Klima: Von Menschen mit Förderbedarf in Sachen Erkenntnis

rodenbuecher80 Millionen Deutsche gibt es. Ungefähr. Ein Riesenvolk, mitten in Europa. Und ein weitgehend freies Volk. Hier darf so ziemlich jeder sagen, was er will. Auch völligen Bullshit.

Wir müssen das aushalten. Zum Beispiel wenn einer was von der Erschaffung der Welt in sieben Tagen berichtet – so wie es in der Bibel steht und meint das sei Wahrheit. Kein Problem. Wir haben Meinungsfreiheit. Wir müssen damit leben. Auch wenn einer sagt, die Erde wäre die Innenseite einer Hohlwelt mit der Sonne als Zentrum – wir müssen damit klar kommen. Und aus dem gleichen Grund müssen wir akzeptieren, dass es gestriegelte Leute mit speziellen Förderbedarf in Sachen Erkenntnis gibt, die immer noch meinen, die Menschen hätten nichts mit dem Klimawandel zu tun.

Eigentlich ist es mir zu doof, mich mit diesen Mitbürgern zu streiten, die meinen, die Sorge um das Klima wäre Hysterie. Aber manchmal, zum Beispiel im Vorfeld des Koppenhagener Gipfels ist das nötig. Aus Zorn über die mangelhafte Reflexionsfähigkeit dieser Mitbürger fasse ich mich kurz, um nicht zu beleidigend zu werden.

Wer meint, der Mensch habe nichts mit dem Klimawandel zu tun, dem rate ich über den Amazonas zu fliegen. Ich habe das vor ein paar Wochen getan. Vergesst das Bild aus dem Schulatlas, dieses grüne Band in Südamerika. Vergesst das Bild aus dem Fernsehen vom Urwald. Da ist kein Wald mehr – gar nichts. Wiese, Kühe, Straßen und Fabriken. Das ist da. That’s it. Und der fehlende Wald soll keine Auswirkungen auf das Wetter haben? So doof kann keiner sein.

Ich war in Sibirien. Am Ob. Riesige Fabriken, ein See, doppelt so groß wie der Baldeney-See, der im Winter auf 40 Grad geheizt wird. Wald? Ja klar, aber vor allem abgeholzter Wald. Die Wildnis in Sibirien ist auf dem Rückzug. Überall wohin das Auge sieht, kreisrunde Wucherungen in der Taiga in deren Mitte ein Gasloch brennt. Das soll keine Auswirkungen auf das Klima haben? Mein Gott.

Die Nordwestpassage ist eisfrei. Da fahren Tanker her. Die Malediven versinken im Meer. In den Alpen sind die Gletscher fast weg. Alles nicht gesehen? Da soll es keinen Zusammenhang geben? So was kann keiner behaupten, der jemals außerhalb des Ruhrpotts war.

Aber selbst hier, mitten im Revier, kann man sehen, wenn man will. Wenn ich in Bottrop auf der Halde hinter der Zeche Prosper Haniel stehe, in 120 Meter Höhe, und rüber nach Scholven blicke, dann sehe ich Tag und Nacht, Tag und Nacht, Tag und Nacht, die Schlote rauchen, wie in Mordor, das Gas in den Himmel brennt. Und ich denke mir, wenn ich da auf der Halde stehe, es gibt tausende dieser Fabriken, vielleicht hunderttausende. In China, in Brasilien, in Russland, in Polen, Indien, USA, und überall brennen sie Gas in den Himmel. Jeden Tag, ohne Pause. Jeden Tag.

Benzin und Öl und Gas. Es brennt. Begreift ihr das? Aus Motoren, aus Öfen, aus Kesseln und meinetwegen aus Feuerzeugen. Die Welt, sie brennt. Das kann jeder begreifen, der ein Kraftwerk gesehen hat. Sei es in Shamrock oder in Erkrath. Du musst nur die Augen aufmachen, stupid.

Das soll keine Auswirkungen haben? Wenn der Wald der Vergangenheit und der Wald der Gegenwart in Rauch aufgehen? Wenn die Menschen zerstören was in Millionen Jahren gewachsen ist? Das soll keine Auswirkungen haben?

