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Update: Einsparungen: Funke schließt Druckerei in Essen – Auch Berlin betroffen

Homepage der Funke-Mediengruppe


Die Funke-Mediengruppe hat heute ihren Mitarbeitern das „Zukunftsprogramm Funke 2022“ vorgestellt. Von den geplanten Einsparungen ist auch der Standort Essen betroffen.

Nach einem Bericht des Branchenmagazins Horizont wird die Funke-Mediengruppe, die neben der WAZ auch das Hamburger-Abendblatt, die Thüringer-Allgemeine herausgibt und am Standort Berlin eine Zentralredaktion unterhält und Berliner Morgenpost veröffentlicht, weitere Stellen abbauen. Die Druckerei in Essen  mit 120 Mitarbeitern soll geschlossen werden. Weitere Einsparung sind offenbar bei den Mitarbeitern der Berliner Zentralredaktion, in Hamburg und in Thüringen geplant.

Christian Walter, Vorsitzender des Berliner Landesverbandes der Journalistengewerkschaft DJV geht davon aus, dass die Einschnitte in der Zentrale massiv ausfallen werden:


Der Branchendienst turi2 meldet indes:

„Berliner Morgenpost Kompakt“. Die erhofften Synergien aus dem Springer-Funke-Deal mit dem Kauf der Springer-Regionalzeitungen hätten sich bislang nicht eingestellt.“

Update: Mittlerweile hat sich die Funke-Mediengruppe zu ihren Plänen geäussert:

Die Position als führender Publisher von Regional- und Lokalmedien stärken und ausbauen – das möchte die FUNKE MEDIENGRUPPE mit ihrem Zukunftsprogramm FUNKE 2022 erreichen. Drei Ziele stehen dabei im Fokus: Konsequente Ausrichtung auf digitale Produkte bei gleichzeitiger Stabilisierung der Printtitel, Schaffung von Freiräumen für Investitionen in neue Produkte durch Kosteneinsparung und Nutzen von Wachstumschancen im Newsmarkt.

„Mehr denn je brauchen wir guten, verlässlichen Regional- und Lokaljournalismus. Wir dürfen uns aber nichts vormachen, seine Zukunft ist extrem gefährdet“, sagt Ove Saffe, für das Zeitungsgeschäft verantwortlicher Geschäftsführer. „Die Kosten für die Zeitungszustellung haben sich auch aufgrund staatlicher Maßnahmen drastisch erhöht, die Zustellung wird dadurch immer schwieriger. Wenn wir die Entwicklung unserer Auflagen und der Werbeerlöse in die Zukunft fortschreiben und Belastungen wie steigende Papierpreise hinzurechnen, wird deutlich, dass wir den Schalter jetzt umlegen müssen. Genau das tun wir: Wir schaffen ein Umfeld, in dem unabhängiger und professioneller Regional- und Lokaljournalismus gedeihen kann.“

Im Fokus des Zukunftskurses steht  der Ausbau digitaler journalistischer Bezahlangebote. In Hamburg wurde bereits im September 2018 damit begonnen, die redaktionellen Prozesse bei den Regionalzeitungen auf das User-First-Prinzip umzustellen. Die Redaktionen in Nordrhein-Westfalen starteten in der vorletzten Woche damit, die Berliner Morgenpost folgt im März, danach kommen die Titel in Braunschweig und Thüringen an die Reihe. Ove Saffe: „Die Ergebnisse sind sehr ermutigend, wir verzeichnen beim Hamburger Abendblatt eine Steigerung der Digital-Abo-Abschlüsse um fast 300 Prozent seit Juli vergangenen Jahres. Auch in Nordrhein-Westfalen ist bereits nach wenigen Tagen eine dynamische Entwicklung nach oben erkennbar.“

