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››In den letzten 30 Jahren hatte der SC Freiburg ganze vier Trainer.‹‹

Saisonende 2019 auf Schalke – Notnagel Huub Stevens konnte den Abstieg der Gelsenkirchener verhindern. Archiv-Foto: Michael Kamps

Bereits zum 16. Mal reden unsere Autoren Robin Patzwaldt und Peter Hesse über aktuelle Ereignisse im Fußball. Heute geht es um den FC Liverpool, das Amt des DFB-Nationaltrainers, die schwierige Arbeit von Edin Terzic beim BVB und was den SC Freiburg von Clubs wie Schalke 04 oder den Hamburger SV unterscheidet. Hey Ho – Let’s Go!

Peter Hesse: Hallo Robin, beginnen wir heute mal mit dem FC Liverpool. Das von Jürgen Klopp trainierte Team wartet seit Mitte Dezember auf einen Heimsieg und kommt nach der jüngsten Niederlage „nur“ auf 40 Punkte. Der Abstand zum Tabellenführer Manchester City ist mit zehn Punkten sehr groß und die Nerven werden dünner. Jürgen Klopp hat bei einem Interview den israelischen Reporter Niv Dovrat in beleidigender Art und Weise angeblafft. Sicher, dass kennen wir auch aus Dortmund – wenn Kloppo schlechte Laune hatte, dann sollte man als Reporter auf der Hut sein. Ich hoffe er bekommt das irgendwie wieder hin, bleibt noch bis zu seinem unterschriebenen Vertragspapier bis Juni 2024 in der Heimatstadt der Beatles und kehrt dann als Nachfolger von Jogi Löw zurück nach Deutschland. Siehst du das ähnlich?

Robin Patzwaldt: Hallo Peter! Zufällig habe ich die Tage auch mal ein Spiel des FC Liverpool live gesehen. Das mache ich ansonsten nicht, weil mir die Bundesliga wichtiger ist. Aber da das Spiel in Bielefeld am Sonntag ausfiel, habe ich mal einen Blick nach England riskiert. Begeistert war ich nicht, von dem was ich da gesehen habe, auch wenn es das Spitzenspiel gegen City war. Na ja, dass Kloppo mit seinem Team aktuell durch ein Tief geht, halte ich für natürlich. Die haben zuletzt ja alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. So eine Delle müsste bei den Bayern auch mal wieder ausnutzen, aber das ist ein anderes Thema. Nachfolger von Löw? Ja, das wäre logisch, kann ich mir aber beim besten Willen nicht vorstellen. Bundestrainer ist doch eher ein Job für etwas verkrachte Trainerexistenzen, oder?

Ob Jürgen Klopp irgendwann mal Nationaltrainer wird? | Foto: Fars News Agency / Wikipedia / Lizenz: CC-BY 4.0

Peter Hesse: Der erste Nationaltrainer den ich als Kiddie verfolgte war Helmut Schön – der Mann mit der Mütze, dicker Nase und rollendem Singsang in der Stimme. Zur WM 1978 wurde er von „Pilsnase“ Jupp Derwall abgelöst, der 1984 mit Pauken und Trompeten vom Hof gejagt wurde. Dann folgte die sechsjährige Kaiser-Ära von Franz Beckenbauer, die 1990 mit dem WM-Titel gekrönt wurde. Ganze acht Jahre war Berti Vogts (von 1990 bis 1998) am Ruder, der mit defensiven Spielern (wie Dieter Eilts) das Credo „Der Star ist die Mannschaft“ formte. Im Nachhinein wirkt Vogts noch immer ein bisschen unterbelichtet mit seiner ungelenken Art, dabei hat er eine viel bessere Punkte-Bilanz als Beckenbauer vorzuweisen.

Robin Patzwaldt: ja, klar….

Peter Hesse: Mit Erich Ribbeck (von 1998 bis 2000) und Rudi Völler (von 2000 bis 2004) ging es dann weiter. Beide sind mir auch eher mit mehr negativen Spielen in Erinnerung. Jürgen Klinsmann verzauberte das ganze Land in eine nie gekannte Schwarz-rot-geil-Euphorie im Jahr 2006 und übergab dann an Jogi Löw, der in diesem Jahr genauso lange im Amt ist wie Helmut Schön: ganze 14 Jahre. Also ich persönlich würde mich über einen Bundestrainer Jürgen Klopp freuen, aber keine Ahnung ob er das machen wird. Klopp würde viel frischen Wind mitbringen und seine Pressekonferenzen hätten den nötigen Drive die Bundeself auch wieder als echtes und ernstzunehmende Mannschaft wahrzunehmen – und nicht als geclontes Kunstprodukt, welches zu viel von Nutella und Nivea gesponsert wird.

