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Corona: Die Unverschämtheit des Olaf Scholz

Olaf Scholz Foto: Olaf Kosinsky Lizenz: CC BY-SA 3.0 de

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verteidigt die Ausgangssperren: „Wir brauchen noch einmal diese Anstrengung, damit wir einen schönen Sommer und dann wieder ein unbeschwerteres Leben haben.“ sagte Scholz der Bild am Sonntag und wandte sich dann an die Bürger, sich „in den nächsten vier bis sechs Wochen nicht die Chance kaputtzumachen, im Sommer im Biergarten zu sitzen und in den Urlaub zu fahren“.

Was Scholz damit sagt ist, dass wir, die Bürger, daran schuld sind, dass die Bundesrepublik die Corona-Pandemie noch immer nicht im Griff hat. Und das ist nichts anderes als eine Unverschämtheit, die nicht dadurch besser zu rechtfertigen ist, dass andere Politiker der Regierungsparteien im Bund und in den Ländern es ähnlich sehen werden.

Der Großteil von uns Bürgern hält sich seit über einem Jahr an alle Maßnahmen. Mal von ein paar demonstrierenden Corona-Leugnern, überfüllte Gottesdienste besuchenden Religionsfanatikern und Anhängern von Verschwörungstheorien abgesehen, finden die meisten Maßnahmen nach wie vor einen hohen Zuspruch. Den meisten von uns ist klar, dass sie sein müssen. Das Wiederum ist nicht unsere Schuld, sondern die der Regierungen und vor allem der Bundesregierung in Berlin.

Das am Anfang keine Masken da waren, war nicht schön, aber entschuldbar. Ja, es gab den berühmten Krisenreport, in dem das Robert Koch-Institut schon 2012 vor einer Pandemie warnte, aber das war nur eine von vielen in dem Papier beschriebenen Krisen. Es hätte besser laufen können, aber man sollte auch von einer Regierung keine Perfektion erwarten. Politiker und Verwaltungsbeamte sind Menschen wie wir alle und nicht eine Auswahl der Besten von uns. Das ist Demokratie und sie ist noch immer die beste Staatsform, die es gibt.

Ich hatte kein Problem mit dem ersten Lockdown. Es gab weder Medikamente noch Impfstoffe und auch keine Apps, mit denen man Daten erheben konnte, die ein kleinräumigeres, ja individuelles Handeln ermöglicht hätten. Uns blieben nur die Mittel, die schon vor Jahrhunderten bei Seuchen funktionierten: Abstand halten, irgendwas vor den Mund packen und andere Menschen meiden. Nicht schön, aber allemal besser als schwer zu erkranken und zu sterben.

Allerdings ging ich davon aus, dass die Politik nach dem Fehlstart ihre Arbeit erledigen würde: Zum Beispiel die Tests, die von der Industrie schnell entwickelt wurden, an Eingängen von Altenheimen einsetzen. Oder frühzeitig Impfstoffe besorgen. Lüftungsgeräte für die Schulen kaufen. Gute Software entwickeln lassen und dann einsetzen.

Das ist nicht passiert. Wir Bürger haben in der Pandemie einen guten Job gemacht, unsere Politiker haben versagt. Ja, es ist eine gute Idee, Impfstoffe für die ganze EU zu kaufen. Aber nur unter einer Bedingung: Es gibt so schnell ausreichend Impfstoff für die eigenen Bürger, als wenn die Bundesrepublik mit ihren finanziellen Möglichkeiten es alleine organisiert hätte.  Europäische Solidarität wurde nicht mit Effizienz und Leistung auf eine Stufe gestellt, sondern bestimmte als Wert an sich die Politik. Es fehlte an Tests, der Datenschutz wurde erneut zum Fetisch erhoben und außer die Menschen einzusperren ist der Politik bislang nicht viel eingefallen. Während Israel und Großbritannien langsam zur Normalität zurückkehren, gilt nun auch noch eine Ausgangssperre. Wenn Politiker, von denen ich weiß, dass sie wie Netanjahu und Johnson alle getan haben, um Impfstoff zu besorgen, so etwas anordnen, ist das für mich eine akzeptable Maßnahme in einer Pandemie. Wenn unsere Versager in den Regierungen das jetzt machen, ist es nicht mehr als das eigene Unvermögen mit autoritären Zwangsmaßnahmen zu kaschieren. Scholz hätte sich besser hingestellt und gesagt: „Weil wir seit über einem Jahr einen miesen Job machen, brauchen wir eine Ausgangssperre“, anstatt den Bürgern, die sich vernünftig verhalten haben, die Verantwortung zuzuschieben. Sorry, aber ich hätte Impfstoffe, Lüftungsgeräte und Tests gekauft – zu fast jedem Preis, denn man braucht keinen Nobelpreis, um zu ahnen, dass das sehr gut investiertes Geld gewesen wäre.

