
Es steht ein Abschied an. Der Abschied von Wulf Mämpel. Derzeit noch ist der Mann der Chef der WAZ-Lokalredaktion Essen. Und damit einer der wichtigsten Medienmänner im Revier. Am 31. Dezember hört er auf. Sein Ehrenabschied auf Kosten der WAZ in Zollverein ist wohl geplatzt. Deswegen schreibe ich.
Dies ist das Ende einer Ära. Wulf Mämpel ist einer der letzten Lokalchefs der alten Schule im Ruhrgebiet, der die Nähe zur Macht sucht und dafür weit geht. Wulf Mämpel hat ein paar Bücher geschrieben. Über die Gesichter der Stadt Essen. Über Trees for Peace. Und die Kulturhauptstadt und so Sachen. Dazu einen historisierenden Roman über einen gewissen jungen Ritter Thur von Cornwal, der die Friedensgrüße des Papstes an die ersten Islamisten überbringt.
Mämpel hat wenigstens eine Auszeichnung gekriegt in seinem Leben. Papst Benedikt XVI. verlieh ihm das Päpstliche Ehrenkreuz „Pro Ecclesia et Pontifice“.
Ich will den Abschied von Mämpel für eine Kritik nutzen an einem, der lange selbst viele Menschen kritisierte. Ich weiß, eigentlich tut man das nicht, wenn ein in der Öffentlichkeit führender Mann von seinem Posten scheidet.
Ich selbst habe die Zeitungsarbeit von Mämpel das erste Mal bewusst kennen gelernt, als ich vor ein paar Jahren über den damaligen SPD-Fraktionschef von Essen, Willi Nowack, recherchierte. Die NRZ war damals weit vorne – sehr oft weit vor mir. Meine Geschichten erschienen in der Süddeutschen Zeitung. Ich glaube, man kann sagen, dass wir den Filz rund um Nowack weitgehend aufgeklärt haben.
Ich bin mir sicher, dass auch Mämpel in diesen Jahren etliches wusste über den Filzokraten Nowack. Aber gelesen habe ich davon in der WAZ wenig. Wenn ich nachdenke, eigentlich gar nichts. Die Lokalredaktion unter Mämpel hat bestenfalls abgeschrieben. Einen eigenen Scoop haben die Kollegen nicht gelandet. Vielleicht durften sie nicht, vielleicht konnten sie nicht. Ich bin mir aber sicher: wenn Mämpel gewollt hätte, hätte er in der Geschichte vor mir stehen können.
Das nächste Mal habe ich Mämpel bewusst in den so genannten Mämpel-Talks erlebt. Da hat sich der WAZ-Lokalchef ein paar dieser in Anführungszeichen wichtigen Leute aus der Stadt, gerne auch mal aus den Nachbargemeinden, eingeladen, um mit diesen auf einer Bühne zu talken. Die Idee ist gut. Es geht um Vernetzung, lokale Präsenz und direkten Kontakt zu den Lesern.
Um dauerhaft Erfolg zu haben, hätte Mämpel auf der Bühne spannende Gespräche organisieren müssen. Und die Nummer wäre ein Vorbild für andere Lokalredaktionen geworden.
Aber immer wenn ich im Mämpel-Salon war, wurde dort nur gelabert. Ich will mal nicht auf die Einzelheiten eingehen.
Allein dieser Hinweis soll reichen: Ich habe in nur ganz wenigen Fällen nach einem Mämpel-Talk eine Nachricht in der WAZ Essen gelesen, die diesen Namen verdient hätte.
Auch regional hat Mämpel wenig geliefert. Mir ist eine Veranstaltung auf der Expo Real in Erinnerung. Da saß Mämpel als Moderator auf der Bühne. Mit ihm Hanns-Ludwig Brauser (SPD) und der Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) und noch ein paar Leute. Es ging um das Ruhrgebiet.
Mämpel brachte es fertig, so ausschließlich über Essen zu schwadronieren, dass Langemeyer das Podium verließ. Selbst Brauser gelang es nicht, Mämpel wieder einzufangen, der offensichtlich nicht mal die vorbereiteten Papiere gelesen hatte. Und das will etwas heißen.
