Wann kommt die Liebe zurück?

Egal ob Covid, Klima, Gender oder Migration. Die Themen um den polarisierten wuterfüllten Kulturkampf sind austauschbar. Zwei Lager, man ist entweder dafür oder dagegen. Gut oder Böse. Die Grautöne gehen im lauten Geschrei unter, werden wenig gehört.

Der Kampf tobt in erster Linie in sozialen Medien, wo die Distanz und Anonymität erst umgebremst offene Aggressionsergüsse durch die Senkung einer Hemmschwelle begünstigen. Twitter ist kein exaktes Spiegelbild des realen Zwischenmenschlichen, aber gleichzeitig schon ein gewisses Abbild. Denn es sind Menschen, die auf Twitter agieren. Wenn auch vor allem gerade diejenigen, die politisch interessiert und motiviert sind. In diesem Sinne keine Repräsentation von allen.

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Cartoons ohne Bilder #116


Eine kahle Geröllhalde, darauf nur ein paar verrostete Stahlträger, die traurig in den Himmel ragen. Am Rand ein großes Baustellenschild: „Hier entsteht ein Park – mit Abenteuerspielplatz, Naherholungsgebiet, Badesee, Blumenschau“, eine Zeichnung des Parks inklusive.

Im Vordergrund eine Gruppe wütender, protestierender Menschen. Sie halten Schilder hoch: „Kein Park auf unserer Geröllhalde“, „Naherholung – Nein, Danke!“, „Bürgerinitiative gegen die Parkpläne“, „Unsere Geröllhalde – unsere Entscheidung!“

Waltrop: Eine Stadt vergammelt – ‚Ich hatte schwer den Eindruck, dass der Termin dazu diente mal Dampf abzulassen…‘

Michael Kamps, 'Die Linke' Waltrop Foto: privat
Michael Kamps, ‚DIE LINKE‘ Waltrop Foto: privat

Bereits einige Male haben wir uns hier bei den Ruhrbaronen damit beschäftigt, dass viele Städte im Ruhrgebiet derzeit einem dramatischen Abschwung in Sachen ‚Sauberkeit‘ und ‚Pflege der Infrastruktur‘ unterliegen.

Auch ich habe mich hier bei mir am Wohnort schon häufiger zu diesem Thema geäußert, den offenkundigen Niedergang bei der Stadtverwaltung kritisiert und in Leserbriefen an die örtliche Lokalzeitung thematisiert, mich darin u.a. über die scheinbare Gleichgültigkeit bei weiten Teilen der Stadtverwaltung und auch in der Bevölkerung gewundert und auch geärgert.

Inzwischen kommt jedoch scheinbar endlich etwas Bewegung in die Sache. Für immer mehr Bürger ist inzwischen scheinbar ein Zustand erreicht, welcher so nicht länger stillschweigend zu akzeptieren ist. Ich finde das gut. Endlich entsteht mal so etwas wie eine öffentliche Diskussion über den Niedergang der Städte in der Region, denn auch aus Nachbarstädten liest man Ähnliches.

Hier in Waltrop fand nun, nachdem in den letzten Wochen vermehrt öffentlicher Druck auf die Stadtverwaltung aufgebaut wurde, auf Einladung von Bürgermeisterin Anne Heck-Guthe ein ‚Runder Tisch‘ zu dem Thema im Rathaus statt.

Aus diesem Anlass habe ich mich einmal für die Ruhrbarone mit Michael Kamps von der Partei ‚DIE LINKE‘ hier in Waltrop über seine Eindrücke zu dem Thema und zum ‚Runden Tisch‘ im Waltroper Rathaus unterhalten.

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Wir sind Wort des Jahres!

Heute war es wieder so weit: die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) hat das Wort des Jahres bekannt gegeben – beziehungsweise „gewählt“, wie es in den Agenturmeldungen heißt. Lassen Sie sich bitte nicht dadurch irritieren, dass hin und wieder, z.B. in der ARD-Tagesschau, von der deutschen Gesellschaft für Sprache die Rede ist! Das ist natürlich Unfug. Erstens, weil wir noch nicht so weit sind, dass die deutsche Gesellschaft befugt wäre, über die Sprache – welche auch immer – ein allgemein anerkanntes Urteil abgeben zu dürfen. Und zweitens, weil es dann mit der Abkürzung irgendwie nicht hinkäme: GfdS.

