Steinmeier wird immer noch am Hindukusch verteidigt

Eigentlich sollte sich die SPD gerettet fühlen. Der Afghanistan-Krieg ist kein Top-Thema mehr. Doch von Erleichterung kann keine Rede sein. Denn dank der sozialdemokratischen Zustimmung zum Krieg werden immer noch deutsche Soldaten in ein unsinniges Risiko nach Kunduz und Umgebung geschickt. Es werden im kommenen Jahr Soldaten getötet, verstümmelt und verletzt. Ohne einen erreichbaren, sinnvollen Sieg vor Augen zu haben. Die Soldaten werden im Feld gehalten – aus einem einzigen Grund. Sie sollen die Glaubwürdigkeit der Genossen im Krieg erhalten. Am Hindukusch wird nicht Deutschland beschützt. Am Hindukusch wird die politische Eitelkeit von Frank-Walter Steinmeier verteidigt. Nicht mehr und nicht weniger. Es sterben Menschen dafür, dass ein Mann sein Gesicht bewahrt.

Die SPD hat eine große Chance vertan. Hätte sie dem Entschließungsantrag der Bundesregierung zum Afghanistaneinsatz am 26. Februar nicht zugestimmt. Wäre sie zur Partei des Abzugs geworden, der Deeskalation und der Kriegsgegner. Stattdessen setzt die Sozialdemokratie in Deutschland mit dem gesamten Bundestag gegen die Stimmen der Linken auf die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes. Der Beschluss nennt zwar auch das Jahr 2014 als Abzugstermin, aber das ist wage und fern. Steinmeier hat seine Genossen nochmals zum Kriegsdienst verpflichtet. Damit hat er seine eigene politische Karriere für ein paar Monate, vielleicht Jahre gerettet – aber die Glaubwürdigkeit der SPD als Partei des Friedens zerstört.

Die zurückgetretene Bischöfin Margot Käßmann hat nämlich Recht, „nichts ist gut in Afghanistan“. Die richtige Antwort auf diese Erkenntnis kann für Deutschland nur der sofortige Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sein.

Denn was soll eine Frist von einem, zwei oder drei Jahren bringen? Was soll sich denn in Afghanistan ändern, so dass dann ein Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan gegenüber heute eine größere Rechtfertigung hätte. Die Polizistenausbildung in Afghanistan etwa? Neun Jahr hat sie nichts gebracht, warum glaubt noch einer, dass diese jetzt erfolgreich sein wird?

Das Versprechen für den Abzug der Bundeswehr in dem Antrag der Bundesregierung fußt zudem auf den Aussagen eines windigen Gesellen:

„Für den Sicherheitssektor hat die afghanische Regierung ihre Entschlossenheit bekräftigt, innerhalb der nächsten fünf Jahre (d. h. bis Ende 2014) die Sicherheitsverantwortung für ihr Land selbstständig zu übernehmen. Damit sollen die Voraussetzungen geschaffen werden für einen schrittweisen Abzug der internationalen Militärpräsenz. Die Bundesregierung unterstützt ausdrücklich dieses von Präsident Hamid Karzai erklärte Ziel.“

Warum sollte Deutschland Hamid Karzai vertrauen, der seine Wiederwahl gefälscht hat, der die eigene Hauptstadt Kabul nicht kontrolliert kann und dessen Bruder in Drogengeschäfte verwickelt ist? Karzai ist kein Partner für den Afghanistaneinsatz.

Die Zustimmung Steinmeiers und seiner Genossen ist wie der Schwur des Trinkers nach der einen letzten Flasche wirklich aufzuhören.

Nicht ist gut in Afghanistan, und die deutsche Bundeswehr machte es auch nichts besser. Als deutsche Soldaten 2001 die Stellung im Norden Afghanistans bezogen, galten die Regionen um Kundus und Faisabad als ruhig und friedlich. Später kam noch Masar-e-sharif hinzu. Kundus war im afghanischen Bürgerkrieg ein berüchtigtes Räubernest. Erst die Taliban, die Kundus 1998 eroberten , brachten in die paschtunische Enklave so etwas wie zivile Sicherheit. Die Bundeswehr konnte sich 2001 in Kundus nur aus einem Grund sicher fühlen , da die Taliban vorher in der Nordprovinz für Ruhe gesorgt hatten.

