Kollegah: Der „Imperator“ in Auschwitz

Kollegah Foto: Pistenwolf Lizenz: CC BY-SA 3.0

 Von unserer Schweizer Gastautorin Anastasia Iosseliani.

Der deutsche Rapper, welcher mit bürgerlichem Namen Felix Blume heisst und meiner Ansicht nach Aussieht, wie Sven Lau nach jahrelangem Anabolika-Missbrauch, hat am 9. November den Holocaust relativiert, in dem er die Situation der Araber im Gaza-Streifen, mit der Situation der Juden in Europa zwischen 1933-1945 verglichen hat. Zuallererst: Die Situation im Gaza-Streifen ist zwar tragisch, aber weder ist der Gaza-Streifen ein KZ noch das grösste Freiluftgefängnis der Welt. Das grösste Freiluftgefängnis der Welt, ist schlicht und ergreifend Nordkorea.

Das tragische an der ganzen Situation ist, das Kollegah sich nicht zum ersten Mal so geäussert hat. Nach dem letzten Mal ging Kollegah, welcher sich auch «Imperator» nennt, nach Auschwitz und nicht nach Canossa, wahrscheinlich um «Busse» zu tun. Nach seinem Besuch in Auschwitz schrieb ich die folgenden Zeilen, als eine Art Vertrauensbonus: «Wenn er seine Worte wirklich und aufrichtig meinte, so hat er Einiges wieder gut zu machen. Etwas Freiwilligenarbeit bei «Aktion Sühnezeichen» wäre ein guter Anfang in meinen Augen. Oder Engagement für Shoa-Überlende in Belarus oder Polen, die Überlenden dort leben dort in bitterer Armut und sind für jede Hilfe dankbar. Doch zuallererst sollte Felix Blume Mann genug sein, um sich hinzustellen und um Entschuldigung zu bitten. Ich wiederhole, um Entschuldigung zu bitten und sich nicht selbst entschuldigen, dafür das er sein Geld damit verdient hat antisemitische Ressentiments innerhalb der DACH-Staaten zu kapitalisieren und das auf den Rücken derer, welche in Auschwitz, Dachau, Ravensbrück und anderen Orten des Schreckens ihre Gesundheit und oftmals ihre ganze Familie verloren haben. Des Weiteren könnte Herr Blume auch aufhören Agitation für «Pallywood» zu betreiben und ans Grab von «Abu Ammar»/ Yassir Arafat zu pilgern, als ob Arafat ein Sufi-Heiliger und kein Terrorist gewesen wäre… Alles in allem gibt es noch viel zu tun für den deutschen Muslim Felix Blume, um zu beweisen, dass seine Worte mehr als nur ein Lippenbekenntnis für PR-Zwecke gewesen sind.»

Offenbar war meine Hoffnung mehr als naiv, denn Kollegah ist und bleibt, trotz seiner Konversion zum Islam Deutscher und es gibt kaum etwas Widerlicheres in meiner Ansicht, als jüdische Frau, wenn man ausgerechnet als Deutscher, am Tag des Gedenkens an die Novemberpogrome den Holocaust in solch einer Manier relativiert.

Aber ich will eigentlich auch keine Debatten darüberführen, ob Kollegah ein echter Antisemit, willentlich ignorant oder was auch immer ist. Denn eine solche Debatte geht am Kern des Problems vorbei, ob Antisemit oder nicht, das ändert nichts daran, das Kollegahs Fans ihn bewundern, seine Musik und Fan-Artikel kaufen und zu seinen Konzerten gehen. Wie ich schon in meinem Beitrag schrieb, in dem, unteranderem, die Debatte um Jan Böhmermanns vermeintlichen Antisemitismus, zum Thema hatte, es ist mir persönlich egal, ob Kollegah, Jan Böhmermann oder wer auch ein Antisemit ist, sich als Antisemit definiert, denn ich bin da etwas resigniert. Was aber absolut nicht in Ordnung ist, dass man am Gedenktag der Novemberpogrome, auch als «Reichskristallnacht», solche Holocaust relativierenden Behauptungen aufstellt, wie Kollegah. Da muss ich meine Pflicht als mündige Bürgerin und Jüdin tun und mich dem entgegenstellen. Was mich an dem Ganzen allerdings traurig stimmt, ist das ich dies praktisch alleine tun werden muss.

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Ines C.
Ines C.
5 Jahre zuvor

Auch aus meiner Sicht gibt es nichts Widerlicheres als das antisemitische Posing meines Mitbürgers Kollegah, wenn ich das als Christin zufügen darf. Mit viel Bauchweh hatte ich nach seinem Auschwitz-Besuch um Fairness ihm gegenüber gerungen. Jetzt weiß ich zumindest, dass mein Instinkt "Alles Fake" nicht getrogen hat. Gibt's ne Quelle zu seinen Pallywoodfan-Posts?