Mann, ich muss keine Details kennen, um zu verstehen, dass die Nummer nicht funktionieren kann. Es wird wärmer, es wird gefährlicher. Wir hier in Deutschland sind vielleicht nicht die gearschten, aber die Jungs in Afrika, die werden auf jeden Fall dran sein, die Leute auf den Inseln im Ozean, die auch, und die Mädels in Ausstralien, und die armen Säcke in Südamerika.

Aber na klar, ich kann auch alles negieren, kann sagen, es gibt keinen Zusammenhang, und wenn die Welt nur noch aus Felsen und Beton besteht, und alles aussieht wie in Essen Vogelheim, dann kann ich mich daran am Ende auch erfreuen.

Wie gesagt: wir müssen mit den Förderbedürftigen in Sachen Erkenntnis leben.

Das Sagen dürfen sie nie kriegen.

Klimakatastrophe: Donald Bäcker ist der Antihysteriker

Während es in der kommenden Woche wohl richtig kalt wird und in den vergangenen zehn Jahren auch nicht wärmer geworden ist, malt die Berichterstattung über die Klimakonferenz in Kopenhagen apokalyptische Szenarien an die Wand.

Und die müssen immer apokalypischer werden damit, wir auch alle brav unsere Glühbirnen gegen schwermetallbelastete Energiesparlampen eintauschen und jede hahnebüchene Subventionierung der Solarindustrie mitmachen. Und wenn die Szenarien nicht ganz so apokalyptisch ausfallen, wie es für eine so richtig knallige Medienberichterstattung nötig ist, wird mal eben nachgeholfen. Nachdem ich – Jahrgang 64 – eigentlich nichts anderes kenne als dass der Weltuntergang vor der Tür steht, der Planet wahlweise vom Atomkrieg vernichtet wird, zu einer Eiskugel gefriert oder bald die Nordsee zu kochen beginnt, habe ich mir eine gewisse Ruhe angewöhnt. Und ich habe  Menschen schätzen gelernt, die ruhig auftreten, keine Hysteriker sind und nicht die so beliebte Paranoia ausstrahlen. Sicher die Welt geht unter, aber das wird wohl noch ein wenig dauern.

Einer dieser Antihysteriker ist Donald Bäcker. Er ist Meteologe und präsentiert das Wetter im ARD-Morgenmagazin. Und während des Themenschwerpunkts Klimakonferenz im Morgenmagazin präsentiert er immer wieder kleine Informationen zum Klima, die ruhig und sachlich vorgetragen werden. Das Wasserdampf zum Beispiel das wichtigste Klimagas und die Sonne für unser Klima nicht ohne Bedeutung ist. Auf seiner Homepage schreibt Bäcker vorsichtig: "Heutzutage wird  der Klimawandel dramatisiert dargestellt. Allein die Prognose des Wetters für die nächsten Tage kann, je nach Wetterlage, extrem schwierig sein. Nach 5 bis 6 Tagen ist das Chaos bereits so groß, daß die Trefferquote langsam Richtung 50 Prozent (also zum Ratespiel) tendiert. Wenn man noch nicht einmal in der Lage ist die Witterung (siehe oben) für die nächste Jahreszeit zu prognostizieren, wie kommen dann Klimaforscher dazu uns ein Szenario für die nächsten 30 Jahre zu bauen? Die Wetterprognose ist überprüfbar und Meteorologen werden sofort abgestraft (glücklicherweise nur verbal! ) aber wer weiß in 30 Jahren noch was welcher Klimaforscher wann gesagt hat?"

Bäcker ist vor allem skeptisch – und Skepsis ist mir generell lieber als der Verkündung von Untergangsszenarien und Heilsversprechungen.

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Supergroup revisited – Die Krummgeier im Anflug

Them Crooked Vultures sind d i e  Supergroup des Jahres. Am kommenden Dienstag 8. Dezember 2009 spielen sie im Kölner Palladium.

Namedropping: John Paul Jones, hatte bereits 2007 mit dem Re-Union Konzert seiner alter Band Led Zeppelin Aufsehen erregt. Ok, der hat den Bass in der Hand. An der Gitarre und Mikrofon haben wir Josh Homme. Seines Zeichens seit Jahren im Thema Wüstenrock mit den Queens Of The Stoneage und unzähligen Nebenprojekten unterwegs. Herausheben will ich da mal die Dessert Sessions. Denn viel Gefühl von diesen mit wechselnden Musiker irgendwo in der Weite der USA eingespielten Sessions liegt auch in Them Crooked Vultures gleichnamigen Album.

