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Kuriose Rockgeschichten – von und mit Christof Leim

Anekdoten, Skandale und wilde Stories: der in Bochum-Langendreer lebende Musikjournalist Christof Leim erzählt die besten Krach- und Lachgeschichten aus 100 Jahren Rock’n’Roll. Es geht um große Stars und große Songs, um Unfälle und Todesfälle, um Drogen, Sex und Superlative. Mit diesem Projekt kommt er für ein paar Termine auf Lesereise und gastiert nächsten Montag (11. März) damit im Pitcher in Düsseldorf.

Seit 20 Jahren ist Christof Leim als Journalist und Musiker tätig. Er kam fast gleichzeitig mit dem Kiss-Debüt auf die Welt und erhielt seine erste Gitarre, als Zakk Wylde gerade in die Band von Ozzy Osbourne einstieg. Später war Christof Chefredakteur des Metal Hammer und schreibt heute unter anderem für Rocks, Guitar und die Welt am Sonntag. Von ihm stammt die tägliche Kolumne „Zeitsprung“ mit Musikgeschichten auf dem Portal uDiscover. Er spielt außerdem Gitarre für die Bands The New Black und Heavysaurus.

Christof, das man als kleiner Stöppke so was wie Angus Young werden will, ist klar – und nachvollziehbar. Aber was genau war die Initialzündung, dass du Musikjournalist werden wolltest?

››Eine Kombination aus drei Dingen: Die unerklärliche Tatsache, dass ich mit 24 immer noch kein Rockstar geworden war, der Spaß daran, sich über Krachmusik Gedanken auszutauschen sowie die interessante Eigenschaft meines Hirns, allen möglichen Kram zu vergessen, aber nicht den Geburtstag von Ozzy.‹‹

Musik ist für viele Menschen eine lebenslange Leidenschaft. Warum fängt man mit 45 dann doch nicht an sich für die Oper und Klavierkonzerte zu interessieren, warum bleibt man bei Van Halen & Co. kleben?

››Weil Van Halen & Co. ja nicht schlechter werden. Ich habe nie verstanden, wie Leute die Passion für bestimmte Werke und Stile komplett verlieren können. Der Horizont erweitert sich ja trotzdem, bei entsprechender Leidenschaft passiert das automatisch. In meinem Fall sind das aber weniger Oper und Klavierkonzerte, sondern eher Jazzsachen, Blues und guter Pop. Ich bin außerdem fest überzeugt: Bei AC/DC muss man erst 30 und älter werden, um zu verstehen, wie genial diese Band wirklich ist, insbesondere, wenn das Zeug selber zu spielen versucht. Und ganz nebenbei: ich bin ja erst 44…‹‹

Für das Portal udiscover-music.de recherchierst du fast täglich phantastische Geschichten und förderst dabei unglaubliche Skurrilitäten ans Tageslicht. Welche Story hat dich zuletzt so richtig aus den Schuhen gehauen?

››Da gibt es viele, die Rock’n’Roll-Historie ist voll mit abgefahrenen Anekdoten: Die erste professionelle Aufnahme von Jon Bon Jovi zum Beispiel – ein Duett mit R2-D2 (kein Witz). Oder „Ring Of Fire“ in einer Werbung für Popocreme, die „Disco Demolition Night“ 1979 oder die Morde, die zu „I Don’t Like Mondays“ inspiriert haben. Natürlich sind Kapauken wie Ozzy Osbourne und Mötley Crüe immer für Geschichten gut. Mir hat zuletzt besonders die Story zur gemeinsamen Tour 1984 Spaß gemacht. Da ist auch die Sache mit den Ameisenstraßen passiert, die sich die Musiker wie Kokslinien reingezogen haben…‹‹

Hat dich bei deinen Recherchen ein Künstler schon mal enttäuscht?

››Das passiert einem Musikjournalisten bei der Arbeit immer wieder, wenngleich selten. Meistens entfleucht mir ein „Och, nö…“, wenn ein weltgereister Musiker sich als Scheuklappen-MAGA-Idiot entlarvt. Aber man sollte und darf das Werk auch ein bisschen vom Künstler trennen. Rockstar X auf der Bühne und seine Songs bleiben weiter cool, selbst wenn er/sie sich als Schnösel, Mimöschen oder Depp erweist und vielleicht nicht nett war. Auf der anderen Seite bekomme nie eine vernünftige Antwort auf meine Lieblingsfrage: „Hey Kirk, can I play in your band?“‹‹

Bei welcher Band findest du immer wieder neue Facetten, die dir vorher nicht klar waren – obwohl du dachtest, du würdest dich eigentlich gut mit der Band-Geschichte auskennen?

››Bei den Beatles. Die haben so viel Grundlegendes, so viel Verschiedenes und schlicht so viel gemacht, dass es da immer wieder Geschichten und Einblicke gibt.‹‹

Wie recherchierst du um auf neue Geschichten zu kommen? Ist das ein Mix aus Wikipedia, Rock-Musik-Lexika und Musik-Zeitschriften?