Neun Jahre später sind Krieg und Chaos in den Norden zurückgekehrt. Die deutschen Soldaten haben die anfängliche Ruhe nicht halten können. Die Zeit, da die Bundeswehrsoldaten als bewaffnete Brunnenbauer und Schulenbauer galten, ist vorbei. Die Soldaten igeln sich in den Lagern ein und trauen sich nicht mehr auf die Straße. Als Journalist konnte ich 2006 noch mühelos von der tadschikisch-afghanischen Grenze mit einem Auto nach Kundus fahren und vor dort weiter nach Kabul oder Masar-e-sharif reisen. Das ist heute nicht mehr möglich. Straßenräuber und Bandenchefs haben wieder die Macht in Kundus.

Als dann die Bundeswehr im September 2009 beweisen wollte, dass sie auch Krieg kann, ging alles schief. Ein deutscher Oberst ließ bei einem völlig unnötigen Luftangriff zwei in einem Flussbett festsitzende Tanklastwagen zerbomben. Über 100 Zivilisten auch viele Kinder verbrannten im Feuerinferno. Seit dieser Bluttat hat auch die deutsche Öffentlichkeit begriffen, dass deutsche Soldaten wieder im Krieg sind.

Steinmeier dagegen tarnte von Anfang an den deutschen Militäreinsatz in Afghanistan als bewaffnete Entwicklungshilfe. In der Feigheit der Verantwortlichen der Rot-grünen Bundesregierung und später der großen Koalition – an beiden war Steinmeier maßgeblich beteiligt – den Krieg in Afghanistan als einen Krieg zu sehen, liegt die Mitschuld an dem Desaster der afghanischen Bundeswehrmission.

Und Steinmeier taucht bis zuletzt in diese Nebelwand. In der Bundestagrede im Februar 2010 verwahrt sich der Sozialdemokrat dagegen, das Wort Krieg zu benutzen. Und bezeichnet den Einsatz der Soldaten als Aufenthalt als ging es um einen Urlaub auf Malle.

Halten wir fest: Nach neun Jahren Bundeswehr in Afghanistan verwandelt sich der recht friedliche Norden in ein wildes Kriegsgebiet. Was erhofft sich bitte die Bundesregierung und Steinmeier für ein weiteres Jahr?

Um die neun Jahre afghanisches Desaster zu organisieren, war Steinmeier zudem bereit den usbekischen Despoten Islam Karimow zu huldigen, nur damit die Bundeswehr in dessen Herrschaftsgebiet einen Flugplatz nutzen können. In Usbekistan wird systematisch gefoltert, der Volksaufstand in Andischan im Mai 2005 wurde mit Panzerwagen niedergeschossen, Kinder werden vom Staat wie Sklaven in die Baumwollfelder gepresst. Aber Steinmeier machte sich und die deutsche Außenpolitik zum Lobbyisten des Blutsaugers aus Taschkent. Die Bilanz der deutschen Außenpolitik unter Steinmeier ist trist: Krieg und Chaos in Afghanistan und einen usbekischen Despoten als Partner.

Wenn die SPD im Bundestag gegen den Afghanistaneinsatz gestimmt hätte, dann wäre auch endlich die Karriere Steinmeiers kaputt und die Genossen hätten Mut für einen Neuanfang gewonnen.

Foto: bundesregierung

CDU-NRW: „SPD instrumentalisiert Blogger für ihren Wahlkampf“

Der designierte Generalsekretär der CDU Nordrhein-Westfalen, Andreas Krautscheid, meint jetzt, die SPD würde unter anderem uns Ruhrbarone für den Wahlkampf instrumentalisieren. Zitate:

Die CDU Nordrhein-Westfalen versucht bekanntlich, derzeit mit Hilfe der Staatsanwaltschaft herauszufinden, wer die persönlichen Daten/den E-Mail-Verkehr von Mitarbeitern ausgespäht hat. Diese Suche richtet sich ausdrücklich und wie mehrfach auch im Netz erklärt nicht gegen Journalisten in Internet-Blogs, deren Arbeit wir schätzen und schützen. Die Autoren in den Blogs liefern interessante Beiträge für die politische Debatte vor der Landtagswahl, ihre und die Freiheit aller Autoren im Netz, sind für uns ein hohes Gut.

