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Milliarden aus NRW für amerikanische Studenten

Die NRW.Bank soll den Mittelstand in Nordrhein-Westfalen fördern, heißt es. Sie soll anders als die WestLB nicht Milliarden verzocken. Sie soll staatlich bleiben und unter dem Einfluss der Regierung Gutes für die Menschen in Nordrhein-Westfalen tun. Warum aber finanziert die Bank dann mit vier Milliarden Euro US-Studenten und nicht deutsche Lehrbegierige oder zumindest unsere Unis? Warum macht sie Cross-Border-Geschäfte und warum muss das Landesbauvermögen von 18,7 Mrd Euro in die Bank gepumpt werden?

 

NRW.Bank iun Düsseldorf Foto: NRWBank

Die Antworten führen zu folgendem Vorgang. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen unter Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers will die staatliche NRW.Bank auf Druck der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stützen. Das Wohnungsbauvermögen des Landes (WfA) in Höhe von 18,7 Mrd Euro soll demnach vollständig in das reguläre Eigenkapital der Bank übertragen werden. Dadurch soll das staatliche Geldhaus gegen Risiken abgesichert werden, hieß es.

Auch bislang verwaltet die NRW.Bank das WfA-Vermögen. Allerdings ist der Zugriff des Institutes auf das Geld beschränkt. Durch eine gesetzliche Zweckbindung dürfen aus diesem Sondervermögen des Landes nur Kredite für den sozialen Wohnungsbau vergeben werden. Die Gewinne aus Geschäften mit dem WfA-Vermögen müssen zudem zurück in den Fonds fließen. Nach Ansicht der BaFin ist der NRW.Bank durch diese Zweckbindung der direkte Zugriff auf das WfA-Vermögen entzogen. Die Aufsicht zählt die Milliarden deshalb größtenteils nicht zum so genannten Kernkapital, eine der wichtigsten aufsichtsrechtlichen Kenngrößen. Um dies zu ändern, will die Landesregierung die Zweckbindung aufheben.

Ein Sprecher der NRW.Bank bestätigte, dass die BaFin bisher nur rund vier Mrd. Euro des WfA-Vermögens als Kernkapital anerkennt. In Zukunft rechnet die NRW.Bank damit, dass sie durch die Aufhebung der Zweckbindung rechnerisch rund sechs Mrd. Euro an zusätzlichem Kernkapital erhält, so dass dann insgesamt 10 Mrd. Euro des WfA-Vermögens als vollwertiges Eigenkapital anerkannt würden. Die verbleibenden gut 8,7 Mrd. Euro würden weiterhin zur Deckung der
bisherigen Wohnungsbau-Kredite dienen.

Wie zu hören ist, macht die BaFin seit Beginn der Finanzkrise Druck, das Eigenkapital der NRW.Bank deutlich zu erhöhen. Zwar weist das staatliche Geldhaus in ihren Geschäftsberichten ein Eigenkapital von 19,7 Mrd. Euro aus. Allerdings sind davon die angesprochenen 18,7 als WfA-Vermögen blockiert. Bleibt ein reines Eigenkapital ohne Zweckbindung von nur
knapp einer Mrd. Euro.

Demgegenüber stehen erhebliche Risiken. So hält die Bank etwa Kredite von zwei Mrd. Euro, die nach Angaben der Ratingagentur Fitch nicht mehr zu guten oder sehr guten Bonitätsklassen zu zählen sind. Außerdem stecken rund eine Mrd. Euro in verschachtelten Kreditverbriefungen, wie
sie bei zahlreichen anderen Banken zu hohen Verlusten geführt haben – auch wenn die NRW.Bank versichert, ihr Portfolio weise vergleichsweise geringe Risiken auf. Dazu kommen rund 22 Mrd Euro als so genannte Eventualverbindlichkeiten aus speziellen Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps), die als einer der Auslöser der Krise gelten. Dieses Portfolio hatte die Bank allein im vergangenen Jahr um mehr als 50 Prozent ausgebaut. Allerdings hat die Bank zu mehr als 90 Prozent Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand abgesichert, wie ein Sprecher betont. Darunter auch erhebliche Risiken aus den Cross-Border-Geschäften der Kommunen, die im Zuge der Finanzkrise Not leidend geworden sind.
Weiter stehen in den Bilanzen der Bank rund vier Mrd Euro, die als Kredite an US-amerikanische Studenten vergeben wurden.

Nach Ansicht der Ratingagentur Fitch sind die Schwierigkeiten zwar noch beherrschbar, da die NRW.Bank sich vor allem im öffentlichen Sektor engagiert, trotzdem sei das "Risikoprofil" des Geldhauses gestiegen. Deshalb war die BaFin offenbar trotz der im Branchenvergleich durchaus soliden Kernkapitalquote von knapp zwölf Prozent beunruhigt.

Bereits im November hat die Bankenaufsicht schriftlich gefordert, das Eigenkapital der NRW.Bank zu stärken. Als Grund wurde hier unter anderem auch Verluste bei der WestLB genannt. Die NRW.Bank hält einen Anteil von 31 Prozent an der WestLB. Er ist derzeit mit 2,2 Mrd Euro bewertet. Nach Ansicht der BaFin hätte eine Wertberichtigung des WestLB-Anteils die Bilanz der NRW.Bank erheblich belastet oder aber eine Unterstützung des Landes erfordert, das den Wert der Beteiligung garantiert hat. Am 17. Dezember 2008 ist es dann zu einem Gespräch zwischen NRW.Bank, BaFin und Landesregierung NRW gekommen. Im Verlauf der Unterhaltung habe die Bafin erklärt, sie werde auch in Zukunft das WfA-Vermögen nicht vollständig als Kernkapital der NRW.Bank anerkennen, solange die Zweckbindung bestehe.

