Farewell, Ulli Potofski

Uli Potofski zählte zu den ganz Großen seines Fachs | Foto: wikipedia / Nicola / CC BY-SA 4.0

Es ist gerade keine gute Zeit. Nach Ozzy Osbourne und Frank Mill ist die heutige Nachricht vom Ableben von Ulli Potofski eine, die mich sehr traurig macht. Ich kann nicht sagen, dass ich ihn gut kannte – aber ich habe ihn ein paar Mal getroffen.

In den frühen 1990er Jahren habe ich oft für eine TV-Produktions Firma in Selm gearbeitet, die zuständig dafür war, die Kabelleitungen vom Stadion in den Ü-Wagen zu legen. Damals spielte Wattenscheid noch in Bundesliga 1, und zwar in den Jahren 1990 bis 1994. Bei irgendeinem verregnetem Fußball-Freitag waren wir in der Lohrheide zu Gast. Sicher, nasskalte Spiele mit Flutlicht sehen am Freitagabend in der Flimmerkiste spitzenmäßig aus – aber wenn du als Kabelhilfe gebucht bist, muss jeder Kabel-Meter im Anschluss vom Regenwasser befreit werden – und das war eine langwierige Tätigkeit mit Trockentüchern oder alten Frottee-Lappen. Du sitzt durchnässt am Einsatzwagen knietief in der schlammingen Mottke und musst alles wieder so aufrollen, bevor die Elektro-Kabel zwei Tage später anfangen zu schimmeln. Ulli Potofski war dann einer, der aus dem Ü-Wagen rauskam und fragte ob alles okay ist – ob wir mit Kaffee und Wasser versorgt sind. Schon klar: so waren längst nicht alle Sportreporter. Heribert Fassbender zeigte sich immer gerne wie ein feixender Gockel mit blutjungen Praktikantinnen. Andere Kollegen, wie Rolf Töpperwien oder Waldemar Hartmann, pflegten eine Berufshaltung, die mit Abstrichen in eine Mötley-Crüe-Biografie gepasst hätte: verhinderte Rock’n’Roller in Karohemden und Cordhosen. Aber eben keine Typen, die sich bei 12 Kubikmetern Regenwasser pro Stunde nach deinem persönlichen Wohlbefinden erkundigen.

Ulli Potofski war einer der populärsten Reporter Deutschlands – und das kam nicht von ungefähr. Seine Innen- wie Außen-Wirkung war stets geprägt von einer hohen sympathischen und menschlichen Note. Bekannt ist er vor allem für seine legendären Spielfeldrand-Interviews, in denen er bis zuletzt besondere Momente einfing. Etwa Gerald Asamoahs Tränen bei Schalkes Abstieg 2021 oder seinem Interview mit Xabi Alsonso in der letzten Spielzeit. Er warb für seinen Gelsenkirchener Stammverein und stellte gegenüber Alonso vor der Partie von Leverkusen gegen den FC Augsburg im April 2025 klar und deutlich fest, dass aktuell Schalke auch noch einen Trainer suche – wie es denn (bei allen Gerüchten um Real Madrid rum) mit seinen Zukunfstplänen aussähe? Alonso war sichtlich etwas überfordert mit dieser Frage und antwortete stammelnd „das er keine Ahnung habe“ – das nahm Ulli direkt und verbal Volley und bestätigte, dass man als Schalke-Trainer „auch keine Ahnung haben muss.“ Solche Aktionen waren pointiert, schlagfertig und charmant – aber nie verletzend. Denn Ulli Potofski beherrschte den Umgang mit Funktionären und Profis des Fußballgeschäfts einfach perfekt.

Der Sport-Moderator begann beim WDR in den 1970er-Jahren und wechselte im Jahr 1984 zu RTL. 1989 erhielt er den Bambi als beliebtester Fernsehmoderator. Er berichtete neben Sportereignissen auch über den „Domino Day“, der zwischen 1998 und 2009 jährlich beim RTL ausgestrahlt wurde. Später zog es ihn zu Sky, wo er ab 2006 die Bundesliga und weitere große Sportereignisse, wie das Tennis-Turnier in Wimbledon begleitete. Potofski verfasste zudem mehrere Kinderbücher wie „Locke bleibt am Ball“ oder „Locke stürmt los“ – es sind kindgerechte Beobachtungen für den Fußball-Nachwuchs. Auch hier dribbelt sich Potofski mit viel Wort-Witz, Charme und Elan durch schöne, runde Geschichten, als hätte er nie etwas anderes trainiert als das Schreiben von Kinderbüchern. Potofski war auf ganzer Linie gerade, warmherzig und voller Leben. Er hinterließ bei eigentlich allen Menschen, die ihn kannten, einen bleibenden Eindruck. Seine humorvolle Art, sein offenes Ohr und seine Menschlichkeit machten ihn zu einem echten Typen mit Herz und Charakter. Ich werde ihn sehr vermissen.

 

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