Wer aber aus der Suche nach einem Datendieb eine Aktion gegen die Meinungsfreiheit konstruiert, missbraucht die Internet-Community für politische Zwecke. Blogger sind nicht blöd: Der Versuch der SPD, Blogger und andere User für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen, wird scheitern.

Herr Krautscheid, ich werde nicht von der SPD instrumentalisiert. Das ist eine Unterstellung. Haben Sie die Geschichten zu Hannelore Kraft oder Silvana Koch-Mehrin vergessen? Wir sind unabhängig. Welcher Vorwurf kommt als nächstes, dass wir von der SPD bezahlt werden? Dass wir korrumpiert sind?

Herr Krautscheid, es ist richtig, dass wir nicht blöd sind. Deswegen folgender Vorschlag: Veröffentlichen Sie doch alle Emails. Meinetwegen im Internet. Ansonsten kommen diese Schriftstücke doch sowieso raus – nur eben Scheibchenweise bis zum Wahltag. Nehmen Sie an dieser Stelle das Heft des Handelns wieder in die Hand, anstatt gejagt zu werden.

Ich glaube, Sie haben keinen anderen Ausweg mehr. Nur noch der offene Umgang mit diesen ansonsten internen Schriftstücken kann Sie vor weiteren Enthüllungsgeschichten bewahren. Ihre Idee, die Transparenz nur ausgewählten Journalisten gegenüber zu gewähren, zieht nicht. Alles was sie nicht öffentlich allen zeigen, kommt auf anderem Weg an Licht.

Oder gibt es etwas, was Sie von diesem durchaus ungewöhnlichen, aber auch mutigen Schritt abhält? Wie man so hört, wurden einige Emails gelöscht, oder? Das wäre natürlich blöd, wenn dann herauskommt, dass der veröffentlichte Email-Satz nicht komplett ist.

P.S. Sie schrieben noch, dass die SPD ihren Vormann Gabriel vermarktet haben soll.

Die heute im Netz bereits bekannt gewordene Sponsorenanfrage der SPD für das Pfingsttreffen 2010 verheißt bekanntlich den Sponsoren der SPD-Veranstaltung neben einem Info-Stand und einer persönlichen Danksagung tatsächlich, dass „Hauptredner Gabriel den Sponsoren nach seinem Vortrag für Gespräche zur Verfügung stünde…“. Es wird höchste Zeit, dass die SPD von ihrem hohen Ross herunterkommt. Vor dem Hintergrund dieser SPD-Dokumente ist die Gabriel-Attacke gegen Bundestagspräsident Lammert besonders unverschämt und unfair.

Nun, der Unterschied zwischen der Gabriel-Sache und der Miet-Mich-Rüttgers-Nummer ist doch der, dass die CDU NRW einen Preis nannte für ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten, oder vertue ich mich da?

Post von Horn

post-von-hornMit Urich Horn hat nun ein weiterer ehemaliger WAZ-Top-Redakteur ein eigenes Blog gestartet: Bei „Post von Horn“ geht es um Medien und Politik.

Erst Alfons Pieper mit „Wir in NRW„, nun Ulrich Horn mit „Post von Horn„: Immer mehr ehemalige WAZ-Redakteure entdecken das Medium Blog für sich. Horn war von 1989 bis 2003  Landeskorrespondent der WAZ in Düsseldorf und bis zu seinem Ausscheiden 2008 Reporter der WAZ-Zentralredaktion. „Im Augenblick epxerimentiere ich noch mit dem neuen Medium“, sagt Horn. Über Medien und Politik wird es in seinem Blog gehen: „Aber bis weit in den Sommer hinein werde ich mich wohl vor allem mit der Landespolitik beschäftigen.“

Bei einem Mann mit so viel Erfahrung und so guten Kontakten wie Ulrich Horn dürfen wir uns auf viele spannende Geschichten freuen. Willkommen im Club!

