Claudia Roth: Grünes Licht für Judenhass

Claudia Roth by PantheraLeo1359531 CC-BY 4.0

Ausgebuht, ausgeträumt: Claudia Roth, Kulturstaatsministerin, wurde bei der „Jewrovision“, dem popkulturellen Wettbewerb für junge Juden, glattweg von der Bühne gepfiffen. Roth stand da, wo ein paar Tage später Roger Waters stehen wird. Da, wohin ein paar Jahre zuvor tausend Juden geprügelt worden waren und von dort aus in die Lager. Roth ging mit keinem Wort auf Waters Antisemiten-Show ein, sie textete was von „bunt“ und „vielfältig“ und „queer“. Und von „Weltoffenheit“. Ausgerechnet. So nennt sich die steuerfinanzierte Kultur-Initiative, die der antisemitischen BDS-Kampagne, von Roger Waters propagiert, den Weg zu Fördertöpfen ebnen will. Einer Initiative, der Roth nichts entgegenstellt. Ihr Auftritt? Ein Abgesang. Am Ende empfiehlt die Staatsministerin allen jungen Juden, dieses Land besser zu verlassen.

In einer Woche das BDS-Konzert von Roger Waters, jetzt ein Pfeifkonzert für Claudia Roth (Grüne): Mehr als fünf Minuten redete die Kulturstaatsministerin gegen gellende Pfiffe und inständige Buhrufe an, kein Durchkommen für sie. Gut zweitausend junge Juden, die sich zur „Jewrovision“ in Frankfurt getroffen hatten, dem Tanz- und Musikwettbewerb jüdischer Jugendzentren, waren keine Sekunde bereit, der grünen Staatsministerin etwas nachzusehen. Die Liste der Irritationen, die Roth in der jüdischen Community ausgelöst hat, ist lang, das Vertrauen in ihre Verlässlichkeit hörbar verloren. Im April 2022 beispielsweise brauchte es erst einen Brandbrief, den Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, an Roth richten musste, damit sie, die sich elend lange Wochen unschlüssig gegeben hatte, endlich begreife, was sich auf der Documenta an Judenhass aufbaut  –  und sich dann 100 Tage über auf der Kassler Weltkunstausstellung entlud: „Gegen Antisemitismus helfen nur klare Bekenntnisse und noch viel mehr entschlossenes politisches Handeln“, schrieb Schuster damals. Bis heute lässt Roth beides vermissen, ihre Adressen gegen Judenhass sind weiterhin wohl portioniert. Im Abschlussbericht zur Documenta, den die Gesellschafter der Documenta beauftragt hatten, heißt es, ein solcher Verlust an Vertrauen darin, tatsächlich gemeinsam gegen Antisemitismus zu kämpfen, könne „nur langfristig rückgängig gemacht werden“. Ein Grußwort vor jüdischen Jugendlichen, die ihrem eigenen Auftritt auf einer großen Bühne entgegenfiebern, reicht da nicht ansatzweise ans Soll: “Mission Reinwaschen gescheitert“, so der trockene Kommentar von Anna Staroselski, Vorsitzende der Jüdischen Studierendenunion.

Wer auf die Idee gekommen ist, man könne jüdische Jugendliche für ein applause baiting in Dienst nehmen, um das eigene Standing als Staatsministerin zu polieren? Der BILD gegenüber sagte ein Sprecher von Claudia Roth, sie sei vom „Präsidenten des Zentralrats der Juden, Herrn Dr. Josef Schuster, eingeladen worden“. Die Zeitung weiter: „Nach BILD-Informationen hatte sich Roth aktiv um die Teilnahme an der Jugendfeier bemüht.“ So dürfte es denn auch gewesen sein, am Sonntag stellte sich der Zentralrat explizit hinter die scharfe Kritik, die Roth von der jüdischen Jugend erfuhr, wie der TAGESSPIEGEL berichtet: Es habe sich „lange aufgestauter Frust deutlich entladen“, so der Zentralrat gegenüber der Berliner Tageszeitung: „‘Das ist die Konsequenz der Entwicklungen im deutschen Kulturbetrieb der vergangenen Jahre.‘“

