
Am Mittwoch die Nachricht, die in der Punk- und DIY-Szene für einen echten Dämpfer sorgt: Das traditionsreiche Back-To-Future-Festival in Glaubitz wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Ein Gastbeitrag – der Autor schreibt anonym, aus Sorge vor Gewalt und Anfeindungen, wie sie inzwischen leider auch in der linken Szene keine Ausnahme mehr sind.
Die offizielle Begründung liest sich diplomatisch: gestiegene Kosten, mangelnder Vorverkauf, schwierige Rahmenbedingungen.
Doch wer genauer hinsieht – und sich an die letzten Jahre erinnert –, erkennt schnell: Das Problem ist nicht allein wirtschaftlicher Natur. Es ist kulturell. Und es ist hausgemacht. Denn was einst als linkes, offenes, aber unaufgeregtes Punkfestival begann, wurde in den letzten Jahren zunehmend zu einem Schauplatz identitätspolitischer Grabenkämpfe.
Die sogenannte Wokeness, die sich seit etwa drei bis vier Jahren auf dem Festival breitmachte, hat dabei nicht nur das Programm, sondern vor allem die Atmosphäre verändert. Wo früher ein breites Spektrum linker Subkultur gemeinsam feierte, dominierte zuletzt ein zunehmend autoritärer Ton. Wer nicht auf Linie war, war draußen – oder wurde öffentlich angezählt.
Dass linke Räume sich gegen Diskriminierung stellen, ist selbstverständlich. Doch es ist ein Unterschied, ob man klare Grenzen gegen Nazis zieht – oder ob man eigene Leute in moralischen Prüfverfahren zermürbt. In Glaubitz wurde in den letzten Jahren nicht nur gefeiert, sondern auch sanktioniert, aussortiert und gecancelt. Der Fokus verlagerte sich: Statt Musik und Miteinander standen Debatten über Pronomen, Awareness-Teams und Twitter-Drama im Vordergrund.
Das schreckt ab – nicht nur die „alten weißen Männer“, sondern auch viele junge Menschen, die einfach Bock auf Punk haben. Dass ein bestimmtes Magazin aus dem Ruhrgebiet in dieser Entwicklung eine zentrale Rolle spielte, ist in Szenekreisen kein Geheimnis. Jahr für Jahr wurde es zum inoffiziellen Sprachrohr jener Fraktion, die Diversität mit Dogma verwechselt.
Natürlich stand dort nie „Back To Future soll sterben“, aber zwischen Zeilen und Zwischenrufen wurde genau diese Richtung befördert: mehr Ausschluss, mehr Kontrolle, weniger Leichtigkeit. Was einst ein linker Sehnsuchtsort war, ist so zur Bühne für moralische Selbstvergewisserung verkommen.
Die daraus resultierende Spaltung war auf dem Gelände spürbar: weniger Besucher, mehr Misstrauen, weniger Feier – mehr Formalismus. Dass das irgendwann wirtschaftlich kippt, war absehbar. Dass es so schnell geht, überrascht trotzdem.
Die Absage des Festivals ist ein Einschnitt – nicht nur für Punkfans, sondern auch für die linke Subkultur insgesamt. Es stellt sich die Frage: Wie viel politische Reinheit verträgt eine Szene, bevor sie sich selbst entleibt? Und was ist eigentlich aus dem einstigen Versprechen geworden, ein Gegenentwurf zur autoritären Mehrheitsgesellschaft zu sein – nicht deren Spiegelbild in links?
Vielleicht ist die Absage des Back To Future eine Chance. Eine Chance zur Reflexion. Eine Chance, sich zu erinnern, warum viele von uns einst Teil dieser Szene geworden sind: nicht wegen perfekter Begrifflichkeiten, sondern wegen unperfekter Menschen, Musik, Haltung – und Gemeinschaft.
Es bleibt zu hoffen, dass aus dem Scherbenhaufen kein Mausoleum, sondern ein Neubeginn entsteht. Einer, der sich wieder mehr auf das Wesentliche konzentriert: Punk, Politik – aber ohne Prügelknaben und Sprachpolizei.
Der Name des Autors ist der Redaktion bekannt