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Emails aus der Staatskanzlei: Folge IX – Beleidigendes über die Oppositionsführerin – „Immer auf die Omme“

ruettgers_headergrafikDie Email-Affäre von NRW-Ministerpräsident Jürgen „Miet-Mich“-Rüttgers ist spätestens seit gestern eine echte Staatsaffäre. Und zwar seit bekannt wurde, dass sein Medienminister Andreas Krautscheid bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf Strafanzeige wegen des Ausspähens der CDU-Zentrale gestellt hat. Und dabei zwei Blogs, nämlich den Wir-in-nrw-blog und uns, in den Focus der Spitzelvorwürfe gerückt hat.

Man kennt diesen Versuch dröhnenden Donner auf einem anderen Feld zu erzeugen, als Versuch vom eigentlichen Problem abzulenken. Wir müssen uns also fragen: Was ist das eigentliche Problem?

Bleiben wir bei den Emails: Stecken da noch selbst gebastelte Minensätze, die in den eigenen Reihen zu explodieren drohen? Heute betrachten wir eine Email, die in der Print-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung enthüllt wurde. Es ist ein Schreiben des Kasernenhof erfahrenen Ex-Militärs Boris Berger, damals noch Chef der strategischen Planung in Rüttgers Staatskanzlei, an die CDU-Zentrale. Es geht um den Umgang mit der Oppositionsführerin Hannelore Kraft von der SPD. Berger gibt Anweisungen an die Partei, wie diese mit der Frau umzugehen habe. Originalton Staatskanzlei:

Das geschieht der Alten recht. Immer auf die Omme.“

Gut, den inneren Kasernenhof kann der eine oder andere auch im Zwirn nicht ausscheiden. Deshalb wird eben so wie beschrieben kommuniziert.

Ist aber diese Email ein Problem?

Auf den ersten Blick ist die Email nicht schlimm. Mein Gott, so geht es halt zu. Das Leben ist kein Ponyhof. Und auch in der SPD heißt es nicht immer „Herr Ministerpräsident Rüttgers“ und „wir sollten prüfen, ob man ihn nicht in die Defensive zu drängen könnte.“

Auf den zweiten Blick ist die Email doch übel. Da werden abwertende Anweisungen vom Feldwebel an die Rekruten gebrüllt. „Immer auf die Omme.“ Dann ist das Frauenabschätzend: „die Alte“. Diese Email zeigt am echten Leben, wie mies der Umgang der Leute in der Staatskanzlei untereinander und anderen gegenüber ist. Vor allem, wenn man bedenkt, dass nicht nur der politische Gegner so bedacht wird. Auch in den eigenen Reihen werden in diesem Stil die Leute niedergebrüllt. Und das ist nicht komisch gemeint.

Es kommen die Erinnerungen hoch an den Sturz des Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma und die Rolle von Berger dabei. Was für Töne gab es hier? Wie waren die Töne beim Abschuss des alten Rüttgers-Sprechers Norbert Ness?

Es ist bekannt, dass selbst gestandene Minister von Berger angebrüllt wurden. Das erzeugt ein Klima. Ein besonderes Klima, in dem Schreien, Toben und Wut, unhaltbare Vorwürfe und Bösartigkeiten zum Lebensinhalt werden. Das Klima verbreitet sich aus der Staatskanzlei in andere Ministerien. Man sagt, der Fisch stinkt immer von oben.

Wie wird hinter dem Rücken der Leute gesprochen? „Immer auf die Omme.“

Möge sich jeder eine eigene Meinung bilden.

Medienminister Krautscheid bemüht sich jedenfalls um Schadensbegrenzung. Er schrieb Anfang der Woche an die SPD-Spitzenkandidatin Kraft, sie möge über die Unhöflichkeiten und den derben Tonfall in den nun halböffentlichen Emails hinwegsehen, der da gelegentlich bei Berger geherrscht habe. Diese Dinge seien mittlerweile ausgeräumt.

Hach ja.

