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Netzpolitik.org im Gespräch: Wir geben nicht auf und kämpfen weiter für die Pressefreiheit!

beckedahl_meister_netzpolitikDie Redakteure von Netzpolitik.org, dem wichtigsten deutschen Medium zum Thema Internet und Politik, haben unangenehme Post bekommen. Der Generalbundesanwalt teilte den Redakteuren Markus Beckedahl und André Meister mit, dass gegen sie wegen Landesverrats ermittelt werde. Dieses Delikt wird mit mindestens einem Jahr Gefängnis bestraft. Anzeige erstattet hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz. Der Generalbundesanwalt lässt nun mit einem Gutachten  überprüfen, ob die geleakten Dokumente als Landesverrat einzustufen sind. Geändert hat sich dadurch an der Tatsache, das gegen die beiden Journalisten ermittelt wird, erst einmal nichts. Morgen findet eine Demonstration vor dem Bundesjustizministerium in Berlin statt. Wir sprachen heute mit Andre Meister von Netzpolitik.org

Ruhrbarone: Herr Meister, nachdem der Brief von der Generalbundesanwaltschaft an Sie und Herrn Beckedahl verschickt wurde, wird nun erst einmal von der GBA geprüft, wie die Dokumente juristisch einzuordnen will. Heisst das nicht, dass die Kuh für Sie erst einmal vom Eis ist? 

Andre Meister: Nein, leider nicht. Für uns bedeutet das nur, dass wir erst einmal ein paar Tage aufatmen können, weil uns nicht mehr direkt Exekutivmaßnahmen drohen, wie zum Beispiel eine Hausdurchsuchung. Eine Einstellung der Ermittlungen ist es nicht, daher schwebt der Vorwurf des Landesverrates weiter über unseren Köpfen.

Hat bisher irgendjemand mit Ihnen gesprochen oder Sie zur Sache befragt? Oder kam einfach nur der Brief des Generalbundesanwaltes Harald Ranges mit der Information ins Haus geflattert, dass gegen Sie wegen Landesverrats ermittelt wird?

Nein, niemand hat mit uns gesprochen. Daher waren wir relativ überrascht. Weder die ermittelnden Behörden, der Generalbundesanwalt oder die Polizei haben im Vorfeld mit uns gesprochen. Es gab keine Befragung – nur diesen Brief.

Ruhrbarone: Was wird Ihr nächster Schritt sein?

Meister: Wie werden uns mit unseren Anwälten besprechen und in den nächsten Tagen in aller Ruhe entscheiden, was wir als nächstes tun. Der Innenminister gibt eine Pressekonferenz, da wird es noch einmal interessant für uns, etwas zu dem Fall zu hören.

Was bedeutet für Sie dieser Angriff auf netzpolitik.org?

Zunächst einmal: Selbstverständlich geben wir nicht auf. Wir lassen uns nicht einschüchtern und machen unsere Arbeit als Journalisten wie bisher weiter. An dem Konzept des investigativen und kritischen Journalismus wird netzpolitik.org nichts ändern. Wir nehmen das Recht der Pressefreiheit sehr ernst.

Fühlen Sie sich durch den Verfassungsschutz-Präsidenten Maaßen und Generalbundesanwalt Range in der freien Berichterstattung behindert?

Ja, das ist ein Anschlag auf die Pressefreiheit. Solche Mittel werden eingesetzt, um Journalisten einzuschüchtern. Ein Blog wie netzpolitik.org publiziert öffentlichkeitsrelevante Dinge, die in der Gesellschaft diskutiert werden müssen. Wir sind Teil des Diskurses und tragen mit Informationen zur Transparenz bei.

Transparenz ist oft ohne Quellen nicht möglich. Sind potentielle Tippgeber und Leute, die vertrauliche Dokumente der Presse übergeben, jetzt nicht eingeschüchtert?

