine Rolle. Menschen sind unterschiedlich resilient und stecken belastende Erfahrungen unterschiedlich gut weg. Das gilt natürlich auch für virtuelle Erfahrungen.

Interessant, aber widersprüchlich, sind die Forschungen zu der Frage, ob es eine Rolle spielt, wie realistisch die Gewalt dargestellt wird, wie sehr sie das mit ihr verbundene menschliche Leid zeigt. Einerseits gibt es Hinweise, dass Filme, in denen die wahren Konsequenzen von Krieg und Gewalt betont werden (etwa „Der Soldat James Ryan“), zu einer anderen Bewertung führen, als solche, in denen die Gewalt glorifiziert wird.
Andere Befunde hingegen sprechen dafür, dass die Abstumpfung umso stärker ist, je realistischer die Gewalt dargestellt wird. Beides klingt logisch und auch hier spielt vermutlich der Kontext eine Rolle. Wer sich eine Serie wie „Punisher“ mit kritischer Haltung anschaut und sich währenddessen Gedanken dazu macht, wie Gewaltspiralen entstehen, auf den wird es eine andere Wirkung haben, als auf den, der sich einfach über eine neue Stufe des Thrills freut und kurz darauf schon die nächste Serie verschlingt.

Grusel gleich Gewalt?

Dass es ein menschliches Bedrüfnis nach Grusel gibt, dass es eine Angstlust gibt, die seit Anbeginn der Zeit dafür sorgt, dass man sich Schauermärchen erzählt, ist unstrittig. Neu ist die massenhafte Verfügbarkeit (siehe die 200.000 Gewaltakte) und die Perfektion der Darstellung. Was in den Studien überhaupt keine Differenzierung erfährt, ist die Trennung zwischen Grusel und Gewalt. Die genannten Forschungen beziehen sich alle auf Gewaltdarstellungen. Es ist naheliegend, dass konkrete beobachtete Handlungen ganz besonders stark auf unser Gehirn wirken, dass man mittels Spiegelneuronen die Tat ein bisschen miterlebt, umso mehr, wenn es sich um interaktive Spiele handelt. (Vom Belohnungsprinzip in den Spielen ganz zu schweigen. Nochmal: Spiele machen nicht zum Killer. Aber zu glauben, sie hätten gar keine Auswirkungen ist genauso naiv.)

Darüber hinaus wird fast jede Geschichte, die mit Grusel einhergeht, die also Unheimliches, Geister, Monster, Mörder etc. thematisiert, auch Gewalt beinhalten. Entweder als potentielle Gefahr oder als Teil der Action. Methodisch ist es also schwierig, hier zu unterscheiden. Dennoch interessiert mich die Frage, was die Darstellung des Gruseligen, des Horrors, wie wir sie jetzt an Halloween vielfach zu Gesicht bekommen, mit den Kindern macht.

Was hat es für eine Bedeutung, wenn die Kleinsten perfekt geschminkte Zombies erblicken, Gerippe, Killer-Clowns? Sei es in der Fußgängerzone, im Fernsehen oder in der Werbebroschüre. Klar ist, das so ein Anblick niemals alleine dauerhafte Konsequenzen haben wird. Auch mal etwas Schreckliches zu sehen, gehört zur Reifung jedes Menschen. Aber im Gegensatz zu meiner Kindheit haben sich sowohl der Rahmen als auch die Grenzen verändert.

Damals konnte man die erschreckende, vielleicht auch reizvolle Wahrnehmung auch damit von sich fernhalten, dass sie aus der Welt der Erwachsenen stammte. Das war etwas, das man eigentlich nicht sehen sollte und das sich besser verarbeiten und verstehen lassen würde, wenn man groß wurde. Man musste sich dem nicht entziehen, sondern vielmehr entscheiden, wieviel Mühe man aufwendete, es sich entgegen der Regeln solches Material zu besorgen.

Heute hingegen (und zwar insbesondere heute, an Halloween) erscheint der ganze Gruselkult als etwas, das alle mögen sollen, sogar etwas, an dem die Kinder selbst aktiv beteiligt sind. Es ist nichts Verbotenes, es ist vielmehr ein Gebot.