Auch die Rest-Email-Affäre will Krautscheid ausräumen. Es heißt, er will einer Anzahl von ausgewählten Reportern den Zugang zu den Schreiben gewähren.

Könnte das eine Lösung sein? Vielleicht. Wenn nicht nur Hofschreiber unter den ausgewählten Journalisten sind.

Ich bin gespannt, wie die Email-Affäre weitergeht. Was noch kommt und wo es auftaucht.

Das Foto oben stammt von Rüttgers Wahlkampf-Home-Page

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

dortmunder-uDortmund: Größte Stadt im Pott…Mitteldeutsche Zeitung

NRW: CSU warnt vor Schwarz-Grün…Handelsblatt

Ruhrgebiet: Eine Frage der Kohle…Rheinischer Merkur

Oscar: Burghart Klaußner in Hollywood…Ruhr Nachrichten

Ruhr2010: Zu Besuch bei den schwarzen Riesen…Neue Osnabrücker

NRW II: Rau Revival…Post von Horn

Vorratsdaten: Wer löscht wirklich?…Wayne

Dortmund II: Streit um FZW…Der Westen

Essen: Kurtaxe kommt…Der Westen

Dortmund III: Interview mit Ullrich Sierau…Pottblog

Geburstag: Glückwunsch, Geißler…Kueperpunk

Medien: Wittke über Wir in NRW…Pottblog

Umland: Hardcore-Joggen in Winterberg…Zoom

Umland II: RWE soll für Bergschäden zahlen…RP Online

Schwarz-Gelb im Umfragetief

kraft_ruettgersCDU und FDP sacken in einer Umfrage zur NRW-Landtagswahl weiter ab. Zusammen bekommen beide Parteien demnach nur noch 44 Prozent. Rot-grün kommt auf 45 Prozent.

Kennt jemand einen guten Wahlkampfmanager? So ein richtiges Kampagnenschwein mit brillanten Ideen, Mut zur Offenheit und der Bereitschaft,  echt hart zu arbeiten? So einen braucht Rüttgers. Der heutige Kommunikations-GAU zeigt, das Krautscheid den Job nicht kann. Und Rüttgers sollte sich beeilen, die offene Stelle zu besetzen, denn in den Umfragen sackt Schwarz-Gelb ab: Zusammen kommen nach der aktuellen Forsa-Umfrage CDU (38) und FDP (6) nur noch auf 44 Prozent der Stimmen. Mit 34 Prozent ist die SPD so stark wie seit Februar 2008 nicht mehr. Grüne (11) und Linkspartei (6) sind stabil.

Die Union leidet unter den Konflikten in den eigenen Reihen, denn dort sind die Informationslecks. Mit Druck wird man sie nicht schließen können. Der erste Schritt müsste es sein, die Union wieder vom eigenen Ministerpräsidenten und seiner Politik zu überzeugen. Kann das gelingen? Die Zeit ist knapp, aber noch ist die Union so stark, dass es zumindest zusammen mit den Grünen für eine stabile Mehrheit reichen würde. Und eine SPD, die sowohl mit den Grünen, der FDP und der Linkspartei Gespräche führt und auch eine Koalition mit der CDU nicht grundsätzlich ablehnt, ist nicht der selbstbewusste, mächtige Gegner, gegen den die Union chancenlos ist .

Probleme beim „Der Freitag“

freitagVorausgeschickt: ich bin nicht neutral. Es geht um meinen besten Freund in der „Freitag“-Redaktion, den Literatur-Redakteur, zeitweiligen Feuilleton-Chef, zeitweiligen Chefredakteur Ingo Arend. Er streitet sich mit der Freitag-Verlagsgesellschaft, die heute Jakob Augstein gehört, vor dem Arbeitsgericht. Und die Frage, die sich dabei stellt, ist, was das für das politische Projekt „Der Freitag“ bedeutet.