Die Initiative zur Gründung dieser Supergroup ging aber nicht von Josh Homme, sondern von Drummer aus. Da haben wir keinen Geringeren als Dave Grohl. Weltbekannt geworden ist er mit Nirvana. Seit Jahren erfolgreich mit den Foo Fighters. Bei dieser Formation gab es in der Vergangenheit bereits eine Zusammenarbeit mit den verblieben Musikern von Led Zeppelin. John Paul Jones und Jimmy Page unterstützten die Foo Fighters bei ihrem Gig im Wembley Stadion.

Da bin ich mal gespannt, wie die Jungens Köln rocken werden!

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Bo-alternativ: Der Staatsschutz liest mit!

Seit 10 Jahren gibt es Bo-Alternativ. Rückblickend war es einer der ersten Blog-Gründungen Deutschlands. Und bald kann auch kommentiert werden, verspricht Martin Budich, der Gründer der Seite.

Ruhrbarone: 10 Jahre Bo-alternativ – da gratulieren wir natürlich aus ganzem Herzen. Aber warum habt ihr damals überhaupt ein neues lokales Medium gegründet und warum im Internet und nicht als Papiermagazin?

Martin Budich: Ich war bis zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien Mitglied der Grünen und im Bochumer Kreisvorstand für die Webseite der Grünen verantwortlich. Hier haben wir nicht Parteipropaganda gemacht, sondern viele Infos aus der alternativen Szene veröffentlicht. Irgendwann habe ich mal mit dem Webmaster der Bundes-Grünen telefoniert und er erzählte mir, dass die Webseite der Bochumer Grünen unglaublich hohe Zugriffszahlen habe. Ich wusste also, dass es Interesse für eine solche Seite gab. Als ich dann bei den Grünen ausgetreten war, hat mich Horst Hohmeier, mit dem ich schon lange im Anti-Atomplenum und anderen Bewegungen eng zusammengearbeitet habe, motiviert, so eine Seite für die alternative Szene in Bochum weiterzumachen. Als Geschäftsführer seiner Kommunikationsfabrik Pronetics hat er auch gleich angeboten, eine Webseite anzumelden und zur Verfügung zu stellen. Mehrere Bekannte versprachen, das Projekt redaktionell zu unterstützen. Bo-alternativ.de ist also aus diesem Prozess und nicht aus konzeptionellen Überlegungen entstanden. Bo-alternativ.de war als Webseite schon angemeldet, als wir begannen, uns über das Konzept Gedanken zu machen.
 
Habt ihr eine eigene Redaktion oder setzt ihr vor allem die Pressemitteilungen von Initiativen, Parteien und Gruppen online?
    
Wir sind z. Z. eine fünf-köpfige Redaktion. Wir verstehen bo-alternativ.de als Sprachrohr von Initiativen und Gruppen. Wir veröffentlichen ziemlich alles, was sie verlautbaren. Wir suchen nach Berichten über die Szene, wie z. B. den Beitrag der Ruhrbarone über die kritische Kulturhauptstadt-Veranstaltung in der Goldkante oder ein Artikel über eine Demo der Bochumer Antifa-Jugend auf indymedia und machen unsere LeserInnen darauf aufmerksam. Wir veröffentlichen aber auch Erklärungen von Parteien oder Organisationen, von denen wir wissen, dass dies unsere LeserInnen interessiert. Dies gilt insbesondere für die linke Opposition im Rat und für die Gewerkschaften. Sehr häufig ermutigen wir Initiativen Beiträge zu schreiben und sie nicht nur uns sondern auch anderen Medien zu schicken. Für neue Initiativen haben wir eine Presseverteiler erstellt. Wenn wir merken, dass zu einem unserer Ansicht nach wichtigen Thema nichts kommt, recherchieren und schreiben wir selber Beiträge oder fragen unsere MedienpartnerInnen von der BSZ, ob sie das Thema aufgreifen wollen und berichten dann über den BSZ-Artikel. In diesem Moment ist das Verhältnis redaktionell erarbeiteter Beitrage zur bloßen Veröffentlichung von Mitteilungen auf der Startseite exakt 50:50. Im Schnitt schätze ich den Anteil redaktioneller Beiträge aber eher nur auf 30 Prozent. Ein Redaktionsmitglied ist übrigens fast ausschließlich damit beschäftigt, unseren umfangreichen Terminkalender zu aktualisieren.    

