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Ein Pflichtdienst? Wenn schon, dann aber auch bitteschön wirklich für alle!

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Quelle: Wikipedia, Foto: Jim Mattis, Lizenz: gemeinfrei

Dass sich dieses Thema so rasch überhaupt noch einmal ernsthaft stellen würde, nachdem die Wehrpflicht doch vor ein paar Jahren erst ausgesetzt wurde, das hätten wohl nicht allzu viele erwartet. Doch tatsächlich: Deutschland streitet sich im August 2018, ob es zukünftig erneut einen Pflichtdienst für junge Erwachsene geben soll!

Das weckt viele Erinnerungen. Auch bei mir. Als ich im Juni 1990 das ‚Abi‘ frisch in der Tasche hatte, da war es ganz normal, dass die Jungs erst einmal für ein Jahr zum Bund gingen oder einen entsprechenden Ersatzdienst absolvierten. Grundsätzlich war das Alles recht unbeliebt. Keiner meiner Kumpels hat seine Entscheidung für das eine oder andere wirklich gerne getroffen. Alle wählten das für sich kleinere Übel. Viele entschieden sich seinerzeit für die Bundeswehr, weil es ihnen ermöglichte so ’nur‘ ein Jahr zu verlieren. Der ‚Zivildienst war in der Regel drei Monate länger, verhinderte einen Studienbeginn mit 12 Monaten ‚Verspätung‘. Das war durchaus ein gewichtiges Argument für den kürzeren Wehrdienst damals.

Ich persönlich hatte es vergleichsweise gut. Da mein Vater bereits seit den 1970er-Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr hier am Ort aktiv wahr, standen mir die Türen dort offen. Ich verpflichtete mich als 18-Jähriger direkt für 10 Jahre, was mir die zeitliche Zwangspause für Bundeswehr oder Ersatzdienst komplett ersparte, es mir möglich machte völlig ohne eine Verzögerung das Studium aufzunehmen.

Zudem habe ich dort im Laufe der Jahre viele neue Kontakte an meinem Wohnort knüpfen können, was meine tiefe Verwurzelung noch heute, fast 30 Jahre später klar begünstigt. Und das, obwohl ich inzwischen schon seit 1998 gar nicht mehr Mitglied der Feuerwehr bin. Berufliche Veränderungen beendeten meine Zeit dort damals. Viele Kontakte blieben erhalten.

Wenn ich nun von den laufenden Diskussionen rund um das Thema höre und lese, dann wundere ich mich sehr darüber, dass ich dem Gedanken für die Einführung eines Pflichtdienstes inzwischen als mittelalter Erwachsener durchaus etwas abgewinnen kann. Ich bin eigentlich selten einer Meinung mit konservativen CDU-Kreisen. 😉 Doch ein solcher Dienst hätte in der Tat viele Vorteile. Für die persönliche Entwicklung, für die Gesellschaft, für Hilfsorganisationen, für die Situation in der Pflege usw.. Einer ‚Wiedereinführung‘ stünde ich daher durchaus offen gegenüber.

Ich bin sogar erstaunt darüber, dass man die Wehrpflicht damals offensichtlich ausgesetzt hat ohne all diese Konsequenzen ausreichend zu berücksichtigen. Inzwischen haben all diese Organisationen Nachwuchsprobleme, ist der Mangel auf dem Pflegesektor ohne ‚Zivis‘ eklatant.

Was mich allerdings ebenso erstaunt, dass ist der Gang der Debatte bisher. Denn wenn, dann dürfte das Ganze selbstverständlich zukünftig nur als ein Pflichtdienst für wirklich ALLE organisiert werden. Nicht nur für Männer!

Mit einigem Bauchgrimmen erinnere ich mich zurück an die Debatten mit einigen Mitschülerinnen von damals, die etwas schadenfroh auf die ‚Jungs‘ schauten, die damals erst diesen Dienst absolvieren mussten, während die Frauen fröhlich lächelnd an die Unis der Republik weiterzogen, oder aber eine Berufsausbildung absolvieren konnten.

Wirklich gute Argumente, warum das so ist bzw. war konnte mir bis zum heutigen Tage niemand liefern. Eine Klassenkameradin sagte damals allen Ernstes zu mir: „Dafür bekommen wir Frauen ja die Babys.“. Also ehrlich, darauf fiel mir damals schon keine sinnvolle Antwort mehr ein.

Diskutiert also gerne ausgiebig über einen neuen Pflichtdienst. Es gibt gute Argumente dafür und auch dagegen. Nur, wenn Ihr Euch am Ende tatsächlich dafür entscheiden solltet, dann bitteschön zukünftig wirklich für alle Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen. Es gibt im Zeitalter der Emanzipation nämlich überhaupt keine Argumente dann erneut nur die Männer damit zu belasten!

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Thorsten Stumm
5 Jahre zuvor

Robin, die Diskussion ist total theoretisch….denn durchs GG ist nur der Wehrdienst oder Zivildienst als Zwangsdienst zur Aufrechterhaltung der Verteidigungsfähigkeit der BRD erlaubt. Und dann auch noch nur für Männer…..
Eine allgemeine Dienstpflicht lässt sich schwerlich verfassungskonform begründen…….da reicht nicht fände ich gut, hat mir viel gegeben, denn in letzter Konsequenz fragt sich was mit den Männer und dann auch Frauen geschieht die sich dem evtl. verweigern……wer als Mann auch den Zivildienst verweigerte landete im Knast…..und selbst wenn…….müsste hierzu das GG geändert werden……dazu brauchst es eine 2/3 Mehrheit…….die ist nirgendswo zu sehen….da die Zeiten wo CDU und SPD eine solche Mehrheit stellten sind für immer vorbei……das ist Sommerlochquatsch…….