Nun ist nicht nur bei der ARD, sondern allerorten ist zu lesen, „Wutbürger“ stehe für die Empörung in der Bevölkerung, „dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden“. Wie kann aber nur ein Bürger, der ja immerhin ein Mensch ist, auch dann doch, wenn er zum Wutbürger mutiert sein sollte, stehen für eine Empörung, die doch für einen Gemütszustand steht, mithin für eine Sache? Sollte hier etwa die Gesellschaft für deutsche Sprache einen Menschen (oder gar mehrere) mit einer Sache (oder Sachen) verglichen haben? Dann wäre ich aber wirklich wütend.

Sehen wir uns also die entsprechende Pressemitteilung der GfdS an, um den Sachverhalt zu klären. Darin heißt es: „Als Wort des Jahres wurde Wutbürger gewählt. Diese Neubildung wurde von zahlreichen Zeitungen und Fernsehsendern verwendet, um einer Empörung in der Bevölkerung darüber Ausdruck zu geben, dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden.“ Aha. Es sind also die Zeitungen und Fernsehsender, die die deutsche Sprache dazu missbrauchen, einer Empörung in der Bevölkerung Ausdruck zu geben („verleihen“ fände ich hier auch angemessener), indem sie diese Gebung Bürger – und sei es „Wutbürger“ – nennen.

Nun gut, da kann die GfdS nichts für. Aber leider – oh ja, leider, leider, leider – ist die Pressemitteilung an dieser Stelle noch nicht zu Ende. Oder heißt es „am Ende“? Egal, Originalton der Gesellschaft für deutsche Sprache: „Das Wort dokumentiert ein großes Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, …“ Au Backe! Das Wort „dokumentiert“. Auch schon klasse: schreibe ich „Text“, dokumentiere ich damit eine systematische Ansammlung von Worten, die einen Sachverhalt darlegen sollen. Schreibe ich „Tisch“, dokumentiere ich damit ein Möbelstück, das den Menschen zum Abstellen von z.B. Speisen, Fernbedienungen etc. dienen möge. Schreibe ich „Wutbürger“, dokumentiere ich also ein Bedürfnis, und zwar ein großes Bedürfnis.

Das Wort – wir erinnern uns: „Wutbürger“ – dokumentiert nämlich ein großes Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger. Vermutlich der Wutbürger, sorry: der Wutbürgerinnen und Wutbürger. Deutsche Sprache, schwere Sprache. Wobei mir einfällt: wir haben einen Anspruch darauf, verlangen zu können, dass die deutsche Sprache beherrscht wird. Zumindest einigermaßen. Zumindest von der Gesellschaft für deutsche Sprache. Aber dies könnte jetzt vom Thema wegführen. Und das wollen wir nicht, obgleich dies freilich in der Wut passieren kann.

Jedenfalls wollen wir, die Wutbürger, über unsere „Wahlentscheidung hinaus ein Mitspracherecht bei gesellschaftlich und politisch relevanten Projekten“ haben, wie die GfdS ganz richtig feststellt. Dass ein Bahnhof ein politisch relevantes Projekt ist, steht außer Frage. Aber ist es auch die Wahl zum Wort des Jahres? Und wenn sie es ist, stellt sich dann nicht die Frage: Wer gibt der Empörung in der Bevölkerung darüber Ausdruck, dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden? Und: wer ist eigentlich „der Kopf“ (Singular!) der Bevölkerung? Liebe Brüder und Schwestern! Lasset uns bei der Beantwortung dieser Fragen nicht auf die Expertinnen und Experten vertrauen! Lasset uns selbst eine Gesellschaft für deutsche Sprache bilden! Wutbürgerinnen und Wutbürger aller deutschen Länder, vereinigt Euch! Deutsche Sprachvielfalt statt von oben diktiertem Einheitssprech. Beginnen wir in Stuttgart: wir können Alles, verstehen aber nur Bahnhof.

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