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Das Lehmbruckmuseum in Duisburg am Tag vor dem Maya-Kalender Weltuntergang

Lehmbruck Museum Foto: Hans Peter Schaefer Url: http://www.reserv-a-rt.de Lizenz: GNU FDL

Ursprünglich wollte ich mir für diesen Artikel über die diesjährige Ausstellung Duisburger Künstler im Lehmbruckmuseum etwas Zeit lassen. Von unserem Gastautor Helmut Junge.

Es ist nämlich schwierig genug, über eine Ausstellung zu schreiben, für die man sich selbst beworben hatte und ausgeschieden ist. Aber diese Ausstellung hat es in sich, sowohl vom Konzept, als auch wegen der zeitgleichen Zuspitzung um die Person des Ausstellungsmachers und Museumsleiters Raimund Stecker. Dass Zuspitzungen von Ereignissen im Zusammenhang mit Personaldebatten nie zufällig sind, ist eine Lebensweisheit, an der ich festhalte, weil sie manch eine schmerzhafte Lebenserfahrung immer wieder aufgefrischt hat. Aber zunächst einmal zur Ausstellung. Noch nie habe ich so viele Menschen bei einer Ausstellungseröffnung Duisburger Künstler gesehen, wie bei der Vernissage zur Ausstellung “ 47/12-Kunst aus Duisburg“.

Von der Besucherzahl bei der Vernissage jedenfalls war diese durchaus sehenswerte und künstlerisch zukunftsweisende Ausstellung ein Riesenerfolg. Auch viele Exponate machten auf mich einen frischen, der weltweiten Entwicklung der Kunst Rechnung tragenden Eindruck. Ich kann jetzt an dieser Stelle, weil es eben diese oben genannte Zuspitzung um die Person des Museumsleiters Raimund Stecker geht, nicht auf jedes einzelne Exponat dieser Ausstellung eingehen, und möchte mich auf wenige, mir besonders in Erinnerung gebliebenen Werke beschränken. Sonderbarerweise waren es ausgerechnet drei Installationen, die mich auf angenehme  Weise angesprochen haben. Alle drei sind zudem so plaziert, dass sie von der Straße aus zu sehen sind. Es waren die Installationen, bzw. Objekte von Jochen Duckwitz, Chinmayo und Christian Wilke. Letzterer hatte unter dem Titel “ Christian, Du musst an deine Zukunft denken“ eine witzige Auseinandersetzung mit sich, seine Zukunftsplanung, bzw. seines eigenen Erwachsenwerdens geführt, und als Antwort eine Kiste entworfen, die außen mit Malerei dekoriert war, und innen mit Comiczeichnungen tapeziert, und nur mit einem Schlafsack ausgestattet war. Chinmayo, dessen Installation mir wunderbar gefallen hatte, und den ich dann befragte, was sie darstellen sollte, verwies mich auf den Titel, der neben der Skulptur hing. Ich sagte ihm dass ich mir solche Titel nie durchlese, weil ich dann oft enttäuscht bin, wenn der Titel nicht zu meiner Vorstellung paßt, denn dann ist ein Teil des Zaubers hin

Darauf erklärte er mir, dass er die Äste zu dieser Skulptur von Spalierobstbäumen aus dem Garten, den er von seinem Vater geerbt hatte, entnommen hatte und diese Skulptur daraus errichtet hat. Aus meiner Sicht ist das im Prinzip noch eine zusätzliche Ebene der Kunst, die nachdenklich machen könnte. Darf man das? Natur und Werk des Vaters zerstören, um daraus ein Kunstwerk zu gestalten? Ich denke, das darf man, aber das, was dann dabei herauskommt, sollte wenigstens gut sein. Und in diesem Fall ist es gelungen.
Mehr will ich zu den Exponaten des Ausstellung nicht sagen, und der geneigte Leser hat ja auch noch bis zum 10. Februar 2013 Gelegenheit, sich selbst ein Bild zu machen. Andere Besucher werden sicher auch zu anderen Seherlebnissen kommen als ich.

Ich habe dem Ausstellungsmacher Raimund Stecker zwei Tage später, als ich ihm zufällig begegnete, zu diesem Konzept und der großen Besucherzahl gratuliert. Mir ist nämlich klar, dass genau diese Ausstellung eine jahrzehntelange Traditionslinie von Lehmbruckausstellungen Duisburger Künstler durchbricht. Stecker hat nämlich, allein dadurch, dass das Lehmbruckmuseum sich direkt an alle Duisburger Künstler gewandt hat, damit diese ihre Werke ans Museum einreichen, mit eben dieser Tradition gebrochen.     Auch die Jurierung wurde durch eine Jury, die vom Lehmbruck Museum zusammengestellt wurde, durchgeführt.