Angst und Geborgenheit

In vielen Fällen wird das völlig harmlos sein und tausende von Halloweenparties deutschlandweit werden ihrem Zielpublikum angemessen sein, mit kleinen Hexen und Vampiren. Aber wenn man eine Veränderung in Drastik, Häufigkeit und Normalität des Grusels feststellt, dann muss man auch die Frage stellen, was das mit uns und unseren Kindern macht.

Es lässt sich schwer vorhersagen, was Kindern Angst macht. So wurde in einem Artikel zum Thema von einem Kind berichtet, dass Angst vor einem fahlen Gesicht hatte, dass in der harmlosesten aller Kinderserien – „Lauras Stern“ in einer Traumsequenz auftauchte. Ob es Angst macht, hängt auch davon ab, wie geborgen sich das Kind fühlt, während es die Erfahrung macht. Die einhellige Empfehlung aller Kinderärzte und Pädagogen ist, dass Eltern sich die Filme (und sonstigen Medien) mit den Kindern zusammen anschauen sollen, relativieren, trösten, erklären sollen. Umso bedenklicher der Fernseher im eigenen Schlafzimmer.

Die andere Frage ist wiederum, ab wann ein Kind überhaupt erkennen kann, dass es sich um etwas „Gruseliges“ handelt und wieviel von dieser Bewertung erlernt ist. Der Einjährige mit der Eddie-Figur sieht darin wahrscheinlich nichts anderes als irgendeine Puppe. Es scheint paradox: Einerseits lernen wir anhand unserer Sozialisation, was uns Angst machen soll (ein Totenkopf ist ja nicht per se unheimlich, wir müssen erst lernen, wofür er steht) – andererseits können wir durch diesen Prozess auch lernen, dass diese angstmachenden Dinge gar nicht so schlimm sind.

 

Vielleicht hat der Musiker, der mit seiner Mutter als Dreijähriger Freddie Krüger geschaut hat, sich dabei so geborgen und sicher gefühlt, dass es gar keinen Schaden angerichtet hat. Vielleicht ist für ihn so selbstverständlich, dass Gruselfilme nichts Reales und nichts Gefährliches sind, dass er selbst in diesem Alter keine verstörende Angst hatte und bis heute gelassen damit umgeht.
Vielleicht ist er freilich auch ein abgrundtief gestörter Psychopath geworden und hat das im Interview nur nicht zu erkennen gegeben.

 

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ke
ke
6 Jahre zuvor

Gewalt, Grusel etc gehörten doch schon immer zum Aufwachsen.
-Licht ist relativ neu. Alte Gebäude, Wälder, Moore sind in jedem Märchen
– Tiere wurden zu meiner Jugend noch zur Selbstversorgung gehalten und nicht in abgeschotteten Gebäude geschlachtet.
– Grusel in Märchen etc.
– Alleine in der Natur, Kontakt mit Tieren, die sich verteidigen können
– Geräusche sind doch auch Kern eines jeden Gruselfilms

Die Gewalt geht zurück, wir leben sicher, sterben nicht in jungen Jahren, die Alten sind im Heim.
Es ist spannend, wie sich das auf unser Verhalten auswirkt. Ich traue unserem Gehirn hier eine Menge zu, wir werden uns anpassen.

Virtual Reality ist dann eine weitere Stufe.

Nina
Nina
6 Jahre zuvor

Ich hatte als Kind eine wahnsinnige Angst vor einem gezeichnetem Bild einer Hexe in einem Märchenbuch. Ich hatte Alpträume und Schweissausbrüche, habe dann das Bild mit rechteckigen Aufklebern aus dem Hanuta (sorry, Trigger-Warnung für geröstete Haselnüsse in vollmundiger Schokolade eingelassen und zwischen zauberhaft knusprige Waffeln gesetzt, vergessen) "weggemacht".
Ich mache mal einen wahnwitzigen Vorschlag-da die Welt stets komplexer wird und Eltern im Prinzip mehr Zeit für ihre Kinder benötigen, finde ich Arbeitszeitreduzierung für Eltern bei vollem Ausgleich (seitens des Staats) angebracht.
Die Idee ist wahnwitzig, aber gut.