››Die richtigen Seiten im Netz, und dazu gehört auch Wikipedia. Da profitiere ich von der Arbeit solcher Nerds wie mir und konnte auch schon mal ein paar Fehlerchen korrigieren. Vor allem lese ich seit 30 Jahren Musikmagazine und habe die Tendenz, mir Rock’n’Roll-Trivia viel besser zu merken als eigentlich wichtigere Dinge. Aber hey, was definiert schon „wichtig“? Die Kolumne „Zeitsprung“ läuft seit fast anderthalb Jahren, da stellen sich natürlich die Antennen auf: Wenn ich etwas lese oder höre, sucht der Hinterkopf mittlerweile automatisch die coolen Storys raus. Das ist mein Upload-Filter.‹‹

Rockmusik-Autor Christof Leim (Foto: Chris Weiss)
Rockmusik-Autor Christof Leim (Foto: Chris Weiss)

Bands wie Metallica oder Motörhead kennt man weltweit – sowohl in der Mongolei, auf Haiti, in der Ukraine oder auf Grönland. Warum ist mit harter Rockmusik eine derartig große Strahlkraft verbunden?

››Weil’s geil ist, haha. Oder wollt ihr die lange Antwort? Dazu könnte man ein Kistchen Pils leerdiskutieren. Rockmusik gefällt als Musikform durch Kraft, Eingängigkeit und der Fähigkeit zum Mitreißen. Im Gegensatz zu manch anderen Stilen trägt sie aber auch eine „Bedeutung“, so persönlich die auch sein mag, und sie gehört zu einem Lebensgefühl und persönlichen Stil. Rockmusik war (ja, vor allem: war) ein kultureller Treiber, und nicht zuletzt steckt jugendliche Begeisterung da schon per Definition drin.‹‹

In den letzten Tagen ist gerade der Tod von Prodigy-Sänger Keith Flint gerade in den Boulevard-Medien größer und intensiver begleitet worden, als das Ableben von Klaus Kinkel, der immerhin Vize-Kanzler und sechs Jahre Außenminister war. Warum ist das so?

››Vielleicht, weil das Wirken eines Außenministers eher abstrakt bleibt, und die Person selbst schon grundsätzlich anders agiert als ein Popstar, nämlich sachlicher und weniger persönlich. Viellelicht war Keith Flint einfach auch der geilere Performer.‹‹

Gibt es für dich Geschmacksgrenzen? Würdest du etwa eine Geschichte nicht veröffentlichen, wenn du weißt, das Musiker XY in Zusammenhang mit Gewaltverbrechen oder ähnlich gelagerten Negativ-Schlagzeilen genannt wird?

››Ja, die gibt es. Ich lasse Geschichten weg, die Leute in einer Verzweiflungssituation zeigen, etwa wenn eine berühmte Popsängerin so durchdreht, dass sie sich vor laufender Kamera die Haare abrasiert. Der Frau ging es überhaupt nicht gut, da will ich keine Gelegenheit zum Auslachen geben. Verbrechen generell tauchen in den Rock’n’Roll-Geschichten natürlich auf, etwa bei den Prozessen gegen Judas Priest oder Slayer wegen angeblich versteckter Botschaften, dem Serienkiller mit der AC/DC-Mütze und Charles Manson mit seinen erschreckenden Verbindungen zur Musikwelt. Ich möchte aber nicht irgendeine Geschichte über einen Musiker veröffentlichen, der Unverzeihliches getan hat. Mir fallen da zwei Sänger ein, die wegen schweren Kindesmissbrauchs eingesperrt wurden.‹‹

Glaubst du, das in der kommenden Heavy Metal-Generation, noch mal eine Band so groß und populär werden kann wie Iron Maiden oder Judas Priest?

››Nein. Das hat folgende Gründe, denke ich: Rock’n’Roll ist nicht mehr die primäre Jugendkultur. Die Rockszene an sich weist nicht mehr die Homogenität auf von früher, es gibt tausend Nischen. Tom Angelripper von der Band Sodom hat mal in einem Interview zu mir gesagt: „Früher sind wir alle zu Maiden inne Gruga gegangen und haben uns heulend inne Arme gelegen.“ Sowas gibt’s nur noch mit wenigen Bands. Vor allem aber gibt das Geschäftsumfeld das nicht mehr her: Die kritische Masse für wirkliche und nachhaltige Größe erreichen neue Truppen doch alleine geschäftlich nicht mehr. Das ging in der Napster-Ära los, weil die Fans das Problem nicht begriffen und die Firmen den Kopf in den Sand gesteckt haben. Dass die Musik heute mit Streaming & Co. immer digitaler wird, ist eher Linderung als das eigentliche Problem.‹‹

Mit ein paar deiner Geschichten gehst du nun auf Lesereise, hast du schon eine Auswahl dafür zusammengestellt? Wie wird das von statten gehen und was darf der Zuhörer erwarten?

››Die Auswahl erweitert sich ständig, ich muss so langsam mal aussortieren. Man kann sich das wie ein Tresengespräch unter Musikfreaks vorstellen, bei dem einer vorne sitzt und begleitet von Bildchen, Songs und Videos Geschichten erzählt oder vorliest, über die wir uns beim Bierchen sowieso unterhalten würden.‹

Christof Leim – Live-Lesung im Pitcher in Düsseldorf am 11. März
Eintritt: 5 Euro; Beginn: 20 Uhr
Kontakt: www.facebook.com/rockstories666

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