Ingo Arend hat mich vor ca. 8 Jahren gefragt, ob ich nicht auch im „Freitag“ schreiben wollte. Damals gehörte der einer Gruppe von VerlegerInnen, darunter den Journalisten Wolfgang Storz und Holger Schmale, die ihn vor der Pleite gerettet hatten, eine „operative schwarze 0“ schafften, aber die Altschulden nicht wegkriegten, für sie alle ein existenzielles Risiko. Davor hatte und habe ich einen Riesenrespekt und war zu jeder Hilfe bereit. Schreiben hat mir dann vor allem viel Spass gemacht. Ich tat es vorwigend zu medienpolitischen Themen, in einer wunderbar angenehmen und effizienten Zusammenarbeit mit der damaligen Medienredakteurin Barbara Schweizerhof (heute bei epd-Film).
Der „Freitag“ trat jedoch strategisch auf der Stelle. Zu alte LeserInnenschaft, zu wenig innovative Themen, keine Chance zu aggressiver Expansion (wg. der Altschulden). Da war es für seine VerlegerInnen nur folgerichtig, ihn an einen reichen und publizistisch ehrgeizigen Mann zu verkaufen. Jakob Augstein ist als Miteigentümer des „Spiegel“ sehr reich, beim „Spiegel“ allerdings überhaupt nicht mächtig, weil er aufgrund des Testaments von Rudolf Augstein dort über keine Sperrminorität verfügt.

Er brachte neue und vernünftige Ideen mit, z.B. Ausbau der Onlinepräsenz, und auch einige neue Leute – die Mehrheit der Alt-Redaktion, auch Ingo Arend, war froh über die neuen Chancen.

Jetzt ist das Projekt in dem Stadium, dass sich die Hoffnungen bisher nicht erfüllt haben. Die Auflage steigt nicht wirklich, viele der dogmatischen Alt-LeserInnen sind sauer über das ganze neumodische Zeugs und die größere politische Diskussionsbreite, nur wenige neue und jüngere wurden hinzugewonnen. Der Verleger will rationalisieren. Ingo Arend ist der dienstälteste und damit teuerste Redakteur und ausserdem ja „nur“ für Literatur zuständig. Darum ist er das erste Opfer. Das ist schade. Denn er gehört sicherlich nicht zu den PDS-nahen Eisenärschen in der Redaktion.

In seiner Jugend war er Juso, hat sich aber, weniger politisch als alltagskulturell, im weiteren Leben sehr weit von traditioneller Parteipolitik entfernt, was ihn zu einem sehr angenehm diskussionsfreudigen Mitmenschen und zu einem erstklassigen Kulturjournalisten gemacht hat. Darum ist er als Rationalisierungsopfer beim „Freitag“ besonders schlecht gewählt – meine ich. Das finden auch viele angesehene Schriftsteller wie Christoph Hein, Anett Gröschner und Raul Zelik, in deren illustrer Gesellschaft ich mich als Mitunterzeichner beim Verleger über diesen beabsichtigten Rausschmiss beschwert habe.
Dieser traurige Vorgang könnte die Sichtweise bestätigen, die ich aus Berlin schon oft gehört habe:

Augstein und seine Freunde haben eine Menge modernerer Ideen für den Freitag mitgebracht, aber ihnen fehlt ein eigener politischer Kompass. Schade eigentlich.

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CDU in NRW reagiert nervös und panisch auf Enthüllungen

krautiEs ist Wahlkampf in NRW und mit Andreas Krautscheid hat Mr. Angriff das Generalsekretariat der CDU in Düsseldorf übernommen. Kaum im Amt folgt schon die erste Attacke in Sachen Miet-Mich-Rüttgers. Es geht gegen die Presse. Genauer, gegen zwei Blogs. Genauer gegen Wir-in-nrw-blog.de und uns, die Ruhrbarone.

Mir wirft Krautscheid zum Beispiel öffentlich vor, geschrieben zu haben:

Allerdings werde Hannelore Kraft im Wahlkampf auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) helfen,

„dem im Wahlkampf noch jede Menge böser Enthüllungen drohen. Allein in den kommenden zwei Wochen stehen dem Mann einige miese Überraschungen bevor, vor denen ich jetzt schon Angst hätte, wenn ich er wäre.

Nach Ansicht von Krautscheid ist das eine Drohung, die sich auf illegal beschaffte Daten beruft, die aus der CDU-Zentrale durchgestochen wurden.

