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Die Argumente für die Bewerbung um Olympische Spiele sind immer dieselben

Ministerpräsident Armin Laschet der Veranstaltung „Rhein-Ruhr City“ am 21. Oktober 2019 in der Landesvertretung Nordrhein Westfalen in Berlin. Foto: Land NRW/Stefanie Loos

Unser Gastautor Klaus R. Kunzmann sieht die Idee, Olympische Spiele an Rhein und Ruhr zu holen kritisch.  

Nun soll es der Sport richten. Was die Politik in NRW nicht geschafft hat, sollen Olympische Spiele möglich machen. Hamburg und Berlin haben ihre Bürger nicht für die Sommerspiele, auch nicht München für die Winterspiele begeistern können. Die Bürger haben dagegen votiert. Nun sollen die schon längst aus den Fugen geratenen Olympischen Spiele den Bürgern der Region Rhein-Ruhr schmackhaft gemacht werden. Es ist aber nicht das erste Mal, dass das Ruhrgebiet von Olympia als Event träumt., und nicht ganz neu ist auch, dass ein kostspieliger Event mit einer wirtschaftlichen  Strategie verbunden wird, die den strukturellen Wandel in der Region beschleunigen sollte. Wolfgang Clement hatte  1996 den Movie Park Germany bei Bottrop-Kirchhellen mit großzügig unterstützt, weil er sich davon innovative Impulse für den strukturellen Wandel der Region erhoffte. Der Freizeitpark mit Schwerpunkt auf dem Thema Film. befriedigt das Eventbedürfnis seiner Besucher, aber seine ökonomische Ausstrahlung in die regionale Medienwirtschaft hält sich bis heute  in Grenzen. Ein deutsches Hollywood ist dort jedenfalls nicht entstanden.

Zusammen mit einer nachholenden Digitalisierung und gemeinsam mit den erfolgreicheren und vom strukturellen Wandel weniger betroffenen Städten am Rhein, sollen die von Medien beherrschten Spiele 2032 das Ruhrgebiet wirtschaftlich vorantreiben. Dies haben weder der Initiativkreis Ruhrgebiet geschafft noch die Kulturhauptstadt Essen für das Ruhrgebiet 2010. Olympia-Projekt als „Hebelthema“, so betitelte die Frankfurter Allgemeine betitelte das anspruchsvolle Projekt am 13. Oktober. mit dem Netzwerker und Sportmanagers Michael Mronz das Land NRW nordrhein-westfälische Kommunen bewegen will, sich für die Ausrichtung der Spiele im Jahr 2o32  zu bewerben. Er ist der Initiator von #neuland – Creating the digital future together.  #neuland versteht sich als Think Tank für Vordenker auf dem Weg in eine effiziente, aber ebenso ökologisch und ökonomisch nachhaltige Zukunft.  Partner sind Vodaphone, Daimler, RWE, Evonik, Vivawest, Allianz, Steag und EY, die unterstützt von prominenten Politiker*innen Lösungsansätze für die digitale Zukunft entwickeln und fördern möchten.  Die Initiative soll der Region Hoffnung auf Weltaufmerksamkeit geben den das Projekt stützenden Unternehmen bei der beschleunigten Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in der sogenannten Metropolregion RheinRuhr helfen. Das ist zumindest eine sehr smarte Initiative.

Es geht um Digitalisierung, nicht um Sport. Mangels kreativer Ideenlosigkeit hat eine umfassend gedachte Sportwirtschaft im Ruhrgebiet nie die politische Unterstützung der Region erfahren, auch nicht die der regional Industrie- und Handelskammern. Das Ruhrgebiet ist in der Welt nicht dafür bekannt, dass dort die modernsten Stadien mit innovativer Technik gebaut werden, die besten Sportschuhe und –geräte hergestellt werden, dass die Sportmedizin Spitze ist, dass gesunde Sporternährung in der Region entwickelt wird, die besten Sportfilme gedreht wurden, und die besten Trainingszentren bestehen, auch nicht dafür, dass Institutionen des Sports von hier aus Sport in aller Welt begleiten oder dass die Region bei der Integration von Migranten durch Sport besonders erfolgreich ist. Die Fussballvereine von Schalke und Dortmund, sind zwar seit Jahrzehnten sportliche Leuchttürme des Ruhrgebiets, aber zum strukturellen Wandel der Region haben sie wenig beigetragen.