Aber natürlich gibt es auch eine ideologische Ebene: Wer wie ich eher liberal eingestellt ist und die Freiheit als ein hohes Gut schätzt, setzt auf Technik zur Lösung von Problemen. Das Ziel muss es sein, die Menschen so wenig wie nur irgend möglich einzuschränken. Wer eher autoritären Denkmustern anhängt, setzt auf staatliche Zwangsmaßnahmen und sieht Corona als Chance für den Einstieg in eine Gesellschaft, in welcher der Staat mehr in das Leben der Menschen eingreift. Zum Beispiel wenn es um den Klimawandel geht, der ja anstelle mit Hightech angeblich besser mit Einschränkungen in den Griff zu bekommen sein soll. Aber dazu bald mehr. Ich habe noch eine Kohlrabi zu schälen.

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Berthold Grabe
Berthold Grabe
2 Jahre zuvor

Dem ist nicht mehr hinzuzufügen….

Psychologe
Psychologe
2 Jahre zuvor

"Was Scholz damit sagt ist, dass wir, die Bürger, daran schuld sind, dass die Bundesrepublik die Corona-Pandemie noch immer nicht im Griff hat."

Ja, aber es beginnt flächendeckend schon mit der Legendenbildung. Die Schuldzuweisungen werden schon ausgetauscht und noch stärker werden sich solche Legenden verdichten, wenn die Folgeprobleme (leere Staatskassen, Arbeitslosigkeit) auf uns zurollen.
Man blättere mal in den einschlägigen Userkommentarspalten der großen Medien. Tenor: Hätten die Bürger nur Disziplin gezeigt, dann hätten wir es jetzt so schön und nett wie in Australien oder Neuseeland. Aber es wollten ja angeblich alle Party feiern.

Darauf läuft's hinaus.

Zur gleichen Zeit versucht die Politik, die Krise in gewohnten Bahnen wegzuverwalten.
Es bräuchte eine nationale Vision und Kraftanstrengung im Stile eines Apollo-Projekts, wo Dinge einfach im Sinne der großen Kraftanstrengung machbar werden, die bisher als undenkbar galten; wo Regeln von Grund auf neu gedacht und gestaltet werden, wo alte Zöpfe alte Zöpfe werden.
Derweil die Wirklichkeit in Deutschland: Ausschuss. "Nächste Woche". "Abstimmen". Europäische Lösung anstreben. Datenschutz. Diskutieren und nochmals diskutieren.
Zu keinem Zeitpunkt habe ich in der Krise das Gefühl gehabt, dass man der Sache grundlegend habhaft werden wollte. Man dachte, dass sich das schon irgendwie regeln lassen wird. Es begann schon mit der unsäglichen Formel "auf Sicht fahren". Die Ambition, die Situation gestalten zu wollen war ebenso wenig zu vernehmen wie die Orientierung am Bestmöglichen. Mich interessiert nicht, warum die EU im internationalen Vergleich "gar nicht so schlecht" dasteht. Mich interessiert, warum sie nicht führend ist. Anstatt auch mal die Ellenbogen auszufahren und für die Bürger der EU nicht nur eine gute, sondern die bestmögliche Lösung herauszuholen, verhandelte man mit Impfstoffherstellern, anstatt einfach jeden Betrag hinzulegen, der vorstellbar ist. Selbst utopische (und niemals geforderte) 1000€ pro Dosis wären nicht zu teuer gewesen.
Was macht die EU? Lässt ihre Verwalter und Juristen ans Werk, die es vermasselten und sich auch in der Vertragsgestaltung mit AstraZeneca naiv von den Briten auskontern ließen.
Die halbe Stadt brennt und die Feuerwehr verhandelt erst mit den Stadtwerken über den Wasserpreis.
Dieses unambitionierte Herumeiern und Hochjazzen des allseligmachenden Konsenses lässt mich fast vor Schmerz laut schreien. Und es spielt den Rechtspopulisten noch in die Hände.

thomas weigle
thomas weigle
2 Jahre zuvor

Bis zum letzten Sommer lief`s tatsächlich einigermaßen rund, aber dann eine Fehlentscheidung nach der anderen. Zum Knochen kotzen ist es, dass Olaf S. jetzt den Bürgern die Verantwortung für die Folgen des verantwortungslosen Handelns der Regierung zu schiebt.Völlig die Bodenhaftung verloren.

noch'n wolfgang
noch'n wolfgang
2 Jahre zuvor

Ein passender Text dazu:

"Germany contained Covid-19.
Politics brought it back."

https://www.vox.com/22352348/germany-covid-19-coronavirus-pandemic

Käthe Winkens
Käthe Winkens
2 Jahre zuvor

Wie kann Olaf Scholz sich nur anmaßen die Bürger für das versagen der Politik verantwortlich zu machen
Die meisten Menschen haben alles getan um sich nicht zu infizieren
Die Politik hat nix auf die Kette bekommen
Bei der Beschaffung von Masken hat man sich erst selbst die Taschen gefüllt,und die Impfstoff Beschaffung ist ein einziges Desaster
Und dann gibt man den Bürgern die Schuld Pfui Herr Scholz

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