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Der letzte Strohhalm – Wie die Anti-Plastik-Politik alles nur verschlimmert

Photo by Danielle MacInnes on Unsplash

Das Verbot von Plastiktrinkhalmen, die Besteuerung von Plastiktüten oder das Phänomen des Verbots von Styropor in Großstädten: Ein Teil des politischen Spektrums ist besessen davon, die Welt komplett von Kunststoff zu befreien. Diese Maßnahmen werfen jedoch die Frage auf, ob sie ihre Ziele tatsächlich erreichen und welche unbeabsichtigten Folgen der anti-Plastik Wahn hat. Von unserem Gastautor Bill Wirtz

Mehr als 100 Städte in den USA haben die Verwendung von expandiertem Polystyrol (EPS) – allgemein bekannt als Styropor – stark eingeschränkt oder ganz verboten. Auf diesem Gebiet sind die Vereinigten Staaten Europa voraus (im negativen Sinne): In der neuen Plastikstrategie die von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wird, ist ein Styropor-Verbot zwar nicht enthalten, doch der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments will die letzteres durch Zusatzartikel hinzufügen.

Dem Kunststoffprodukt wird vorgeworfen, dass es schlecht für die Umwelt sei und ein erhebliches Verschmutzungsproblem mit sich bringt. Obwohl EPS ein recycelbares Produkt ist, haben sich einige seiner Versionen als sehr schwierig zu recyceln erwiesen. Städte wie Seattle, Washington D.C., Portland, Minneapolis oder San Francisco haben jedoch allgemeine Verbote für EPS-Produkte erlassen, was sowohl für Produzenten, Einzelhändler als auch für Verbraucher Folgen hat.

US Studien ergaben, dass das Styroporverbot in New York die Kosten für Unternehmen erhöhen würde: Für jeden Dollar, der bisher für EPS-Container ausgegeben wird, müssen 1,94 Dollar für alternative Materialien ausgegeben werden.

Solche Preiserhöhungen wirken sich auf die Verbraucherpreise aus.Die gleichen Auswirkungen gelten für den Einzelhandel.

Basierend auf von Keybridge Research berechneten Multiplikatoren könnten die direkten und indirekten Auswirkungen des Verbots der EPS-Produktion in New York City 2.000 Arbeitsplätze und 400 Millionen Dollar an wirtschaftlicher Aktivität beseitigen.

In Kalifornien würde ein Verbot von EPS die Gesamtproduktion um schätzungsweise 1,4 Milliarden Dollar verringern und die jährlichen Verbraucherausgaben für Einwegprodukte um rund 376 Millionen Dollar erhöhen. Allzu oft werden die Lebensmittelverkäufer jetzt von den Städten ermutigt, von den Kunden “Take-away”-Gebühren zu verlangen, um den Transport von Lebensmitteln in Styroporbehältern zu verhindern.

Nun könnten einige Leute behaupten, dass sie sich nicht für die verlorenen Arbeitsplätze und die gestiegenen Verbraucherpreise interessieren, denn letztendlich werden diese Verbote gut für die Umwelt sein. Auch hier sind die Beweise nicht vorhanden. Wenn wir EPS mit Papierbechern vergleichen, stellen wir fest, dass Papier mehr Erdöl, mehr Dampf, mehr Strom, mehr Kühlwasser, mehr Abwasser und mehr Masse zur Deponierung verbraucht.

Die Recyclingmöglichkeiten von Styropor gibt es: Es wird zerkleinert, um als Deckendämmung wiederverwendet zu werden, oder es kann eingeschmolzen und zu Pellets verarbeitet werden, um härtere Kunststoffartikel wie Spielzeug oder Holzimitate herzustellen.

Die Diskussion ist bei Plastiktüten ist nicht besser

Im Januar kündigte die britische Regierung ihre Absicht an, ihre Plastiktüten-Steuer auf alle Geschäfte auszudehnen. Die Idee, den Einzelhandel vollständig von Einweg-Plastiktüten zu befreien, ist auf breiter Front beliebt und wird bereits an mehreren Orten in den Vereinigten Staaten umgesetzt.

Und doch finden wir bei genauerer Analyse Belege dafür, dass solche Beschränkungen tatsächlich die Wirtschaft belasten: 2011 veröffentlichte die britische Umweltbehörde eine Ökobilanz von Supermarkt-Tragetaschen. Ziel ist es, sowohl die Umweltauswirkungen der verschiedenen verwendeten Tragetaschen als auch deren Wiederverwendungspraxis zu ermitteln. Die Forscher untersuchten dann, wie oft ein Beutel wiederverwendet werden müsste, um die gleichen Umweltauswirkungen zu erzielen wie der herkömmliche HDPE-Beutel (High-Density Polyethylene), an den Menschen gewöhnt sind. Sie kommen zu folgendem Schluss:

„In runden Zahlen sind das: Papiertüte – 4 mal, LDPE-Tüte – 5 mal, PP-Vliestüte – 14 mal und die Baumwolltüte – 173 mal.“

Der Bericht verwendete zwei australische Studien, in denen die folgende Lebenserwartung für die zuvor genannten Tragetaschen angegeben ist: Papiertüten (Kraftpapier) wurden als Einmalartikel befunden, LDPE (Polyethylen niedriger Dichte) zwischen 10 und 12 Mal, während Vliesstofftaschen aus PP (Polypropylen) nicht enthalten waren (nur gewebte HDPE-Taschen hatten ihre Lebenserwartung eingeschlossen), und Baumwolltaschen hatten durchschnittlich 52 Wiederverwendungen.

