
Queers for Palestine gelten als eine der absurdesten antisemitischen Gruppen der Gegenwart. Moritz Pieczewski-Freimuth vom Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam zeigt in einem Arbeitspapier die Verantwortung der Gender- und Queer-Studies für das Entstehen der „Regenbogenfahnen schwenkenden Israelhasser“ auf.
„Queers for Palestine ist wie Chicken für Kentucky Fried Chicken“ ist der gängigste, allerdings auch treffendste Witz, der über die antisemitische Gruppe kursiert, die immer wieder für Schlagzeilen, Videos und Bilder sorgt, die jeden Betrachter mit einem halbwegs funktionierenden Gehirn sprachlos werden lassen: grell geschminkte dicke Männer in Netzstrümpfen, die sich unter „Free Palestine“-Rufen ihr Kleid vom Leib reißen, ein Mann in Strapsen auf hohen Hacken mit Kufya, dem palästinensischen Hasslappen, um den Hals oder eine Problemponyträgerin, die stolz das Schild „Queer As In Free Palestine“ hochhält. Sie alle eint, dass die Hamas sie im besten Fall in Gaza im Knast verschwinden lassen würde. Läuft es nicht so gut, würden sie einfach von einem Dach geworfen. Und im Westjordanland, wo die angeblich moderate Fatah regiert, sähe es nicht viel besser aus.
Moritz Pieczewski-Freimuth vom Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam in Frankfurt hat sich in einem 42 Seiten langen Arbeitspapier, das kostenlos als PDF heruntergeladen werden kann, mit den ideologischen Hintergründen dieser Szene beschäftigt, die spätestens nach den Massakern der Hamas und ihrer Verbündeten in Israel am 7. Oktober 2023 für viel Aufmerksamkeit sorgten und in fast allen westlichen Großstädten und Universitäten fester Bestandteil antisemitischer Aufmärsche und Ausschreitungen sind.
Eine der wichtigsten theoretischen Grundlagen hat die postmoderne Theoretikern Judith Butler gelegt, die an der Universität Berkeley in Kalifornien, an der sie auch lehrt, die Hamas zur linken Befreiungsbewegung erklärt hat. Die Ikone der Queer-Theorie, die bekannt wurde, weil sie in ihrem Buch Gender Trouble behauptete, Geschlecht habe nichts mit Biologie zu tun, sondern sei nur ein soziales Konstrukt, zeigte nach dem 7. Oktober Verständnis für die Terroristen, schreibt Pieczewski-Freimuth: „Zwar distanzierte sie sich Ende Oktober 2023 öffentlich von der Gewalt der Hamas, bezeichnete die Gruppe zugleich jedoch als notwendige Reaktion und legitime Form des ‚Widerstands‘ gegen die vermeintlich systemische Gewalt. Das Hamas-Massaker biete Anlass, ‚die Geschichte der Palästinenser und ihr Streben nach Freiheit und dem Recht auf politische Selbstbestimmung, nach Befreiung von kolonialer Herrschaft und durchdringender militärischer Gewalt‘ ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.“
Damit war der Ton gesetzt: Auch wenn die Terroristen Frauen vergewaltigten und verstümmelten und Homosexuelle und Queers bis aufs Blut hassen – am Ende sind sie doch vor allem Opfer. Denn Israel hat für Butler, die selbst Jüdin ist, kein Existenzrecht: Gerechtigkeit, schreibt Pieczewski-Freimuth, sei für Butler nur durch ein „Ende des politischen Zionismus“ möglich, der „den Staat Israel beharrlich auf Prinzipien jüdischer Souveränität gründet“. Sie kritisiere den „jüdischen Exzeptionalismus“, der Israel als Rückzugsort für Juden rechtfertige. „Eine ‚jüdische Nation auf der Basis jüdischer Souveränität‘ bedeute, dass ‚die Palästinenser auf Dauer in der Minderheit gehalten werden sollen‘, jüdische Selbstbestimmung gründe somit auf ‚Strategien des dauerhaften Ausschlusses und zur dauerhaften Beschränkung der Bewegungsfreiheit‘.“
Das Israel das einzige Land ist, in dem Queers frei leben können, interessiert weder Butler noch ihre Fans: Für die ist Israels Liberalismus nichts anderes als „Pinkwashing“, dass von der „Besatzung“ ablenken soll.
Damit positioniere sich Butler nicht bloß als Kritikerin der sogenannten Besatzung, sondern als entschiedene Gegnerin des Zionismus. Kein Wort verliert sie über die Ablehnung der Zwei-Staaten-Lösung durch die Arabische Liga, den Angriffskrieg von 1948 oder über die Bürgerrechte für Palästinenser und Muslime in Israel. Wehrhaftigkeit sei für sie Maskulinismus, also nichts anderes als toxische Männlichkeit. Und die ist natürlich – wie wir es in den vergangenen Jahren in zahlreichen Artikeln lesen und uns vor allem im öffentlich-rechtlichen Rundfunk anhören konnten – böse.
