Paderborn – viel mehr als Dom und Klerus

Paderborn Foto: Christiane Jochum


Nur den sprichwörtlichen Katzensprung vom Ruhrgebiet entfernt liegt Paderborn, ein perfektes Ziel für eine kurze Auszeit. Neben dem stadtbildprägenden Dom und der sehenswerten Altstadt wartet die Stadt mit einer außergewöhnlichen Laune der Natur auf. Von unserer Gastautorin Christiane Jochum.

Mitten in der Paderborner Altstadt befindet sich eine große Parkanlage. Nichts Besonderes, könnte man meinen, aber bei genauerem Hinsehen erkennt man die Bewegung der Wasserflächen in der Grünanlage. Hier entspringt die Namensgeberin der Stadt, die Pader, aus rund 200 Quellen, die sich auf mehrere Arme verteilen und das Stadtgebiet optisch prägen. Schautafeln erläutern die geologischen Besonderheiten der Westfälischen Bucht, die die Paderquellen hat entstehen lassen, ebenso, wie das Wasser mitten in der Stadt das Leben ihrer Bewohner in den vergangenen Jahrhunderten geprägt hat.

Paderborn ist eine alte Stadt. Bereits in der Steinzeit gab es Siedlungen auf dem heutigen Stadtgebiet, urkundlich erstmals erwähnt wurde sie im Jahr 777. Beim Spaziergang durch die Altstadt finden sich überall Zeichen der unterschiedlichen kunstgeschichtlichen Epochen, so zum Beispiel der romanisch-gotische Dom oder das Rathaus im Stil der Weserrenaissance.

Gleichzeitig ist Paderborn jung. Rund 17.000 Studierende sind an der Universität eingeschrieben, die sich durch ein breites wissenschaftliches Angebot auszeichnet, wobei die Schwerpunkte deutlich im Bereich Digitalisierung und technischer Forschung angesiedelt sind. Zur Erinnerung: Der Paderborner Heinz Nixdorf, einer der Pioniere der Computertechnik, gründete hier die nach ihm benannte Firma und prägte über viele Jahre die Entwicklung auf diesem Sektor. Das Heinz-Nixdorf-Museum bietet für Besucher mit wechselnden Ausstellungsschwerpunkten neben der Dauerausstellung einen spannenden Überblick rund um die digitale Welt.

Neben den historischen Gebäuden, die entlang eines Stadtrundganges, entweder zum Selbst-Entdecken oder geführt, finden sich in den schmalen Gassen der Paderborner Altstadt versteckt kleine individuelle Geschäfte und Boutiquen neben stilvollen Cafés, die ein bunt gemischtes Publikum ansprechen. „All in a nutshell“, kommt mir dabei in den Sinn und dies gilt sowohl für die Menschen als auch für das kulturelle Angebot. Neben dem bereits erwähnten Heinz-Nixdorf-Museum laden z.B. das Diözesanmuseum, das Traktoren- und Modellauto-Museum neben verschiedenen Kunstgalerien unterschiedlicher Ausrichtungen zum Besuch ein, ebenso das Stadtmuseum, das mit einem spannenden Ausstellungskonzept die Geschichte und Gegenwart Paderborns erleben lässt.

Neben der Vielfalt der historischen Entwicklungen, die sich, je nach persönlichem Interesse auf unterschiedliche Art und Weise verfolgen lässt, fiel mir beim Rundgang durch die Stadt auf, dass Paderborn auch mit Hilfe von Schautafeln die jüngere Vergangenheit lebendig werden lässt, nämlich die Spuren jüdischer Menschen in den Blick nimmt. So befand sich an der Stelle der Buchhandlung Thalia das 1825 gegründete Kaufhaus der Familie Herzheim, dessen wechselvolle Geschichte mithilfe eines überraschenden Nachlasses mit bisher unbekannten Fotos dokumentiert werden konnte.

Am Rande der oben erwähnten Grünanlage mit den Paderquellen findet man auch einen Hinweis auf die Schriftstellerin Jenny Aloni. Geboren in Paderborn als Jenny Rosenbaum, wanderte sie 1939 nach Palästina aus und galt seit den 1960er Jahren als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerin Israels. Sie widmete sich in ihren Texten dem Leben zwischen zwei Kulturen, der Begegnung mit dem Fremden und den Problemen, die sich aus dem Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Prägungen und Herkunft ergeben. Ein Thema, welches gegenwärtig aktueller denn je ist.

Jenny Aloni kehrte nach dem Krieg häufig zu Lesungen und Vorträgen nach Paderborn zurück, blieb ihrer Heimat bis zu ihrem Tod 1993 verbunden; ihr Nachlass befindet sich heute im Archiv der Universität Paderborn.

Wen es nach so viel kulturellem Input in die Natur zieht, braucht keine langen Anfahrtswege in Kauf zu nehmen. Im Paderborner Land rund um die Stadt kann man auf mehreren hundert Kilometern Wanderungen und Radtouren unternehmen, dazu finden sich auf der Website https://www.paderborn.de/sport-freizeit/aktive-freizeit/wandern.php zahlreiche Vorschläge.

Fazit: Sowohl für einen Kurztrip als auch für mehrere Tage lohnt sich Paderborn auf jeden Fall. J.W. Goethe hatte recht, als er in der „Erinnerung“ schrieb: „Sieh, das Gute liegt so nach“. Manchmal sozusagen vor der Haustür.

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