Wer liest Bo-alternativ? Seit Ihr eine reines Szenemedium oder werdet ihr auch über die Szene hinaus wahrgenommen?

Wir haben nur wenige harte Fakten über die Zusammensetzung unsere LeserInnenschaft. Der Bochumer Staatsschutz hat in einem Prozess gesagt, dass er morgens als erstes immer bo-alternativ.de liest. Von einem halben Dutzend JournalistInnen weiß ich, dass sie sich bo-alternativ.de als RSS-Feed auf ihr Mobiltelefon schicken lassen. In meinem Bekanntenkreis tuen sich viele die WAZ und die Ruhr Nachrichten nicht als ABO-Zeitung an. Sie lesen taz, Süddeutsche, FR oder Junge Welt. Sie erwarten, dass sie auf bo-alternativ.de über lokal interessante Dinge informiert werden. Aufgrund der IP-Adressen wissen wir, dass die größte Gruppe der LeserInnen im Rathaus sitzt. Die Zahl von insgesamt mehr als 50.000 unterschiedlicher IP-Adressen im Monat, von denen aus bo-alternativ.de angeklickt wird, lässt vermuten, dass wir wahrscheinlich auch über die Szene hinaus wahrgenommen werden. Nichts genaues wissen wir!

Auf Bo-alternativ gibt es keine Werbung. Wie finanziert Ihr Euch?

Die Kosten für den Server, auf dem bo-alternativ.de läuft, betragen weniger als 40 Euro im Monat. Das kann ich mir als Hobby leisten. Richtig teuer sind die Kosten für RechtsanwältInnen und Gerichtskosten. Wir überlegen, ein Spendenkonto einzurichten, damit ich in ein paar Jahren mal in Rente gehen kann und diejenigen, die dann die Verantwortung übernehmen, nicht überlegen müssen, ob sie sich das finanziell leisten können.    

Seit einiger Zeit nutzt ihr die Blog-Software WordPress – Kommentieren kann man bei Euch trotzdem nicht. Warum?

Es war uns zu nervig, ständig die Beiträge von Nazis oder ähnlichen Schreiberlingen zu entfernen. Wir dachten die Rubrik "LeserInnenbriefe" reicht. Aber die Erfahrungen von anderen Webseiten hat uns überzeugt. Die Nervensägen geben bald auf, wenn ihre Beiträge nicht veröffentlicht werden. Die Kommentare sind häufig ein echter Gewinn – manchmal sogar informativer als die eigentlichen Beiträge – und ersetzen gelegentlich einen politischen Diskurs, der an anderen Orten verloren geht. Wir testen gerade, wie die LeserInnenbeiträge am besten direkt im Bezug zu den Artikeln dargestellt werden sollen und werden das in den nächsten Tagen für alle Beiträge freischalten.
 
Ihr habt ja häufiger – Stichwort Emily – Ärger mit der Bochumer Polizei. Wäre das in jeder Stadt genau so oder gibt es eine besondere Bochumer Linie?

Entscheidend ist für uns weniger das Verhalten der Polizei als vielmehr das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Die politische Abteilung der Staatsanwaltschaft definiert ihre Position in einer eigentümlichen Äquidistanz zu links und rechts. Wenn dann Nazi-Aufmärsche in Bochum stattfinden und dabei augenfällige Straftaten verübt werden, die sie verfolgen muss, dann sucht sie auch nach Vergehen bei den GegendemonstrantInnen. Wenn da aber auch gar nichts zu finden ist, dann weicht sie ins Virtuelle aus. Bo-alternativ.de ist für die Staatsanwaltschaft das Symbol der Linken in Bochum, an dem sie sich abarbeitet. Im laufenden "Torten-Prozess" (Kein Zuckerschlecken für Nazis!) wurde z. B. nur gegen bo-alternativ.de ermittelt und Anklage erhoben. Das Plakat war Hunderte Male in Bochum geklebt worden, dutzende Webseiten hatten das Motiv übernommen. Es war überdeutlich, dass wir es nur dokumentierten. Selbst als der Prozess mit einem Freispruch endete und dort auch der Prozessvertreter der Staatsanwaltschaft – der allerdings nicht aus der politischen Abteilung kam – für Freispruch plädiert hatte, gab die Politabteilung der Staatsanwaltschaft keine Ruhe und ging in Revision. Ein ähnliches, schon ein wenig zwangshafte Verhalten, der Staatsanwaltschaft ist in Essen, Düsseldorf oder Köln nicht zu beobachten. Die Revisionsverhandlung im Torten-Prozess findet übrigens am 12. Januar vor dem Oberlandesgericht im Hamm statt.