Im Gespräch habe die BaFin folgende Optionen vorgeschlagen: Zunächst sei die vollständige Trennung der WestLB von der NRW.Bank denkbar, um die Risiken zum reduzieren. Dies war nicht politisch gewollt. Dann schlug die Bafin vor, die Landesregierung und die anderen öffentlichen Gewährträger der NRW.Bank könnten dem Geldinstitut eine Summe von mehreren Milliarden Euro an frischem Kapital zuschießen. Dies lehnten sowohl die schwarz-gelbe Landesregierung als auch die anderen Gewährträger ab. Blieb nur der dritte Weg: Das WfA-Vermögen sollte in vollwertiges Eigenkapital der NRW.Bank umgewandelt werden. Dazu musste auf Verlangen der BaFin allerdings die Zweckbindung abgeschafft werden.

Im Folgenden brachte die NRW-Landesregierung ein entsprechendes Gesetz auf den Weg. Öffentlich wurde erklärt, die Zweckbindung des WfA-Vermögens solle aufgehoben werden, um die Fördermöglichkeiten der NRW.Bank für den Mittelstand zu steigern. Gleichzeitig versprach die Regierung, diese Entscheidung werde keine Auswirkungen auf den sozialen
Wohnungsbau haben, für den das Geld eigentlich gedacht war.

Vor allem der Landesrechnungshof NRW kritisiert dieses Vorgehen. In einer schriftlichen Stellungnahme, die der Welt vorliegt, heißt es, durch die Auflösung der Zweckbindung werde das WfA-Vermögen unter Umständen dem ursprünglichen Sinn entzogen. "Durch Verluste der NRW.Bank könnte das bislang geschützte Landeswohnungsbauvermögen in Zukunft
vermindert oder aufgezehrt werden." Gleichzeitig griff der Landesrechnungshof die NRW.Bank und das Düsseldorfer Finanzministerium scharf an. Diese würden eine Überprüfung der Bank aktiv verhindern. Dieses Verhalten sei "wegen der unbeschränkten Haftung des Landes und des damit einhergehenden unkalkulierbar hohen Risikos des Landes (…) besonders schwerwiegend."

Das Finanzministerium NRW, die Bafin und die NRW.Bank wollten diese Informationen nicht kommentieren.

Das Gesetz zur Aufhebung der Zweckbindung über das WfA-Vermögen soll in
den kommenden Wochen beschlossen werden.

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fk präsentiert
14 Jahre zuvor

Die Staatsbanken der Länder haben nie Gutes für die Menschen getan. Waren sie nicht lange Zeit Schattenhaushalte für Regierungen und Regierungsparteien, nur mit weniger parlamentarischer Aufsicht? Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass die privaten deutschen Banken international keine Rolle spielen, weil ihr Heimatmarkt gedrittelt ist.

Die größte Finanzkrise aller Zeiten hat überall zu Bankenfusionen geführt. Nur die deutschen Provinzpolitiker machen einfach weiter, als wäre nichts gewesen.

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John Dean
14 Jahre zuvor

Wie lieb: Rüttgers verschenkt ohne jegliche Gegenleistungen Landesvermögen. Ein Herz für Banken. Weniger polemisch formuliert: Es mag sein, dass die NRW-Bank in ihren geschäftlichen Möglichkeiten zur Zeit sehr beschränkt ist – und dass eine Aufstockung des Eigenkapitals empfehlenswert ist.

Dann aber nicht gleich einen so großen Happen Eigenkapital! Ich meine, mit 1,5 Milliarden Euro bilanzwirksamen neuem Eigenkapital (entsprechend einem 25%-Anteil am Landesbauvermögen) wäre den Notwendigkeiten Genüge getan (ggf. ist hierfür eine Aufteilung des Bauvermögens notwendig).

Das, was darüber hinaus geht, das beschränkt zugleich die Finanzierungsmöglichkeiten des Landes. Immerhin geht eine totale Vermögensübertragung u Lasten dauerhafter und hoher Mieteinnahmen!

Außerdem sollte für eine sorgsam wirtschaftende Landesregierung kein Gedanke fernliegender sein, als ausgerechnet (und in dieser Höhe unnötig!) in diesen Zeiten einer Bank einen hohen Milliardenbetrag Spielgeld (aka: Eigenkapital) zu schenken.

Das Geld wäre nämlich schnell futsch. Es bestätigt zugleich ein Vorurteil, das sich schon sehr lange hege. Ich halte Rüttgers nur sehr eingeschränkt für einen ökonomisch fitten Ministerpräsidenten. Mit seinem über-spendablen Vorschlag würde er das Land nur mit zusätzichen Risiken belasten, während sich die Lage für die Mieter des Landesbauvermögens durchaus, und schneller als jeder hofft, ins Negative drehen könnte.

Die Bank könnte beispielsweise dsa Landesbauvermögen einer Heuschrecke zum Ausschlachten überlassen. Und Herr Rüttgers hätte in diesem Fall nicht die geringste Handhabe dagegen. Das wieg schon schwer. Schwerer wiegt allerdings, dass sein Eigenkapital-Geschenk an die NRW-Bank einfach zu groß ist.

Nehmen wir einfach einmal an, die ökonomische Lage verschlechtert sich erneut, die Gewinne brechen weiter ein usw. usf. Was dann? Dann wäre dsa freundlichst der Bank überlassene Eigenkapital schneller aufgezehrt als Herr Rüttgers neue Ressentiments bei politischen Versammlungen großzügig vom Stapel lässt.

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