Grüner Eifel-Oli geht auf Kohlenklau

Unser Autor Martin Kaysh in der Rolle des Steigers beim Geierabend Foto: Geierabend
Unser Autor Martin Kaysh in der Rolle des Steigers beim Geierabend Foto: Geierabend

Fremde, eigentlich unbedeutende Orte lernt man oft durch Erdbeben, Springfluten und Bürgerkriege kennen. Guernica etwa kennen wir wegen seiner Zerstörung durch die Legion Condor am 27. April 1937, hauptsächlich aber durch Picassos Bild. Politiker mit Aufmerksamkeitsdefizit, die also zu wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen, müssen sich nicht selbst zerstören, sie flackern kurz auf durch möglichst abwegige Forderungen. Oliver Krischer war lange und unbemerkt stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, ehe er gestern auffällig wurde.

Er gönnt den Bergleuten und Rentnern der Steinkohlezechen ihr Deputat nicht, diese Hausbrand genannten kostenfreien Kohlelieferungen. Funkes Zeitungen zitieren den Vize: „Finanziert wird das über die Steinkohlesubventionen von Bund und Land NRW. Es ist ungerecht, wenn die Ruheständler des Kohlebergbaus eine exklusive Zusatzrente auf Staatskosten bekommen, Millionen andere Rentner aber nicht.“ Was Krischer da veranstaltet, ist ein Antifringsen, ein Kohlenklau von oben herab.

Als selbsternannter „Steiger“, aus allein künstlerischen Gründen, muss ich kurz mal widersprechen. Auch wenn mir gestern Nachmittag der Kollege und RAG-Aufsichtsrat Norbert Maus, noch abriet, als ich ihn zufällig traf. So ist Ruhrpott. Man trifft immer zufällig einen, wenn man ihn gerade braucht. Das wäre doch nur Wasser auf deren Mühlen, meinte Maus, außerdem habe er Feierabend. Zusätzlich hatte er sichtbar gute Laune. Die wollte ich ihm nicht verderben. Und meine schlechte Laune wollte ich mir andererseits von ihm auch nicht verderben lassen. Weshalb ich erst mal schwieg und später schrieb.

Will Rentnern die Kohle klauen: Grünen Politiker-Oliver Krischer Foto: Oliver Krischer/PR
Will Rentnern die Kohle klauen: Grünen Politiker-Oliver Krischer Foto: Oliver Krischer/PR

Ja, ich finde es auch ungerecht, dass die Kollegen von der RAG kostenlos Kohle geliefert bekommen, den ehemaligen Mitarbeiter der Wismut, ebenfalls Bergleute, jedoch kein kostenloses Deputat-Uran vor die Tür gekippt wird. Ansonsten wird leider oft verkannt, dass meine Gewerkschaft, die IGBCE, zwar gerne mal angefeindet wird wegen ihrer sozialpartnerschaftlichen Ranschmeiße an die Unternehmen, andererseits aber oft nur knapp unter 100 Prozent der Kollegen eines Bergwerks organisiert, und so gestärkt gute Abschlüsse machte und macht. Das Deputat ist so ein Verhandlungsergebnis. Dabei ist vollkommen egal, wie der Arbeitgeber das finanziert, er hat seinen Verpflichtungen nachzukommen – das ist Jura für Anfänger und für Studienabbrecher mit politischem Amt. Kleiner Tipp für Oliver Krischer: Wenn die zeiung noch mal vorbeikommt, könnte man auch mal überlegen, ob diese lästigen Ewigkeitskosten, die weiter anfallen, wenn 2018 die letzte Zeche schließt, noch angebracht sind. Eigentlich muss die Emschergenossenschaft doch nicht in Bergsenkungsgebieten pumpen. Ganz ehrlich? Scheißegal, wenn als erstes die Innenstadt von Gelsenkirchen absäuft, damit macht man sich kurzfristig in Dortmund sogar noch Freunde.
Alternativ könnte der grüne Experte für Energiefragen, Tierschutz und Tourismus (um nur einige seiner Zuständigkeiten aufzuzählen) über jedwede Zahlung nachdenken, die aus staatlicher Quelle stammt, notfalls auch über Diäten und Pensionen. Als Grünpazifist fände ich sehr widerlich, dass Soldaten Geld erhalten, wenn sie verwundet wurden in einem Einsatz, bei dem nicht gerade unsere Freiheit oder unser Hartz IV fernab der Heimat verteidigt wurde.
Oder vielleicht denkt man mal wieder fundamental grünentugendterrorös. Alle Tätigkeiten, die der Umwelt schaden, könnte man extrem besteuern, also: Strafsteuern für Frauen in der Tabakfabrik, für Heizer im Kohlekraftwerk und Tankwarte abkassieren. Und übrigens bekommen Brauereimitarbeiter auch Deputat, zwar nicht steuerfinanziert, aber aus schmutziger Quelle, diese Legaldrogenpanscher, diese Jugendverderber.

