GG 5.3 Weltoffenheit und die BDS-Unterstützer: „Es gilt also zu differenzieren“

Hartmut Dorgerloh vor dem Humboldt Forum in Berlin Foto (Ausschnitt): Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker Lizenz: Copyright


Fast alle, die an ihrer Unterschrift unter dem Plädoyer der Initiative GG 5.3 Weltoffenheit festhalten, fordern Differenz im Umgang mit dem BDS-Umfeld und geben damit eine moralische Bankrotterklärung ab.

Rolf Rosenbrock, dem Vorsitzenden des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, geht es in seiner Antwort auf unsere Anfrage, ob er noch nach den Hamas-Massakern an seiner 2020 abgegebenen Unterschrift unter dem Plädoyer der Initiative GG 5.3 Weltoffenheit  festhält darum, „nicht jede oder jeden, der sich mit einzelnen Zielen und Statements aus dem BDS-Dunstkreis identifiziert, aus dem öffentlichen Diskurs zu eliminieren. Es gilt also zu differenzieren.“ Und Hartmut Dorgerloh, der Generalintendant des Humboldt Forums in Berlin, sieht es fast wortgleich ähnlich: „Vielmehr ging und geht es darum, nicht jede oder jeden, die sich mit einzelnen Zielen und Statements aus dem BDS-Umfeld identifizieren, prinzipiell aus dem öffentlichen Diskurs heraus zu drängen. Es gilt also zu differenzieren. Diese Haltung ist auch und gerade nach den grauenhaften und durch nichts zu rechtfertigenden Terrortaten der Hamas ab 7. Oktober 2023 richtig und nötig.“ Auch Stefanie Schüler-Springorum, die Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin, weiß ihre Antwort nur leicht zu variieren: „Das Plädoyer GG 5.3 Weltoffenheit ist nie eine Solidaritätserklärung mit der BDS-Bewegung gewesen. Vielmehr ging und geht es darum, nicht jede oder jeden, die sich mit einzelnen Zielen und Statements aus dem BDS-Umfeld identifizieren, prinzipiell aus dem öffentlichen Diskurs zu drängen. Diese Haltung ist auch und gerade nach den durch nichts zu rechtfertigenden Terrortaten der Hamas ab 7. Oktober 2023 richtig und nötig.“

Gerade einmal Michael Grosse, der Generalintendant und Geschäftsführer des Theaters Krefeld und Mönchengladbach, und Barbara Mundel, die Intendantin der Münchner Kammerspiele, zogen ihre Unterschrift zurück. Grosse schrieb diesem Blog: „Durch den Terrorangriff der Hamas jedoch sind sämtliche Positionierungen, die auch nur die Nähe einer Relativierung der Schuldfrage und der daraus erwachsenden Verantwortlichkeiten im Entferntesten assoziieren oder sich dafür missbrauchen lassen könnten, aus meiner Sicht absolut inakzeptabel.“ Mundel erklärt, warum sich ihre Haltung seit 2020 geändert hat: „Was mir aber in den darauffolgenden Jahren unter anderem durch die Kritik des Zentralrats der Juden deutlich geworden ist, ist die Dimension des Antisemitismus, den die BDS international verbreitet.“

Zu dem Terror der Hamas fand die BDS-Kampagne, deren Ziel die Vernichtung Israels durch Boykottmaßnahmen ist, keine Worte. Schuld an allem ist Israel.