Wird in Hamm der Unfug ein Ende haben? Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat sich mit dem Torten-Prozess doch bis auf die Knochen blamiert.

Bei politischen Prozessen sind Prognosen unmöglich. In der ersten Instanz beim Torten Prozess hatten wir das Glück, dass ein liberaler Richter mehrfach beteuerte, dass er politisch mit uns nicht übereinstimmt, aber dass er das Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit für einen herausragenden Wert unseres Rechtssystems hält. Im ähnlich gelagerten Emily-Prozess hat der Oberstaatsanwalt in der zweiten Instanz offen eingeräumt, dass es ihm nicht um den aktuellen Fall geht, sondern dass ich grundsätzlich mal bestraft werden sollte. Der Richter hat ihn daraufhin ziemlich angemacht und erklärt, warum ich nicht verurteilt werden kann. Dann gab es eine Mittagspause und der Richter eröffnete anschließend wieder die Sitzung mit den Worten: "Sie werden jetzt etwas überrascht sein" Dann folgte er in seinem Urteil zu hundert Prozent der Linie der Staatsanwaltschaft. Ich weiß nicht, was da in der Mittagspause passiert ist. Ich habe jedenfalls in den Verfahren gelernt, dass RichterInnen in politischen Prozessen immer ein Urteil über sich selbst fällen. Sie beschreiben im Urteil ihre politische Meinung und begründen dies mehr oder weniger qualifiziert mit juristischen Argumenten.
    

Was waren für Dich in den vergangenen 10 Jahren die Höhepunkte auf Bo-Alternativ?

Am Anfang waren wir natürlich sehr stark damit beschäftigt, überhaupt Informationen zu bekommen. Als nach zwei, drei Jahren die Situation kippte und wir mehr Informationen bekamen, als wir veröffentlichen können und sich Leute nach ein paar Stunden beschwerten, warum ihre Meldung noch nicht auf bo-alternativ steht, war das ein gewisser Durchbruch und sicherlich ein erster Höhepunkt. Vor fünf Jahren dann haben wir vom Friedensplenum ein Transparent beim SPD Stadtfest entfaltet, das durch das SPD-Logo wie ein Werbebanner der SPD aussah und auf dem stand "Eurofighter statt Zahnersatz".  Der  damalige SPD-Unterbezirksvorsitzende Prof. Faulenbach ist daraufhin ans Mikrofon gestürzt und hat voller erregter Verachtung erklärt, dass "Bochum-alternativ nur aus ganz wenigen Leuten besteht und ganz unbedeutend ist." Das war schon ein ungewöhnlich nettes Kompliment. Am meisten hat uns beeindruckt, wie viele Geheim- bzw. Nachrichtendienste der führenden NATO-Länder in den Monaten um den G-8-Gipfels in Heiligendamm mehrfach täglich bo-alternativ.de gelesen oder gescannt haben.
Ganz subjektiv war es völlig überwältigend, welch liebevolle Solidarität und riesige Unterstützung ich im Tortenprozess erfahren habe. Das lässt sich kaum beschreiben. Eigentlich müsste ich der Bochumer Staatsanwaltschaft dankbar sein.

Wo siehst Du Bo-alternativ in zehn Jahren?

Mein Traum ist, dass bo-alternativ.de dann ein kleines Mosaiksteinchen in einem großen Ruhrgebietsprojekt ist. In allen Städten gibt es vergleichbare Portale und überregional interessante Geschichten werden  auf einer  gemeinsamen  Seite veröffentlicht.
Ganz real hoffe ich, dass wir es schaffen, unsere Terminübersicht so weiter zu entwickeln, dass alle Initiativen frühzeitig ihre Termine dort eintragen und ärgerliche Terminüberschneidungen vermieden werden. Das klingt vielleicht etwas banal, wäre aber – wie bo-alternativ.de insgesamt – eine ziemlich einmalige Geschichte in unserer Republik.

Nikolaus

Tja, was sagt man an Nikolaus? Herzlichen Glückwunsch? Alle Gute? Gute Rute? Auf jeden Fall: Einen schönen Nikolaustag!