Kreativwirtschaft: Don’t Believe The Hype…

Christoph M. Schmidt, Wirtschaftsweiser und Präsident des RWI, hält nicht viel davon, dass das Ruhrgebiet im Moment auf Kreativwirtschaft setzt. Er geht davon aus, dass das Ruhrgebiet erst wieder ein starker Wirtschaftsstandort werden muss, bevor es mit der Spaßindustrie klappen kann.

Nach Ansicht von Schmidt braucht man auch für diese Aufgabe Kreativität, aber eben die Kreativität der Ingenieure, Techniker und Intellektuellen. Man braucht dafür Bildung, Forschung und Investitionen. Und nicht unbedingt neue Theater.

Schmidt sagt, wenn man harte Fakten im Revier geschafft hat, dann klappt’s auch mit der Kreativwirtschaft – und zwar automatisch. Es geht um „Substanz“, bevor man die „schönen Seiten des Lebens genießen“ kann.

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David Schraven
Admin
14 Jahre zuvor

Da hat der Löwe aber gut in 1:30 das Konzept von Gorny und Co zerbrüllt. 🙂

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[…] Kulturhauptstadt: Don’t Believe The Hype… namens Kreativwirtschaft (Ruhrbarone) – Interivew mit dem Wirtschaftsweisen und RWI-Präsidenten Christoph M. Schmidt, in dem er sich zum Hypethema Kreativwirtschaft äußert. […]

Mit-Leser
Mit-Leser
14 Jahre zuvor

Grundsätzlich hat der Beitrag (und auch Gornys Initiative) ein begriffliches Problem: Bevor man über Kreativwirtschaft spricht, muss man sich eigentlich erst einmal mit der Definition des Begriffs auseinandersetzen: C.M. Schmidt trennt in seinen Ausführung Wertschöpfung von Kreativwirtschaft. Er setzt also den Kreativwirtschafts-Begriff mit dem Dienstleistungssektor gleich – also z.B. mit Werbern, die für die wertschöpfende Industrie tätig sind. Zwar spricht er in dem Interview von einer grundsätzlichen Kreativität, die die Menschheit weitergebracht hat, doch es fühlt sich an, als hätte er das Gefühl, dass diese Erkenntnis etwas völlig Neues sei.

Dabei gehören auch Ingenieure zur (klassisch definierten) „Creative Class“ und weitergedacht ist der Filmsektor auch eine klassische industrielle Produktion. Genau wie die (Neue) Medienbranche, die auch eigene Produkte in die Welt setzt.

Dirk E. Haas
14 Jahre zuvor

Das ist keine Kritik, sondern ein plumpes, vorsätzliches Missverstehenwollen (Kreativwirtschaft = Spaßindustrie; die größere „Spaßindustrie“ ist ohnehin die Automobilbranche). Nein, Kritik ist das hier:
https://www.eurozine.com/articles/2008-11-19-peck-de.html

Aber ganz im Vertrauen: Wenn die Landesregierung ein paar Millionen für mehr Hipsterurbanismus im Ruhrgebiet hergibt (egal, wie krude oder berechnend die Beweggründe im Wahljahr sind), dann wär’s schön blöd, sie – etwa unter Berufung auf einen offenbar protestantischen Wirtschaftsweisen – auszuschlagen, oder nicht?

David Schraven
Admin
14 Jahre zuvor

@ Dirk Haas,

das Eurozine-Dingens ist aber nicht in 1:30 kompetent rübergebracht, sondern ein mehrere Stunden-Seminar.

Zudem hat der Mann dort seinen Florida auch nicht richtig gelesen.

Denn was sagt Florida? Kreative Wirtschaft fluppt nur in wachsenden Räumen, wenn reiche Leute kreative People in neue Viertel abdrängen. Die werden dann hipp, bis auch dort die Reichen die kreativen Verdrängen, usw….

Siehe etwa die Wanderung von Berlin Prenzlauer Berg, über Friedrichshain nach Neukölln….

Im Ruhrgebiet muss aber niemand nach Katernberg ziehen, weil er sich Essen Mitte nicht mehr leisten kann. IN Essen Mitte kostet ein Büro für eine Agentur auch nicht mehr als 10 Euro qm.

Arnold Voß
Arnold Voß
14 Jahre zuvor

@ Dirk
Danke für den Lesetip. Die „Floridakritik“ ist in Deutschland noch ziemlich unterbelichtet.