Das steht heute so in zig Zeitungen. Laut Handelsblatt sagte Krautscheid bespielsweise:

Vor allem im Auge hat Krautscheid die Blogs „Wir in NRW“ und „Ruhrbarone“, die in der Vergangenheit aus internem CDU-Material berichtet hatten. „Ruhrbarone“ habe mit weiteren Enthüllungen gedroht, so Krautscheid. „Es ist eine neue Qualität, dass ein Blog mit geklauten E-Mails arbeitet“, sagte der CDU-Mann.

Ähnliche Töne in der WAZ und sonst wo. Die FAZ fügte noch die falsche Information hinzu, ich hätte den entscheidenden Satz hier bei den Ruhrbaronen gelöscht. Was ein Unfug. Natürlich lösche ich den Satz nicht.

Es wird Zeit, den “Joseph Fouché” der Landesregierung über uns aufzuklären.

Wir arbeiten hier bei den Ruhrbaronen mit allen Informationen, die es wert sind veröffentlicht zu werden. Unabhängig vom Ansehen der Person. Wenn Hannelore Kraft (SPD) Mist macht, berichten wir das. Wenn Silvana Koch-Mehrin (FDP) zu faul für ihr Mandat ist, schreiben wir das auf. Wir halten es da mit der Freiheit. Und dazu gehört es eben auch, Sachen zu bringen, die den Herrschenden nicht gefallen. Es ist geradezu unsere Aufgabe Verborgenes zu enthüllen.

Krautscheid hat nun Anzeige gegen unbekannt erstattet, um gegen die Enthüllungen vorzugehen. Die Staatsanwaltschaft soll im Auftrag von Rüttgers die Quellen der Informationen herausfinden und verstopfen.

Das lässt mich kalt. Mich hat mal der Stromkonzern RWE verklagt, weil ich eine geheimes Schriftstück des Energieriesen aus dem Aufsichtsrat veröffentlicht habe. Auch da war der Vorwurf „Beihilfe zum Geheimnisverrat“. Ich habe vor dem Hamburger Landgericht gewonnen.

Selbstverständlich hätten wir auch die Emails aus der CDU-Landeszentrale gebracht, die den Miet-Mich-Rüttgers-Skandal enthüllt hätten. Wir wären stolz darauf, dieses Geheimnis der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Allein, wir waren es nicht, das war der Spiegel. Will Krautscheid eine neue Spiegel-Affäre?

Es ist nicht nur unsere Aufgabe als Blog, sondern die Aufgabe der ganzen freien Presse, geheime Emails zu veröffentlichen, wenn damit solche Skandale wie der um den Miet-Mich-Rüttgers aufgedeckt werden.

Krautscheid fordert von uns, keine Informationen im Sinne und zum Nutzen der Öffentlichkeit zu verwenden, die aus dubiosen Quellen kommen. Wie bigott diese Argumentation ist, zeigt ein Beispiel:

Vor ein paar Tagen hat die CDU-Landesregierung eine CD gekauft, auf der Steuerdaten von Leuten sind, die ihr Geld in der Schweiz geparkt haben. Wir wissen nicht mal, ob es dabei immer um Steuerhinterziehung geht. Trotzdem hat die Landesregierung dem Dieb aus der Schweiz 2,5 Mio. Euro für die geklauten Informationen bezahlt.

Wir haben für unsere Informationen nichts bezahlt. Keinen Pfennig. Aber wir sind laut Krautscheid die Bösen. Bigott. Krautscheid fordert nicht weniger als das Ende des investigativen Journalismus.

Wie glaubt Krautscheid eigentlich, soll Pressearbeit oder Blog-Öffentlichkeit aussehen? So handzahm und devot wie der klare-kante-blog? Sollen wir nur noch berichten, was er nächtens im Scheine seiner Schreibtischlampe genehmigt hat?

Nein, Herr Krautscheid, das wird nicht passieren. Wir berichten, was es sich in unseren Augen lohnt zu berichten und nicht das, was Ihnen in den Kram passt.