Robin Patzwaldt: Beckenbauer bleibt natürlich wegen der WM 1990 positiv in Erinnerung. Ansonsten mochte ich von denen nur Völler gut leiden. Der Rest waren Notbesetzungen. Selbst Klinsmann, der ja gefeiert wurde 2006 hat sich inzwischen als Trainer entzaubert. Bei Bayern und Hertha BSC war mit ihm ja nicht viel. Das zeigt schon, dass es alles keine Top-Trainer waren. Auch Löw natürlich nicht, der ja nur ins Amt kam, weil er als Klinsmanns Assistent damals zufällig im Blickfeld stand. Schade, dass Christoph Daum damals nicht ins Amt kam, weil er diese Affäre am Hintern hatte. Das wäre sicherlich spannend geworden mit ihm. Aber grundsätzlich ist mir die Nationalmannschaft auch eher egal. Ich bin mehr ein Vereinsfan beim Fußball. Aber über die DFB-Auswahl lässt sich halt immer gut diskutieren. Auch hier im Blog…

Peter Hesse: Kommen wir mal zu unserem Dauerbrenner-Thema Borussia Dortmund. Stand jetzt kann das Spiel am Samstag gegen Hoffenheim stattfinden, der Platz ist von Schnee und Eis geräumt. Gegenüber Pressevertretern legte sich Trainer Edin Terzic ins Zeug und sagte. „Wir wollen defensiv den Druck auf den Gegner erhöhen, den Ball häufiger und höher erobern. Offensiv wollen wir die torgefährlichen Räume besser nutzen und klarer zum Abschluss kommen.“ Das klingt natürlich gut und richtig, aber seit Wochen wissen wir, dass Theorie und die daraus folgende Praxis zu oft meterweit auseinander liegen. Michael Zorc probierte auch nochmal die Wogen zu glätten. Er habe, so sagte er heute in der BVB-Pressekonferenz, nach wie viel Vertrauen in die Mannschaft – und denkt, dass es machbar ist am Ende der Saison die Champions League Teilnahme zu erreichen. Ich bin da gerade nicht so überzeugt – aber wie immer gilt: mit einem klaren Sieg gegen Hoffenheim würde erstmal jeder Kritiker verstummen…

Leere Ränge während der Corona Pandemie im Signal Iduna Park | Foto: Roland W. Waniek

Robin Patzwaldt: Terzic hat sehr schnell an Kredit verspielt und hört sich jede Woche gleich an. Nur bessert sich eben nichts. Auch ein Sieg gegen Hoffenheim reicht nicht, um wieder Ruhe in den Laden zu bringen. da müssten schon einige Erfolge in Serie her, um wieder mehr Vertrauen in eine positive Entwicklung der Mannschaft zu bekommen. Ich bin nicht optimistisch, was den Saisonausgang betrifft. es ist einfach schon zu lange so instabil beim BVB um das in ein paar Tagen komplett umdrehen zu können. Als Favre sein Amt verlor, hätte der BVB einen Trainer mit mehr Erfahrung holen müssen. Die besten Lösungen waren aber nicht verfügbar. Nicht das erste Mal in Dortmund in den vergangenen Jahren. Schade, dass Nagelmann in Leipzig unter Vertrag steht und das Verhältnis zu Tuchel so angespannt ist. Und ein Glücksgriff wie den Bayern mit Flick ist dem BVB mit Terzic eben nicht gelungen. Es ist traurig.

