
Duisburg will Studenten der Uni Duisburg-Essen, die ihren Hauptwohnsitz nach Duisburg verlegen, die Studiengebühren erstatten. Eigentlich eine gute Idee – aber nur eigentlich.
Jürgen Dressler. Foto: Stadt Duisburg
Jürgen Dressler gehört unter den hunderten von Dezernenten des Ruhrgebiets zu den Beachtenswertesten. Er ist eine eigenwilliger Geist, was ihn schon einmal von den meisten seiner Kollegen und Kolleginnen wohltuend unterscheidet und kommt auch immer mal wieder mit einer ausgefallenen Idee um die Ecke. So forderte er im vergangenem Jahr die Gründung einer eigenen Ruhrgebietspartei und griff die Vertreter aller Fraktionen im Duisburger Rat an – Dressler provoziert gerne, macht aber einen guten Job: Seit 1995 ist er Stadtentwicklungsdezernent. In dieser Zeit ist der Innenhafen groß geworden und hat Duisburg als Standort erst wieder attraktiv gemacht. Den Masterplan für die Innenstadt ließ man von Star-Architekt Norman Foster entwickeln und sorgte auch so für Aufmerksamkeit. Das Duisburg heute nicht mehr die rote Laterne im Ruhrgebiet inne hat und in der Arbeitslosenstatistik hinter Gelsenkirchen und Dortmund liegt, ist sicher zum Teil der Verdienst einer guten Stadtentwicklungsarbeit, für die auch der Name Dressler steht.
Und nun hat Dressler wieder eine neue Idee. Gemeinsam mit Thomas Lambertz, dem Personalchef der Duisburger Stadtverwaltung, will er Studenten nach Duisburg locken: Wer dem Ruf folgt und in Duisburg seiner Erstwohnsitz anmeldet, soll bei der Stadtverwaltung pro Semester ein 60stündiges Praktikum absolvieren und dafür die Studiengebühren von 500 Euro, die pro Semester an der Uni Duisburg-Essen fällig werden, erstattet bekommen. „Wir stehen in einem Wettbewerb mit vielen anderen Kommunen im Land, die den Verbleib oder Zuzug qualifizierter Fachkräfte fördern, die sonst sogar ins Ausland abwandern" – so Dressler in einer Presseerklärung der Stadt.
In Essen ist man über den Alleingang Duisburgs nicht erfreut und fragt sich, wie eine Stadt, die unter Haushaltssicherung steht und notorisch Pleite ist, so eine Ansiedlungspolitik überhaupt finanzieren will. Nun, wahrscheinlich gar nicht: Der Vorschlag hat das Potential vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf, der über den Duisburger Haushalt wacht, gleich wieder kassiert zu werden. Und dann stellt sich noch die Frage, wieso die klammen Ruhrgebietsstädte sich gegenseitig die attraktiven Bürger abspenstig machen sollten. Duisburg hat wahrlich andere Sorgen als Studenten zum Umzug von Oberhausen nach Duisburg zu bewegen, denn wie alle Hochschulen des Reviers ist Duisburg-Essen vor allem eine Pendler-Uni.
Die Idee ist also Unsinn.
Und die Idee ist richtig, wenn man sie etwas größer denkt und das Dresslersche Provokationspotential mit einrechnet. Denn das Problem Duisburgs ist das gleiche wie das des Ruhrgebiets: Der Bevölkerungsmix stimmt nicht. Das Ruhrgebiet ist überaltert, zieht zu wenig jungen Mensche von außerhalb an und auch das Qualifizierungsniveau dürfte etwas höher sein. Dafür gibt es die verschiedensten Grüne:
– Die bald vielleicht wieder kehrende Pendlerpauschale macht es möglich, billig in der Pampa zu bauen, aber im Ruhrgebiet zu arbeiten. Sie subventioniert den Wegzug aus den Ballungsräumen und die Zersiedelung des Umlandes.
– Es fehlen attraktive Jobs.
– Das Image des Ruhrgebiets ist immer noch schlecht. Wer hier wohnt mag es, aber wer hier nicht wohnt, glaubt immer noch, dass hier die Briketts durch die Luft fliegen.
Dresslers Grundgedanke ist gut: Stadt sich damit abzufinden, dass es nun einmal so ist, wie es ist, will er die Bevölkerungsstruktur seiner Stadt ändern. Bingo – der Ansatz ist richtig und sollte die Grundlage für eine regionale Bevölkerungspolitik sein: Wir müssen uns überlegen, wen wir hier haben wollen und um diese Menschen werben. Warum nicht Studenten, die ins Ruhrgebiet ziehen eine preiswerte Wohnung garantieren? Es stehen genug leer. Warum nicht mehr attraktive Baugrundstücke ausweisen, damit weniger junge Familien ins Umland ziehen? Warum werben wir nicht im Ausland um Studenten? Warum nicht eine zielgruppengenaue Werbung um potentielle Zuzügler entwickeln?
Die Städte im Ruhrgebiet sollten sich nicht schon wieder gegenseitig Konkurrent machen und das wenige Geld dass sie haben verbrennen, sondern sich gemeinsam überlegen, wie sie national und international besser auftreten können.
Wenn Dressler mit seinem Vorschlag eine solche Diskussion anstoßen wird, wäre viel gewonnen.
* Dank an Weltkind für Korrektur

Fotos gingen leider nur vom Handy. 🙂
Das Foto hab ich eine halbe Stunde später geschossen. 🙂
Ging leider nicht anders. Die Hives waren zu fix für mein Handy



