Den Geisterjägern auf der Spur

Was macht Sebastian Bartoscheck, wenn er nicht für dieses Blog über die esoterischen Wirrungen in der Gesundheitspolitik berichtet? Er jagt Geisterjäger. Gemeinsam mit Alexa Waschkau hat er nun das Buch Ghosthunter veröffentlicht, ein Blick in die Szene der deutschen Geisterjäger.  Zumeist inspiriert von der US-TV-Serie „Ghost Hunters„, in der die 1990 gegründete The Atlantic Paranormal Society (TAPS) sich auf die Suche nach Geistern machte, versuchen Dutzende von Gruppen in Deutschland, Spukphänomene aufzuklären – und erleben dabei Dinge, die sich ihrer Ansicht nach nicht mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaft erklären lassen.   Ob Ghost Hunters Germany, Ghost Hunter NRW oder die Interessensgemeinschaft zur Aufklärung paranormaler Vorgänge – ausgestattet mit Thermometern, Magnetfeldmessgeräten, Kameras und Rekordern wollen sie herausbekommen, ob es in einer Wohnung oder eine alten Burg spukt. Zumeist werden sie von Bewohnern gerufen, die Erlebnisse haben, die sie sich nicht erklären können: Da sitzen morgens Geister neben ihrem Bett, ist es an einigen Stellen der Wohnung auffällig kalt oder sie hören Schritte, obwohl sie im Raum allein sind. Die Geisterjäger finden zumeist ganz normale Erklärungen für diese Phänomene: Holzfußböden machen Geräusche, wenn sch Themperaturen oder Luftfeuchtigkeit ändern,  unser Gehirn spielt uns häufig in der Einschlaf- und Aufwachphase zwischen Traum und Wirklichkeit einen Streich und  in alten Häusern, vor allem in großen Schlössern und Burgen, gibt es oft baubedingte Themperaturunterschiede.

Bartoschek und Waschkau klären auf. Sie erklären die Geschichte des Geisterglauben, nähern sich den Phänomen mit naturwissenschaftlichem und geisterjaegerpsychologischem Wissen, kritisieren die oft mangelhaften Messmethoden und zeigen auf, dass vor allem jene, die schon an Geister glauben, sie auch finden. In langen Interviews stellen sie die verschiedenen Geisterjäger -Gruppen vor und diskutieren mit ihnen über ihre Arbeit. Das geschieht, und dies ist ein großer Verdienst des Buches, immer mit Respekt. Kein Geisterjäger wird lächerlich gemacht, ohne ihre eigene skeptische Position aufzugeben, begegnen sie den Ghost Huntern auf Augenhöhe.

Und erkennen Defizite auf Seiten der Naturwissenschaften und Medizin: Das in Geisterjäger-Kreisen die abstrusesten Vorstellungen darüber kursieren, was Quantenphysik bedeutet, ist ihrer Ansicht nach auch die Schuld der Physiker, die nicht aus ihren Elfenbeintürmen kommen und versuchen, solche komplexen Theorien auf für Laien verständlich zu erklären – wo Unwissen herrscht, erringt der Aberglaube schnell der Vorherrschaft. Auch das Menschen, die Spukerlebnisse haben und mit realen Ängsten konfrontiert sind, von Ärzten entweder nicht ernst genommen  oder als Psychopaten eingestuft werden, sehen sie als ein Problem an: Mit etwas Mühe und Geduld würden sich die Phänomene erklären lassen – und viele von ihren Ängsten befreit werden.

Bartoschek und Waschkau  haben ein unterhaltsames und doch lehrreiches Buch über Geisterjäger geschrieben, das nie oberlehrerhaft daherkommt, ohne sich dabei an die Szene anzubiedern. das Bartoschek und Waschkau nicht an Geister glauben, ist klar, billige Scherze über ihre Gesprächspartner verkneifen sie sich.