Diese Ergebnisse mögen eine Annäherung sein, aber selbst wenn wir die Öffentlichkeit informieren und die Wiederverwendung alternativer Tragetaschen verdoppeln würden, dann würden Papier- und Baumwolltaschen nicht einmal zu einem “break even” kommen.

Anstatt Produzenten und Verbrauchern unnötige Belastungen aufzuerlegen, sollte die EU einen pragmatischen, weniger reaktionären Ansatz in Betracht ziehen. So würde beispielsweise die Verbesserung der Recyclinginfrastruktur in Europa und damit die Erhöhung der Menge an Kunststoffabfällen, die recycelt und nicht verunreinigt werden, die Umweltauswirkungen viel stärker verringern, was die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen radikal reduzieren würde.

Anstatt am eigentlichen Problem mit einem Verbot vorbei zu schießen, sollten wir nach langfristigen, praktischen Lösungen suchen, die Verbraucher und Unternehmer nicht gefährden.

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Ke
Ke
5 Jahre zuvor

Die Ökobilanz von Mehrweg im Vergleich zu Einweg ist noch einfach, aber es zeigt sich, dass Einweg aus Kunststoff nicht immer Teufelszeug ist.
Taschen, Becher sind hier Beispiele.

Bei der rettet die Ozeane Aktion des EU Parlaments wurde auch vergessen, dass die Hauptverschmutzung aus Anderen Kontinenten mit Flüssen als Mülldeponie kommt. Aber gefühlte Wahrheiten sind toll.
Da kauft man gerne die Motto Mehrwegtasse, spült sie ständig und putzt sie dann mit Papiertüchern aus.

Jetzt mal pragmatisch?
Warum können Backwaren etc nicht mehr ohne Einmalhandschuhe verkauft werden?
Warum wird kein Leitungswasser verwendet? Jetzt gibt es immer mehr Esoterik Wasser.
Warum bekommen die Menschen, die ihren Dreck in der Umwelt entsorgen (neben Papiercontainer , an Ampeln/Autobahnausfahrten) so wenig Druck. In diesen Fällen bin ich auch für eine Hausmeister Krause Mentalität mit anzeigen. Ich kann den Müll an den Ausfahrten. Nicht mehr sehen.

Insgesamt muss die Plastik/Einweg Diskussion wissenschaftlicher erfolgen. Ebenso müssen wir Verbraucher bspw dem Einzelhandel sagen, dass wir dort nicht einkaufen.
Was hygienisch zu sein scheint, muss es nicht sein.

Frank
Frank
5 Jahre zuvor

Die genannten Studien würde ich gerne mal lesen. Eine Quellenangabe wäre hier hilfreich.

Hoimrdengr
Hoimrdengr
5 Jahre zuvor

Dass Recycling von verschmutzten Plastikbechern Sinn macht, wage ich zu bezweifeln. Der darin enthaltene Rohstoff – Erdoel – wird so oder so zu 90+ % Prozent grad direkt verbrannt. Abgesehen vom Sortieraufwand, der Ruecktransport, die Reinigung wuerden das gesparte Oel weitgehend auffressen. Da ist es einfacher, Plastik in einer ordentlichen Muellverbrennungsanlage sauber energetisch mitzuverwerten.

Achim
Achim
5 Jahre zuvor

Die schlechte Ökobilanz von Baumwolltaschen ergibt sich natürlich aus dem enormen Wasserverbrauch beim Anbau von Baumwolle.So wurde der Aralsee (inzwischen ausgetrocknet) das
Opfer des Baumwollanbaus in Zentralasien.
Aber Zentralasien ist wet…

Die in der Landschaf entsorgte Baumwolltüte wird ohne menschlichen Eingriff von der Natur kompostiert wie ein paar
abgestorbene Äste.
Die Plastiktüte verbleibt Jahrzehnte in der Landschaft.

Der Erdölverbrauch durch die Herstellung der Plaastiktüten
ist nichtdas Problem.
Das Recykling scheitert in der Praxis an der Vermischung der unterschiedlichen aus Erdöl hergestellten Junstsoffen.
Eine Verringerung der Anzahl der verschiedenen Kunstsoffe
wäre die Lösung.
Bei den Dosen hat es doch auch geklappt Aludosen und Blechdosen sind gleichwertig.
Nur verhindern Aludosen das Recykling von Blech, da Eisenschrott durchAlubeimischung wertlos wird.
Deswegen gibtes nur Blechdosen.

Viele Kunstooteile sindauch viel zu klein und zu verschmutzt
um sie zu recyklen.

Achim

Thomas
Thomas
5 Jahre zuvor

Nur eine kurze Frage: Ist der Autor dieser Bill Wirtz (https://www.theeuropean.de/bill-wirtz), der für diesen Lobbyverband arbeitet (https://lobbypedia.de/wiki/Consumer_Choice_Center -"Die Organisation wird gefördert von der Charles-Koch Foundation und anderen Organisationen, die von den Koch-Brüdern (Charles G. Koch, David H. Koch) finanziert werden."))?

H. Olz
4 Jahre zuvor

Kann man denn nicht irgendeine Art Sollbruchstelle in die bewährten Kunststoffe einbauen, die nach einer gewissen Zeit der Stabilität ein beschleunigtes verrotten/zerfallen ermöglicht, etwa in UV Licht, an Sauerstoff oder in Salzwasser. Hat die Industrie doch eigentlich Erfahrungen mit, Dinge zu basteln, die exakt einen Tag nach Ablauf der Garantie den Geist aufgeben 🙂

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