Eigentlich müsste ich über Mämpel auch was Gutes schreiben. Aber mir fällt nichts ein. Dies können vielleicht Leute in den Kommentaren tun. Mämpel hatte die besten Chancen, aus der wichtigsten WAZ-Redaktion, der Lokalredaktion Essen, etwas Besonderes, ein Vorbild für den Konzern und für das Ruhrgebiet zu machen. Ich habe das aber nicht erlebt. Unter Mämpel dümmpelte die WAZ in Essen vor sich hin in der Mittelmäßigkeit.
Nun wollte Mämpel Mitte Januar seinen Abschied feiern. Offiziell. In der Zeche Zollverein. Von der WAZ bezahlt.
Natürlich kann man vertreten, dass die WAZ-Gruppe einem Lokalchef den Ausstand schenkt. Schließlich war Mämpel gut 40 Jahre im Konzern. Es geht schließlich auch darum, den Mämpel-Nachfolger einzuführen. Aber auch hier kommt es auf Augenmaß an.
Doch dieses zu nutzen, liegt Mämpel offenbar nicht nahe. Er wollte einen Abschied für die ganz Großen. Die von ihm erstellte Gästeliste war rund 200 Personen lang. Darunter alle Mächtigen des Konzerns. Und der lokalen Politik. Die WAZ-Gesellschafter sollten kommen. Und zwar aus beiden, miteinander verfeindeten Familien. Dazu Bodo Hombach und alle Anderen. Es scheint, als wollte sich ein alter Mann am Ende seiner Karriere unter Gleichen wähnen. Die WAZ-Konzernführung hat den Abschied in dieser Form in dürren Worten abgelehnt.
Dies auch aus dem Fingerspitzengefühl heraus, das Mämpel samt Augenmaß wohl abging.
Wie fühlte sich das an, wie sähe das aus, wenn die Konzernleitung in Zollverein die Korken knallen lässt, um einen Lokalchef zu verabschieden, während fast dreihundert Redakteure aus Spargründen um ihre Jobs zittern müssen. Mämpel scheint das alles nicht verstanden zu haben, als er seine Einladungsliste verfasste.
Wie weit das Ego von Mämpel reicht, kann man vielleicht an folgender Namensgebung erkennen. Der WAZ-Lokalchef hat nämlich eine PR-Agentur gegründet. Die nennt er „Kompetenz hat einen Namen – aMMMadeus.“
Damit nicht genug. Mämpel erklärt in seinem neuen Agentur-Briefkopf die drei großen M folgendermaßen: „Mämpel. Marketing. Medien-Agentur für: Kommunikation. Marketing. Werbung. Konzepte. Texte. Moderationen. Events. Vorträge.“
Das steht da. Meist untereinander. Inklusive der Interpunktion. Im Briefkopf der "aMMMadeus".
Kompetenz hat einen Namen.
Anfang Dezember hat Mämpel mit diesem Kopf an eine Reihe von Honoratioren in Essen einen Brief geschrieben. Er hat sich um Berateraufträge bemüht, erzählen sich diese Menschen. Auch von der WAZ wollte Mämpel Aufträge haben – während der Konzern spart. Zum Beispiel als Berater in Sachen Kulturhauptstadt. Doch der Konzern wird Mämpel wohl keinen Beratervertrag geben. Auch der Mämpel-Talk soll wohl nach dem Ausscheiden des WAZ-Lokalchefs in absehbarer Zeit abgewickelt werden. Denn, wie gesagt, es wird gespart.
Selbst bei der Philharmonie-Mutter-Gesellschaft, der Theater und Philharmonie Essen GmbH (TUP), soll Mämpel als Vorsitzender des Freundeskreises-TUP Theater und Philharmonie Essen e.V. wegen eines Beratungsauftrages angeklopft haben. Mir hat man gesagt, dort waren die Herren bass erstaunt über das Ansinnen des Freundeskreis-Vorsitzenden. Wo Mämpel doch schon einen Mämpel-Talk über die Philharmonie organisiert hatte.
Ich habe Mämpel um eine Stellungnahme gebeten zu seinen Mühen um die Beraterverträge und seinen geplatzten Riesenabschied. Bis jetzt habe ich von ihm keine Reaktion. Sollte diese kommen, baue ich sie umgehend ein.
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