Gelsenkirchen: Die zwei Seiten von Ückendorf

Eine Straßenecke in Ückendorf – Foto: Voregger

Für die Bochumer Straße sind umfassende Umbauarbeiten geplant und in den letzten Monaten haben sich hier neue Projekte angesiedelt. Etwas in Vergessenheit geraten ist die Ückendorfer Straße, die zweite große Verkehrsachse im Stadtteil. Viele Bürger beklagen inzwischen die Leerstände und den offensichtlichen Verfall.

„Ob die zweifelsohne großartigen und richtigen Bemühungen die Bochumer Straße zu sanieren am Ende für Ückendorf von Erfolg gekrönt sein werden bleibt abzuwarten“, sagt Olivier Kruschinski, der im Stadtteil lebt. „Die Chancen jedenfalls schwinden proportional zum dramatischen Verfall der parallel verlaufenden Ückendorfer Straße“.

Der Baubeginn für die Bochumer Straße ist für 2021 geplant. Das Referat Verkehr, veranschlagt für die 700 Meter Straße eine Dauer von 2 Jahren. Die Kosten werden auf acht Millionen Euro geschätzt. Auf der 15 Meter breiten Straße sollen Geh- und Radwege entstehen, sowie Flächen für Außengastronomie und etwas Grün. Eine besondere Herausforderung ist die Verlegung der Gleise für die Straßenbahn in die Mitte der Straße. In dieser Zeit muss der Verkehr umgeleitet werden. „Der aktuelle Zeitpunkt ist daher zu früh, um valide Aussagen zur Umleitung des Verkehrs während der etwa zweijährigen Bauzeit zu treffen“, heißt es dazu aus dem Büro von Stadtbaurat Martin Harter. „Im Rahmen des Baustellenmanagements werden die Verkehrsführung und Umleitungen des Verkehrs geplant. Die Betroffenen werden rechtzeitig informiert“. Ein Blick auf den Stadtplan macht deutlich, dass nach Baubeginn auf der Bochumer sich der Verkehr über die Ückendorfer Straße bewegen wird.

Damit werden die Belastungen durch Verkehrslärm und Abgasen hier weiter steigen. Es wäre an der Zeit diesen Teil von Ückendorf auch im Rahmen von Stadtentwicklungsprogrammen zu fördern. Stefan Rommelfanger war lange Leiter der Koordinierungsstelle Stadterneuerung in Gelsenkirchen und ist jetzt Stadtbaurat in Witten. In Gelsenkirchen war er für das Projekt „Soziale Stadt“ und für die Erneuerung der Bochumer Straße in Ückendorf zuständig. Er hat schon vor Jahren Gesamtstrategie für die Entwicklung der Stadtteile gefordert: „Wir müssen uns stärker um die Stadtteile kümmern, die auf der Schwelle stehen und wo man vielleicht durch präventive Aktivitäten erreichen kann, dass es nicht weiter zu einer Abwärtsspirale kommt. Es gilt die Quartiere zu identifizieren, in denen man intensiv arbeiten muss, um die Stadt insgesamt nach vorne zu bringen“.

Davon ist man in Gelsenkirchen derzeit weit entfernt und die Verwaltung konzentriert sich derzeit lieber auf Vorzeigeprojekte, wie die Bochumer Straße. „Im Rahmen der Städtebauförderung wird stets ein gebietsbezogener Handlungsansatz verfolgt“, sagt Stadtbaurat Martin Harter. „Die Ückendorfer Straße ist aktuell nicht als Gebiet der Stadterneuerung festgelegt. Interventionen zur Aufwertung dieser Straße sowie weitere Maßnahmen sind daher zum Status Quo nicht über Städtebaufördermittel finanzierbar“.

Dabei steht Ückendorf nicht allein. Stadtteile wie Schalke Nord warten schon lange auf die Unterstützung von Politik und Verwaltung. So schmeißt man auf der einen Seite um, was man woanders mit Mühe aufgebaut hat.

Der Beitrag ist in der aktuellen Ausgabe des Stadtmagazins isso erschienen.

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rote rosa
rote rosa
4 Jahre zuvor

Erst wenn sich die CDU-Wittke-Wähler der Buerschen Pohlbürger und den Baranowski Beamten, die so gerne ihre moralische Überlegenheit mit und im Rolex-Proseccoglas demonstrieren, wieder in Ückendorf ansiedeln, glaube ich an eine Stadteilerneuerung in Ückendorf, Schalke und Co. 😉

Ansonsten ist das die Blaupause für viele segregierter Stadteile im zukünftigen Deutschland, in der sich eine Gegengesellschaft ausgeprägt hat, während andere sich in Gates communities in Waldbogen Gebieten abschotten, die gegen Abgrenzung sind. Schöne neue bigotte Welt!