Und die Unterstützer dieser Position sollen angesichts von 1400 abgeschlachteten Israelis und Hunderten entführter Kinder, Männer, Frauen und Alten weiterhin Teil des öffentlichen Diskurses sein? Welches Ergebnis erwartet man, wenn man ihre Solidarität mit der BDS-Kampagne, die eng mit der Hamas verbunden ist, die den Tod aller Juden weltweit will, differenziert betrachtet? Glaubt man, ein Argument zu finden, das akzeptabel ist? Eine kluge Idee hinter der Solidarität mit Judenschlächtern, die alles in einem milderen Licht erscheinen lässt? Und wieso ist diese das Festhalten an Dialog und Differenz durch „den grauenhaften und durch nichts zu rechtfertigenden Terrortaten der Hamas ab 7. Oktober 2023 richtig und nötig.“? Das alles erinnert an die von dem Schweizer Publizisten Armin Mohler nach dem Krieg erfundene “Konservative Revolution“, mit der er versuchte, einen großen Teil der nationalsozialistischen Intellektuellen von der Mitverantwortung an den Verbrechen der Nazis reinzuwaschen. Das Ziel war damals wie heute die eigenen Karrieren und die des persönlichen Anhangs nicht durch tote Juden beschädigen zu lassen. Die Kulturfunktionäre sehen sich als Teil einer gemeinsamen Bewegung mit ihren „Allies“ aus dem globalen Süden. Man hat große Teile des postmodernen Ideologienbündels übernommen, lehnt bis auf sein Geld den Westen ab und gefällt sich in der Pose des rebellischen Intellektuellen, dessen Mut allerdings nicht dazu reicht, die Sicherheit des öffentlichen Dienstes zu verlassen.  Man blickt auf eine moralische Bankrotterklärung.

Mehr zu dem Thema:

Nach den Hamas-Massakern in Israel ziehen zwei Intendanten ihre Unterschriften unter dem Plädoyer der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ zurück

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Guido
Guido
8 Monate zuvor

Natürlich muss man differenzieren, es gab ja auch gute Nazis, nicht wahr? Und die Autobahn… Nur dass die Uno 1948 Israel anerkannt hat, dass war schlecht.

Oder verwechsel ich gerade Haltung mit Rückgrat?

Aimee
Aimee
8 Monate zuvor

„…nicht jede oder jeden, der sich mit einzelnen Zielen und Statements aus dem BDS-Dunstkreis identifiziert, aus dem öffentlichen Diskurs zu eliminieren….“

„Eliminieren“ wie passend die Formulierung von Rolf Rosenbrock, dem Vorsitzenden des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Anbetracht von etlichen enthauptetet und vorher vergewaltigten Opfern wie z.B. Shani Louk.

Man sollte dem „guten“ Mann verpflichten sich die Aufnahmen der Bodycams der Hamasmssenmörder anzuschauen.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
8 Monate zuvor

Das Verhältnis von Kunstschaffenden zur Macht war historisch gesehen in den allermeisten Fällen eins von Stricher zu Freier.
Ginge man von einer Kontinuität bei der Entwicklung des politischen Bewusstseins der Kunstschaffenden bis heute aus, wäre heute auch die Frage nach den braunen Freiern zu stellen.

Der hier dokumentierte Wunsch der BDS-Jünger die eigene Position doch bitte bis ins letzte ausdiffenrenziert zu betrachten, während Gegenpositionen gerne als „rechts“ simplifiziert werden, deutet auf eine politische Vernunft der Bereffenden hin, die nicht über das Denken von z.B. Fußballfans bezüglich des eigenen Vereins im Vergleich zu „den anderen“ oder die Heilserwartungen von religiösen Hinterwäldlern hinausreicht.
In den USA gibt es Rednecks, die an Echsenmenschen glauben, bei uns haben wir Intellektuelle, die denken, die Hamas wären Freiheitskämpfer. Die Diktion ist erkennbar eine Andere, die Reife des politischen Gedankens hingegen ähnlich.
Nichts ist schlimmer als die Weltanschauung derer, die die Welt nicht angeschaut haben, kennt man. Man könnte nun meinen, dieses vernetzte Volk hätte geschaut. Haben sie auch, aber leider sehen sie nur, was sie sehen wollen. Wir erinnern uns, Gegenpositionen sind rechts und damit indiskutabel. Stellt man sich somit die politisch relevante Kunst der BDS-Jünger als Bekenntnis solcher Hinterwäldler vor, kommt man einem tauglichen Therapiemodell wohl recht nahe, als da wäre Rationen kürzen und mit Widersprüchen konfrontieren.

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