So normal diese Vorgehensweise auch klingt, ist sie doch für Duisburg ungewöhnlich. Seit 1975 nämlich hat das Museum diese Jurierung zwei traditionellen Duisburger Künstlergruppen in deren eigener Regie überlassen. Das hat mehrfach zur Verärgerung derjenigen Duisburger Künstler geführt, die nicht Mitglied dieser Künstlergruppen waren. Es ist auch mindestens einmal zur Gründung einer Künstlerorganisationen gekommen, die sich das Ziel gesteckt hat, dieses Monopol der beiden etablierten Künstlerorganisationen zu durchbrechen. Stecker hat, obwohl er in seiner Eröffnungsrede von einer Weiterführung der langjährigen Tradition gesprochen hat, tatsächlich genau mit dieser Tradition gebrochen. Dafür hat er sich eine lebendige Kunst ins Museum geholt. Klar ist natürlich, dass diejenigen, die in den letzten beinahe 40 Jahren in diesem Museum ein Ausstellungsmonopol besaßen, jetzt verärgert sein werden. Raimund Stecker scheut offensichtlich nicht davor zurück, seine Vorstellungen von moderner Kunst in seinem Museum umzusetzen, auch wenn er dadurch Tabus durchbricht, und sich persönlichen Ärger einhandelt. Mit der Einrichtung eines Archivs hat er einen überraschenden neuen Gedanken in die Museumslandschaft gesetzt., Jeder Duisburger Künstler ist neuerdings mit einem DIN A4 Ordner, in dem Fotos seiner Arbeiten abgeheftet sind, die alle Besucher einsehen können, im Museum vertreten. Jetzt, genau in diesem zeitlichen Zusammenhang, gibt es Diskussionen um die Personalie Raimund Stecker! Wenn das mal Zufall ist.
Das Museum einer Stadt, die seit Jahrzehnten über beide Ohren verschuldet ist, hat Finanzprobleme! Wer hätte das gedacht? Irgendwie glauben Steckers Gegner, zu wissen, dass diese Finanzprobleme allein dem seit knapp drei Jahren im Amt befindlichen Museumsleiter zuzuschreiben wären. Es entzündet sich eine Diskussion, von der ich nicht weiß, wer sich daran beteiligt. Aber es gibt diese Diskussion und bereits den Ruf Stecker abzulösen. Nur, wer führt diese Diskussion?

Es gibt aber auch eine Gegenreaktion, die von Leuten organisiert wird, die sich nicht scheuen, sich mit vollem Namen zu Stecker zu bekennen. Unter dem Motto:“ ohne Stecker geht’s nicht“ stellen Sie sich auf einer für den 20. Dezember ab 18:45 Uhr geplanten Aktion demonstrativ hinter Stecker. Alle Duisburger Bürger sind dabei aufgerufen, Elektrogeräte mit abgeschnittenem Stecker als symbolische Barriere vor das Museum zu legen. Facebook-Mitglieder können bei Facebook mehr darüber erfahren. Ich bin kein Facebook-Mitglied, und unterstütze diese Aktion, indem ich hier diesen Artikel schreibe.

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Elisabeth Höller
Elisabeth Höller
11 Jahre zuvor

„Seit 1975 nämlich hat das Museum diese Jurierung zwei traditionellen Duisburger Künstlergruppen in deren eigener Regie überlassen.“ Hier muß ich doch mal Wiederspruch einlegen, die Organisation oblag der Interessengemeinschaft Duisburger Künstler, in der die 2 Künstlergruppen mit je 3 Sprechern und 3 Sprecher BBK (1) und 2 Freie nämlich (nicht gruppengebundene) Duisburger Künstler vertreten sind, ich war zu meiner Zeit als Sprecherin der „Freien“ sowohl in der Jury als auch am Ausstellungskonzept beteiligt….das müßtest du doch eigentlich wissen….sonst ein super Artikel!!!

Helmut Junge
Helmut Junge
11 Jahre zuvor

Elisabeth, ich habe, um die Sache zu verkürzen, die Zahlen addiert.
Dann ergibt sich aus 3+3 eine Mehrheit von insgesamt 9 JurorInnen.
Dazu kommt noch, dass diese IG-Ausstellungen nur alle 4 Jahre stattfinden.
Meines Wissens jedenfalls.

Rouven
11 Jahre zuvor

Ein Hinweis für die Veranstaltung am Donnerstag, mit der Duisburger Bürger/innen sich für Raimund Stecker einsetzen wollen. Bitte: Bringt keine großen Geräte wie Kühltruhen, Rasenmäher oder ähnliches mit, sondern nur Kleingeräte wie CD-Player oder Ähnliches! Wir würden uns freuen, wenn Ihr das an alle weitergebt, die mitmachen wollen. Danke!

Stefan Wehmeier
11 Jahre zuvor

„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“

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…sondern schon seit fast zwei ganzen Jahrtausenden,…

Himmel auf Erden

…und brachte die Menschheit bis an den Rand der totalen Selbstvernichtung:

Armageddon

Aber wie schon Gustave Le Bon in „Psychologie der Massen“ beschrieb,…

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