Martin Ütze
Martin Ütze
5 Jahre zuvor

Schließe mich dem Autor vollkommen an: Wenn Pflichtjahr, dann für alle. Und auch ich hätte nicht gedacht, dass ich so einer Argumentation (und dann auch noch aus konservativen Kreisen) zustimmen würde. Was ich allerdings beobachte ist, dass viele Berufsanfänger vom Leben noch nichts gesehen haben und sich schlecht unterordnen können. Sind halt von Mami&Papi verhätschelt worden, unterordnen, schmutzige Aufgaben erledigen und sich einfach mal in ein fremdes soziales Gefüge einordnen müssen, haben sie nicht gelernt. Die Welt mit anderen Augen sehen, neue Arbeitsbereiche entdecken, dabei hilft so ein Pflichtjahr. Und das haben Frauen genauso nötig wie Männer, Ausnahmen sollte es wirklich nur bei schwerer "Behinderung" geben.

Ke
Ke
5 Jahre zuvor

Der eigentliche Skandal ist doch, dass eine Wehrpflicht nur für Männer nicht vom Verfassungsgericht beanstandet wurde.

Bei jedem Gedöns wird Diskrimnierung geschrien und dies wird oft gerichtlich bestätigt. Nur bei so einer offensichtlichen Ungleichbehandlung sehen Richter keine Probleme?

Je älter ich werde, desto mehr Zweifel habe ich am Sinn des Verfassungsgerichts.

Thorsten Stumm
5 Jahre zuvor

@ke
Grundsätzlich werden Gerichte nur auf Klage hin tätig….und diese mögliche Klage drohte damals durchaus und hat eine nicht unwesentliche Rolle bei der Abschaffung der Wehrpflicht gespielt. Stichwort Wehrgerechtigkeit und in diesen Kontext auch wichtig die Kreil-Entscheidung des Eugh.
Vielleicht sollten sie mit dem alter klüger werden und mehr lesen……..

Michael
Michael
5 Jahre zuvor

Vorteil der persönlichen Entwicklung? Ist damit gemeint, dass man sich dann leichter an das sätere Ausgebeutewerden im Kapitalismus gewöhnt?

Vorteil für Hilfsorganisation und/oder der Pflege? In der Pflege mangelt es nicht an billigen Kräften, die zur Zwangsarbeit verurteilt wurden (euphemistisch Dienstverpflichtung). Es mangelt an diplomierten Kräften, es mangelt an guten Gehältern, es mangelt an verträglichen Arbeitszeiten.

In diesem Land gibt e viele Defizite – eine "Dienstverpflichtung" gehört nicht dazu.

ke
ke
5 Jahre zuvor

@7 R Patzwaldt
Die Wirtschaft und auch Staaten konnten immer wieder gute Leistungen erbringen, wenn Menschen als Zwangsarbeiter mit max. sehr geringen Löhnen aktiv waren.
Das mag für viele gut sein, für die betroffenen Personen ist es oft weniger schön. So habe ich auch meinen Wehrdienst empfunden.
Damals hieß es ja, dass der Mann zum Bund geht und die Frauen Kinder bekommen, d.h. es gibt kompensatorische Effekte. Dass das nicht stimmt und dass auch heute viele Frauen ohne Kinder nur Teilzeit arbeiten zerstört diesen Mythos der Frau als MegaMutter, die wg. der Kinder viel erleiden muss, nicht.

Zum Thema Wehrgerechtigkeit in vielen Facetten gibt es auch einen guten Wikipedia Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Wehrgerechtigkeit
Insbesondere der Satz von Helmut Schmidt aus dem Jahr 1969
„Wohl muss aber endlich verstanden werden, dass die heutige Wehrungerechtigkeit nur noch wenige Jahre erträglich ist, wenn nicht eine bleibende schwere Schädigung des Vertrauens der jungen Männer und damit der inneren Stabilität des demokratischen Rechtsstaates in Kauf genommen werden soll.“

Ke
Ke
5 Jahre zuvor

#9
Es kann doch jeder in der Familie, in der Nachbarschaft die Augen aufhalten und unterstützen/sich engagieren. Das wäre sinnvoll, sozial und ohne Zwang.

Eigentlich so wie vorm Outsourcing von Familien/Dorfaufgaben an den Staat

ke
ke
5 Jahre zuvor

Und noch ein Vorstoß in Richtung Zwangsarbeit:
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/cdu-annegret-kramp-karrenbauer-will-dienstpflicht-fuer-fluechtlinge-56863654.bild.html

Jetzt soll es eine Dienstpflicht für Flüchtlinge geben.

Es ist dabei natürlich taktisch klug, dass die Saarländerin nie Details nennt.

Zumindest ist es gut, dass sie Asyl und Arbeitskräfteeinwanderung trennt. D.h. natürlich nicht, dass es bei den gleichen Kriterien auch einen Übergang geben sollte, wenn die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt werden.

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