Helmut Junge
6 Jahre zuvor

Ja @Nina, diese Idee ist gut. Menschen mit Kindern haben es schwer und kommen seit vielen Jahren in der öffentlichen Diskussion einfach nicht vor. Blättern wir die Medien durch, ist nicht einmal jeder 100ste Satz, der Minderheiten gewidmet ist, dieser Gruppe gewidmet, obwohl auch sie bereits Minderheit sind. Mein Eindruck ist, daß es in der öffentlichen Diskussion praktisch immer um die geht, die bereits oben sind, weil diese Leute die meiste Zeit haben, sich lautstark um ihre eigenen vorgeblichen Rechte, entsprechend ihren selbstdefinierten Nachteilen zu kümmern, bzw. zu äußern.
Dabei sind Kinder, bzw. deren Ausbildung der einzige Garant für unsere Zukunft.

thomas weigle
thomas weigle
6 Jahre zuvor

@ke Aber Sie wissen schon, dass die ersten Riesenschlachthöfe nicht erst in den letzten Jahrzehnten errichtet wurden, weder in Chicago, in Berlin oder sonstwo. Es war die Eisenbahn im 19. Jahrhundert, die zum ganz schnellen Ende der reinen bzw. lokalen Selbstversorgung beitrug, denn nun konnte der texanische, ostpreußische oder wo auch immer Viehzüchter seine Tiere kostengünstig und schnell dorthin liefern, wo großer Bedarf bestand. Daran änderten auch nichts das Schwein oder die Hühner, die der Bergmann im Pott oder sonstwo im eigenen Garten oder Hof hielt.

Frau Hölle schüttelt die Cloud Bitches
Frau Hölle schüttelt die Cloud Bitches
6 Jahre zuvor

Guter Artikel …sowas habe ich im Netz vermisst…

Ich denke das schon in NRW Statistiken genug vorhanden sind an visuell Konsum Vergewaltigten Augen der Kinder und Jugend …! Schlimm fande ich mal so ne WDR HörerAnruf Mobbing Sendung wo Jurist oder so befragt wurde sammt Anrufer unter 20j…..HILFE DIE FRAU VERSUCHTE TATSÄCHLICH MIT EINEM HAUCH VON MIKRO GASLIGHTNING SCHIMMER das ganze schön im juristischen WDR Happy End der Sendung ausschauen zu lassen …
Meine Meinung …ich hab schon genug Opfer gesehen dank ALLES OFFEN WWW
, die u.a durch das offen zugängliche Internet alle Tabus mit FSK 18 SIegel aufgelöst habenden Statitik gibts auvh schon…

…Facebook hat sich mal ganz kurz gezeigt in einer Schlagzeile Facebook soll nun erst ab 16 j. erlaubt geöffnet sein….und 2012 sah ich schon ringsum her die jugendlichen FB Opfer ….inkl runtermachenden Fikalien Worte trauen sich schneller daher wenn man den nötigen Glanz EINKAUFT ….ABOS ,FOLLOWER ,LIKES ….gibts alles im ONLINE SUPERMARKT FÜR PIMP MY NARZISMUS ….M.Rönsch ehemals Anonymous Kollektiv org soll angeblich solche nebenher verhöckert haben …

Dann zu den kleinen …beobachtet einfach mal die Mimik eines Kindes beim gucken …und Gestik……sowie Hand aufs Herz legen …mein Sohn sah eine Folge mit Janosch Traumstundes Tiger &Bär …3j alt….da kam eine Fledermaus plötzl. aufs Kamera Auge fliegend zu… aus dem schönen graphisch visuell zurecht gemachten Janosch Traumstd.Wald schrie mein Sohn erschrocken und hatte richtig Angst ..und deswegen bin ich da krass gegen alles digitale der Schule zu überlassen …dann sah ich U3 Ü3amerikanische "LERNVIDEOS für ?" ..Farben Formen und Zahlen ….in einem Video ?NEIN das ganze Amerika hat da Tele Tubbis zu bieten wohingegen the original Robots Stinkiewinkie gar nix vergleichbares mehr ist ….das was ich sah ….das muss ich mal recherchieren WER DIESEN SCHEISSPAPIERHAUFEN AN IRGENTWAS SCHNIPPSELEI vermarktet …das ist ja fast wie CIA welche Musik als Waffe einsetzte vergleichbar

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