 

Was sollte diese unsinnige Attacke auf die Deputatkohle, eine rechtmäßige Naturalrente? War das der Frühstart ins Sommerloch? Das passte zu Oliver Krischer. Der ist so ein Politiker, der immer ein Pöstchen ergattert, obwohl ihn noch nie jemand gewählt hat. Parteitagsdurchmogler, Listenplatzgewinner, irgendwie Studierter, bei dem nicht klar ist, ob er je einen Abschluss erlangt hat. Jedenfalls verschweigt seine offizielle Vita das Ende seines Studiums. Einen Abschluss würde er doch stolz vermelden. Das ist was in der Provinz, in seiner Heimat, in der Eifel, der er trotz vom Steuerzahler bezahlter Bahncard 100, Erster Klasse, anscheinend nie entkommen ist.

 

Wenn man Krischer in seinen weithin unbeachteten Youtube-Videos so anschaut, ihn mit dem stets gleichen, auch für Grüne außergewöhnlich schlecht sitzenden Sakko sieht, der Frisur, die vor allem selbstgemacht und shampoosparend erscheint, erkennt man: Krischer ist so Eifel wie Polizeioberkommissar Dietmar Schäffer aus Hengasch, Krischer ist Politik gewordener Schäffer. Nur ist Schäffer Fernsehfiktion („Zimmer mit Aussicht“) und Krischer bittere Realität (Grünen-Bundestagsfraktion). In einem Video mäkelt er oppositionspflichtig gegen die PKW-Maut, die in jedem Blindtest den Grünen, aber selten der CSU zugeschlagen würde, die so urgrün erscheint, weil sie diesen Erziehungswillen so perfekt aufnehmen könnte, wäre nur einer wie Oliver Krischer Vater dieser Wahnidee, und nicht der smarte Dobrindt ihr Vollstrecker.

Wahnhaft argumentiert der Grüne aus Heimbach/Eifel auch, wenn es um seine aktuelle Heimat geht, das einst maximal kriegszerstörte Düren. Einen IC-Halt fordert er für den dortigen Bahnhof und argumentiert dabei ausgerechnet mit den irrsinnigsten, den politischen Haltepunkten der ICE-Strecke Frankfurt-Köln. Limburg und Montabaur, so Krischer lokal, hätten schließlich auch wunderschöne Bahnhöfe.
Mh. Ich wartete mal samstagnachmittags in Montabaur auf einen Zug, mutterseelenallein, hunderte Meter Bahnsteig, die Zeitschriftenbude hatte geschlossen, vorher aber noch einen Stapel FAZ vor die Tür gelegt, zur kostenlosen Bedienung. So etwas verlangt Krischer, völlig ironiefrei, für sein Städtchen mit der großen Psychiatrie und Forensik, etwas abseitig gelegen.
Auch andere Subventionen findet Oliver Krischer sehr sinnvoll. In seiner Vita auf der Homepage gibt er Nebentätigkeiten an. „Betrieb einer Photovoltaikanlage und Stromeinspeisung auf dem eigenen Hausdach (2. Jahr mit Gewinn nach 8 Jahren mit Verlust) 720,72 €“ heißt es da. Klingt toll. Acht Jahre Verlust bedeuten vor allem acht Jahre Steuerabschreibungen. Subventionen nennt man das auch, Staatsknete abzocken die etwas cooleren unter den Grünen.
Vor einiger Zeit bin ich mal auf einem Grünen-Landeskongress in Oberhausen aufgetreten. Ich möchte hier wiederholen, was die Grünen damals schon zu hören bekamen: „Auch Kohle ist Nachwachsende Energie. Gut, dauert vielleicht etwas länger, aber sie wächst. Man könnte auch sagen: Kohle ist entschleunigte Energie.“