Generell lebt das Floridakonzept von einer Art wissenschaftlichem Taschenspielertrick. In dem Richard F. die erfolgreichen Kreativen genauso zur kreativen Klasse zählt wie die Masse der weniger oder gar nicht von ihrer Arbeit lebenkönnenden Kreativen und auf diese Weise diese „Klasse“ wirtschaftsektoral sehr weitläufig „katalogisieren“ kann,kriegt er einen sehr griffigigen Instrumentenkasten zuammen, der fast überall anwendbar erscheint.

Zugleich baut er damit eine Art Selffullfilling Prophecy in seine Theorie ein, die sich in einem ebenso griffigen Satz zusammenfassen lässt: Wer die Erfolgreichen fördert wird (unausweichlich) selber erfolgreich.

Dieser durchaus logische Dreisprung aus der Definition dessen was Erfolg verspricht,der räumlichen und sozialen Verortung der menschlichen Träger dieses Erfolgs und der daraus abgeleiteten gut nachvollziehbaren Strategie ihrer Förderung lässt sich zugleich bestens und weltweit vermarkten.

Das ganze allerdings führt sich automatisch ad absurdum, wenn alle, zumindest aber sehr viele Städte diese Strategie gleichzeitig verfolgen, denn soviele Erfolgreiche gibt es leider nicht, dass es für alle reichen könnte. So bleibt dann die Masse auf den wenig erfolgreichen, ja den Profit und ihre eigene Vermarktung wohlmöglich sogar grundsätzlich verabscheuenden Kreativen sitzen.

Insofern ist der Ansatz nicht die Kreative Klasse sondern die Kreativität aller die dazu in der Lage sind zu fördern, auf Dauer die für die Städte erfolgversprechendere Strategie. Nicht zuletzt weil sie auch denen zu Gute kommt, die nicht sowieso schon zu den Priveligierten gehören.

Darunter können dann natürlich auch Mitglieder der Kreativen Klasse sein.

Dirk E. Haas
14 Jahre zuvor

@ David: Auch wenn Florida sein Modell der Creative City an prosperierenden Städten entwickelt, so verkauft er genau dieses Modell im Rahmen seiner Beratertätigkeit eben unterschiedslos an alle (!) Städte – siehe Detroit. Das ist es ja, was Jamie Peck in seinem Text kritisiert.

Zu Essen: Weil das Ruhrgebiet keine dieser prosperierenden Städte bzw. Regionen ist, gibt es gegenwärtig auch nicht die damit verbundenen Verdrängungsprozesse (Berlin ist zwar auch arm, aber aufgrund seiner Geschichte auch hier ein Sonderfall).

@Arnold: Ja. Wenn man Peck hier einen Vorwurf machen will, dann den, dass er dieses soziologisch einigermaßen abstruse Konstrukt „Creative Class“ nicht so recht problematisiert, zumindest nicht in diesem Text (Der Text ist im Übrigen Teil einer Sammlung, die die AG Kritische Kulturhauptstadt auf ihrer Website zusammengestellt hat. Danke dafür).

Arnold Voß
Arnold Voß
14 Jahre zuvor

Das Ruhrgebiet ist nicht nur als „Schrumpftown“ ein Sonderfall sondern auch als äußerst disperse und polyzentrale Agglomeration. Die Bildung ganzer kreativer Viertel wird hier in der Mehrzahl der von Ruhr2010 anvisierten Quartiere mangels kritischer Masse an örtlichen Kreativen scheitern.

Dafür werden sich jedoch die für Ruhr typischen kleinen dispers verteilten „Kreativoasen“, die sich wohlmöglich nur auf eine Straße oder ein Gebäude konzentrieren und häufig realräumlich sehr weit außeinander liegen, durch systematischere virtuelle Vernetzung und sachliche Kooperation weiter entwickeln und sehr wohl am Markt erfolgreich sein können.

Ein oder zwei konzentrierte und möglichst zentral gelegene Hipsterquartiere würden der Entwicklung jedoch zusätzlich sehr gut tun und vor allem nach außen eine größere (Image-)Wirkung erzeugen.

trackback

[…] Florida und seinen Thesen zur sogenannten “Kreativen Klasse” wurde auch ja auch bei uns diskutiert – der Vortrag ist eine gute Zusammenfassung seines wichtigsten Buches “The Rise of the […]

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