Aber wieso setzen sich Menschen für radikale Muslime ein, die sie verachten und am liebsten umbringen würden? Weil er als eine Art Nebenwiderspruch gesehen wird: „Aus Sorge vor kolonialer oder rassistischer Vereinnahmung feministischer Kritik schlägt die Politikwissenschaftlerin Nicola Pratt, die sich mit den ‚Intersections between the Politics of the Middle East and feminist international relations theory‘ beschäftigt, vor, westliche Feministinnen sollten beim Sprechen über orientalische Verhältnisse ein ‚strategisches Schweigen‘ zu Frauenrechten wahren, um nicht als Handlanger des ‚war on terror‘ oder ‚rassifizierender Diskurse‘ zu erscheinen. Stattdessen sollten sie sich auf die Kritik an ‚Militarisierung‘ oder ‚Neoliberalismus‘ konzentrieren.“
Selbiges gilt natürlich auch für die LGBTQ-und-noch-ein-paar-Buchstaben-von-denen-niemand-weiß-was-sie-bedeuten-Szene: Die Hamas mag unter dem Banner des Islams Juden ermorden, Frauen vergewaltigen, Kinder abschlachten und Queers am liebsten an ein Motorrad gebunden zu Tode schleifen – aber immerhin sind sie gegen den Westen, der ist bekanntermaßen für so Grauenhaftes wie die Demokratie, die Meinungsfreiheit, den Kapitalismus, den Feminismus und die Emanzipation von Schwulen und Lesben verantwortlich. Und dieser Hass auf Juden und den Westen, zu dem Israel zählt, rechtfertigt jedes Verbrechen und die dazu gehörende postmoderne Theorie liefert den Überbau, um den eigenen Antisemitismus auszuleben. Gehört man doch zu den Guten.
Die Folgen konnte man in diesem Sommer auch auf den Straßen Deutschland sehen. Der Juni gilt hier wie in vielen westlichen Ländern als Pride Month – eine Zeit, in der die LGBTQ-Community Sichtbarkeit erlangt und für Gleichberechtigung demonstriert. In Deutschland war der Pride 2025 jedoch nicht nur von bunten Paraden geprägt, sondern auch von politischen Spannungen, insbesondere rund um den Nahostkonflikt. Beim Christopher Street Day (CSD) in Leipzig sorgten mehrere Vorfälle für Diskussionen. Auf Transparenten wurde zum Boykott Israels aufgerufen, während pro-israelische LGBTQ-Aktivisten mit Parolen wie „We support genocide“ und Pfeilgrafiken diffamiert wurden. Entlang der Demoroute fanden sich zahlreiche „Queers 4 Palestine“-Graffitis. Parallel dazu organisierte die Gruppe Handala, die als Hamas-nah gilt, eine Demonstration, bei der die Sicherheit queerer Araber in Israel infrage gestellt wurde. Ein Teilnehmer trug ein Shirt mit dem Logo der Qassam-Brigaden, dem bewaffneten Flügel der Hamas.
Die Initiative Students for Palestine Leipzig kritisierte den offiziellen CSD scharf: Ein Pride ohne Thematisierung der Situation queerer Palästinenser sei unvollständig. Sie warfen der Veranstaltung vor, durch deutsche Steuergelder indirekt die Bombardierung von Gaza zu unterstützen. Während diese Kritik lautstark geäußert wurde, blieb die queerfeindliche Realität in Gaza unerwähnt. In ihren Social-Media-Beiträgenbezeichneten Aktivisten Israel als „patriarchalen Todbringer“. Auch in Köln, beim bedeutendsten CSD Deutschlands, setzte sich die politische Kontroverse fort. Israelflaggen waren nicht erlaubt, während palästinensische Symbole wie Tücher, Fahnen und ein Schild mit der Aufschrift „No Pride in Genocide – Free Palestine“ unbehelligt gezeigt werden durften.

Vielleicht wird die mörderische Gesinnung der Islamisten auch ganz einfach „im PAL-Feld (Problem anderer Leute-Feld; Terry Pratchett) verortet, während „Free Palestine“ eine Selbstinzenierung als Bürgerschreck erlaubt. Das ganze Getue ist dann eine narzistische Show, die übrigen, tatsächlich betroffenen Personen sch… egal und aus die Maus.
Was wenn wir einfach selbstverliebte, ignorante Drecksäcke, die dummes Zeug faseln, sehen?
Das PAL-Feld hat natürlich Douglas Adams formuliert und nicht Pratchett.
Sorry.
„im PAL-Feld (Problem anderer Leute-Feld; Terry Pratchett) “
Douglas Addams (3ter Band der fünbändigen Per Anhalter durch die Galaxis-Trilogie) nicht Terry Pratchett – ansonsten volle Zustimmung und ja, die beiden darf man schonmal durcheinanderbringen denke ich.
Lektüre Empfehlung: Deborah Benjamin Kaufmann, Queers for Palestine – Ein Versuch, ein Paradoxon zu begreifen, in: Zwischenwelt, Heft 4, Wien, Oktober 2024