Doch, das sind sie. Androhung von Haft ist kein Kinderspiel. Und man darf nicht vergessen, dass im investigativen Journalismus Quellen eine wichtige Rolle spielen. Ohne sie wären viele Skandale nicht ans Licht gekommen. Der Quellenschutz ist ein hohes Gut, dass Menschen schützt, die Dinge veröffentlichen, die geändert werden müssen. Snowden inspiriert uns dazu, wenn notwendig auch Originaldokumente zu veröffentlichen. Das Abschreiben von Pressemitteilung entspricht nicht unserem Anspruch an Journalismus. Das scheint im Moment manchen nicht zu gefallen.

Haben Sie den Eindruck, dass es einen bestimmten Grund gibt, dass man es ausgerechnet auf netzpolitik.org abgesehen hat? Auch andere Medien veröffentlichen Dokumente und arbeiten mit Quellen zusammen.

Wir mutmaßen, dass es bei uns als vergleichsweise kleines Medium vielleicht am einfachsten erschien, das Fass auszumachen. Im Fall des Corelli-Berichtes gab es aber auch schon bei anderen Medien Probleme. Meines Wissens hatten der NDR, der WDR und die Süddeutsche Zeitung Ärger wegen der Berichterstattung über den Corelli-Bericht bekommen. Die Erkenntnisse des Sonderermittlers Montag sollten offenbar der Öffentlichkeit vorenthalten werden. Da stören die Medien offensichtlich.

Ihre Situation schlägt gerade große Wellen. Tagesschau, heute.de, der Spiegel, die Welt, die taz – und alle anderen wichtigen Medien berichten darüber. Hilft Euch das?

Natürlich. Die große Solidarität ist umwerfend, egal ob von den Journalisten-Kollegen, in den Medien oder den Sozialen Netzwerken. Vermutlich machen Maaßen und de Mazière im Moment nicht gerade Freudensprünge…

Solche Dinge kosten auch Geld, zum Beispiel für die Anwälte. Wie finanziert sich so ein Blog – vor allem wenn möglicherweise hohe Anwaltskosten auf einen zukommen.

Wir finanzieren uns durch Spenden, doch ein Polster für solche Extras haben wir leider nicht. Daher hilft uns im Moment jeder finanzielle Unterstützung, selbst wenn es nur ein kleiner Beitrag ist – wir freuen uns im Moment besonders über Spenden.

Netzpolitik.org ist ja kampferprobt und hatte schon einmal, gemeinsam mit dem Spiegel und der Süddeutschen Zeitung eine Klagedrohung im Haus, die dann glücklicherweise zurückgezogen wurde …

Ja, Merkel hat einen Rückzieher gemacht. Daher ist interessant, wie sich ihr Innenminister äußern wird. Er soll laut Medienberichten über die Anzeige des Verfassungsschutzpräsidenten Bescheid gewusst haben.

Denkt ihr, dass es auch diesmal – möglicherweise nach der gutachterlichen Überprüfung der Dokumente – wieder einen Rückzieher geben wird?

Das hoffen wir. Morgen am 1. August findet eine Demo in Berlin statt, mit dem Motto: „Für Grundrechte und Pressefreiheit. Gegen die Einschüchterung von netzpolitik.org und seiner Quellen.“ Wir ziehen von der Friedrichstraße zum Justizministerium und machen mit anderen zusammen deutlich: Wir lassen uns nicht einschüchtern und wir geben nicht auf!

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[…] Auch in Deutschland ist Überwachung und die Sanktionierung der Versuche, geheime Informationen öffentlich zu machen, ein Thema. In einer der Ausstellungsvitrinen zu den Werkzeugen der digitalen Selbstverteidigung findet man das Schreiben des Generalbundesanwalts, der im letzten Jahr gegen die Journalisten Markus Beckedahl und André Meister des Blogs netzpolitik.org ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hatte. Die Plattform für digitale Freiheitsrechte hatte unter anderem interne Dokumente des Verfassungsschutzes zum Aufbau einer neuen Einheit zur Überwachung des Internets publik gemacht.  Die beiden Journalisten beriefen sich bei ihrer Arbeit auf die Pressefreiheit, der Skandal erregte großes Aufsehen. […]

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