Peter Hesse: Bleiben wir kurz im Süden der Republik, auch in Freiburg gibt es etwas Erfreuliches zu berichten. Trainer Christian Streich hat seinen Vertrag beim SC Freiburg erneut verlängert. Der aktuell dienstälteste Coach der Fußball-Bundesliga wird damit ab dem Sommer in seine elfte Saison als Trainer des Vereins gehen. Wie lange dieser neue Vertrag nun laufen soll, teilten die Freiburger wie gewohnt nicht mit. Bislang hatte der 55-jährige Streich, der besonders für seine Pressekonferenzen gerühmt wird, weil er mal gerne wie ein zweiter Bundespräsident über gesellschafts-politische Dinge spricht, in der Regel für ein Jahr unterschrieben. In den letzten 30 Jahren hatte der SC Freiburg ganze vier Trainer: Volker Finke (von 1991 bis 2007), Robin Dutt (2007 – 2011), Markus Sorg für vier Monate im zweiten Halbjahr 2011, und seit dem 1. Dezember des gleichen Jahres ist Christian Streich am Ruder. Verglichen mit dem HSV oder Schalke 04 sieht dort die Trainer-Bilanz ganz anders aus: Königsblau hatte 32 Trainer und in Hamburg waren 31 Übungsleiter angestellt. Das ist schon ein krasser Vergleich…

Robin Patzwaldt: Ich mag Streich und Freiburg auch. aber der Vergleich hinkt. Es ist natürlich eine ganz andere Situation in Hamburg oder Schalke. Dort steigst du nicht mal so eben ab und mit dem gleichen Trainer wieder auf. So romantisch das sein mag, aber es ist eben auch schon ein Stück weit Provinz. Trotzdem immer schön dort mal wieder ein Stück scheinbar heile Fußballwelt zu finden. Aber auch dort hat sich viel verändert, wie die Freiburger ja immer wieder betonen.

Christian Streich verängert wieder in Freiburg | Quelle: Wikipedia, Foto: Ctruongngoc, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Peter Hesse: Der Vergleich hinkt? Bitte, was? Ich finde es schon krass wie oftmals überstürzt Trainer aus dem Amt gehoben werden – und ein Nachfolger es dann richten soll. Klappt es nicht, kommt wieder ein neuer Trainingsleiter. Und dann wieder das gleiche Spiel. Schalke hatte sich nach nur zehn Spielen (!) von Trainer Baum getrennt. Jahrhundert-Coach Stevens kam dann für zwei Spiele im Dezember auf die Bank zurück und danach folgte Christian Gross. Das findest du „normal“?

Robin Patzwaldt: Das habe ich nicht gesagt. Aber du kannst Schalke und Hamburg nicht mit Freiburg vergleichen. Schon die Vereinsgröße ist eine ganz andere. Von der medialen Präsenz ganz zu schweigen.

Peter Hesse: Na klar, das stimmt natürlich. Warten wir mal ab was der Bundesliga-Spieltag noch so bringt. Wie immer wünschen wir gute Unterhaltung und das nicht zu viele Partien wegen des Wintereinbruchs abgesagt werden müssen. Die Bielefelder müssen am Montag zu den Bayern – und mit Schnee als erlaubtem „Dopingmittel“ können sie wirklich zur Hochform auflaufen, wie dieser Spiel-Bericht aus dem Februar 1996 beweist…

 

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Werntreu Golmeran
Werntreu Golmeran
3 Jahre zuvor

Wenn Bayern am Montag gewinnt, hat Dortmund 18 Punkte Rückstand auf die Bayern. Als man ohne Not nach dem 11. Spieltag den mit Tuchel im Punkteschnitt erfolreichsten Dortmunder Trainer aller Zeiten vom Platz jagte, lag der BVB nur 5 Punkte hinter den Bayern. Nur 10 Spieltage reichten, um den Abstand um weitere 13 Pumkte anwachsen zu lassen.

Da passt es gut, dass am nächsten Wochenende das Revierderby stattfindet. Wer da verliert, wird mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit ein negatives Kapitel in der Vereinsgeschichte aufschlagen.

Schalke wäre dann so gut wie abgestiegen und Dortmund wird erneut die Reissleine ziehen weil ein finanzielles Disaster droht.

Watzkes Hybris und Größenwahn sei Dank!

M. Scholz
M. Scholz
3 Jahre zuvor

Was Watzke seit vielen Monaten absondert ist auf dem Niveau eines Friedrich Merz: populistisch, eitel, rückwärtsgewandt und wenig visionär. Es wäre an der Zeit wenn er auch mal über einen Rücktritt nachdenken würde – aber Machtmenschen dieses Kalibers verschwinden leider nicht so schnell.

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