Martin
Martin
5 Jahre zuvor

Zunächst einmal: Blumes Verhalten ist widerlich. Auch weil es zeigt, dass die geäußerte Reue nach dem Auschwitzbesuch bestenfalls nur bedingt Ernst gemeint, schlechterenfalls und wahrscheinlicher schlicht PR-Kalkül war.
Und als solches Kalkül muss man leider auch die jetzige Äußerung einordnen: Blume darf man unterstellen ein einigermaßen intelligenter Mitbürger zu sein, in jedem Fall aber ein Medienprofi. Ein Medienprofi, der mit dieser Aussage eine klare Botschaft an den antisemitischen (oder wie sie sich selbst bezeichnen würden: "israelkritischen") Teil seiner Anhängerschaft gesendet hat. So etwas geschieht nicht versehentlich – schon gar nicht an einem solchen Tag.

Ungeschickt finde ich allerdings, Böhmermann in diesem Zusammenhang zu nennen. dieser hat sich wiederholt deutlich gegen Judenhass und Antisemitismus positioniert und war letztlich auch in diesem Zusammenhang sogar in Sachen Kollegah aktiv. Oliver Polaks Unterstellung basiert auf persönlicher Antipathie bzw. gekränkter Eitelkeit, die man schon mehrfach in Polaks Podcast vernehmen konnte (lange vor der Buchveröffentlichung). Hier wurde ein Antisemitismusvorwurf für persönliche Zwecke instrumentalisiert und dadurch allen, die sich ernsthaft gegen Antisemitismus engagieren ein nicht zu unterschätzender Bärendienst erwiesen. Ich hoffe, Oliver Polak ist sich dessen bewusst. Schade, denn eigentlich ist sein Buch sonst recht lesenswert.

Nadine
Nadine
5 Jahre zuvor

Eigentlich geht es doch um die Zeile die Farid Bang gerappt hat. Diese „Zeile“ wurde zu einem so großen Thema gemacht, dabei hat sie nicht mal Kollegah gerappt! Ich finde es ziemlich unfair zu behaupten, er hätte sich nicht entschuldigt! Er hat sich mehrmals dafür entschuldigt, dass sein damaliger Kollege diese Zeile gerappt hat und sie offensichtlich so missverstanden wurde.
Traurigerweise haben sie das ganz schön persönlich genommen, wobei sie nicht mal gemeint sind.
Er ist Künstler, einer der es alleine ganz nach oben geschafft hat. Er hilft und engagiert sich für wohltätige Zwecke, darüber berichtet komischerweise keiner.
Sie sollten sich schämen, auf einer Sache rumzuhacken, die einfach und schlicht gelogen ist!!!

Gerd
Gerd
5 Jahre zuvor

Verglichen mit Ägypten hat Gaza eine höhere Lebenserwartung, höheres Bevölkerungswachstum und eine geringere Kindersterblichkeit.

Ich meine mich zu erinnern, dass die Juden seinerzeit andere Probleme als ungezügeltes Bevölkerungswachstum hatten.

Stefan Laurin
Admin
5 Jahre zuvor
Reply to  Nadine

@Nadine: Die Zeile wurde nicht missverstanden – sie war schlicht antisemitisch. Hör Dir das Interview mit diesem komischen Felix auf HipHop.de an: https://www.youtube.com/watch?v=0uSPPXMAOZk

Nadine
Nadine
5 Jahre zuvor

@stefan anscheinend verstehst du Rap nicht!
Er hat weder was gerappt noch sich antisemitisch geäußert! Auf jemanden rumhacken nur weil Moslem ist?? Weil er den Palestinäsern geholfen hat??
Was ist euer Problem eigentlich? Lügen zu verbreiten macht vielen Spaß, weil die Wahrheit für viele zu hässlich ist!
Ihr macht kollegah schlecht weil ihr einfach ihm den Erfolg nicht gönnt! Aber hey, schlechte Publicity ist trotzdem Publicity, danke dafür!
Kollegah hat treue Fans, die sich sicher nicht davon beeinflussen lassen!

Thommy
Thommy
5 Jahre zuvor

@4 Die Situation in Gaza auf " ungezügeltes Kinderwachstum" zurückzuführen, ist nun mehr als zynisch, es ist rassistisch und volksverhetzend.

Thomas Weigle
5 Jahre zuvor

#7 Ich verstehe den Verwurf an Gerd nicht. Abgesehen,davon sehen viele ein "ungezügeltes Bevölkerungswachstum " als hochgefährlich an,ohne das rassistisch zu meinen, bspw die VR China hat mit ihrer 1KindPolitik jahrelang versucht gegen zu steuern. War aber dumm, weil die Chinesen Jungs bevorzugt haben, was zu einer exorbitanten Fehlentwicklung geführt, weil es mittlerweile einfach zu viel Männer gibt, der Männerüberschuss soll sich im dreistelligen Millionenbereich bewegen. Dumm gelaufen. In anderen Ländern stellt sich das Problem des Männerüberschusses aus anderen Gründen. Die Folgen sind natürlich dramatisch, v.a. für die, die so nie eine Gelegenheit haben, die Freuden sexueller Zweisamkeit kennen zu lernen. Jedenfalls nicht mit einer Frau. Nicht schön das für nicht wenige.
Ich möchte diese Feststellung bitte nicht als Diffamierung homosexueller Sexualität verstanden wissen.

Gerd
Gerd
5 Jahre zuvor

@7:

Kleiner Tipp. Den Kurs "Wie verdreht man Zitate" müssen Sie noch mal besuchen. Die moralische Empörung haben sie gut hinbekommen.

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