Ich hatte geschrieben, dass Rüttgers Angst haben muss, vor den drohenden Enthüllungen, die sicher kommen werden. Und offensichtlich habe ich mit diesem Pfeil genau das Auge des Bullen getroffen.

Rüttgers und seine Wahlkampfzentrale haben Angst vor uns Blogs. Weil wir nicht einzunorden sind. Weil wir unabhängig sind und bleiben.

Aber nicht nur vor uns haben Rüttgers und Kumpels Bange. Sie fürchten ihre eigenen Untergebenen. Die Leute, die sie jahrelang unterdrückt, die sie gemobbt, die sie am Ende gefeuert haben. Denn diese Menschen aus dem Innersten der CDU sind es, die heute die Informationen unter großer persönlicher Gefahr nach draußen tragen.

Das sind die fast durchweg aufrechte und wertkonservative Menschen, die Angst haben vor einer Regierung, die in ihrem Kern nur noch aus Rüttgers, Krautscheid und dem Ex-Militär Boris Berger besteht. Das sind Menschen, die nicht wollen, dass die Regierung ihre Macht zum persönlichen Vorteil nutzt. Das sind Bürger, die sich Gedanken machen um die Presse in NRW. Das sind Demokraten, die im Dienste des Volkes persönliche Nachteile in Kauf nehmen. Das sind keine Verräter.

In meinen Augen ist es absurd, diese Menschen mit Dieben zu vergleichen und mit der Polizei zu hetzen. Die Anzeigen von Rüttgers und Co zeigen nur wieder, wie weit die Regierung unter diesem Ministerpräsidenten bereit ist, zu gehen. Im Dienste der Macht wird mitten im Wahlkampf die Strafverfolgung als Staatswaffe eingesetzt, um die eigene Position abzusichern.

Diese Methode zeigt deutlich, wie moralisch zweifelhaft Rüttgers und Co agieren.

Krautscheid sagt laut eigener Pressemitteilung wörtlich:

Wir wollen mit Hilfe der Staatsanwaltschaft lediglich verhindern, dass illegal ausgespähte Daten zum Gegenstand von Wahlkampfauseinandersetzungen zwischen Parteien werden.

Warum ist es nicht das Problem, dass ich mir Rüttgers für ein Tete-a-Tete mieten könnte, wenn ich wollte. Warum ist es das Problem, dass jemand diesen Miet-Service enthüllt?

Uahhh. Ich muss mich schütteln.

Mit seinen Vorwürfen will Fouché-Krautscheid nur ablenken. Denn er weiß, dass da noch was kommt. Dass da noch was Böses kommt.

Krautscheid will vorab diffamieren, um sich nachher nicht rechtfertigen zu müssen. Das ist seine Kommunikationsstrategie. Er will die Überbringer der Nachrichten in ein schlechtes Licht rücken. Mehr hat er nicht mehr in der Hand. Er will, dass sich WAZ, FAZ und Co nicht auf Blogs als Quellen berufen. Mehr nicht.

Dabei übersieht Krautscheid leider, dass die bösen Stories nicht nur beim Wir-in-nrw-blog oder bei uns erscheinen. Sondern in allen möglichen Medien. Wer weiß, wo der nächste Schlag herkommt. Ich hab keine Ahnung.

Ich bin mir nur sicher, dass was kommt. Denn Wahlen sind das in der Demokratie vorgesehen Regulativ für mieses Verhalten. Wann also wenn nicht jetzt, sollte jemand seine Meinung über Rüttgers kundtun. Jetzt könnten diese Informationen Gewicht haben. Darüber sollten der Ministerpräsident, sein Offizier Berger und sein Fouché Krautscheid nachdenken.

Wir jedenfalls werden nicht klein bei geben.

Das haben wir noch nie getan. Wir bleiben unbequem.

Deswegen hat uns NRW-Umwelt- und Märchenminister Eckhard Uhlenberg in Sachen PFT-Skandal ja auch schon mal vor dem Landtag angegriffen. Hier zur Erinnerung seine Tirade gegen die Ruhrbarone im Film.

Foto: Fachhochschule für Medien in Köln