Ghosthunting – Auf Spurensuche im Jenseits

178 Seiten, kartoniert, Euro 14.
Bestellen kann man es hier

 

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Helmut Junge
11 Jahre zuvor

Wo Bartoscheck schreibt, “ Das in Geisterjäger-Kreisen die abstrusesten Vorstellungen darüber kursieren, was Quantenphysik bedeutet, ist ihrer Ansicht nach auch die Schuld der Physiker, die nicht aus ihren Elfenbeintürmen kommen und versuchen, solche komplexen Theorien auf für Laien verständlich zu erklären “
hat er insofern Recht, dass Physiker sich diesen Fragen so gut wie nie stellen.
Das tun sie sogar dann nicht, wenn sie Von Physikerkollegen dazu aufgefordert werden, sich zu deren eigenen Arbeiten zu okkulten Themen zu äußern, wie
Hans-Dieter Betz, selbst Physiker und Professor beklagte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Dieter_Betz
Er hatte etwa 20 Kollegen persönlich angeschrieben, damit sie seine Untersuchung zu Wünschelruten kommentierten. Vergeblich.
Was ich aber nicht glaube, ist, dass Menschen, die von Wissenschaftlern eine Erklärung dieser vielen Phänomene erhalten, dauerhaft gegenüber ihren esoterischen Gedanken gefeit sind. Das wollen die auch gar nicht.
Ein Rückfall in den okkulten Phantasieraum wird nicht lange auf sich warten lassen. Auch die Wissenschaft kann nicht alles erklären. Nehmen wir mal ein Experiment, das seit 1802 bekannt ist, dessen Erklärung aber letztlich noch aussteht. Die meisten Physiker akzeptieren die „Kopenhagener Deutung“, aber einige wenige, allerdings dummerweise brilliante Köpfe haen sich andere Erklärungen ausgedacht. Eine bisher nicht widerlegte Erklärung ist die von Hugh Everett entwickelte „viele-Welten-Theorie“, die als Vorbild für alle Paralleluniversenphantasien gilt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Viele-Welten-Interpretation
Genau da haben wir den Salat. Die Wissenschaft gibt zur Zeit keine Lösung, sondern genau dieser wissenschaftliche Disput eröffnet immer neue unwissenschaftliche Spekulationen.
Einer der bekanntesten Vertreter der heutigen Physik, der nicht an die Kopenhagener Deutung glaubt, ist David Deutsch, Lehrstuhlinhaber in Oxford und Preisträger für seine Arbeiten am der verwirklichung des Quantencomputers.
Dessen Arbeiten zu lesen ist allerdings schwierig.
Auf jeden Fall haben sie bei mir einiges, was bisher klar war, im erheblichen Maße in Frage gestellt.
https://de.wikipedia.org/wiki/David_Deutsch_%28Wissenschaftler%29
Ich weiß übrigens von niemanden, der die Arbeiten von D.Deutsch widerlegen konnte. Aus persönlichen Gesprächen heraus vermute ich, dass es viele Physiker gibt, die sich damit befassen, ob die „Kopenhagener Deutung“, die ja auch nur eine Annahme ist, die das Hirn verbiegt, der Wahrheit sehr nahe kommt.
Schlußbemerkung meinerseits:
Trotz allem bisher von mir gesagtem glaube ich nicht an Geister. Damit das mal klar ist.

Georg Mackowiak
Georg Mackowiak
11 Jahre zuvor

Lieber Helmut Junge,
Sie schreiben „Auch die Wissenschaft kann nicht alles erklären.“ Stimmt. Und? „Die Wissenschaft“ behauptet auch nicht, alles erklären zu können. Der von Ihnen unterstellte Anspruch ist nicht der der Wissenschaft sondern der der Religionen.
Entscheidend ist jedoch in diesem Zusammenhang: wo nichts ist, gibt es auch nichts zu erklären.
Weiterhin darf ich Sie daran erinnern, dass es nicht Aufgabe „anderer“ ist, irgendwelche Ideen zu „widerlegen“, vielmehr ist es Aufgabe desjenigen, der eine Idee, Hypothese oder gar Theorie hat, diese zu belegen, zu untermaueren, bzw zu beweisen.

Helmut Junge
11 Jahre zuvor

@Georg Mackowiak
Ein großer Teil der damals notwendigen Widerlegungsarbeit wurde im Zeitalter der Aufklärung geleistet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Aufkl%C3%A4rung
Und es ist der Autor, der zu Recht erwartet, dass es heute erneut zu einer Einschaltung der Wissenschaft kommt.
Und Ihr Satz „wo nichts ist, gibt es auch nichts zu erklären.“ erinnert mich spontan an das Quantenvakuum, aus dem sich der Urknall entwickelt hat.
Da war ein Nichts, was plötzlich anfing zu wabern. Daraus entstand die Welt.
Dafür können Sie mich nun wirklich nicht verantwortlich machen.

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