Entwicklungen, die von einem offenbaren Widerspruch getragen werden, den Claudia Roth unmittelbar verantwortet: Der Antisemitismus, den sie wortreich verurteilt, ist der, den sie milliardenschwer protegiert. In ihrem verpfiffenen Grußwort auf der „Jewrovision“  hat sie ihr doppeltes Spiel beschämend deutlich vorgeführt:  „Wir alle und ich auch, wir können sehr sehr viel von Euch lernen“, flötete sie in das Pfeifkonzert hinein, „und glaubt mir, ich habe viel gelernt in den letzten Monaten.“ Dass man Judenhass keine Bühne bereiten sollte? „Wir können lernen von Eurer Kraft“, so Roth zu den jungen Juden, „von Eurem Mut, von Eurer Weltoffenheit …“

„Initiative Weltoffenheit“ nennt sich die Clique von Kultur-Intendanten, die, pro Jahr mit rund einer Milliarde Euro an Kulturfördermitteln gesegnet, der antisemitischen Hetz-Kampagne BDS ihre Bühnen weltöffnen wollen. Nicht wenige Millionen dieser Förder-Milliarde stammen unmittelbar aus Roths Budget: Es sind ihre eigenen Leute, die Judenhass als „Weltoffenheit“ präsentieren. Und jetzt macht sich Roth tatsächlich daran, jüdischen Jugendlichen zu verkaufen, dass eben diese „Weltoffenheit“ was Tolles und recht eigentlich jüdisch sei, etwas, von dem „wir alle lernen können“. Was für ein verlogener Dreh.

Der noch verlogener wird dadurch, dass sie dies dort zu verkaufen sucht, wo am nächsten Sonntag Roger Waters stehen wird. Der Ex-Pink Floyd, jetzt Brüllwürfel des BDS, bläst seinen Judenhass ohne Fördergelder in die Welt. Und wird es  –  Waters steht hier exemplarisch  –  solange tun können und solange privat veranstaltet werden, wie es die „Initiative Weltoffenheit“ gibt, die Roth beharrlich durchfinanziert. Es beginnt gerade eine juristische Debatte darüber, warum Waters seine Agitprop-Konzerte spielen kann, die politische Voraussetzung für diese Debatte liefert Claudia Roth: Solange es die „Initiative Weltoffenheit“ gibt, die den Antisemitismus des BDS als Sound der Unterdrückten verkauft, solange wird die privat riskierte Kultur auf Roth verweisen und sagen, wenn die es tut, tun wir es auch. Claudia Roth ist das grüne Licht für Judenhass.

Vielleicht tut sie es  –  es würde in der Sache nichts ändern  –  aus Unbeholfenheit. Der Text ihrer Rede an die jüdischen Jugendlichen in Frankfurt ist komplett gedankenlos. „Don’t stop believing“ zitiert sie da, wo demnächst Roger Waters steht, das Motto der diesjährigen Jewrovision und übersetzt den Claim gleich selber: „Wie eine andere Band mal gesagt hat: ‚Der Traum ist aus,  aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird.‘“

Ton Steine Scherben, Roth war vor Jahren einige Zeit lang Managerin der Band. Heute hält sie es tatsächlich für cool, jungen Juden zu erklären, dass ihr Traum –  von einem Land, in dem es keinen Judenhass mehr geben könnte   –  dass dieser Traum perdu sei. „Ich weiß nur eins, und da bin ich sicher: Dieses Land“  –  so endet der Song von Ton Steine Scherben, Rio Reiser brüllt es raus  –  „dieses Land ist es nicht“.

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SachaStawski
SachaStawski
1 Jahr zuvor

Alles richtig, nur ein kleiner Fehler: Roth stand da, wo Waters am Sonntag stehen wird; nicht bereits stand, wie da steht.

der der auszog
der der auszog
1 Jahr zuvor

Roths grüner Fliegenschiss mit dem BDS.. sie wird ihn einfach nicht mehr los. Interessant ist mal wieder der Umgang der Medien mit dieser Angelegenheit. ZDF und ARD berichten bislang gar nicht und das Parteiorgan der GrünInnen, die taz, übt sich im Relativieren:

„Am Ende bleiben Fragen: Warum hat Schuster in seiner Eröffnungsrede Claudia Roth gar nicht erwähnt, war Roth dem Zentralrat doch nicht willkommen? Ein jüdischer Grünen-Kommunalpolitiker aus Berlin spricht von einer Kampagne, jüdische Kinder seien für Propaganda eingespannt worden. Einer kritisiert ein „Schmierentheater“, womöglich mitgestaltet aus dem Kreis der Gastgeber:innen.“

https://taz.de/Claudia-Roth-bei-Jewrovision/!5933183/

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