Die medienwirksamen Spiele profilieren eine Stadt weltweit, sie sind Anlass für die Beschleunigung großer Entwicklungsprojekte, die ohne das Ereignis nicht oder nur viel später verwirklicht werden können. Sie sichern Arbeitsplätze in der Bauindustrie, schaffen neue, aber nur zeitweise genutzte olympische Dörfer. Nicht zu vergessen, Olympische Spiele werden von nationalen Regierungen meist sehr großzügig finanziell unterstützt. Das olympische Ereignis ist jedenfalls immer willkommener Anlass die lokale Verkehrsinfrastruktur auszubauen, damit Besucher an die Spielstätten kommen, und später auch die Bürger davon profitieren. München hat 1972 für die Olympiade die erste U-Bahn gebaut. Athen hat die Spiele 2004 ausgerichtet und dafür 9 Milliarden € ausgegeben, weiß aber bis heute nicht wirklich, was es mit den Hinterlassenschaften der Olympiade  tun soll. Die Spiele sind in der Regel ein immenses Zuschussgeschäft. Nur die Spiele in Los Angeles 1984 haben den öffentlichen Sektor nichts gekostet, vor allem weil die Coca Cola Corporation sich seinerzeit dafür finanziell stark engagiert hatte. Die Stadt London, die 2012 mit Hilfe der Olympiade einen vernachlässigten Stadtteil erfolgreich revitalisiert (und gentrifiziert) hat, musste nach einer offiziellen Studie der Universität in Oxford ein Defizit von 15 Milliarden $ verbuchen. Die Profilierung der Stadt Beijing durch Olympische Spiele 2012 war der chinesischen Regierung 40 Milliarden US $ wert. Trotz solcher abschreckender Zahlen hätte die Hansestadt Hamburg die Spiele gerne gehabt, um seine erfolgreiche Hafen City um ein innenstadtnahes Entwicklungsgebiet zu erweitern. Aber die Bürger votierten dagegen.

Die Sportstätten an Rhein und Ruhr, so die Initiatoren, seien zu 90 Prozent vorhanden, nur das Stadium in Dortmund müsste für die Leichtathletikwettkämpfe umgebaut werden. Das Olympische Dorf könnte auf der überdeckelten A40 in Essen gebaut werden und neue sozial geförderte Wohnungen in Innenstadtlage hinterlassen. Moderne (welche?) Verkehrssysteme sollen für den Anlass entwickelt werden, die Energiewende soll wieder mal angeschoben und die Digitalisierung soll beschleunigt werden. Das sind bekannte und keine besonders innovativen Strategien.  Olympische Spiele sind jedenfalls kein wirklich wirkungsvolles Instrument um den strukturellen Wandel im Ruhrgebiet voranzutreiben. Sie mögen die versäumte Internationalisierung der Region nachholen, aber sie würden finanzielle Mittel binden, die für andere Felder (beispielsweise Bildung, sozialer Wohnungsbau, Kultur) benötigt werden, um den Kommunen zu helfen, die Folgen der Coronakrise zu bewältigen. Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, braucht den Sport nicht als Beschleuniger. Das schaffen Unternehmen und Konsumenten auch ohne Olympische Spiele.

Nur wenn es gelingen könnte, die Medienrechte des olympischen Komitees und die damit verbundenen weltweiten Medieneinnahmen in der Region RheinRuhr zu halten, dann würde das Medienspektakel Olympia in NRW vielleicht sogar Sinn machen, aber dafür müssten erst diejenigen Mitglieder des IOC aus Dubai, Nigeria oder Mexiko gewonnen werden, die mit ihren Familien gerne das Ruhrgebiet besuchen möchten.  Doch dies ist wirklich eine weitere Utopie………….

Prof. Dr. Klaus R. Kunzmann war Gründer und Leiter des Instituts für Raumplanung (1974-1993), dann bis zum Jahre 2006 Jean Monnet Professor für Europäische Raumplanung an der Fakultät für Raumplanung der TU Dortmund. Er ist  Honorarprofessor an der Bartlett School of Planning der University of London (UCL) und der South East University in Nanjing/China. Er war Bürger des Ruhrgebiets (2006/2007) und lebt heute in Potsdam und Templin.

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