Um die digitale Transformation zu forcieren, wurde unter Leitung von Dr. Ruth Betz und Carsten Erdmann die Stabsstelle Digitale Transformationeingerichtet. Sie koordiniert alle User-First-Projekte und initiiert agile Prozesse, die einen schnellen und ergebnisorientierten Austausch mit und unter den Standorten ermöglichen. Ove Saffe: „Hier geschieht nicht weniger als eine Kulturrevolution: Die Standorte entscheiden und priorisieren gemeinsam, was wann wie geschieht, und liefern dann schnell Resultate. Das ist eine Blaupause für uns: 2022 soll die gesamte Mediengruppe agil ‚ticken‘.“

Teil des Zukunftsprogramms FUNKE 2022 ist ein forcierter Wachstumskurs mit dem Schwerpunkt auf digitale Aktivitäten. „Unsere Investitionen in journalistische Innovationen wie den Datenjournalismus und digitales Storytelling sind teuer und zahlen sich oft erst nach Jahren aus. Sie sind aber wichtig, um auch künftig Leserinnen und Leser für unsere Titel zu gewinnen“, sagt Andreas Schoo, für digitale Aktivitäten verantwortlicher Geschäftsführer. „Und natürlich wollen wir uns auch die Möglichkeit offen halten, in die Übernahme von Produkten zu investieren, die zu unserem Regional- und Lokalportfolio passen.“

Parallel zur Expansion wird mit dem Zukunftsprogramm FUNKE 2022 der Tageszeitungsbereich im Sinne maximaler Kosteneffizienz neu aufgestellt. Teil der Neuausrichtung ist ein strategisches Kostensenkungsprogramm an allen Standorten, das auch Personalabbau beinhaltet. Heute wurden Betriebsräte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der betroffenen Bereiche über die Planungen informiert.

So muss in Nordrhein-Westfalen die Ausgabe der Westfalenpost in Warstein eingestellt werden; sie ist trotz großer Anstrengungen seit Jahren schon nicht mehr wirtschaftlich zu führen. Aufgrund der strukturell rückläufigen Tageszeitungsauflagen sind die beiden NRW-Druckereien in Essen und Hagen jeweils nur noch etwa zur Hälfte ausgelastet. Diese Betriebsstruktur ist wegen der damit verbundenen Kosten nicht mehr zukunftsfähig und bedarf einer Anpassung. Deswegen ist geplant, die Druckaktivitäten an dem größeren Standort Hagen zusammenzuführen. Dort entstehen durch den Kapazitätsaufbau neue Arbeitsplätze. Diese Maßnahme wird durch ein umfassendes Investitionsprogramm im niedrigen zweistelligen Millionenbereich flankiert. In Hagen entsteht somit ein hocheffizienter Betrieb, der auf die zukünftigen Anforderungen in technischer und kapazitiver Hinsicht optimal ausgerichtet wird. Mit den Mitarbeitern des Essener Betriebes bzw. deren Vertretern wird zeitnah darüber beraten, inwiefern Beschäftigungen am Standort Hagen möglich sind. Resultierend aus dem sich stetig rückläufig entwickelnden Print-Werbegeschäft werden in Braunschweig die Wochenblattaktivitäten reduziert. In Hamburg ist eine zentrale Redaktion für alle Wochenblätter geplant. Für die Berliner Morgenpost werden zurzeit Möglichkeiten eines effektiven Digitalkurses geprüft. Das Kompaktformat wird eingestellt, da über 90 Prozent der Leserinnen und Leser das Großformat oder die Digitalausgabe bevorzugen. Für die Thüringer Titel werden Szenarien erarbeitet, wie eine Versorgung der Leserinnen und Leser in ländlichen Gebieten mit digitalen Angeboten gewährleistet werden kann.

In der Berliner Zentralredaktion sollen die Aufgaben des Service-Ressorts ausgelagert, Redakteursstellen in der Produktion abgebaut werden. „Die Zentralredaktion ist für uns überaus wichtig, sie ist eine unüberhörbare publizistische Stimme in Deutschland geworden. Das wird auch so bleiben. Allerdings werden wir von Berlin aus künftig straffer und standardisierter die Regionaltitel beliefern“, sagt Ove Saffe.

