
Der Westen ist längst in einem hybriden Krieg mit Russland. Zeit, selbst aktiv zu werden.
Russische Hacker greifen die Server von Parlamenten wie dem Bundestag an, spionieren Unternehmen aus und attackieren die IT-Infrastruktur demokratischer Staaten. Putins Bots und Trolle verbreiten ihre Propaganda auf X, Facebook und Instagram. Die FAZ berichtete gestern über KI-gesteuerte Bots, die in den besetzten Gebieten der Ukraine Putins Propaganda via Telegram verbreiten:
„Russland setzt in den besetzten Gebieten der Ukraine Tausende KI-gesteuerte Telegram-Bots ein, um gezielt prorussische Narrative zu verbreiten. Die Kommentare sind auf die lokale Bevölkerung zugeschnitten, suggerieren Stabilität und Ordnung unter russischer Kontrolle – und sollen Loyalität und Dankbarkeit gegenüber der Besatzungsmacht erzeugen.“
Die Ukraine kämpft mit KI-Anwendungen online gegen die russische Propaganda, klärt mit russischen Telegram-Kanälen auf und ist mit Social-Media-Kampagnen weltweit erfolgreich. Ihre Cyber-Einheiten veröffentlichen regelmäßig personenbezogene Daten von russischen Offizieren, Deserteuren oder Kriegsverbrechern. Aber das reicht nicht – ganz davon abgesehen, dass der Westen die Ukraine auch an der digitalen Front nicht alleine lassen sollte.
Mit KI ließe sich mit überschaubarem Aufwand und unter der Nutzung von Open-Source-Large-Language-Modellen wie LLaMA 3 oder Mistral Bots erstellen, die auf Telegram, dem russischen Facebook VK oder auch YouTube und X nicht plumpe Propaganda verbreiten, sondern Fakten – und das nicht nur auf Russisch, sondern auch in den anderen Sprachen, die in Russland, dem letzten großen Kolonialreich, gesprochen werden: auf Tschetschenisch, Awarisch, Kabardinisch, Burjatisch, Tuwinisch, Baschkirisch und Tatarisch zum Beispiel. Die Menschen in ihrer eigenen Sprache darüber aufzuklären, wie viele Soldaten zum Beispiel aus Dagestan gefallen sind, wie viele in Kriegsgefangenschaft geraten sind und wie gut die russische Elite in Moskau lebt, deren Kinder nicht an der Front sterben, könnte Sinn machen. Der Ton sollte ruhig, sachlich, respektvoll – und keine plumpe West-Propaganda – sein. Die Fakten-Bots wären eine moderne BBC. Im Zweiten Weltkrieg klärte der deutschsprachige Dienst die Deutschen auf und setzte nicht auf Propaganda. Weil die Briten ganz anders kommunizierten, als die Deutschen es durch die Goebbels-Propaganda gewohnt waren, war für viele die BBC das einzig glaubwürdige Medium. Sie war bedeutend, weil sie auf Fakten statt Agitation setzte.
Solche Fakten-Bots zu programmieren und zu trainieren kostet Geld – bis zu zwei Millionen Euro im Jahr, der Einstieg wäre deutlich preiswerter. Verglichen mit den Schäden, die Putins digitale Offensive anrichtet, wäre es ein minimaler Preis für maximale Wirkung.
