
Die Stiftung der Gedenkstätte Buchenwald/Mittelbau-Dora hat eine Handreichung. Es handelt sich um eine Abhandlung zu Codes und Symbolen, die problematisch sind, da sie von rechtsradikalen und antisemitischen Gruppen verwendet werden. Die Symbole werden erklärt und Empfehlungen zum Umgang mit ihnen werden gegeben. Nichts Ungewöhnliches, wenn man bedenkt, dass die KZ-Gedenkstätte Buchenwald immer wieder von antisemitischen und rechtsradikal motivierten Menschen politisch instrumentalisiert wird. Das ist sehr unschön und auch unpassend für eine solche Gedenkstätte, die ein Ort des Gedenkens und eine Bildungsstätte ist. Versehentlich gelangte die eigentlich interne Handreichung zur Justiz in Schleswig-Holstein. Instagram-Accounts mit großer Reichweite u.a. auch der der prominenten Deborah Feldmann (knapp 86000 Follower) teilten mit vorwürflichem Kommentar die Passagen zu der in der Handreichung enthaltenen antisemitischen Symbolik. https://www.buchenwald.de/newsroom?news=Hausinterne-Handreichung-zu-Codes-der-rechtsextremen-Szene . Daraufhin gab es einen Shitstorm und Mitarbeiter der Stiftung wurden eingeschüchtert und persönlich bedroht. Das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Jena bat nun um die Veröffentlichung ihrer Pressemitteilung zu den Vorfällen:
Solidarität mit der Gedenkstätte Buchenwald: Angriffe auf antisemitismuskritische Erinnerungsarbeit
Jena, 8. Juli 2025 – Die Gedenkstätte Buchenwald/Mittelbau-Dora steht im Zentrum von Angriffen in den Sozialen Medien, nachdem eine interne Handreichung zu rechten und antisemitischen Codes und Symbolen unautorisiert durch Dritte veröffentlicht wurde. Das Junge Forum Jena der Deutsch-Israelischen Gesellschaft zeigt sich besorgt.
Joël Ben-Yehoshua vom Jungen Forum Jena sagt dazu: „Es sind aus jeglichem Kontext gerissene Formulierungen, die gegen die Stiftung gewendet werden. Wer meint, in Buchenwald gegen Israel agitieren zu müssen, zeigt, wes Geistes Kind er oder sie ist. In anderen Zusammenhängen können manche der Forderungen, etwa die nach einem Waffenstillstand, dennoch völlig legitim sein.“
„Diese Angriffe auf die Gedenkstätte sind symptomatisch für den wachsenden Antisemitismus in der Gesamtgesellschaft, der auch den Alltag in der Gedenkstättenarbeit zunehmend belastet“, ergänzt {Marie-Luise Sittauer} vom Jungen Forum Jena. „Dass die Versuche der Gedenkstätte, mit dieser sich verschärften Situation intern einen Umgang zu finden, derart angegriffen werden, zeigt, wie weit die Radikalisierung bereits fortgeschritten ist.“
„Diese Handreichung stellt eine Reaktion auf den zunehmenden Druck durch antisemitische Akteur:innen auf die Gedenkstättenarbeit dar“, hebt Carl Julius Reim vom Jungen Forum Jena hervor. „Dass die Benennung antisemitischer Codes derart aggressive Reaktionen hervorruft, verdeutlicht: Die Gedenkstätte braucht jetzt eine breite gesellschaftliche Rückendeckung für ihr engagiertes Eintreten gegen Antisemitismus.“
Mehrere reichweitenstarke Accounts auf Instagram hatten gestern, am 07. Juli, eine Kampagne gegen die Gedenkstätte und ihre Mitarbeiter:innen gestartet. Sie bezeichneten die Mitarbeiter:innen als „Ultradeutsche“ und warfen ihnen vor, sich durch „Propagandavertrieb an dem Genozid mit deutscher Beteiligung mitschuldig“ zu machen. Zur Einschüchterung wurden auch persönliche Daten von Mitarbeiter:innen auf Social Media verbreitet. Die Kampagne gegen die Gedenkstätte hat inzwischen internationale Dimensionen erreicht. Englischsprachige Accounts verstärken die Angriffe und verbreiten die antisemitischen Narrative weltweit.
In der 57-seitigen internen Handreichung, die zur Schulung der Mitarbeiter:innen für das Erkennen problematischer Symbole entwickelt worden war, werden etwa die Wassermelone (als Code für die palästinensische Flagge), rote Hände (Verweis auf Lynchmord-Symbolik) oder rote Dreiecke (Hamas-Symbol) erklärt. Diese Zeichen werden häufig gezielt eingesetzt, um antisemitische Botschaften zu transportieren, ohne dafür strafrechtlich belangt werden zu können. Die Aufklärung über die Bezüge und Funktionsweisen dieser Symbole ist daher ein wichtiger Baustein für eine antisemitismuskritische Erinnerungsarbeit. Die Kontroverse verdeutlicht, vor welche Herausforderungen der gegenwärtige Antisemitismus die Gedenkstättenarbeit stellt.