Die Digitalisierung hat die Werbevermarktung so radikal verändert, dass auch hier eine grundlegende Anpassung der Strukturen und Prozesse notwendig ist. Ziel ist eine sinnvolle Zentralisierung bei gleichzeitiger Schaffung schlagkräftiger Teams vor Ort. „Die Neuaufstellung der Vermarktung ist eine besondere Herausforderung. Wir müssen hier ganz neu denken und kommen leider nicht am Abbau von Stellen vorbei“, so Ove Saffe. Der Vertrieb wird in Fortführung der seit vier Jahren erfolgten Harmonisierung  ebenfalls zentralisiert und optimiert dabei standortübergreifend seine Prozesse. Darüber hinaus ist eine Neuaufstellung der kaufmännischen Bereiche vorgesehen.

Die Journalistengewerkschaft DJV sieht die Entwicklung hingegen kritisch:

„Dahinter steckt blinde Profitgier. Um ihre Renditeziele zu erreichen, werden reihenweise Menschen auf die Straße gesetzt. Der Schein des Aufbruchs in Wertschätzung der Mitarbeiter durch die Geschäftsführung  in der neuen Firmenzentrale in Essen trügt.“ Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes NRW (DJV-NRW) Frank Stach hat die Geschäftsführung der Funke Mediengruppe mit scharfen Worten für die heute bekannt gegebenen Abbaupläne kritisiert.

Das heute von der Funke Mediengruppe vorgelegte Sparprogramm sieht vor, in NRW erneut 10 Prozent der Stellen an den drei Funke Titeln in NRW einzusparen. Die Redaktion der Westfalenpost in Warstein mit fünf fest angestellten Mitarbeitern soll ganz geschlossen werden. Die Ausbildung der Volontäre in der Medienakademie-Ruhr wird für ein Jahr ausgesetzt. Komplett schließen will der Konzern das Essener Druckhaus mit 120 Mitarbeitern.

„Damit setzt der Konzern die alte, verhängnisvolle Politik des Personalabbaus fort, die bereits hunderte Arbeitsplätze gekostet hat“, betont DJV-NRW Geschäftsführer Volkmar Kah. Die Konzentration auf Sparmaßnahmen als Geschäftsmodell konterkariert Funkes Anspruch, sich im digitalen Zukunftsmarkt einen guten Platz zu sichern. „Der kontinuierliche Abbau der Belegschaft und der Aufbau neuer, personalintensiver Online- Projekte schließen sich gegenseitig aus.“

„Wir erkennen, dass das Print-Geschäftsfeld weniger profitabel geworden ist“, so Kah. Die Funke Manager handeln jedoch ohne Konzept. Weiterer Personalabbau sei keine Lösung. Funke müsse jetzt schnell die angekündigte Neuausrichtung auf digitale Medien umsetzen. „Dieses Ziel kann nur mit einer ausreichenden Zahl an hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erreicht werden. Der Stellenplan der Funke Mediengruppe ist aber schon jetzt auf Kante genäht, die Redaktionen sind am Limit.“

Kah fordert die Gesellschafter und Geschäftsführer der Funke Mediengruppe auf, ihrer sozialen Verpflichtung gerecht zu werden und dafür Sorge zu tragen, dass der angekündigte Stellenabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgt.

Die Funke Mediengruppe hatte bereits 2008 ca. 300 von 900 redaktionellen Stellen in NRW abgebaut, 2013 wurden alle 120 Stellen der Westfälischen Rundschau gestrichen. Die Westfälische Rundschau rangiert seitdem in der Kategorie „Zombie-Blätter“, d.h. eine Zeitung ohne eigene Redaktion. Während die Mediengruppe am Personal spart, kauft sie fleißig weitere Zeitungen und Zeitschriften ein, alleine 2013 für insgesamt 920 Millionen Euro. Weitere Käufe sind aktuell angekündigt.

Betroffene DJV-Mitglieder der Funke-Titel in NRW können sich mit Fragen jederzeit an uns wenden.

Update II

Die Medienakademie legt Wert auf folgenden Hinweis: „Die Ausbildung der Volontäre seiner NRW-Zeitungstitel in der Medienakademie-Ruhr will der Konzern für ein Jahr aussetzen.“

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