Ich suchte, ganz Steiger, den Schulterschluss: “ Wir hören 2018 mit der Steinkohle auf, und wenn dann 2022 die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, geht ihr Grünen vom Netz. Das wäre dann ein echter Kohlekompromiss.“ Wenig Reaktion. Da wusste ich: Das wäre alles anders gelaufen, hätten wir nur rechtzeitig untertage die Frauenquote eingeführt.

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Stefan Laurin
Admin
9 Jahre zuvor

Oma und Opa die Kohle klauen wollen, nix gelernt und nicht einen Tag ausserhalb der Politik gearbeitet. Krischer ist ein richtiger Mustergrüner…

Rainer Möller
Rainer Möller
9 Jahre zuvor

Die Tätigkeit eines Politikers ist sicher nicht weniger ehr ehrenhaft oder weniger marktabhängig als die Tätigkeit eines Journalisten. Schließlich hat schon Gary Becker erläutert, warum und wieso Politik ein Markt ist. Auch der Politiker muss schwitzen, um seine Position zu bekommen und zu halten.

Richtig ist natürlich, dass beide – der Politiker und der Journalist – nicht unmittelbar an der Wertschöpfung teilnehmen und daher kein "naturwüchsiges" Verständnis für die kleinen Leute haben, mit denen sie umgehen. Im günstigen Fall ersetzen sie dieses Defizit aber durch eine eingeübte Toleranz und Aufmerksamkeit.

Rainer Möller
Rainer Möller
9 Jahre zuvor

Krischers Problem würde ich eher diagnostizieren als wildgewordenen Gleichbehandlungswahn. Es zeigt sehr deutlich, in welche Untiefen das fanatische Gleichheitsdenken führen kann.

Stefan Laurin
Admin
9 Jahre zuvor
Reply to  Rainer Möller

@Rainer Möller: Es geht schlicht um tariflich vereinbarte Leistungen. Die gehen einen Politiker nichts an.

Gerd
Gerd
9 Jahre zuvor

„Finanziert wird das über die Steinkohlesubventionen von Bund und Land NRW. Es ist ungerecht, wenn die Ruheständler des Kohlebergbaus eine exklusive Zusatzrente auf Staatskosten bekommen, Millionen andere Rentner aber nicht.“

Was für ein Heuchler!! Ersetzte Steinkohlesubventionen durch EEG Umlage, Ruheständler des Kohlebergbaus durch Landwirte/Hauseigentümer und andere Rentner durch Mieter und wir sind bei der größten Umverteilung von unten nach oben. Und die kann den Grünen gar nicht gross genug sein.

total unwichtig
total unwichtig
9 Jahre zuvor

Nur ist Schäffer Fernsehfiktion („Zimmer mit Aussicht“) –
richtig mueste es lauten: Nur ist Schäffer Fernsehfiktion („Mord mit Aussicht“)

Rainer Möller
Rainer Möller
9 Jahre zuvor

Gerd,
aber dieser Vergleich zwischen den Empfängern des Kohledeputats und den anderen Rentnern würde Krischer ja gar nicht erst anstellen, wenn er mit einem intelligenten Publikum rechnen müsste. Er kann aber mit einem Publikum rechnen, dass auf den bloßen Aufweis einer "Ungleichbehandlung" reagiert wie ein pawlowscher Hund – ohne sich die immanente Problematik dieser Idee überhaupt bewusst zu machen.
Und das heißt: das Grundproblem liegt nicht bei Krischer, sondern bei einem ungebildeten und verführbaren Publikum.

Ich gehe nicht so weit wie Marx (der den Begriff des gerechten Lohns verwarf) oder wie Hayek (der den Begriff der sozialen Gerechtigkeit ganz verwarf). Aber ich fasse alles, was mit "Gleichheit" oder "Gerechtigkeit" zu tun hat, sehr vorsichtig an und prüfe es.

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