Ruhr Reisen
Ruhr Reisen
4 Jahre zuvor

Es bräuchte einfach mehr Journalisten und Macher, die den Verantwortlichen auf die Finger klopfen. Dass Harter (Gottseidank?) demnächst seines Amtes in Essen weilt und sich dann zum dritten Mal jemand anders in ein unfertiges Projekt einarbeiten muss, ist ja schon schlimm genug. Was kosten allein solche Übergaben?
Leider ist es nicht nur die Ückendorfer Straße oder Schalke Nord.
Ganze fünf Jahre Zeit hatte z.B. Bulmke als ein ehemals gutes Quartier sehenden Auges durch hohe Zuwanderung abzuwirtschaften. Anstatt die verzweifelten Hinweise der Bürgerschaft zur Verwahrlosung rund um die obere Kirchstraße, Böhlingshof, Hüttenstraße, Graskamp….von Anfang an ernst zu nehmen und etwa anders "umzuverteilen" , kam erstmals die "Taskforce" Im Mai 2019 vorbei. Sie hatte auch gleich "Erfolg". Diese eine Problemimmobilie löste seit 2013/2014 den so genannten "Broken-Windows"-Effekt auf das ganze Viertel aus – mittlerweile sind es viele, mit denen dubiose Vermieter Geld verdienen. So war es bereits zu spät und diejenigen weggezogen, die seit Jahren warnten, es aber nicht mehr weiter ertrugen. Die Anwohner fühlen sich im Stich gelassen – auch deshalb, weil es eben nicht reicht, über die GE-App die beinahe täglichen Misstände aufzuzeigen. Sie wollen von der Kommune hören, was und ob überhaupt etwas vor Ort getan wird.
Fazit: Es brennen einfach zuviele "Herde" gleichzeitig und es gibt zuwenig "Personal" mit Durchsetzungskraft, die löschen und vor allem (wieder) aufbauen.

rote rosa
rote rosa
4 Jahre zuvor

#ruhrreisen Es bräuchte einfach mehr Journalisten und Macher,
Naja, Stefan Laurin versucht sich ja nochmal als Mahner und Sarrazin des Potts in seinem neuen Buch "versemmelt, das Ruhrgebiet ist am Ende" mit Motivation, allerdings fehlt ihm -im Gegensatz zu Sarrazin,-der Mut für das Offensichtliche in seiner Analyse. Wer durch das Özil Bismarck fährt, weiss wie es um Gelsenkirchen steht und warum Segregation und Wegzug voranschreiten!
Und dass die Baranowski Rats-Genossen mehr in Förderanträgen und Versorgungsposten der Fraktionskollegen für kommunale Gesellschaften stehen, ist auch nix Neues. Erst sollte der Wissenschaftspark in Ückendorf "ausstrahlen" jetzt wird eine Letter of Untent +lol+ für den Wissenschaftsstandort initiiert, reine Symbolpolitik, passieren wird eh nix. In der Lausitz entblöden sich die Genossen nicht, den Kohlekumpel ernsthaft zu entgegen, dass doch jetzt "Jobs" bei Bundesbehörden entstehen und DGB & Verdi freuen sich darüber und rufen bei FFF zum Arbeitsplatzabbau in der Energie und Automobilbranche auf. Mal sehen, wielange es braucht, bis BP unter Beschuss der SPD Schulz Kinder gerät und die letzten gutbezahlten Arbeitsplätze in GE auch noch wegfallen? Sierau und Baranowski sitzen dann gut gepolstert unter der Golden Gate Bridge.

Baranowski & Kollegen haben schon lange den falschen Abzweig genommen. Statt als Metropole auf KI, Digitalisierung und disruptive Industrie zu setzenn, wurde eifrig in Sozial und Zeitgeistthemen investiert. Blöde nur, die will nur niemand kaufen, reicht aber für Beauftragten Jobs in der Verwaltung.
Schicht am Schacht, auch wenn es noch keiner wahrhaben wil!

Ruhr Reisen
Ruhr Reisen
4 Jahre zuvor

@rote rosa
uijuijui….da ist ja ne Menge boshaftes Insiderwissen drin…Ich teile nicht alles, das mit der KI, Projektitis usw. schon.
Man sollte über eine Agentu für geführte Ghetto-Touren mit Abenteuer-Funfact zur Förderung der Sozialen Teilhabe und des Regionaltourismus zur Abschreckung nachdenken…da bieten sich viele Möglichkeiten.

Und zu BP: Die suchen gerade aktuell eine Fachkraft für politische Kommunikation….
Das ist doch wirklich amüsant…

rote rosa
rote rosa
4 Jahre zuvor

#ruhrreisen
Boshaft? Wohl eher Realitätsbeschreibung! Wer neben dem „Paten“ aus GE gewohnt hat, weiss um die irreversible, libanonisierte Zukunft von Gelsenkirchen und Deutschland!

Ghetto Touren mit brennenden Autos, blockierten Raffinerien und bewachten Stadtteil Checkpoints sind bei den wohlstandsverwöhnten fff Kids sicherlich schwer angesagt, warum nicht als Krisengewinnler profitieren 🙂
Glück auf!

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